Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des DI R M M in F, vertreten durch Mag. Martin Reichegger, Rechtsanwalt in 6811 Göfis, Wiesenweg 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 28. Februar 2023, LVwG 318 71/2021 R12, betreffend Verlängerung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Göfis; mitbeteiligte Partei: R K in G, vertreten durch die Rechtsanwälte Mandl GmbH in 6800 Feldkirch, Churerstraße 3/I; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde G. vom 29. Juni 2021 wurde die Wirksamkeit einer dem Mitbeteiligten mit Bescheid der Berufungskommission der Gemeinde G. vom 10. Juli 2018 im Instanzenzug erteilten Baubewilligung zum Abbruch und Wiederaufbau eines bestehenden Wohnhauses auf einem näher genannten Grundstück in der KG G. gemäß § 31 Abs. 2 Baugesetz (BauG) um drei Jahre verlängert.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen mit einer näher ausgeführten Spruchmaßgabe als unbegründet ab. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das LVwG für unzulässig.
3 Begründend führte es dazu zusammengefasst aus, der Mitbeteiligte habe mit Eingabe vom 6. Mai 2021 um die Verlängerung der Wirksamkeit der rechtskräftigen baubehördlichen Bewilligung vom 10. Juli 2018 angesucht. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde G. vom 29. Juni 2021 sei diese Baubewilligung aus dem Jahr 2018 für die Dauer von drei Jahren verlängert worden.
4 Der Revisionswerber sei Nachbar des Bauvorhabens und habe im behördlichen Verfahren rechtzeitig Einwendungen gegen das geplante Bauvorhaben erhoben. Das verfahrensgegenständliche Bestandsgebäude K. A sei im rechtsgültigen Flächenwidmungsplan als „Baufläche Wohngebiet“ gewidmet. Dieses Bestandsgebäude und das Gebäude K. B, welches im Alleineigentum des Revisionswerbers stehe, grenzten unmittelbar aneinander; durch die Bauführung werde die Grundstücksgrenze zur Nachbarliegenschaft jedoch nicht überschritten (wird näher ausgeführt). Aufgrund des Beschwerdevorbringens habe das LVwG ein ergänzendes Gutachten eines hochbautechnischen Amtssachverständigen eingeholt, welches vom Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 2. August 2022 erörtert worden sei. Ebenso habe das LVwG ein brandschutztechnisches Gutachten eingeholt, welches ebenso in der mündlichen Verhandlung erörtert worden sei; dieses Gutachten sei mit gutachterlicher Stellungnahme vom 20. September 2022 noch ergänzt worden; auch diese Ergänzung sei allen Parteien schriftlich übermittelt worden. Sowohl das Gutachten des hochbautechnischen Amtssachverständigen als auch das brandschutztechnische Gutachten seien schlüssig und nachvollziehbar (wird näher ausgeführt). Da es projektgemäß zu keiner Überschreitung der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Revisionswerbers komme, sei „für das gegenständliche Bauvorhaben“ keine Zustimmung des Revisionswerbers nötig. Eine statische Problematik sei nur in der Abbruchphase gegeben; diesbezüglich sei auf die bautechnischen Vorschreibungen zum Abbruch laut der Baubewilligung vom 5. März 2018 (Anmerkung: rechtskräftig bestätigt durch den bereits erwähnten Berufungsbescheid vom 10. Juli 2018) zu verweisen. Die bauphysikalische Situation verbessere sich durch die Errichtung einer neuen, zusätzlichen Wand deutlich, da diese die Wärmeschutz- und Schallschutzeigenschaften der bestehenden Wand verbessere; alle bautechnischen Erfordernisse, insbesondere hinsichtlich Statik, Schallschutz, Isolation und Feuchtigkeit würden erfüllt (wird näher begründet). Hinsichtlich des Brandschutzes komme es gegenüber der Bestandsituation zu einer klaren Verbesserung betreffend die Möglichkeit eines Brandübertrages, im Hinblick auf befürchtete Immissionen habe das Ermittlungsverfahren ergeben, dass die Vorschriften im Zusammenhang mit Wärmeschutz, Schallübertragung und Feuchtigkeitsübertragung eingehalten seien und auch diesbezüglich keine Belästigung oder Gefährdung des Revisionswerbers zu erwarten sei. Insgesamt sei der Revisionswerber daher nicht in seinen durch § 26 Abs. 1 BauG festgelegten subjektiv öffentlichen Rechten verletzt, weshalb die Beschwerde abzuweisen und der angefochtene Bescheid nach Maßgabe des festgestellten Sachverhaltes und der nachgereichten Planunterlagen zu bestätigen gewesen sei.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht wird, dem Revisionswerber seien näher bezeichnete Unterlagen vom 9. Februar 2023 sowie vom 14. Februar 2023 nicht übermittelt worden, er habe „von diesen neuen und abgeänderten Projektunterlagen“ erst mit Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses erfahren. Das Parteiengehör sei „vom Einzelfall losgelöst von genereller Bedeutung“. Durch das Versagen des Parteiengehörs sei das LVwG von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen; außerdem hätten die eingeholten Gutachten die neu hinzugekommenen Pläne und Baubeschreibungen nicht berücksichtigt und das LVwG das angefochtene Erkenntnis daher „nicht in dem nach der ständigen Rechtsprechung geforderten Maß“ begründet.
