Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision der K Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Ing. Dr. Wolfgang Gappmayer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Margaretenstraße 22/12, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 24. April 2023, RV/2200004/2022, betreffend Erlass von Einfuhrabgaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Österreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid des Zollamts vom 21. September 2021 wurde der auf Art. 116 und Art. 119 UZK gestützte Antrag der Revisionswerberin vom 9. März 2017 auf Erstattung näher bezeichneter Eingangsabgaben als unbegründet abgewiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das infolge eines nach abweisender Beschwerdevorentscheidung vom 19. Jänner 2022 seitens der Revisionswerberin eingebrachten Vorlageantrags zuständige Bundesfinanzgericht die Beschwerde ab. Unter einem sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte das Bundesfinanzgericht begründend aus, dass mit den von einem näher bezeichneten Bescheid des Zollamts vom 9. Februar 2017 erfassten vierundzwanzig Warenanmeldungen im Zeitraum vom 22. Jänner 2014 bis 26. April 2016 Glasfasergewebebänder mit Ursprung in China in den zoll und steuerrechtlich freien Verkehr überführt worden seien. Im jeweiligen Feld 31 (Packstücke und Warenbezeichnung) der Warenanmeldungen sei „Gewebe aus Glasseidensträngen“, „Glasseidengewebe“, „Fiberglas Gewebebänder“, „Glasfasergewebebänder“, „Fiberglasgewebebänder“, „Gewebeklebebänder aus Glasseidensträngen“, oder „Gewebeklebebänder“ angegeben gewesen. Im jeweiligen Feld 33 (Warennummer) sei „7019 4000 99“ erklärt worden. In den Handelsrechnungen sei als Produktbeschreibung „Fiberglass mesh tape“ und ein Hinweis auf Breite und Länge der Bänder ausgewiesen gewesen. Das Zollamt habe in dem genannten Bescheid aus dem Jahr 2017 Eingangsabgaben nachgefordert. Die dagegen erhobene Beschwerde sei vom Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom 3. Februar 2020 abgewiesen worden. Die in weitere Folge eingebrachte Revision sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. Juni 2020, Ra 2020/16/0071, zurückgewiesen worden.
4 Mit verbindlicher Zolltarifauskunft vom 21. November 2013 sei ein zirka 5 Zentimeter breites, einseitig selbstklebend ausgeführtes Gewebeband aus Glasseidensträngen in die Unterposition 7019 4000 der Kombinierten Nomenklatur eingereiht worden. Bei dem Erzeugnis, welches den revisionsgegenständlichen entspreche, habe es sich um Meterware auf Rollen zu 20 oder 90 Metern gehandelt, die als Bewehrungsstreifen bei Spachtelarbeiten zur Stabilisierung und zur Vermeidung von Rissen dienten. Der verbindlichen Zolltarifauskunft sei eine Untersuchung der Ware durch die Technische Untersuchungsanstalt zugrunde gelegen. In dem darüber erstellten Untersuchungsbefund vom 2. Juli 2013 sei ausgeführt worden, dass eine Ware der Unterposition 7019 4000 90 des TARIC vorliege.
5 Der dem Verfahren zugrundeliegende Antrag sei auf Art. 119 UZK gestützt worden. Für die revisionsgegenständlichen Einfuhren sei die Zollschuld jedoch vor dem 1. Mai 2016 entstanden. Somit sei gegenständlich nicht Art. 119 UZK, sondern Art. 236 in Verbindung mit Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK anzuwenden. Das Bundesfinanzgericht habe demnach zu untersuchen, ob die Voraussetzungen für eine Erstattung oder einen Erlass der Abgaben gemäß Art. 236 Abs. 1 UAbs. zweiter Tatbestand ZK vorlägen.
6 Zum Zeitpunkt der verbindlichen Zolltarifauskunft habe die Unterposition der Kombinierten Nomenklatur 7019 4000 (Gewebe aus Glasseidensträngen) den Code 7019 4000 90 („andere“) enthalten. Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Wareneinfuhren sei die Unterteilung der Unterposition in die Codes 7019 4000 50 (offenmaschige Gewebe aus Glasfasern, mit einer Zelllänge und -breite von mehr als 1,8 mm und einem Quadratmetergewicht von mehr als 35 g, ausgenommen Glasfaserscheiben) und 7019 4000 99 (andere) mit Inkrafttreten vom 13. Dezember 2013 in Geltung gewesen.
