Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision des Ing. P P in G, vertreten durch Dr. Ralph Forcher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Neutorgasse 51/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 29. Juni 2023, LVwG 49.5 144/2023 9, betreffend Ruhegenuss (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber stand in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Oktober 2022 wurde der Revisionswerber mit Ablauf des 31. Oktober 2022 in den Ruhestand versetzt und es wurde ausgesprochen, dass sein monatlicher Ruhebezug € 3.970,48 brutto betrage.
2 Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wandte sich der Revisionswerber ausschließlich gegen die Festsetzung des monatlichen Ruhebezugs „mit nur € 3.970,48 brutto“. Begründend führte er aus, er habe am 13. Jänner 2022 einen Antrag auf Neuberechnung seiner Vordienstzeiten gestellt. Dieser Antrag sei noch nicht erledigt worden, weshalb im angefochtenen Bescheid von zu geringen Vordienstzeiten ausgegangen worden sei.
3 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Jänner 2023 wurde der Antrag des Revisionswerbers vom 13. Jänner 2022 auf „Neuberechnung meiner Einstufung, da meine einschlägigen Vordienstzeiten nur zum Teil angerechnet wurden“ mangels Antragslegitimation zurückgewiesen.
4 Das Landesverwaltungsgericht Steiermark wies mit Erkenntnis vom 15. Juni 2023 die gegen den Bescheid vom 16. Jänner 2023 erhobene Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für unzulässig.
5 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass als Vorrückungsstichtag des Revisionswerbers der 19. August 1983 festgesetzt worden sei. Mit Wirksamkeit ab 1. Februar 1994 sei der Revisionswerber auf einen Dienstposten der Verwendungsgruppe B, Dienstklasse III, ernannt und das Gehalt in dieser Dienstklasse mit der Gehaltsstufe 2 festgesetzt worden. Im Verlauf seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses sei der Revisionswerber vier Mal befördert worden und zwar jeweils in der Verwendungsgruppe B mit 1. Jänner 1995 in Dienstklasse IV, Gehaltsstufe 4; mit 1. Jänner 1999 in Dienstklasse V, Gehaltsstufe 2; mit 1. Jänner 2005 in Dienstklasse VI, Gehaltsstufe 1, und am 1. Jänner 2009 in Dienstklasse VII, Gehaltsstufe 1. Eine Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung des Revisionswerbers rein durch Zeitvorrückung hätte, ausgehend vom Vorrückungsstichtag, dazu geführt, dass er mit 1. Juli 2021 die Dienstklasse V, Gehaltsstufe 9, in der Verwendungsgruppe B erreicht hätte. Die Dienstklasse VII, Gehaltsstufe 7, hätte er im Wege der Zeitvorrückung und ohne jegliche Beförderung bis zu dem Zeitpunkt seiner Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. Oktober 2022 nicht erreicht.
6 Mit dem vorliegend angefochtenen Erkenntnis vom 29. Juni 2023 wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2022 erhobene Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für unzulässig.
7 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Revisionswerber bereits vier Mal befördert und der Antrag betreffend Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags rechtskräftig zurückgewiesen worden sei. Hinsichtlich der Höhe der Ruhegenussbemessungsgrundlage und des errechneten Ruhegenusses könne keine Rechtswidrigkeit festgestellt werden.
8 Mit Beschluss vom 18. September 2023, E 2317/2023-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen das Erkenntnis vom 15. Juni 2023 erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
9 Die in der Folge erhobene Revision gegen das Erkenntnis vom 15. Juni 2023 wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. Mai 2025, Ra 2023/12/0166, zurück. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung aus, dass aufgrund der insgesamt vier Mal erfolgten freien Beförderungen des Revisionswerbers dessen besoldungsrechtliche Stellung nicht mehr vom Vorrückungsstichtag abhängt.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens der Revision gegen das vorliegend angefochtene Erkenntnis macht der Revisionswerber als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung geltend, es gehe um „die grundlegende Frage, ob eine bloß formell rechtskräftige Entscheidung über eine Vorfrage bereits erlaubt, dass die Entscheidung über die Hauptfrage so gelöst wird, als wäre über die Vorfrage bereits formell und materiell rechtskräftig entschieden worden“. Mit dieser Frage habe sich der Verwaltungsgerichtshof bislang nicht auseinandergesetzt.