6 Mit diesem Vorbringen wird fallbezogen keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen hätten können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa VwGH 29.8.2022, Ra 2022/06/0171 bis 0188, oder auch 23.5.2022, Ra 2021/06/0223, jeweils mwN).
11 In den demnach zur Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Revisionszulässigkeitsgründen ist dabei konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa nochmals VwGH 29.8.2022, Ra 2022/06/0171 bis 0188, mwN). Schon diesem Erfordernis entspricht die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision, die im Wesentlichen bloß Revisionsgründe (vgl. § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) beinhaltet, nicht. Welche über den Revisionsfall hinausgehende konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG, von der die Entscheidung über die vorliegende Revision abhängt, vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet werden sollte, wird darin nicht formuliert (vgl. zu diesem Erfordernis für viele etwa VwGH 25.5.2016, Ra 2016/06/0050, 27.4.2021, Ra 2021/06/0060, oder auch 24.2.2022, Ra 2021/10/0194, jeweils mwN).
12 Betreffend das in der Zulässigkeitsbegründung darüber hinaus behauptete Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist darauf hinzuweisen, dass ein Revisionswerber im Fall der Behauptung einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konkret darzulegen hat, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. für viele etwa VwGH 6.2.2023, Ra 2022/06/0264 ua., 5.12.2022, Ra 2022/06/0213 oder auch 17.11.2022, Ra 2019/06/0277, jeweils mwN). Auch dieser Anforderung wird die Zulässigkeitsbegründung derRevision nicht gerecht.
13 Im Übrigen ist festzuhalten, dass es im gegenständlichen Verfahren nicht um die Neuerteilung einer Baubewilligung, sondern um die Verlängerung der Wirksamkeit einer bereits rechtskräftig erteilten Baubewilligung gemäß § 31 Abs. 2 BauG geht. Dass die dem Mitbeteiligten im Berufungsweg erteilte Baubewilligung vom 10. Juli 2018 bereits erloschen sei, wird im Verfahren nicht vorgebracht und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht ersichtlich.
14 Mit der in den Zulässigkeitsgründen der Revision behaupteten Verletzung des Parteiengehörs und eines Begründungsmangels werden Verfahrensfehler geltend gemacht.
15 Dazu ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mangelfreien Verfahrens zu einer anderen Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 25.1.2021, Ra 2020/10/0157, mwN). Es reicht nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 15.12.2022, 2022/07/0213 oder auch 16.1.2023, Ra 2021/05/0223, jeweils mwN). Auch dieser Anforderung entspricht die Zulässigkeitsbegründung der Revision, die nicht ansatzweise darstellt, welches konkrete Vorbringen bei der Einräumung von Parteiengehör erstattet worden wäre oder welche konkrete Frage ein beigezogener Sachverständiger noch zu beantworten gehabt hätte, und die sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit der erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 31 Abs. 2 BauG auseinandersetzt, nicht.
16 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 20. Juni 2023