Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Tichy, in der Revisionssache 1. der Mag.a B H und 2. der H GmbH, beide in Wien und beide vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in 1210 Wien, Prager Straße 55/14, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 27. Juni 2023, 1. VGW 011/017/1015/2023 32 und 2. VGW 011/V/017/3769/2023, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien (in der Folge: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen ein Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 20. Dezember 2022, mit welchem der Erstrevisionswerberin zur Last gelegt worden war, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der zweitrevisionswerbenden Partei zu verantworten, dass die zweitrevisionswerbende Partei als Verwalterin einer näher bezeichneten Liegenschaft samt darauf befindlicher baulicher Anlagen in 1210 Wien in einem näher genannten Zeitraum nicht dafür gesorgt habe, dass das Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der BO entsprechendem Zustand erhalten worden seien, indem unterlassen worden sei, „a) den Metallzaun im Gartenbereich, zwischen dem straßenseitigen Gebäude und dem Gartentrakt, welcher Rissbildungen im Metallsteher an dem der Zaun befestigt ist und abgerissene Zaunsteher aufweist, sowie b) die schadhafte und fehlerhafte Fasade zum Garten beim rückwertigen Gebäudetrakt, welche im Ausmaß von ca. 21m² fehlenden Verputz aufweist, instand setzen zu lassen“, wodurch die Erstrevisionswerberin § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) iVm § 135 Abs. 5 und § 129 Abs. 2 BO verletzt habe, und mit dem über sie eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.500, (Ersatzfreiheitsstrafe: 17 Stunden) verhängt, ein Kostenersatz in der Höhe von € 250, auferlegt, und die zweitrevisionswerbende Partei zur Haftung gemäß § 9 Abs. 7 VStG herangezogen worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf € 700, , die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auf € 70, herabgesetzt wurden (I.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revisionswerberin gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe (II.), über die zweitrevisionswerbende Partei die Haftung gemäß § 9 Abs. 7 VStG ausgesprochen (III.) und eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für unzulässig erklärt (IV.).
2 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst mit näherer Begründung vorbringt, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht einen „Fahrlässigkeitsverstoß“ angenommen, „indem es den Begriff der zumutbaren Sorgfalt in einer der ständigen Rechtsprechung nicht entsprechenden konformen Form überspannt ausgelegt“ habe. Die Leistungsfrist des mit Bauauftrag des Magistrates der Stadt Wien vom 13. November 2021 ergangenen Bauauftrages sei im Tatzeitraum nicht abgelaufen gewesen und es sei aus näheren Gründen das Parteiengehör verletzt worden. Der Fahrlässigkeitsbegriff und die ihm zugrundeliegenden Voraussetzungen seien vom Verwaltungsgericht in einer Form ausgelegt worden, „die der bisherigen Rechtsprechung, aber auch tragenden Grundsätzen der Rechtsordnung“ widerspreche. Damit lägen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor, die unrichtig gelöst worden seien, sodass die Entscheidung revisibel erscheine. Dies gelte auch für die zweitrevisionswerbende Partei, die nur dann zur Haftung für Strafen herangezogen werden könne, wenn der natürlichen Person ein Verschulden angelastet werden könne.
3 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen hätten können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145, mwN).
8 In den demnach zur Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Revisionszulässigkeitsgründen ist dabei konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa nochmals VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145, mwN). Schon diesem Erfordernis entspricht die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision, die im Wesentlichen bloß Revisionsgründe (vgl. § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) beinhaltet, nicht. Welche über den Revisionsfall hinausgehende konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG, von der die Entscheidung über die vorliegende Revision abhängt, vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet werden sollte, wird darin nicht formuliert (vgl. zu diesem Erfordernis für viele etwa VwGH 20.6.2023, Ra 2023/06/0084, mwN).
9 Betreffend das in der Zulässigkeitsbegründung darüber hinaus behauptete Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist darauf hinzuweisen, dass ein Revisionswerber im Fall der Behauptung einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konkret darzulegen hat, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. für viele etwa VwGH 15.11.2021, Ra 2021/06/0122, mwN). Auch dieser Anforderung wird die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht gerecht.
10 Im Übrigen wird in der Revision nicht bestritten, dass es sich bei der Erstrevisionswerberin um die handelsrechtliche Geschäftsführerin und damit um das nach außen vertretungsbefugte Organ der zweitrevisionswerbenden Partei gemäß § 9 Abs. 1 VStG handelt. § 9 Abs. 1 VStG weist die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen ihren zur Vertretung nach außen Berufenen zu, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte nach Abs. 2 bestellt sind (vgl. etwa VwGH 1.8.2022, Ra 2022/03/0171). Weder wird in der Revision behauptet, dass fallbezogen die Verwaltungsvorschriften anderes bestimmten, noch, dass für den hier in Rede stehenden Bereich der zweitrevisionswerbenden Partei ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt wäre.
11 Darüber hinaus handelt es sich bei der Verletzung der Instandhaltungspflicht nach § 129 Abs. 2 BO um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG (vgl. dazu etwa VwGH 15.12.2021, Ra 2021/05/0204). Bei solchen Delikten ist Fahrlässigkeit anzunehmen, es sei denn, der Beschuldigte macht glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist nach einschlägiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann der Fall, wenn der Beschuldigte im Betrieb ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte. Nur ein solches, durch den Beschuldigten eingerichtetes Kontrollsystem hätte daher exkulpierende Wirkung (vgl. etwa VwGH 23.8.2023, Ra 2023/07/0029, mwN). Ein dahingehendes Vorbringen enthält die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht, weshalb sich weitere Ausführungen dazu erübrigen.
12 Wenn in den Zulässigkeitsgründen weiters vorgebracht wird, die Leistungsfrist eines näher bezeichneten Bauauftrages sei im Tatzeitraum noch nicht abgelaufen gewesen, genügt in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass die Verpflichtung zur Instandhaltung nach § 129 Abs. 2 BO zu ihrer Konkretisierung nicht erst eines baupolizeilichen Auftrages bedarf, und dass nicht die Nichterfüllung eines baupolizeilichen Auftrages, sondern die Verletzung der Instandhaltungspflicht an sich bereits strafbar ist. Auf die Frage, ob die Erfüllungsfrist eines auf Beseitigung eines festgestellten Baugebrechens gerichteten Auftrages bereits abgelaufen war, kommt es daher nicht an (vgl. VwGH 1.8.2023, Ra 2023/05/0203, mwN).
13 Beim Vorbringen der Verletzung des Parteiengehörs handelt es sich schließlich um einen behaupteten Verfahrensmangel, dessen Relevanz in der Begründung der Zulässigkeit darzutun ist (vgl. für viele etwa VwGH 16.1.2023, Ra 2021/05/0223, mwN). Auch dieser Anforderung entspricht die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 14. Dezember 2023