7 Gegenständlich seien Glasfasergewebebänder in den zoll und steuerrechtlich freien Verkehr überführt worden. Aufgrund der im Zuge der bei der Revisionswerberin durchgeführten Betriebsprüfung dem Zollamt erstmals vorgelegten Unterlagen und aufgrund der dabei getroffenen Feststellungen sei unstrittig festgestanden, dass das Quadratmetergewicht der eingeführten Glasfasergewebebänder 75 Gramm betragen habe und diese eine Zelllänge und breite von rund 2,5 bis 2,8 Millimeter aufgewiesen hätten.
8 Eine solche Ware sei bis zur Änderung des TARIC mit 13. Dezember 2013 in die Unterposition 7019 4000 90 des TARIC einzureihen gewesen. Durch die Änderung der Kombinierten Nomenklatur sei die Position 7019 4000 in die Codes 7019 4000 50 (offenmaschige Gewebe aus Glasfasern, mit einer Zelllänge und breite von mehr als 1,8 mm und einem Quadratmetergewicht von mehr als 35 g, ausgenommen Glasfaserscheiben) und 7019 4000 99 (andere) aufgegliedert worden. Aufgrund ihrer Eigenschaften seien die revisionsgegenständlichen Glasfasergewebebänder in die Unterposition 7019 4000 50 des TARIC einzureihen.
9 Die von der Zollbehörde mit der verbindlichen Zolltarifauskunft vom 21. November 2013 getroffene Einreihung habe der zum Zeitpunkt der Erlassung der verbindlichen Zolltarifauskunft geltenden Rechtslage entsprochen. Es sei eine Einreihung in die Unterposition der Kombinierten Nomenklatur 7019 4000 erfolgt. Eine Einreihung in die Unterposition 7019 4000 90 des TARIC sei damit nicht vorgenommen worden. Nach der zum Zeitpunkt der jeweiligen Wareneinfuhr geltenden Rechtslage seien die Glasfasergewebebänder in die Unterposition 7019 4000 50 des TARIC einzureihen. Bei der Erteilung der verbindlichen Zolltarifauskunft habe somit ein Irrtum der Zollbehörde nicht vorgelegen.
10 Im Antrag auf Erteilung der verbindlichen Zolltarifauskunft sei ausdrücklich die Einreihung in die Kombinierte Nomenklatur (achtstelliger Code) beantragt worden. Im Feld 7 des Antragsformulars (Einreihungsvorschlag) habe die Revisionswerberin den Code „7019400090“ vermerkt. Auch wenn diese Angaben im Antragsformular nicht zusammengepasst haben sollten und die verbindliche Zolltarifauskunft im Hinblick auf die beabsichtigten Wareneinfuhren bei denen die Unterposition des TARIC Codes anzugeben seien beantragt worden sei, würde dies zu keinem anderen Ergebnis geführt haben, weil die verbindliche Zolltarifauskunft gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziffer i ZK wegen einer am 19. Dezember 2013 in Kraft getretenen Änderung des TARIC nicht mehr existiert habe.
11 Auch ein Irrtum der Behörde bei den Abfertigungen der Ware liege nicht vor, weil das Zollamt bei der Annahme der Anmeldungen Sachverhalte nicht gekannt habe, welche zur Einreihung in die richtige Unterposition erforderlich seien. In den verfahrensgegenständlichen Warenanmeldungen seien die Angaben zur Zelllänge und breite sowie des Quadratmetergewichts nicht enthalten gewesen. Auch die Rechnungen hätten keine diesbezüglichen Angaben enthalten, noch habe es anlässlich der Einfuhrabfertigungen diesbezügliche Hinweise gegeben. Erst das im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegte „data sheet“ habe die für die Einreihung der Ware erforderlichen Angaben enthalten.
12 Auch eine von der Revisionswerberin in Treffen geführte ETOS Erledigung bei der es sich um einen unverbindlichen Tarifierungsvorschlag gehalten habe und die von einem Quadratmetergewicht von weniger als 35 Gramm ausgegangen sei, könne einen Irrtum des Zollamts nicht begründen, zumal diese Erledigung am 21. Juni 2016, somit erst nach den revisionsgegenständlichen Einfuhren ergangen sei.
13 Da die zu niedrigen buchmäßigen Erfassungen der Einfuhren anlässlich der Einfuhrabfertigungen nicht auf einem Irrtum der Zollbehörde beruht hätten, sei die Beschwerde abzuweisen.
