JudikaturVwGH

Ro 2023/03/0027 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
19. Juni 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer, die Hofräte Dr. Faber, Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Sabetzer als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Ö AG in W, vertreten durch die Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 72, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 6. März 2023, KLVwG 127/31/2021, betreffend eine Angelegenheit nach dem EisbG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Kärnten), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

1 Die Revisionswerberin ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eigentümerin bzw. Betreiberin der Schieneninfrastruktur der Eisenbahnstrecke Amstetten Tarvis. Diese Eisenbahnstrecke kreuzt bei km 361,470 einen Fußweg.

2 Mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft vom 10. März 1964, 229/1511 1964, wurden gegenüber der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin nähere Regelungen zur Sicherung und Benützung dieses Eisenbahnüberganges angeordnet. Begründend wurde festgestellt, dass dem „schienengleich kreuzende[n] Fußweg die Merkmale der Öffentlichkeit nicht zukommen“ würden, und ausgeführt, dass sich die Entscheidung „auf die Bestimmungen des § 43 Abs. 7 des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60“, gründe, wonach nicht öffentliche Eisenbahnübergänge nur von den Berechtigten und nur unter den von der Behörde aus Sicherheitsgründen vorgeschriebenen Bedingungen benützt werden dürften.

3 Am 13. Dezember 2019 stellte die Revisionswerberin bei der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde den Antrag, „den nicht-öffentlichen Eisenbahnübergang in Bahn km 361,470 der ÖBB Strecke Amstetten Tarvis in eine öffentliche Fußgänger Eisenbahnkreuzung umzuwandeln und einen Träger der Straßenbaulast zu bestimmen sowie gemäß § 49 Abs. 2 EisbG 1957 idgF zu entscheiden, dass die Sicherung der Fußgänger Eisenbahnkreuzung in Bahn km 361,470 der ÖBB Strecke Amstetten Tarvis durch Gewährleistung des erforderlichen Sichtraumes gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 EisbKrV zu erfolgen hat“. Begründend wurde dazu dargelegt, der Fußgängerübergang diene „hauptsächlich den Gästen“ des dort gelegenen Hotels „als Zugang zum hoteleigenen Badestrand“. Da „der Benutzerkreis, großteils Touristen, dadurch nicht definierbar“ sei, solle der „derzeit nicht öffentliche Fußgängerübergang erforderlichenfalls in eine öffentliche Fußgänger Eisenbahnkreuzung umgewandelt“ werden. Die belangte Behörde werde daher ersucht, „für den Fall der Öffentlichkeit“ hinsichtlich dieses Eisenbahnüberganges die Art der Sicherung festzulegen.

4 Diesen Antrag wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 3. Dezember 2020 als unbegründet ab und führte begründend aus, bei dem kreuzenden Fußweg sei nicht von einer Straße mit öffentlichem Verkehr auszugehen. Da die Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) nur auf Straßen mit öffentlichem Verkehr anzuwenden sei, sei es der belangten Behörde verwehrt, gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) in Verbindung mit der EisbKrV über die Art der Sicherung abzusprechen. Für die beantragte Umwandlung des nicht öffentlichen Überganges in eine öffentliche Eisenbahnkreuzung und die Festlegung, wer Träger der Straßenbaulast sei, gebe es auf der Grundlage des EisbG keine Zuständigkeit der belangten Behörde.

5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für zulässig.

6 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung eines eisenbahntechnischen Amtssachverständigen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen zugrunde:

7 Es stehe fest, dass an der verfahrensgegenständlichen Stelle seit mehreren Jahrzehnten ein nicht öffentlicher Eisenbahnübergang für Fußgänger bestehe. Parallel zur eingleisigen Bahnstrecke verlaufe südlich davon eine öffentliche Gemeindestraße („Uferweg“). Nördlich der Bahnstrecke befänden sich Grundstücke, die zum Betrieb eines näher genannten Hotels gehörten. Der Fußweg liege auf keiner eigenen Wegparzelle. Er verbinde die Flächen des Hotels im Norden mit der Gemeindestraße im Süden.

