Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth als Richterin sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Bamer, über die Revisionen 1. des H M und 2. der W M, beide in E, beide vertreten durch die Höhne, In der Maur Partner Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 20, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 18. Juli 2023, LVwG AV 1044/001 2023 und LVwG AV 1936/001 2023, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt; mitbeteiligte Partei: SD 22 Projekt GmbH, vertreten durch Mag. Gernot Steier, Rechtsanwalt in 3040 Neulengbach, Rathausplatz 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Die mitbeteiligte Partei ist Inhaberin eines im Wasserbuch eingetragenen Wasserbenutzungsrechts zum Betrieb einer auf ihrem Grundstück Nr. 72/1, KG E., befindlichen Wasserkraftanlage an der F.
2 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (BH) vom 1. Dezember 2020 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 138 Abs. 1a und 6 iVm. § 50 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) als Wasserberechtigter aufgetragen, binnen näher genannter Fristen insbesondere im Bereich des Grundstücks Nr. 75 aus dem „Umgehungsgerinne (Grundstück Nr. 1256 KG E[...])“ abgebrochenes Erdreich und Mauerwerk inklusive einem Geotextil zu entfernen sowie die desolate linksseitige, ca. 8 m lange Ufermauer des Gerinnes zu sanieren.
3 Mit Erkenntnis vom 8. Februar 2021 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde der (nunmehrigen) mitbeteiligten Partei ab.
4 Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. Juni 2022, Ra 2021/07/0027, (im Folgenden: Vorerkenntnis Ra 2021/07/0027) wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf. Zur Vorgeschichte wird des Näheren auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
5 Mit Beschluss vom 2. September 2022 hob das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 2 zweiter Satz VwGVG den Bescheid der BH vom 1. Dezember 2020 auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Verwaltungsbehörde zurück. Dazu trug das Verwaltungsgericht der BH auf, die Feststellungen im Sinn der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs im Vorerkenntnis Ra 2021/07/0027 zu ergänzen.
6 Die revisionswerbenden Parteien beantragten am 20. Oktober 2022 bei der BH gestützt auf § 122 WRG 1959, die mitbeteiligte Partei mit einstweiliger Verfügung zur Durchführung der notwendigen Instandhaltungs- und Sanierungsarbeiten am gegenständlichen Umlaufgerinne bzw. der Ufermauer zu verpflichten.
7 Mit Bescheid vom 2. Jänner 2023 trug die BH der mitbeteiligten Partei erneut auf, die desolate linksseitige, ca. 8 m lange Ufermauer des Umlaufgerinnes im Bereich der Grundstücke Nr. 75 und Nr. 1256, KG E., zu sanieren. Begründend führte die BH aus, es seien nunmehr im Sinn der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich des Wasserbenutzungsrechts Erhebungen durch Einsicht in im Stadtarchiv noch vorhandene Unterlagen durchgeführt worden. Daraus habe sich insbesondere ergeben, dass die Wasserkraftanlage der mitbeteiligten Partei auf eine Mühle zurückgehe, deren Geschichte ins 13. Jahrhundert zurückreiche. Dem Eigentümer der Grundstücke sei in der Folge ein Wasserbenutzungsrecht eingeräumt worden. In einem Protokoll der k.k. Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 20. April 1854 sei festgehalten worden, dass die Demolierung der Mühle und die Errichtung des beantragten und bewilligten Wasserkraftwerkes vollendet worden seien, die Ablassfallen des Gerinnes etwas schmäler als beantragt ausgeführt worden seien, wobei gegen diese Verschmälerung (gegenüber der Bewilligung) aber kein Einwand bestehe. In einem Protokoll vom 10. Dezember 1880 sei anlässlich der Genehmigung des Einbaus von Turbinen in das Wasserkraftwerk festgehalten worden, dass das Umlaufgerinne dazu diene, das Wasser im Fall des Nichtbetriebes des Kraftwerkes um das Werk herumzuführen. Im Jahr 1882 sei eine Erhöhung der Oberkanten der Ablassfallen am Einlass des Gerinnes genehmigt worden. Im Jahr 1923 sei gegenüber dem Berechtigten für das gegenständliche Wasserbenutzungsrecht eine Änderung der Grundwertschleuse des Gerinnes bewilligt worden. Insgesamt ergebe sich aus den Unterlagen, dass die nunmehrige Wasserkraftanlage samt dem Umlaufgerinne wasserrechtlich genehmigt sei. Die Ablassschleuse an der F. und das Umlaufgerinne seien somit Bestandteil des Wasserbenützungsrechts der mitbeteiligten Partei. Hinsichtlich der Errichtung der Ufermauer lägen keine Unterlagen vor. Rechtsgültige Verpflichtungen Dritter zur Instandhaltung der Ufermauer seien nicht begründet worden. Die mitbeteiligte Partei habe daher das Umlaufgerinne gemäß § 50 Abs. 1 WRG 1959 so zu erhalten, dass keine Verletzung fremder Rechte stattfinde. Es sei somit der gegenständliche Wiederherstellungsauftrag zu erlassen gewesen.