14 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren eingeleitet. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Zurück , in eventu Abweisung der Revision sowie Aufwandersatz beantragt.
15 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
18 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision zusammengefasst im Wesentlichen vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Nichtbekanntgabe sämtlicher für die Tarifierung einer Ware erforderlichen Informationen in einer Zollanmeldung dazu führe, dass der Erlass der Einfuhr- bzw. Eingangsabgaben ausgeschlossen sei, obwohl diese Informationen den zuständigen Zollbehörden aufgrund von Ergebnissen von Warenbeschauen bekannt gewesen sei bzw. hätten bekannt sein müssen.
19 Art. 220 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom 19.10.1992, (Zollkodex ZK) stellt eine materiell rechtliche Bestimmung dar (EuGH 9.3.2006, C 293/04, Beemsterboer Coldstore Services BV, Rn. 20). Dies gilt auch für Art. 236 ZK (vgl. BFH 24.7.2017, VII B 165/16, mwN) und folglich auch für Art. 119 Abs. 1 der Verordnung Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013 (UZK). Diese Bestimmungen sind grundsätzlich nicht auf Sachverhalte vor ihrem Inkrafttreten anzuwenden. Das Bundesfinanzgericht ist daher im Revisionsfall, der den Erlass von Eingangsabgaben aus Einfuhren vor dem 1. Mai 2016 betrifft, zu Recht von der Anwendbarkeit der Art. 220 und 236 ZK ausgegangen.
20 Gemäß Art. 236 Abs. 1 ZK werden Einfuhr oder Ausfuhrabgaben insoweit erstattet oder erlassen, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Fall der Erstattung im Zeitpunkt der Zahlung, im Fall des Erlasses im Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Art. 220 Abs. 2 leg. cit. buchmäßig erfasst worden ist (vgl. VwGH 3.9.2020, Ra 2020/16/0055).
21 Gegenständlich ergibt sich aus den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis, dass die eingeführten Waren entgegen den von der Revisionswerberin in den Zollanmeldungen vorgenommenen Einreihungen tatsächlich in die Unterposition 7019 4000 50 des Integrierten Tarifs der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (TARIC) einzureihen sind und die vorgeschriebenen Eingangsabgaben („Dumpingzölle“) grundsätzlich gesetzlich geschuldet waren (vgl. dazu auch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 2020, Ra 2020/16/0071 zur buchmäßigen Erfassung der revisionsgegenständlichen Eingangsabgaben). Eine von der Revisionswerberin begehrte auf Art. 236 Abs. 1 ZK gegründete Erstattung kommt daher nur in Betracht, wenn der jeweilige Betrag entgegen Art. 220 Abs. 2 ZK buchmäßig erfasst worden wäre.
22 Ob und unter welchen Voraussetzungen die Nacherhebung von Zoll aus Gründen des Vertrauensschutzes ausscheidet, ist in Art. 220 ZK abschließend geregelt. Demnach können die zuständigen Behörden von einer Nacherhebung von Einfuhrabgaben absehen, deren Nichterhebung auf einen Irrtum der zuständigen Behörden zurückzuführen ist, sofern dieser Irrtum vom Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte und letzterer gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat. Diese drei Voraussetzungen müssen nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) kumulativ erfüllt sein (vgl. VwGH 18.6.2006, 2004/16/0279, mwN). Dagegen ist der Antrag auf Absehen von einer Nacherhebung bereits dann nicht begründet, wenn eine der drei Voraussetzungen fehlt (vgl. VwGH 17.5.2001, 2000/16/0590, mwN).
23 Ein Irrtum im Sinn des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK kann auch in der falschen Rechtsanwendung bestehen, wenn eine Anmeldung alle notwendigen und zutreffenden Angaben, aber eine unzutreffende Warennummer (Unterposition der Kombinierten Nomenklatur) enthält, somit erkennbar unschlüssig ist und dennoch angenommen wird. Ist auf Grund des dem Zollamt bei der Annahme der Anmeldung bekannten Sachverhaltes, insbesondere aus den Angaben im Feld 31 des Einheitspapiers, die Einreihung in die richtige Position der KN möglich, unterliegt das Zollamt jedoch einem Rechtsirrtum, dann liegt ein Irrtum im Sinn des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK vor. Ein Irrtum liegt in der langjährigen unrichtigen Abfertigungspraxis bei widerspruchsloser Entgegennahme der Zollanmeldung vor, wenn diese alle notwendigen und zutreffenden Angaben enthält (vgl. VwGH 25.1.2018, Ra 2017/16/0094, mwN).
