JudikaturVwGH

Ra 2023/09/0058 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
05. Juni 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Rieder, über die außerordentliche Revision der Mag. A B in C, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Februar 2023, W136 2224801/22E, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens nach dem Beamten Dienstrechtsgesetz 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission bei der Bildungsdirektion für Wien Senat für Lehrer/Innen an Allgemeinbildenden Höheren Schulen [nunmehr: Bundesdisziplinarbehörde]), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Die Revisionswerberin steht als Lehrerin an einem Bundesgymnasium und wirtschaftskundlichen Bundesrealgymnasium in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

2 Die Dienstbehörde erstattete, nachdem sie eine Vielzahl von der Revisionswerberin unterrichteten Schülerinnen und Schülern der Schuljahre 2016/17 bis 2018/19, die Direktorin, Lehrerinnen und Lehrer sowie einen Unterrichtspraktikanten einvernommen und eine Stellungnahme von der zuständigen Schulaufsicht und der Schulpsychologie eingeholt hatte, mit Schreiben vom 4. Juli 2019 eine Disziplinaranzeige gegen die Revisionswerberin.

3 In der Folge wurde mit Bescheid der Disziplinarkommission bei der Bildungsdirektion für Wien (Disziplinarkommission) vom 10. September 2019 gegen die Revisionswerberin ein Disziplinarverfahren wegen näher beschriebener Verhaltensweisen eingeleitet, gegen den die Revisionswerberin Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhob.

4 Zur weiteren Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse jeweils vom 31. Jänner 2022, Ra 2020/09/0011 (betreffend Einleitungsbeschluss) und Ra 2020/09/0005 (betreffend Suspendierung) verwiesen.

5 Mit dem nunmehr im zweiten Rechtsgang ergangenen angefochtenen Erkenntnis leitete das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gegen die Revisionswerberin gemäß §§ 91, 123 Beamten Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) das Disziplinarverfahren hinsichtlich fünf näher konkretisierter Anschuldigungspunkte wegen des Verdachts der Verletzung ihrer Dienstpflichten (Spruchpunkte A. I. 1. bis 5.) ein, während zu einem weiteren Anschuldigungspunkt das Disziplinarverfahren eingestellt wurde (Spruchpunkt A. II.). Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig (Spruchpunkt B).

6 Die vorliegende außerordentliche Revision richtet sich ausschließlich gegen die die Spruchpunkte A. I. 1. bis A. I. 5. des angefochtenen Erkenntnisses.

7 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche fehlt, oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

9 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu prüfen.

10 Die Revisionswerberin wendet sich in der Zulässigkeitsbegründung zunächst gegen die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, es sei keine Verjährung eingetreten. Das Verwaltungsgericht habe zu ihrem im Beschwerdeverfahren erstatteten Vorbringen, wonach die Bildungsdirektion als Dienstbehörde bereits mehr als sechs Monate vor dem Erlassen des Einleitungsbeschlusses von den Vorwürfen Kenntnis erlangt gehabt habe, keine Ermittlungsschritte gesetzt. Den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis sei nicht zu entnehmen, wann die Dienstbehörde von den ihr angelasteten Äußerungen und Verhaltensweisen Kenntnis erlangt habe. Es lägen zudem Begründungsmängel vor, weil das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen sei, dass im Jahr 2018 keine Beschwerden gegen die Revisionswerberin aktenkundig gewesen seien. Die Revisionswerberin habe jedoch mit näherer Begründung eine Unvollständigkeit des von der Dienstbehörde vorgelegten Aktes eingewendet gehabt und dazu auch Beweisanträge (insbesondere die Einvernahme des bei der Bildungsdirektion damals zuständigen Juristen) gestellt, die unberücksichtigt geblieben seien.

