JudikaturVwGH

Ra 2023/06/0198 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
16. November 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Dr. B H in S, vertreten durch Mag. Ludwig Vogl, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Moosstraße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 1. September 2023, 405 3/1097/1/13 2023, betreffend eine Übertretung des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 20. März 2023 wurde dem Revisionswerber eine Übertretung des § 31b Abs. 1 und 2 iVm § 78 Abs. 1 Z 4 erster Fall Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) zur Last gelegt, weil er die Wohnung Top X an einer näher genannten Adresse zumindest am 12. Mai 2022 ohne baubehördliche Bewilligung zur touristischen Beherbergung genutzt habe, und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.500, (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen und zwölf Stunden) verhängt sowie ihm ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (LVwG) wurde der Beschwerde des Revisionswerbers insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf € 2.000, und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage und zwölf Stunden herabgesetzt wurde; darüber hinaus wurde ausgesprochen, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die verletzte Rechtsvorschrift „§ 78 Abs 1 Z 4 erster Fall ROG 2009, LGBI Nr 30/2009 in der Fassung LGBI Nr 82/2017 iVm § 31b Abs 1 und Abs 2 ROG 2009, LGBl Nr 30/2009 in der Fassung LGBI Nr 82/2018“ zu lauten hat und der Strafsanktionsnorm „LGBI Nr 30/2009 in der Fassung LGBI Nr 82/2017“ hinzugefügt wird. Der Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens wurde auf € 200, reduziert und eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt.

Begründend führte das LVwG zur im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof relevierten Frage des Vorliegens einer Privatzimmervermietung gemäß § 31b Abs. 1 Z 4 ROG 2009 aus, im vorliegenden Fall seien zwei eigenständige Wohnungen baurechtlich genehmigt worden. Top X werde über die Buchungsplattform Airbnb für touristische Zwecke angeboten; Top Y werde vom Revisionswerber als Praxis für seine Tätigkeit als Psychotherapeut und Psychologe genutzt. Der Revisionswerber sei an der genannten Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet. Ohne baurechtliche Genehmigung sei „durch Abbruch von tragenden Wänden“ eine Verbindungstüre zwischen den beiden Wohnungen ausgeführt worden; in Top Y sei keine Küche oder Kochnische mehr vorhanden. Dieses rechtswidrige Verhalten könne „nicht zum Privileg einer Privatzimmervermietung führen.“ Es sei auch nicht glaubwürdig, dass der Revisionswerber während der touristischen Verwendung von Top X in Top Y, das über keine Küche verfüge, seinen Hauptwohnsitz und tatsächlichen Aufenthalt begründe, zumal seine Ehefrau, mit der er „in aufrechter Ehe verheiratet“ sei, auch in S. wohne. Es entspreche vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Revisionswerber, während er Top X vermiete, Top Y als Büro bzw. Ordination nutze und bei seiner Ehefrau lebe, somit „keinen Hausverband in Top X und Top Y“ begründe. Dies bestätige das aktenkundige Airbnb Inserat vom 13. Juni 2022, wonach die zur Vermietung angebotene Wohnung neben dem Büro des Revisionswerbers liege. Die Eintragung einer bestimmten Anschrift als Hauptwohnsitz im Melderegister habe zwar Indizwirkung, biete aber keinen Beweis für den tatsächlichen Hauptwohnsitz des Revisionswerbers.

6 In der Zulässigkeitsbegründung wird zunächst vorgebracht, das LVwG habe in seinem Ausspruch, dass eine Revision nicht zulässig sei, lediglich die verba legalia wiederholt, ohne die Nichtzulassung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof entsprechend zu begründen.