8 Dagegen richtete sich die Beschwerde der mitbeteiligten Partei. Die revisionswerbenden Parteien erhoben am 25. Mai 2023 eine Säumnisbeschwerde an das Verwaltungsgericht, die sie damit begründeten, dass von der BH über ihren Antrag vom 20. Oktober 2022 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht entschieden worden sei.
9 Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis sprach das Verwaltungsgericht aus, der Bescheid der BH vom 2. Jänner 2023 werde, soweit damit von Amts wegen Verpflichtungen begründet worden seien, ersatzlos behoben. Der Antrag der revisionswerbenden Parteien, die mitbeteiligte Partei zur Sanierung der Ufermauer des Umlaufgerinnes im Bereich des Grundstückes Nr. 75, KG E., zu verpflichten, werde abgewiesen. Ebenso abgewiesen werde der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung . Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht jeweils für nicht zulässig .
10 Das Verwaltungsgericht stellte begründend fest, die Wasserkraftanlage, deren Berechtigte die mitbeteiligte Partei sei, diene der Ausnützung der Wasserkräfte der F. Etwa 60 m vom Kraftwerk flussaufwärts befinde sich an der F. eine Stauanlage, über die der Zufluss von Wasser in das dort von der F. abzweigende Umlaufgerinne geregelt werden könne. Unterhalb des Kraftwerkes werde das Wasser durch das Umlaufgerinne wieder in die F. eingeleitet. Das Umlaufgerinne habe die Funktion, das nicht im Wasserkraftwerk abgearbeitete Wasser aufzunehmen, um das Kraftwerk herum zu führen und wieder der F. zuzuleiten.
11 Durch das Umlaufgerinne und die F. werde ein Areal inselartig umschlossen, das ab der Mitte des 19. Jahrhunderts industriell genutzt worden sei. Bis zum Jahr 1975 seien dieses frühere Industriegelände, sowie auch die Grundstücke, auf denen sich die Wasserkraftanlage und das Umlaufgerinne befänden, im Eigentum desselben Anlagenbetreibers gestanden. Aufgrund einer Teilung im Jahr 1975 sei auf dem vormaligen Industriegelände unter anderem das Grundstück Nr. 75 der revisionswerbenden Parteien entstanden, wo in der Folge ein Einfamilienhaus errichtet worden sei. Das Umlaufgerinne selbst verlaufe jetzt auf dem Grundstück mit der Nr. 1256, KG E., das nunmehr, ebenso wie die weiteren Gewässergrundstücke 1255/2 und 1256/2, KG E., wo die F. verlaufe, im Eigentum des FG stehe.
12 Entlang der Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 75 der Revisionswerber und dem Grundstück Nr. 1256 verlaufe die Ufermauer des Umlaufgerinnes, die wie verfahrensgegenständlich auf einer Länge von ca. 8 m eingebrochen sei. Die Mauer sei jedenfalls zu einem Zeitpunkt errichtet worden, als das gesamte Areal (Industriegelände, Umlaufgerinne und Kraftwerk) im Eigentum desselben Eigentümers, der auch Wasserberechtigter des gegenständlichen Wasserbenutzungsrechtes gewesen sei, gestanden sei. Die Herstellung der Ufermauer sei erforderlich gewesen, um das Umlaufgerinne bzw. die Wasserkraftanlage „errichten oder betreiben“ zu können und sei offensichtlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgt. Die Befestigung des Ufers habe die Funktion einer Stützmauer. Sie habe dazu gedient, mehr Gelände für die Industrieanlage zu gewinnen als dies bei einer herkömmlichen Erdböschung des Gerinnes möglich gewesen wäre. Für die Errichtung des Umlaufgerinnes sei die Ufermauer jedoch nicht notwendig gewesen.