24 Ein solcher Irrtum der Zollbehörde ist jedoch ausgeschlossen, wenn das Zollamt bei der Annahme der Anmeldungen Sachverhaltselemente nicht kennt, welche zur Einreihung in die richtige Position der Kombinierten Nomenklatur erforderlich sind (vgl. abermals VwGH 25.1.2018, Ra 2017/16/0094, mwN).
25 Aus den Ausführungen des Bundesfinanzgerichts im angefochtenen Erkenntnis ergibt sich, die für die richtige Einreihung der revisionsgegenständlichen Glasfasergewebebänder erforderliche Angabe der Zelllänge und breite sowie des Quadratmetergewichts sei weder in den Warenanmeldungen noch in den Rechnungen enthalten gewesen. Erst das im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegte „data sheet“ habe diese Angaben enthalten. Da dem Zollamt anlässlich der Einfuhrabfertigungen nicht alle für die richtige Einreihung der Glasfasergewebebänder notwendigen Angaben zur Verfügung gestanden seien, habe das Zollamt anlässlich der Einfuhrabfertigungen auch unter Berücksichtigung der vorgenommenen Dokumentenkontrollen nicht erkennen können, dass es sich um Glasfasergewebebänder der Unterposition 7019 4000 50 des TARIC gehandelt habe. Mangels entsprechender Angaben seien dem Zollamt nicht alle für die Einreihung maßgeblichen Sachverhaltselemente bekannt gewesen.
26 Wenn wie sich aus den dargestellten Feststellungen des Bundesfinanzgerichts ergibt das Zollamt bei der Annahme der revisionsgegenständlichen Anmeldungen Sachverhaltselemente nicht kannte, welche zur Einreihung in die richtige Position der KN erforderlich waren und die Revisionswerberin gerade nicht alle geltenden Vorschriften über eine Zollanmeldung eingehalten hat (siehe dazu erneut VwGH 17.6.2020, Ra 2020/16/0071 zur buchmäßigen Erfassung der vom revisionsgegenständlichen Eingangsabgaben), liegen bereits aus diesem Grund die Voraussetzungen des Art. 236 Abs. 1 ZK nicht vor. Die Revisionswerberin zeigt mit ihrem Vorbringen auch nicht auf, aus welchem Grund der Zollbehörde im Rahmen einer nach der Aktenlage bloßen Warenbeschau diese Sachverhaltselemente hätten bekannt sein müssen.
27 Dieses Ergebnis vermögen auch die Ausführungen in der Revision zur verbindlichen Zolltarifauskunft vom 21. November 2013 nicht in Frage zu stellen. Die Revisionswerberin tritt den Ausführungen des Bundesfinanzgerichts, wonach die genannte verbindliche Zolltarifauskunft inhaltlich richtig gewesen sei, nicht entgegen. Diese Zolltarifauskunft bescheinigt eine Einreihung in die Kombinierte Nomenklatur unter 7019 4000. Die Revisionswerberin bringt in diesem Zusammenhang vor, die Zentralstelle für verbindliche Zolltarifauskünfte habe ihr noch mit E Mail vom 27. März 2015 mitgeteilt, dass die „Einreihung antragsgemäß“ erfolgt sei. Eine Zustellung der verbindlichen Zolltarifauskunft sei bis dahin nicht erfolgt. Aufgrund dieser E Mail sei es zum Irrtum der Revisionswerberin hinsichtlich der Einreihung gekommen. Mit diesem Vorbringen das zudem nicht den Irrtum der Zollbehörde, sondern den der Revisionswerberin behauptet und auch diesen Irrtum für Einfuhren vor dem 27. März 2015 nicht erklärt zeigt die Revisionswerberin schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil sich daraus nicht ergibt aus welchem Grund die Revisionswerberin den Inhalt ihres eigenen Antrags auf Erteilung der verbindlichen Zolltarifauskunft, der sich auf die Einreihung in die Zollnomenklatur unter 7019 4000 bezog, nicht kennen sollte. Zudem nennt der der angesprochene E Mailverkehr, der auch das angesprochene E-Mail vom 27. März 2015 umfasst, ausdrücklich und mit hervorgehobener Formatierung eine Einreihung in die Kombinierte Nomenklatur unter 7019 4000.