Darüber hinaus habe noch keine höchstgerichtliche Auseinandersetzung mit der Frage des „Rechtswidrigkeitszusammenhanges“ zwischen den zweifellos begangenen Übertretungen der Bauvorschriften und dem „Privileg“ der Privatzimmervermietung stattgefunden. („Ist es möglich, dass eine ‚Versteinerung‘ eines Sachverhaltes stattfindet, weil rechtswidriges Handeln im Spiel war?“)

7 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wirft der von der Revision unter dem Gesichtspunkt einer grundsätzlichen Rechtsfrage angesprochene Umstand, dass das LVwG seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG lediglich mit der Wiedergabe der verba legalia begründet habe, keine Rechtsfrage von der Qualität des Art. 133 Abs. 4 B VG auf, von deren Lösung die Entscheidung über die Revision abhinge. Auch wenn das Verwaltungsgericht nach § 25a Abs. 1 letzter Satz VwGG seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG kurz und in der Regel fallbezogen zu begründen hat, ist der Verwaltungsgerichtshof entsprechend § 34 Abs. 1a VwGG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an diesen Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof vielmehr im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. An der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des LVwG die Revision für zulässig erachtet wird, war der Revisionswerber nicht gehindert (vgl. VwGH 1.3.2021, Ra 2021/06/0015, Rn. 9, mwN).

8 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der jeweils einzelfallbezogen vorzunehmenden Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist läge darüber hinaus nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte und auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels in der Zulässigkeitsbegründung dargelegt wurde (vgl. etwa VwGH 13.1.2023, Ra 2022/06/0246, Rn. 7, mwN).

9 Der Verwaltungsgerichtshof setzte sich bereits mehrmals mit dem Begriff „Privatzimmervermietung“ und damit verbunden dem Begriff „Hausverband“ im ROG 2009 auseinander (vgl. VwGH 18.4.2023, Ro 2020/06/0004; 20.6.2023, Ro 2020/06/0092, auf deren Begründungen gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG verwiesen wird). Auf diese Entscheidungen geht die Revision nicht ein.

Im Erkenntnis Ro 2020/06/0004, Rn. 14, führte der Verwaltungsgerichtshof unter anderem aus, dass dem Erfordernis einer „häuslichen Tätigkeit“ folgend der Privatzimmervermieter oder die Privatzimmervermieterin auch tatsächlich in diesem Hausstand wohnen und dort seinen bzw. ihren Hauptwohnsitz haben muss.

Das LVwG beurteilte es vorliegend als nicht glaubwürdig, dass der Revisionswerber während der touristischen Verwendung von Top X in Top Y, das über keine Küche verfüge, seinen Hauptwohnsitz und tatsächlichen Aufenthalt begründe. Dem tritt die Revision nicht entgegen. Der Revisionswerber bringt lediglich vor, er verbringe auch an jenen Tagen, an denen er bei seiner Ehefrau übernachte, „den größten Teil des Tages in der Top Y“; es ergebe sich im Laufe des Tages immer wieder die Notwendigkeit, dass er in die in der Top X gelegene Küche müsse, um sich etwas aus dem Kühlschrank zu holen oder warm zu machen. Damit behauptet der Revisionswerber nicht, während der touristischen Verwendung von Top X in Top Y zu wohnen; das LVwG verwies auch zutreffend darauf, dass die Eintragung einer bestimmten Anschrift als Hauptwohnsitz im Melderegister nur Indizwirkung habe, aber keinen Beweis für den tatsächlichen Hauptwohnsitz des Revisionswerbers biete (vgl. dazu etwa VwGH 13.10.2016, Ra 2015/08/0213, Pkt. 5.4, mwN).

10 Vor dem Hintergrund der oben angeführten Rechtsprechung ist die vom LVwG durchgeführte einzelfallbezogene Beweiswürdigung, dass der Revisionswerber während der Gästebeherbergung nicht in Top Y wohnt und somit bereits aus diesem Grund der Tatbestand des § 31b Abs. 2 Z 4 ROG 2009 nicht erfüllt sei, jedenfalls nicht unvertretbar. Daher kann dahinstehen, ob mit dem Zulässigkeitsvorbringen bezogen auf den Sachverhalt ausreichend dargelegt wurde, welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof beantworten sollte und inwiefern diese im vorliegenden Verfahren entscheidungsrelevant sei (vgl. etwa VwGH 8.9.2023, Ra 2023/06/0158, Rn. 8, mwN).

11 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 16. November 2023

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