13 Die Wasserkraftanlage der mitbeteiligten Partei sei aus einer früheren Mühle hervorgegangen. In den „wasserrechtlichen Bewilligungsunterlagen“, die bis in das Jahr 1842 zurückreichten, würden eine Wasserkraftanlage, Turbinen, Schleusen und Ablasseinrichtungen beschrieben sowie „auch das Umlaufgerinne erwähnt“. Hinsichtlich der Ufermauer liege jedoch keine wasserrechtliche Bewilligung vor. Ein Feststellungsbescheid betreffend die Erhaltungspflicht existiere nicht.
14 In rechtlicher Hinsicht ergebe sich, dass ein Wasserberechtigter dann nicht zur Erhaltung eines Uferbauwerks an einem seiner Wasserbenutzungsanlage zurechenbaren künstlichen Gerinne verpflichtet sei, wenn dieses Uferbauwerk vom Eigentümer des Ufergrundstückes aufgrund einer (gesonderten) Bewilligung oder konsenslos errichtet worden sei. Im vorliegenden Fall, in dem zum Zeitpunkt der Errichtung der Ufermauer der Errichter sowohl Wasserberechtigter als auch Eigentümer des Ufergrundstückes gewesen sei, müsse es auf die Zweckbestimmung der Ufermauer ankommen. Die gegenständliche Mauer diene dazu, das Ufergrundstück ohne einen Flächenverlust nutzen zu können, wie er bei einer naturnahen Erdböschung eingetreten wäre. Insoweit sei auch nicht relevant, ob sich die Mauer auf dem Grundstück Nr. 75 der revisionswerbenden Parteien oder auf dem Grundstück Nr. 1256 des FG befinde. Auch sei nicht entscheidungswesentlich, ob die Mauer aufgrund einer wasserrechtlichen Bewilligung oder konsenslos errichtet worden oder im Zeitpunkt der Erbauung gar nicht bewilligungspflichtig gewesen sei. Nicht von Bedeutung seien auch bloße Ansichten, die von den Beteiligten hinsichtlich der Erhaltungspflichten in der Vergangenheit zum Ausdruck gebracht worden seien, die aber nicht zur Erlassung eines Bescheides geführt hätten; so auch die Ausführungen in einem Verhandlungsprotokoll vom 25. Februar 2013. Nachdem die Ufermauer somit den revisionswerbenden Parteien als Eigentümern des Grundstücks Nr. 75 zuzurechnen sei, treffe diese und nicht die mitbeteiligte Partei als Wasserberechtigte die Instandhaltungspflicht. Es bedürfe daher auch keiner Erörterung, ob aus den von der BH nunmehr beigeschafften Unterlagen „allenfalls in Verbindung mit einer Konsensrekonstruktion“ abgeleitet werden könne, dass das Umlaufgerinne selbst Bestandteil der Wasserkraftanlage bzw. des Wasserbenutzungsrechts der mitbeteiligten Partei sei. Der mitbeteiligten Partei sei daher zu Unrecht die Durchführung von Instandhaltungsarbeiten aufgetragen worden.
15 Hinsichtlich des Antrags der revisionswerbenden Parteien auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung habe die BH ihre Entscheidungspflicht verletzt, indem sie über den Antrag nicht fristgerecht entschieden habe. Hinweise darauf, dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen sei, lägen nicht vor. Im Hinblick darauf, dass sich nunmehr ergeben habe, dass die mitbeteiligte Partei nicht zur Sanierung der Ufermauer verpflichtet sei, komme insoweit aber eine einstweilige Verfügung nicht mehr in Betracht. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.
16 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof hat die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, der Revision keine Folge zu geben.
17 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die revisionswerbenden Parteien bringen zur Zulässigkeit der Revision im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht sei von (näher genannter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Es liege ein künstliches Gerinne vor, zu dessen Erhaltung die mitbeteiligte Partei als Wassernutzungsberechtigte verpflichtet sei. Die Instandhaltungspflicht des künstlichen Gerinnes umfasse nicht nur die Pflicht zur Erhaltung des Bachbettes, sondern auch der Ufermauer.
