JudikaturVwGH

Ra 2023/06/0170 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
12. Oktober 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der Mag. N D in K, vertreten durch Dr. Heinz Peter Wachter, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 83 85/18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 2023, W295 2257054 1/5E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Vermessungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vermessungsamt Baden; mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. V M und 2. M M, beide in M; 3. Ö AG in W; 4. Stadtgemeinde Mödling; und 5. I V in W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Bescheid des Vermessungsamtes Baden (Behörde) vom 8. November 2021 wurden von Amts wegen zwei näher genannte Grundstücke gemäß § 17 Vermessungsgesetz (VermG) vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster umgewandelt.

5 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin sie ist Eigentümerin eines angrenzenden Grundstückes wies die Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 10. März 2022 als unbegründet ab.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über Vorlageantrag der Revisionswerberin deren Beschwerde als unbegründet ab, bestätigte die Beschwerdevorentscheidung und erklärte eine Revision für nicht zulässig.

Begründend führte das LVwG soweit für das gegenständliche Verfahren relevant aus, die Revisionswerberin als betroffene Eigentümerin habe laut Niederschrift zur Grenzverhandlung vom 18. März 2019 eine Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG zu den Grenzen der umzuwandelnden Grundstücke abgegeben. Diese stelle eine zivilrechtliche Vereinbarung dar; ein allfälliger Irrtum bei Abgabe der Zustimmungserklärung könne nur im Weg der gerichtlichen Anfechtung geltend gemacht werden.

Zum Entfall der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG führte das BVwG unter anderem aus, Art. 6 EMRK stehe dem nicht entgegen, weil eine Klärung des strittigen Grenzverlaufes nicht durch die Vermessungsbehörden im Verwaltungsverfahren, sondern im Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu erfolgen habe (Hinweis auf VwGH 31.1.2008, 2007/06/0258).

7 In der Zulässigkeitsbegründung rügt die Revisionswerberin „schwerwiegende“ Verfahrensmängel (unter anderem betreffend die Nichtdurchführung der im Vorlageantrag beantragten mündlichen Verhandlung) und bringt zum Verweis auf den Zivilrechtsweg lediglich vor, dieser habe erst dann stattzufinden, wenn sich die Parteien über den Grenzverlauf nicht einig seien (Hinweis auf VwGH 12.8.2014, 2011/06/0121).

Damit verkennt die Revision die hiezu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Das BVwG führte nämlich in Übereinstimmung mit der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 10.4.2012, 2010/06/0134, mwN) aus, dass ein Irrtum über den Grenzverlauf bei Abgabe der Zustimmungserklärung durch eine gerichtliche Anfechtung geltend gemacht werden muss. Das hg. Erkenntnis vom 12.8.2014, 2011/06/0121, ist nicht einschlägig; in diesem Verfahren konnten sich die betroffenen Grundstückseigentümer nicht über den strittigen Grenzverlauf einigen, sodass eine mögliche Rechtsfolge des Gerichtsverweises gemäß § 25 Abs. 2 VermG in einer Zustimmungsfiktion gemäß § 25 Abs. 5 leg. cit. liegen kann. Im gegenständlichen Fall wurde von der Revisionswerberin jedoch eine Zustimmungserklärung zum Grenzverlauf unterzeichnet, die diese allenfalls zivilrechtlich anfechten kann.

Da die Klärung der strittigen Frage, ob bei Abgabe der Zustimmungserklärung ein Irrtum vorlag, nicht durch die Verwaltungsbehörde im Verwaltungsverfahren, sondern im Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu erfolgen hat, liegt auch die behauptete Verletzung der Verhandlungspflicht nicht vor (vgl. bereits VwGH 31.1.2008, 2007/06/0258).

8 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 12. Oktober 2023

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