JudikaturVwGH

Ra 2023/06/0197 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Verwaltungsgerichtsbarkeit
08. November 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der Bezirkshauptmannschaft Bludenz gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 21. August 2023, 1. LVwG 318 64/2023 R9 und 2. LVwG 318 81/2023 R9, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag und die Versagung der aufschiebenden Wirkung (mitbeteiligte Parteien: 1. F K in L und 2. L AG in V, beide vertreten durch Dr. Michael Konzett, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Fohrenburgstraße 4/III), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde den Beschwerden der mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 27. März 2023, mit welchem ihnen gemäß § 40 Abs. 2 Baugesetz (BauG.) die Nutzung der Wohneinheit X eines, auf näher bezeichneten Grundstücken befindlichen Gebäudes untersagt worden war, sowie gegen den Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 12. April 2023, mit welchem ein Antrag der mitbeteiligten Parteien auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auf der Grundlage des § 50b BauG. abgewiesen worden war, Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.

5 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass eine wesentliche Verwendungsänderung auch ohne bauliche Veränderung dann gegeben sei, wenn an die neue Verwendungsart durch das Baugesetz andere Anforderungen als an die bisherige Verwendung gestellt würden. Somit sei der revisionswerbenden Partei grundsätzlich zuzustimmen, dass schon die Möglichkeit des Einflusses auf die Zulässigkeit nach den bau und raumplanungsrechtlichen Vorschriften eine Bewilligungspflicht begründe. Im Revisionsfall finde nach dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens in Bezug auf die Wohneinheit X nach wie vor eine gastgewerbliche Verwendung statt, weshalb weder mit einer höheren noch zeitlich geänderten Gästefrequenz noch mit einer wesentlich geänderten (Lärm )Immissionssituation als bisher zu rechnen sei. Es handle sich aus dem Blickwinkel des Verwendungszweckes nicht um zweierlei verschiedene Nutzungen, aufgrund welcher allenfalls unterschiedliche (Lärm und/oder Geruchs-)Immissionen entstünden. Wenn ein Gebäudeteil wie im Revisionsfall nach wie vor (wie bescheidförmig baubehördlich bewilligt und gewerberechtlich genehmigt) gastgewerblich genutzt werde und wie im Revisionsfall weder Änderungen bei der Erschließung, bei der erforderlichen Anzahl an Stellplätzen, bei der Immissionssituation noch Änderungen bei den bautechnischen Erfordernissen vorgenommen worden seien, begründe die bloße Ausgliederung eines Gebäudeteiles und der sodann stattgefundene Betreiberwechsel, da keine wesentliche Änderung des aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweckes angenommen werden könne, noch keine wesentliche Änderung der Verwendung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. p BauG. Somit liege auch keine Bewilligungspflicht im Sinn des § 18 Abs. 1 lit. b BauG. vor.

6 Die revisionswerbende Partei bringt in ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision vor, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits die Möglichkeit des Einflusses der Änderung des Verwendungszweckes auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften die Baubewilligungspflicht begründe. Die Bewilligungspflicht sei daher in abstracto und nicht anhand der konkreten Nutzung zu beurteilen. Es sei nicht auszuschließen, dass eine Verwendungsänderung zwar genehmigungspflichtig sei, weil sie abstrakt geeignet sei, raumplanungsrechtliche Vorschriften zu beeinträchtigen, aber „in der konkreten Ausgestaltung durchaus genehmigungsfähig“ sei; dabei handle es sich um baurechtliche Grundsätze bei der Beurteilung der Bewilligungspflicht von Bauvorhaben, die das Verwaltungsgericht verkannt habe (Hinweis auf VwGH 27.1.2011, 2010/06/0238, und VwGH 24.3.1983, 83/06/0036).

7 Im konkreten Fall gehe es auch um die Berücksichtigung der Ferienwohnungsbestimmung des § 16 Raumplanungsgesetz (RPG) bei der Beantwortung der baurechtlichen Frage der Wesentlichkeit einer Verwendungsänderung, womit sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt habe. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dazu sei ausdrücklich für nicht sinngemäß anwendbar erklärt worden (Hinweis auf VwGH 18.5.1995, 94/06/0115). Es sei übersehen worden, dass § 16 Abs. 2 RPG nicht generell die gewerbliche Gästebeherbergung vom Ferienwohnungsbegriff ausnehme, sondern diese Ausnahme mit der ständigen Anwesenheit einer Ansprechperson tagsüber verbinde und diese ausschließe, wenn über den üblichen Beherbergungsvertrag hinausgehende Verfügungsrechte eingeräumt würden. Das Verwaltungsgericht habe sich damit jedoch nicht beschäftigt.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG zukäme.

8 Entgegen dem Vorwurf der revisionswerbenden Partei ist auch das Verwaltungsgericht im Einklang mit der von der revisionswerbenden Partei zitierten hg. Judikatur davon ausgegangen, dass schon die Möglichkeit des Einflusses der Verwendungsänderung auf die Zulässigkeit nach den bau und raumplanungsrechtlichen Vorschriften eine Bewilligungspflicht begründe. Es ist im Revisionsfall allerdings zu dem Schluss gelangt, dass im Hinblick auf die Wohneinheit X gar keine Änderung der Verwendung erfolgt sei, insbesondere, weil nach wie vor eine gastgewerbliche Verwendung stattfinde. Die Frage, ob im konkreten Fall eine Verwendungsänderung erfolgt ist oder nicht, betrifft grundsätzlich nur den Einzelfall, und es stellt diese nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG dar, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl. idS VwGH 10.7.2023, Ra 2023/06/0106, mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht aufgezeigt.

9 Soweit die revisionswerbende Partei darüber hinaus Begründungsmängel releviert, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach bei Verfahrensmängeln in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels dargetan werden muss. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen für die revisionswerbende Partei günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 20.6.2023, Ra 2023/06/0104, mwN). Mangels Relevanzdarstellung genügt die vorliegende Revision diesen Anforderungen nicht. Eine Relevanz liegt angesichts der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, wonach keine Änderung der Verwendung stattgefunden habe, hinsichtlich welcher die revisionswerbende Partei keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt hat, auch nicht vor.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 8. November 2023

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