JudikaturVwGH

Ra 2023/12/0077 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrätin Dr. Holzinger und Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision der P GmbH in W, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 24. April 2023, LVwG 414199/5/Kü, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung in Angelegenheiten des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26. Jänner 2023 wurden gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) in einem von der Revisionswerberin betriebenen, näher bezeichneten Lokal drei Pokertische sowie zwei Kartons mit Pokerchips beschlagnahmt.

2 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

3 Mit Schreiben vom 13. März 2023 stellte die Revisionswerberin einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht diesen Antrag zurück und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei. In seiner Begründung führte es aus, der Zweck der Erlassung unmittelbar auf Unionsrecht gegründeter einstweiliger Anordnungen sei die Sicherung der vollen Wirksamkeit der Entscheidung in der Hauptsache. Da die beschlagnahmten Gegenstände amtlich zu verwahren seien, sei nicht anzunehmen, dass deren Bestand gefährdet sei.

5 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Mit Erkenntnis vom 11. August 2023, LVwG-414199/17/Kü/MG, wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26. Jänner 2023 betreffend die Beschlagnahme von Glücksspielgeräten ab.

7 Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin an den Verfassungsgerichtshof lehnte dieser mit Beschluss vom 4. Oktober 2023, E 3012/2023 5, ab. Über nachträglichen Antrag der Revisionswerberin trat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. Oktober 2023, E 3012/2023 7, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

8 Eine Revision gegen das Erkenntnis vom 11. August 2023 an den Verwaltungsgerichtshof wurde in der Folge nicht erhoben.

9 Auf Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen trotz der zwischenzeitlich in der Hauptsache ergangenen und in Rechtskraft erwachsenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung an einer Entscheidung über die vorliegende Revision noch ein rechtliches Interesse bestehe, gab die Revisionswerberin keine Stellungnahme ab.

10 Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, die Revision nach Anhörung des Revisionswerbers mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

11 § 33 Abs. 1 VwGG ist nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl VwGH 1.7.2024, Ro 2024/12/0007 bis 0009, mwN).

12 Der Zweck des Verfahrens des unmittelbar auf Unionsrecht gegründeten vorläufigen Rechtsschutzes ist die Sicherung der vollen Wirksamkeit der Entscheidung in der Hauptsache. Hauptsache ist jene, in der die Entscheidung ergeht, deren volle Wirksamkeit durch eine einstweilige Anordnung gesichert werden soll. Ist die endgültige Entscheidung in der Hauptsache bereits ergangen, so kommt auch deren Sicherung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes nicht mehr in Betracht. Ein solches Verfahren stellt sich als gegenstandslos geworden dar (vgl VwGH 19.3.2024, Ra 2023/09/0186, mwN).

13 Im Revisionsfall liegt betreffend die Beschlagnahme von Glücksspielgeräten mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 11. August 2023 eine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache vor. Der angefochtene Beschluss betreffend den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung entfaltet daher keine Rechtswirkungen mehr.

14 Das Verfahren war sohin in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG mit Beschluss einzustellen (vgl VwGH 1.7.2024, Ro 2024/12/0007 bis 0009, mwN).

15 Wird eine Revision ohne formelle Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unter sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, ist die Kostenentscheidung mangels formeller Klaglosstellung nicht nach § 55 VwGG, sondern nach § 58 Abs. 2 VwGG zu treffen (vgl VwGH 7.6.2024, Ra 2023/12/0070, mwN).

16 Die Zuerkennung von Aufwandersatz nach § 58 Abs. 2 VwGG setzt voraus, dass die Entscheidung hierüber keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben, weil nicht ohne weiteres und daher nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand beurteilt werden kann, welchen Ausgang das Verfahren genommen hätte, wäre keine Gegenstandslosigkeit eingetreten. Somit wird nach freier Überzeugung gemäß § 58 Abs. 2 VwGG entschieden, dass ein Zuspruch von Aufwandersatz nicht stattfindet (vgl abermals VwGH 7.6.2024, Ra 2023/12/0070, mwN).

Wien, am 4. Juni 2025

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