11 Maßgebend für den Beginn der sechsmonatigen Verjährungsfrist des § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 ist die Kenntnis der Disziplinarbehörde von Tatsachen, die zur Annahme berechtigen, ein konkretes Verhalten eines Beamten falle unter einen disziplinär zu ahndenden Tatbestand. „Kenntnis erlangt“ die Disziplinarbehörde in einer die Verjährungsfrist in Lauf setzenden Weise, wenn sie von dem später allenfalls als Dienstpflichtverletzung zu würdigenden Verhalten des Beamten ausreichend Mitteilung erhält, wobei nur das auf sicheren Grundlagen beruhende Wissen über bestimmte Tatsachen, die zu einem begründeten Verdacht führen, maßgebend sind. Voraussetzung für die Annahme einer den Lauf der Verjährungsfrist in Gang setzenden Kenntnis der Disziplinarbehörde ist einerseits die Mitteilung von Umständen, die nicht bloß auf Gerüchten, Vermutungen Dritter oder bloßes Kennenmüssen beruhen, und andererseits die Eignung dieser Umstände, einen konkreten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung zu begründen, ohne dass in diesem Verfahrensstadium bereits eine zutreffende rechtliche Subsumtion erforderlich wäre (vgl. etwa VwGH 24.6.2009, 2007/09/0116; 17.2.2015, Ra 2014/09/0007; jeweils mwN).

12 Das Bundesverwaltungsgericht verwarf mit näherer Begründung den Einwand der Verjährung nach § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 hinsichtlich der für das Revisionsverfahren maßgeblichen Anschuldigungspunkte. Dabei stützte es sich erkennbar darauf, dass erst nach der Einvernahme der Schülerinnen und Schüler im Mai 2019 eine gesicherte Grundlage für das Vorliegen der nunmehr angelasteten Taten vorgelegen sei und die Verjährungsfrist zu laufen begonnen habe.

13 Der Revision gelingt mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzuzeigen, dass diese fallbezogene Beurteilung unvertretbar wäre oder das Bundesverwaltungsgericht damit von der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.

14 Soweit die Zulässigkeit der Revision mit einem Verfahrensmangel wie hier Ermittlungs , Feststellungs und Begründungsmängel begründet wird, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden muss (vgl. VwGH 7.12.2021, Ra 2020/09/0049; 18.11.2020, Ra 2019/09/0165; jeweils mwN). Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 5.1.2022, Ra 2021/09/0248, mwN).

15 Diesen Anforderungen wird die Revision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht gerecht. Mit den Erwägungen, dass auch im Jahr 2018 Beschwerden gegen die Revisionswerberin vorgelegen seien, wird ein relevanter Verfahrensmangel nicht aufgezeigt. Insbesondere bleibt die Revision schuldig darzulegen, dass die Beschwerden die hier gegenständlichen Vorwürfe betroffen hätten und ausreichend konkret gewesen wären. Soweit die Revisionswerberin betreffend den Spruchpunkt A. I. 5. des angefochtenen Erkenntnisses Ermittlungsmängel rügt und dazu vorbringt, der zugrundeliegende Sachverhalt sei der Dienstbehörde bereits seit dem Schuljahr 2017/18 bekannt und auf eine im Jahr 2018 bei der Volksanwaltschaft eingebrachte Beschwerde verweist, ist ihr darüber hinaus auch die Tatzeit im Vorwurf (Schuljahr 2018/19) entgegenzuhalten.

16 Zur gerügten unterbliebenen Zeugeneinvernahme ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Beweisanträge dann abgelehnt werden dürfen, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich nicht geeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen. In der Unterlassung einer Beweisaufnahme ist kein Verfahrensmangel gelegen, wenn das von der Partei im Beweisantrag genannte Beweisthema unbestimmt ist. Ob eine Beweisaufnahme im angesprochenen Sinn geboten ist, unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 16.11.2022, Ra 2022/20/0333, mwN). Ein bloß allgemeines Vorbringen, das nicht aufzeigt, zum Nachweis welcher konkreten Tatsachen der Beweis dienen soll, läuft nach der Rechtsprechung in der Regel auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus, zu dessen Aufnahme das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet ist (vgl. VwGH 19.7.2021, Ra 2021/14/0231, mwN).

17 Im Fall einer unterbliebenen Vernehmung ist um die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers darzutun in der Revision konkret darzulegen, was die betreffende Person im Fall ihrer Vernehmung hätte aussagen können und welche anderen oder zusätzlichen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH 16.10.2020, Ra 2020/09/0050, mwN).