18 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
19 Gemäß § 50 Abs. 1 WRG 1959 haben die Wasserberechtigten, sofern keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestehen, ihre Wasserbenutzungsanlagen einschließlich der dazugehörigen Kanäle, künstlichen Gerinne, Wasseransammlungen sowie sonstigen Vorrichtungen in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand und, wenn dieser nicht erweislich ist, derart zu erhalten und zu bedienen, dass keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Ebenso obliegt den Wasserberechtigten die Instandhaltung der Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich.
20 Im Vorerkenntnis Ra 2021/07/0027 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass Feststellungen fehlten, die eine Beurteilung ermöglichten, ob das gegenständliche Gerinne als Nebenanlage (Kanal, künstliches Gerinne) im Sinn des § 50 Abs. 1 WRG 1959 dem Wasserbenutzungsrecht der (hier) mitbeteiligten Partei zuzurechnen und daher nach dieser Bestimmung von der Instandhaltungspflicht der mitbeteiligten Partei erfasst ist. Dazu wurde vom Verwaltungsgerichtshof im Weiteren festgehalten, dass insoweit zunächst die wasserrechtliche Bewilligung bzw. ein allenfalls vorliegender Feststellungsbescheid über die Instandhaltungspflicht maßgeblich sind, sowie bei Fehlen solcher Bescheide der Versuch zu unternehmen ist, den wasserrechtlichen Konsens zu rekonstruieren und zu ermitteln, welche Anlagen und Anlagenteile (Nebenanlagen) vom Wasserbenutzungsrecht der mitbeteiligten Partei erfasst werden.
21 Das Verwaltungsgericht hat seiner Beurteilung nunmehr zugrunde gelegt, dass das Umlaufgerinne die Funktion habe, nicht im Wasserkraftwerk abgearbeitetes Wasser aufzunehmen, um das Kraftwerk herum zu führen und wieder der F. zuzuleiten. Eine konkrete Auseinandersetzung mit den von der BH nunmehr beigeschafften Unterlagen hinsichtlich des Wasserbenutzungsrechts hat das Verwaltungsgericht dagegen unterlassen.
22 Die Authentizität dieser Unterlagen ist im Verfahren unbestritten geblieben. Diese scheinen in den Archiven, in denen sie von der BH ausgehoben wurden, nicht mehr vollständig vorhanden gewesen zu sein; insbesondere fehlt die offensichtlich vor dem Jahr 1854 erteilte Bewilligung zum Abbau der vormals am Ort befindlichen Mühle und der Errichtung der Wasserkraftanlage. Die BH ist dennoch damit im Recht, dass aus den vorgelegten Urkunden abgeleitet werden kann, dass von der k.k. Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden ist, die sich nicht bloß auf die Wasserkraftanlage selbst, sondern auch das Umlaufgerinne erstreckte.
23 Insoweit hat die BH in ihrem Bescheid vom 2. Jänner 2023 zutreffend darauf hingewiesen, dass im Kommissionsprotokoll der k.k. Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt „über die Vollendung des Wasserbaus und definitive Abhaimung des Wasserwerks“ vom 27. April 1854 festgehalten wurde, dass die Demolierung der Mühle abgeschlossen, die Wasserkraftanlage entsprechend der Bewilligung errichtet, jedoch die drei Ablassfallen (beim Einlass zum Umlaufgerinne) schmäler „als beantragt“ ausgeführt worden seien, wobei gegen diese von der Bewilligung abweichende Ausführung jedoch von der Behörde kein Einwand erhoben werde. Ausdrücklich auf diese Ablassfallen bezog sich auch das Protokoll derselben Behörde vom 18. Dezember 1880 über die „definitive Verhaimung“ des Werkes, in dem festgehalten wurde, dass „für das“ gegenständliche Werk an der F. eine „Grundschleusenwehr“ errichtet sei, welche aus drei Fallen bestehe, mittels welcher das Wasser bei Nichtbetrieb durch den Umlaufgraben um das Werk herumgeführt werden könne. Am 28. Jänner 1882 wurde dem Wassernutzungsberechtigten von der k.k. Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt ein „Benützungsrecht“ bezüglich einer geänderten Höhe der Falloberkante dieser Ablassfallen an der Ausleitung aus der F. eingeräumt. Eine Bewilligung der Änderung der Ausgestaltung des Ablaufes der F. in das Umlaufgerinne erfolgte durch die BH gegenüber dem damaligen Berechtigten des gegenständlichen Wasserbenutzungsrechts schließlich nochmals am 1. September 1923.
