JudikaturVwGH

Ra 2023/19/0281 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
06. Oktober 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Seiler, über die Revision des S A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 6/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2023, Zl. W290 2263953 1/6E, betreffend Abweisung einer Säumnisbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.069,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Der aus Syrien stammende Revisionswerber stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 30. Oktober 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Entscheidung über diesen Antrag nicht innerhalb von sechs Monaten erlassen hatte, brachte der Revisionswerber eine Säumnisbeschwerde ein, die von der Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde.

3 Das Bundesverwaltungsgericht wies die Säumnisbeschwerde mit Erkenntnis vom 13. Juni 2023 gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG ab und sprach unter einem aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Dagegen richtet sich die hier gegenständliche Revision, die beim Bundesverwaltungsgericht am 27. Juli 2023 eingebracht wurde. Das Verwaltungsgericht legte die Revision samt den Verwaltungsakten dem Verwaltungsgerichtshof vor, der mit prozessleitender Anordnung vom 28. August 2023 das Vorverfahren einleitete.

5 Mit Eingabe vom 20. September 2023 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Bescheid vom 10. August 2023 (dem Revisionswerber zugestellt am 18. August 2023), mit dem es über den vom Revisionswerber gestellten Antrag entschieden hatte (Abweisung hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten).

6 Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes teilte der Revisionswerber mit Eingabe vom 27. September 2023 hinsichtlich seiner „Beschwer“ mit, dass der Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Fall die Frage, ob bei Zuerkennung von subsidiärem Schutz (anstelle von Asyl) und vollumfänglicher Bescheidbeschwerde noch eine Beschwer im Erkenntnisverfahren gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliege, mit der die Säumnisbeschwerde zurückgewiesen worden sei, mit Beschluss vom 22. September 2023, E 1146/2023, verneint habe.

Der Revisionswerber teile diese Rechtsansicht zwar ausdrücklich nicht, er gehe aber davon aus, dass sich der Verwaltungsgerichtshof der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes anschließen werde. Der Revisionswerber begehre weiterhin den Ersatz der ihm bisher im Revisionsverfahren erwachsenen Aufwendungen.

7 Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist die Revision, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach Anhörung des Revisionswerbers mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Unter einer „Klaglosstellung“ im Sinn dieser Norm ist nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung der angefochtenen Entscheidung eingetreten ist. § 33 Abs. 1 VwGG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht nur auf die Fälle dieser formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt danach insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hat und somit materiell klaglos gestellt worden ist (vgl. VwGH 30.6.2023, Ra 2023/20/0223, mwN).

8 Die im Verfahren betreffend den Säumnisschutz erhobene Revision war somit als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren nach Anhörung des Revisionswerbers gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

9 Fällt bei einer Revision oder einem Fristsetzungsantrag das Rechtsschutzinteresse nachträglich weg, so ist dies gemäß § 58 Abs. 2 VwGG bei der Entscheidung über die Kosten nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Zu der danach vorzunehmenden Beurteilung des (hypothetischen) Erfolges der Revision wird in Hinblick auf eine gleichgelagerte Konstellation auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juni 2023, Ra 2023/20/0166, und die dort dargelegten Erwägungen zur Kostenentscheidung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG verwiesen.

Dem Revisionswerber war somit der Ersatz der Aufwendungen gemäß § 58 Abs. 2 VwGG unter Berücksichtigung der §§ 47 ff, insbesondere des § 55 VwGG das rechtliche Interesse infolge materieller Klaglosstellung ist nach Einbringung der Revision, aber vor Einleitung des Vorverfahrens weggefallen in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014 zuzuerkennen.

Wien, am 6. Oktober 2023

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