28 Dazu kommt, dass wie das Bundesfinanzgericht zutreffend ausführt die verbindliche Zolltarifauskunft hätte sie tatsächlich den von der Revisionswerberin unterstellten Inhalt, nämlich eine Einreihung Unterposition 7019 4000 50 des TARIC, gehabt gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziffer i ZK am 19. Dezember 2013 ungültig geworden wäre.
29 Ein Abgabenschuldner, der sichergehen möchte, keine Zölle nachzahlen zu müssen, hat die einschlägigen Vorschriften und Bekanntmachungen zu studieren. Die betreffenden Gemeinschaftsvorschriften sind von ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt an das einschlägige positive Recht, auf dessen Unkenntnis sich niemand berufen kann (vgl. VwGH 17.5.2001, 2000/16/0590, mwN). Ein sorgfältiger Wirtschaftsteilnehmer, der von einer im Amtsblatt der veröffentlichten Einreihungsverordnung Kenntnis genommen hat, kann sich nicht darauf beschränken, seine Ware weiter unter einem Code der Kombinierten Nomenklatur einzuführen, nur weil diese Einreihung von der Verwaltung akzeptiert worden ist. Eine solche Fahrlässigkeit zuzulassen, liefe darauf hinaus, die Wirtschaftsteilnehmer zu ermutigen, die Irrtümer ihrer Zollbehörden auszunutzen (vgl. EuGH 20.11.2008, C 38/07 P, Heuschen Schrouff Oriëntal Foods Trading BV , Rn. 64). Die Revisionswerberin hätte selbst im Fall des von ihr unterstellten Inhalts der verbindlichen Zolltarifauskunft deren mittlerweile eingetretene Ungültigkeit erkennen und ihre Zollanmeldungen entsprechend ausführen müssen.
30 Aus der in der Revision angeführten ETOS Erledigung vom 4. August 2016 kann für die gegenständliche Revision nichts gewonnen werden, weil die ihr zugrundeliegende Untersuchung der Ware im Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Warenanmeldungen noch nicht vorlag (vgl. VwGH 14.12.2015, 2013/16/0234 bis 0235).
31 Schließlich wird zur Zulässigkeit der Revision auf das Urteil des EuGH vom 1. April 1993, C 250/91, Hewlett Packard France , verwiesen, „wonach ein rechtsrelevanter Irrtum auch vorliegt, wenn wie gegenständlich das Prüfungsergebnis der Warenkontrolle, die Mitteilung bzw. auch die ETOS Erledigung niemals ‚zu einer Änderung der Abgabenfestsetzung geführt hat‘ “. Das genannte Urteil betrifft den Fall, dass einem Importeur eine unrichtige Auskunft durch eine Zollbehörde eines anderen Mitgliedstaats erteilt wurde. Eine Aussage der in der Revision vorgebrachten Art enthält es nicht.
32 Tatsächlich hält der EuGH in Rn. 19 seines zitierten Urteils vom 1. April 1993, C 250/91, im Wesentlichen fest, dass ein den zuständigen Zollbehörden zuzurechnender Irrtum vorliegt, wenn die Zollanmeldung des Abgabenschuldners alle für die Anwendung der betreffenden Regelung erforderlichen Angaben enthielt, sodass eine eventuelle nachträgliche Überprüfung durch die zuständigen Behörden keine neue Tatsache ergeben kann. In Rn. 30 seines Urteils vom 1. April 1993, C 250/91, verweist der EuGH weiters darauf, dass alle Bestimmungen betreffend die Zollanmeldungen als beachtet worden anzusehen sind, wenn der Wirtschaftsteilnehmer die fragliche Ware gutgläubig unter einer unrichtigen Tarifposition angemeldet hat und wenn diese Position klar und ausdrücklich zusammen mit der Bezeichnung der fraglichen Ware angegeben war, sodass die zuständigen Zollbehörden unverzüglich und zweifelsfrei die mangelnde Übereinstimmung mit der richtigen Tarifposition hätten feststellen müssen. Dass dies im Revisionsfall für die zuständigen Zollbehörden gerade nicht der Fall war, ergibt sich aus den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts, denen die Revisionswerberin mit ihrer Begründung der Zulässigkeit der Revision nicht wirksam entgegenzutreten vermag.
33 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
34 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 17. Juni 2024