24 Zwischen den Parteien ist auch nicht strittig, dass das im Wasserbuch eingetragene Wasserbenutzungsrecht der mitbeteiligten Partei im Sinn des § 142 WRG 1959 weiterhin fortbesteht (vgl. zum Fortbestand alter Wasserbenutzungsrechte etwa VwGH 6.5.2024, Ra 2022/07/0005; 23.2.2012, 2010/07/0039).
25 Ausgehend davon ist das Umlaufgerinne aber eine Nebenanlage (Kanal, künstliches Gerinne) im Sinn des § 50 Abs. 1 WRG 1959, das dem Wasserbenutzungsrecht der mitbeteiligten Partei bereits aufgrund der erteilten Bewilligung zuzurechnen ist und daher nach dieser Bestimmung von der Instandhaltungspflicht der mitbeteiligten Partei erfasst ist. Damit bedarf es auch keiner Erörterung mehr, ob sich unabhängig davon auch schon aus dem Zweck des Gerinnes, das Wasser um das Kraftwerk bei Nichtbetrieb herum zu führen, eine Zuordnung zur Anlage der mitbeteiligten Partei ergibt (vgl. zu einer solchen Zuordnung unter Beachtung des Gesetzeszwecks VwGH 25.10.1994, 93/07/0049, 0150 bis 0151, sowie das Vorerkenntnis Ra 2021/07/0027, Rn. 21 und 22).
26 Rechtsgültige Verpflichtungen anderer nach § 50 Abs. 1 WRG 1959 (vgl. zu diesem Begriff näher etwa VwGH 21.10.2021, Ra 2019/07/0055), die der Instandhaltungspflicht der mitbeteiligten Partei vorgehen, sind im Verfahren des Verwaltungsgerichts nicht hervorgekommen. Auch liegt nach den nunmehrigen Erhebungen (vgl. dazu noch das Vorerkenntnis Ra 2021/07/0027, Rn. 19) kein Bescheid vor, mit dem hinsichtlich des gegenständlichen Wasserbenutzungsrechts gesondert über Instandhaltungspflichten nach § 50 Abs. 1 WRG 1959 abgesprochen worden wäre.
27 Ob in der der Wassernutzungsberechtigten erteilten Bewilligung auch die Befestigung des Ufers (Ufermauer) beschrieben war, ist aus den vorliegenden Unterlagen unstrittig nicht zu entnehmen. Das Verwaltungsgericht hat seiner Beurteilung aber zugrunde gelegt, dass die Errichtung dieser Schutzbauten auf den Wassernutzungsberechtigten zurückgeht, der damals nicht nur das Wasserkraftwerk betrieben hat, sondern auch Eigentümer sämtlicher betroffener Grundstücke gewesen ist. Dass nach der Veräußerung der Grundstücke die späteren Eigentümer insbesondere die revisionswerbenden Parteien Änderungen an der Ufermauer vorgenommen hätten, wurde dagegen nicht behauptet.
28 Zu einer solchen Konstellation hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Instandhaltungspflicht des Wassernutzungsberechtigten nach § 50 Abs. 1 WRG 1959 auch die Uferschutzbauten umfasst. Die Tatsache der Errichtung eines Uferschutzbauwerks spricht insoweit nämlich im Zweifel für die Vermutung, dass der Errichter aus einem Verpflichtungstitel gehandelt hat (vgl. nochmals VwGH 25.10.1994, 93/07/0049, 0150 bis 0151, mwN). Darauf, ob die Ausgestaltung des Ufers des Umlaufgerinnes nämlich die Errichtung einer Ufermauer und keiner bloßen Erdböschung allenfalls (auch) der besseren Ausnutzung des Grundstückes für die darauf errichtete Industrieanlage diente, als dies bei einer Erdböschung der Fall gewesen wäre, kommt es daher nicht an.
29 Die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, die mitbeteiligte Partei als Wassernutzungsberechtigte sei nicht zur Instandhaltung der Ufermauer verpflichtet, trifft daher nicht zu. Auch die Abweisung des Antrags der revisionswerbenden Parteien auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 122 WRG 1959 gründete das Verwaltungsgericht ausschließlich auf diese Annahme, ohne sich sonst mit den Voraussetzungen des Antrags auseinanderzusetzen. Auch insoweit ist der Beurteilung des Verwaltungsgerichts daher die Grundlage entzogen.
30 Das angefochtene Erkenntnis war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
31 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 20. Dezember 2024