18 Diesen Anforderungen wird die Revision mit ihren Ausführungen hinsichtlich der unterbliebenen Einvernahme des namentlich genannten Mitarbeiters der Dienstbehörde als Zeuge nicht gerecht. Beruht dieser Beweisantrag ebenfalls doch lediglich auf allgemein gehaltenen Vermutungen von weiteren Beschwerden gegen die Revisionswerberin, welche dem Gericht von der Dienstbehörde entgegen dem gerichtlichen Auftrag nicht vorgelegt worden seien. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese die im Einleitungsbeschluss inkriminierten Verhaltensweisen beträfen und eine Bestimmtheit aufweisen würden, welche im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung die Verjährungsfrist nach § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 auszulösen vermochten, finden sich weder im Akt und werden auch nicht in der Revision vorgebracht.

19 Wenn die Revisionswerberin betreffend die mit Spruchpunkten A. 1. 2. und 3. vorgeworfenen Äußerungen eine Aktenwidrigkeit darin erblickt, dass den protokollierten Angaben der Schüler nicht entnommen werde könne, dass diese im Schuljahr 2018/19 getätigt worden seien, ist darauf zu verweisen, dass den Einvernahmen das Ersuchen zugrunde lag, die Schülerinnen zu Vorkommnissen im Schuljahr 2018/19 zu befragen (vgl. das im Verwaltungsakt erliegende Schreiben der belangten Behörde vom 18. April 2019). Auch lässt sich in Bezug auf die behauptete Aktenwidrigkeit, wonach sich aus den Angaben zweier konkret genannter Schüler nicht der in Spruchpunkt A. I. 3. vorgeworfene herabsetzende Vergleich ergebe, nicht entnehmen, inwieweit diese das Verfahrensergebnis beeinflussen hätte können. So schilderte eine weitere Schülerin im Zuge ihrer Befragung eine derartige Äußerung der Revisionswerberin.

20 Die Revision vermag mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen ebenfalls einen relevanten Verstoß gegen die Begründungspflicht von verwaltungsgerichtlichen Erkenntnissen nicht aufzuzeigen. Ein Begründungsmangel führt nur dann zur Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, wenn dadurch die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird (vgl. VwGH 2.6.2023, Ra 2023/09/0061 , mwN). Dem Erkenntnis ist entgegen dem Revisionsvorbringen insgesamt deutlich genug zu entnehmen, von welchem Sachverhalt im Verdachtsbereich das Bundesverwaltungsgericht aufgrund welcher beweiswürdigenden Erwägungen ausgeht. Eine abschließende Beurteilung der Schuld und Strafe im Hinblick auf die vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen ist entgegen der dem Revisionsvorbringen offenbar zugrundeliegenden Ansicht des Revisionswerberin nicht vorzunehmen.

21 In der Revision wird zur Zulässigkeit ferner vorgebracht, die Anschuldigungspunkte genügten nicht den von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Anforderungen an ihre Bestimmtheit, insbesondere in zeitlicher Hinsicht. Es fehle eine Angabe, in welcher Stunde die Äußerungen gefallen sein sollen. In Spruchpunkt A. I. 2. werde nur eine „sinngemäße“ Äußerung vorgeworfen.

22 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung, dass die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen ist, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Dieser dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen. Für die Einleitung des Verfahrens reicht es aus, wenn im Umfang der Disziplinaranzeige und auf deren Grundlage genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Die Disziplinarbehörde muss bei Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob der Beamte eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist erst in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. In dieser Phase des Verfahrens ist zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind oder ob keine genügenden Verdachtsgründe vorliegen und hingegen allenfalls offenkundige Gründe für die Einstellung des Disziplinarverfahrens gegeben sind. Ebenso wenig muss im Einleitungsbeschluss das dem Beamten zur Last gelegte Verhalten bereits abschließend rechtlich gewürdigt werden. Es besteht keine Bindung an die rechtliche Würdigung der Taten im Einleitungsbeschluss (vgl. zu alledem etwa VwGH 5.3.2021, Ra 2020/09/0072 ; 18.11.2020, Ra 2019/09/0165; mit Verweis auf VwGH 24.1.2018, Ra 2017/09/0047 ; 28.3.2017, Ra 2017/09/0008 ; 21.6.2000, 99/09/0012 ).