14 Dieses Zulässigkeitsvorbringen legt nicht näher dar, inwiefern der Revisionsfall von einer Entscheidung über eine Vorfrage abhinge und inwiefern damit die Beantwortung der im Zulässigkeitsvorbringen formulierten Rechtsfrage für das Schicksal der Revision von Bedeutung wäre. Sollte sich dieses Vorbringen darauf beziehen, dass der Revisionswerber die mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2023 erfolgte Abweisung seiner Beschwerde gegen den Bescheid vom 16. Jänner 2023 (betreffend seinen auf behauptete Diskriminierungen im Zusammenhang mit dem Vorrückungsstichtag gestützten Antrag auf „Neuberechnung seiner Einstufung“) mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw mit Revision angefochten hat, zeigt er mit der von ihm formulierten Fragestellung keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, weil bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu vorliegt, dass die Möglichkeit der Anfechtung einer Entscheidung beim Verfassungsgerichtshof und beim Verwaltungsgerichtshof bzw die Erhebung einer solchen Beschwerde nichts an der bereits eingetretenen formellen Rechtskraft und der Verbindlichkeit gegenüber den Parteien ändert (vgl VwGH 13.3.2009, 2005/12/0175; 4.10.2019, Ra 2018/05/0268). Von dieser Rechtsprechung weicht das angefochtene Erkenntnis nicht ab.
Im Übrigen ist dem Revisionsvorbringen Folgendes entgegenzuhalten:
15 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen Entscheidungen unter anderem betreffend den Revisionswerber festgehalten hat, schließt eine freie Beförderung, die dazu führt, dass der Beamte zu einem früheren Zeitpunkt als allein im Wege der Zeitvorrückung eine bestimmte Gehaltsstufe erreicht, eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags aus, weil durch freie Beförderungen die besoldungsrechtliche Stellung des Beamten nicht mehr vom Vorrückungsstichtag, sondern von einer freien Ermessensübung durch die Dienstbehörde abhängt. Dass bei einer Ermessensübung im Rahmen einer freien Beförderung der Vorrückungsstichtag als ein bei der Ermessensentscheidung über die Einreihung bedeutsames Element eine gewisse Rolle spielen mag, ändert an diesem Ergebnis bei einer im freien Ermessen liegenden Beförderung nichts. Aus dem Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 45 AEUV) sowie den Diskriminierungsverboten der Richtlinie 2000/78/EG und der Verordnung (EWG) 1612/68 ist kein wirksames Gebot ableitbar, dass im Ermessen der Dienstbehörde liegende Ernennungsakte als mit Wirksamkeit an anderen (für den Beamten optimalen) Zeitpunkten vorgenommen zu gelten hätten (vgl VwGH 26.5.2025, Ra 2023/12/0166, mwN).
16 Fallbezogen folgt daraus, dass der Vorrückungsstichtag für die besoldungsrechtliche Stellung und die Höhe des Ruhegenusses des Revisionswerbers keine Rolle spielt, weshalb bereits aus diesem Grund die Frage der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags im vorliegenden Verfahren keine Vorfrage darstellte.
17 Zur Zulässigkeit einer Revision reicht es nicht, dass diese eine Rechtsfrage darlegt, sie muss von der Lösung dieser Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B VG auch abhängen. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nämlich nicht berufen. Es muss daher zumindest die Möglichkeit bestehen, dass die aufgeworfene, iSd Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Rechtsfrage für die Lösung des Falles von ausschlaggebender Bedeutung ist (vgl VwGH 29.3.2022, Ro 2020/12/0014, mwN).
18 Vor dem Hintergrund der vom Revisionswerber unbestritten gebliebenen, insgesamt vier Mal erfolgten freien Beförderungen, womit dessen besoldungsrechtliche Stellung nicht mehr vom Vorrückungsstichtag abhängt, erweist sich die in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfene Rechtsfrage als theoretisch.
19 In der Revision wird sohin keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 25. Juni 2025