Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed und den Hofrat Mag. Tolar als Richter sowie die Hofrätin Dr. Kronegger als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des A A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. April 2025, W611 2306378 1/8E, betreffend eine Asylangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 21. Jänner 2024 einen Antrag auf internationalen Schutz, über den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) nicht binnen sechs Monaten entschied. Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2024 erhob der Revisionswerber Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das BFA.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BVwG der Säumnisbeschwerde statt und beauftragte das BFA, den versäumten Bescheid „unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen einer Frist von acht Wochen, gerechnet ab Zustellung dieses Erkenntnisses, zu erlassen“. In Folge listete es ebenfalls im Spruch in allgemeinen Worten Voraussetzungen auf, die für die Gewährung von Asyl und subsidiärem Schutz, insbesondere bei geltend gemachter Verfolgung wegen Wehrdienstverweigerung, zu prüfen seien. Weiters sprach das BVwG aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in deren Zulässigkeitsbegründung u.a. vorgebracht wird, das BVwG sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es der belangten Behörde einen Auftrag gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG erteilt habe, ohne im konkreten Fall zu lösende Rechtsfragen zu entscheiden.
4 Das BFA hat im vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
5 Die Revision ist zulässig und begründet.
6Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 15. März 2016, Ra 2015/01/0208, bereits mit den maßgeblichen Voraussetzungen einer Entscheidung im Säumnisbeschwerdeverfahren gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG auseinandergesetzt.
7Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG kann daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen werden.
8 Den darin aufgestellten Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das BVwG im vorliegenden Fall schon deshalb nicht entsprochen, weil es maßgebliche Rechtsfragen im Spruch nicht angeführt und auch in den nachstehenden Entscheidungsgründen nicht dargelegt hat, sondern ohne im konkreten Fall zu lösende Rechtsfragen zu entscheiden der Verwaltungsbehörde die Erlassung des versäumten Bescheides unter Setzung einer Nachfrist aufgetragen hat. Dass der Spruch des Erkenntnisses auch eine Auflistung bestimmter rechtlicher Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl und subsidiärem Schutz beinhaltet, ändert nichts daran, dass keine konkreten Rechtsfragen in Bezug auf den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz entschieden wurden.
9 Das angefochtene Erkenntnis beschränkt sich im Übrigen auch in den Entscheidungsgründen unter der Überschrift „Zu den festgelegten Rechtsanschauungen“ hinsichtlich der Asylgewährung im Wesentlichen auf die Darstellung von Judikatur zur Auslegung bestimmter Formulierungen der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und zu den Voraussetzungen der Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung (Erforderlichkeit des Konnexes einer Verfolgungshandlung zu einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe auch bei Wehrdienstverweigerung). Darauf folgen Ausführungen zu den Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz.
10Damit wird dem klaren Wortlaut des § 28 Abs. 7 VwGVG, nämlich der Behörde eine Entscheidung in den einzelnen (und daher fallbezogen) maßgeblichen Rechtsfragen vorzugeben, jedoch nicht entsprochen; diese Entscheidung hat im Spruch des Erkenntnisses zu erfolgen (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/01/0208, mwN; vgl. auch VwGH 8.3.2024, Ra 2023/18/0360, mwN).
11Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
12Von der beantragten mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abzusehen.
13Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 17. Juli 2025