23 Im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses werden die Tatumstände angeführt und im Begründungsteil durch den Verweis auf die Angaben der Schüler im Rahmen ihrer Befragungen durch die Bildungsdirektion im Mai 2019 darüber hinaus näher umschrieben (vgl. zur ständigen Rechtsprechung des VwGH, dass die Begründung zur Auslegung eines unklaren Spruches heranzuziehen ist, etwa VwGH 25.2.2022, Ra 2020/09/0062, mwN). Die Revisionswerberin hat zu diesen Protokollen bereits im behördlichen Verfahren ein umfangreiches Vorbringen erstattet. Ausgehend davon vermag die Revisionswerberin mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht darzulegen, dass das Bundesverwaltungsgericht von der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Anforderungen an den Einleitungsbeschluss abgewichen wäre, und ihr, auch wenn die Tatzeiten datumsmäßig nicht näher konkretisiert werden konnten, aufgrund der mangelnden Umgrenzung der Tatvorwürfe eine sachgerechte Verteidigung nicht möglich wäre oder diese nur aus vagen Vermutungen bestünden.

24 Soweit die Revisionswerberin die Formulierung des Anschuldigungspunktes zu Spruchpunkt A. I. 2. beanstandet, weil dieser lediglich eine sinngemäße Wiedergabe einer Äußerung wiedergebe, ist darauf hinzuweisen, dass für die Beurteilung der disziplinären Relevanz getätigter Äußerungen die sinngemäße Wiedergabe der inkriminierten Äußerungen im Spruch des Disziplinarerkenntnisses grundsätzlich ausreicht (vgl. VwGH 7.9.2023, Ra 2022/09/0034, mwN). Wenn die Revisionswerberin vermeint, dass die Aussage, „dass sie sich das Verhalten des Schülers näher ansehen werde“ noch keine Annahme einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertige, übergeht sie, dass ihr vorgeworfen wird, diese im Zusammenhang mit einer vom Vater des Schülers gegen sie gerichtete Beschwerde getätigt zu haben, sodass sich die Revision insoweit als nicht gesetzmäßig ausgeführt erweist (vgl. VwGH 5.11.2020, Ra 2020/10/0148 , mwN).

25 Die Revisionswerberin wendet sich mit ihrem weiteren Vorbringen ferner gegen die Beweiswürdigung und verweist dazu unter anderem darauf, dass sich einige Schüler augenscheinlich für schlechte bzw. schlechtere Noten „rächen“ wollen. Es seien von der Dienstbehörde überwiegend Schüler einvernommen worden, die bereits zum Ziel gehabt hätten, die Revisionswerberin zu diffamieren. Das Verwaltungsgericht habe sich lediglich auf die „Zeugenprotokolle“ gestützt, ohne selbst eine unmittelbare Einvernahme unter Wahrheitspflicht durchzuführen oder auf Abweichungen innerhalb der Angaben einzugehen.

26 Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung (siehe dazu etwa VwGH 21.3.2018, Ra 2018/09/0017 ) und im Hinblick auf den Verfahrensgegenstand von Einleitungsbeschlüssen nach § 123 BDG 1979, für welche wie bereits ausgeführt noch keine abschließende Klarheit hinsichtlich Schuld und Strafe, sondern nur ein sachverhaltsmäßig und rechtlich ausreichend konkreter Verdacht bestehen muss, vermag die Revision eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufzuzeigen.

27 Soweit die Revisionswerberin schließlich eine Befangenheit der Richterin behauptet, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach jeder Vorwurf einer Befangenheit nach § 7 Abs. 1 Z 3 AVG konkrete Umstände aufzuzeigen hat, welche die Objektivität des Entscheidungsträgers in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen. Der Vorwurf von Verfahrensfehlern bildet ohne Hinzutreten weiterer begründeter Umstände keinen Anlass, die Befangenheit des Richters anzunehmen (vgl. zum Ganzen bereits das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH vom 31. Jänner 2022, Ra 2020/09/0011, mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Mit dem dazu erstatteten Vorbringen, das die Befangenheit aus angeführten Verfahrenshandlungen bzw. ergebnissen ableitet, wird eine Voreingenommenheit der Richterin nicht aufgezeigt.

28 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 5. Juni 2024

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