8 Zur Sicherung des Eisenbahnüberganges lege der Bescheid des Bundesministers für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft vom 10. März 1964 u.a. fest: „1. Der schienengleiche Eisenbahnübergang ist durch Tafeln mit der Aufschrift ‚Besondere Vorsicht. Nicht öffentlicher Eisenbahnübergang. Benützung durch Nichtberechtigte verboten‘ zu kennzeichnen. Die Tafeln sind l.d.B. und r.d.B. in einer Entfernung von 3,00 m von der nächsten Schiene, gemessen in der Wegachse, am jeweils rechten Wegrand deutlich sichtbar aufzustellen und dauernd so zu erhalten.“ Zur Benützung des Eisenbahnüberganges werde weiters Folgendes ausgesprochen: „5. Der Eisenbahnübergang darf nur von den Berechtigten und nur unter den nachstehenden Bedingungen benützt werden ... 13. Der Berechtigte hat jenen Personen, welche in seinem Auftrag oder mit seiner Zustimmung den Eisenbahnübergang benützen, von den Bedingungen dieses Bescheides nachweislich in Kenntnis zu setzen, die bei der Benützung dieses Fußwegüberganges zu beachten sind.“ Der Kreis der Benützungsberechtigten sei in diesem Bescheid nicht gesondert festgelegt worden. Gemäß der im Verfahren von der näher genannten Gemeinde abgegebenen Erklärung, dass die Kreuzungsstelle von acht namentlich genannten Wegeberechtigten benützt werde, sei der Bescheid an diese acht Personen (als Benützungsberechtigte), u.a. an den „Vorbesitzer“ des Hotels, zugestellt worden.

9 Weiters stehe fest, dass sich der Kreis der Benützungsberechtigten seit dem Jahr 1964 verkleinert habe. Es sei nur mehr die Rechtsnachfolgerin des „Vorbesitzers“ des Hotels als Benützungsberechtigte anzusehen. Das Hotel sei bereits im Jahr 1964 vorhanden gewesen, sodass bereits damals zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 10. März 1964 auch Hotelgästen nach vorheriger Unterweisung in die Benützungsbedingungen durch den Benützungsberechtigten die Benützung des gegenständlichen Eisenbahnüberganges erlaubt gewesen sei. Nach Unterweisung beim Check-in würden die Gäste mittels Unterschrift auf dem Gästeverzeichnisblatt den Erhalt der Informationen bestätigen.

10 Der Fußweg sei sowohl rechts als auch links der Bahn mit dem für nicht öffentliche Eisenbahnübergänge standardmäßigen Schild „Nicht öffentlicher Eisenbahnübergang - BENÜTZUNG durch Nichtberechtigte VERBOTEN“ gekennzeichnet. Nähere man sich dem Eisenbahnübergang von Süden kommend an, so steige das Gelände in Richtung Norden an, wobei der Höhenunterschied mittels Treppe überwunden werde. Fußweg und Treppe seien zwischen 1,5 m und 1,7 m breit. Daraus werde die ausschließliche Nutzbarkeit des Weges als Fußgängerweg ersichtlich. Auf halber Höhe der Treppe befinde sich ein zweiflügeliger Schwingtürdurchgang, der mittels vorgespannten Federelementen in der Grundstellung „geschlossen“ gehalten werde. Neben diesem Durchgang seien vor kurzem jeweils zwei Zaunelemente errichtet worden, um ein Vorbeigehen am Durchgang physisch zu unterbinden. An der nördlichen Grenze zu den Hotelgrundstücken befinde sich ein zweiflügeliges metallenes Gartentor, welches ebenfalls durch eine Federvorspannung in der Grundstellung „geschlossen“ gehalten werde. Auf Grund der örtlichen Gegebenheiten finde auf dem Eisenbahnübergang kein öffentlicher Verkehr statt, die Merkmale der Öffentlichkeit des Eisenbahnüberganges seien daher nicht gegeben.

11 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, dem Gutachten des Amtssachverständigen sei schlüssig zu entnehmen, dass die Beschränkung der Nutzbarkeit des gegenständlichen Eisenbahnüberganges auf Benützungsberechtigte durch die vorhandene Beschilderung deutlich kundgemacht sei. Darüber hinaus habe der Amtssachverständige in seinem Gutachten nachvollziehbar dargelegt, dass die Beschränkung auf die alleinige Nutzbarkeit durch Berechtigte durch die zusätzlich vorhandenen physischen Maßnahmen (Zaun, Schwingtür, Gartentor) bekräftigt werde. Diese Ausführungen des Amtssachverständigen seien schlüssig und nachvollziehbar und auch durch die von ihm erstellten Lichtbilder, welche in der Verhandlung erörtert worden seien, untermauert worden. Des Weiteren habe der Amtssachverständige in der Verhandlung schlüssig ausgeführt, dass es eine verbindliche Vorgabe, wonach es für Nichtberechtige physisch unmöglich sein müsse, einen nicht öffentlichen Eisenbahnübergang zu benutzen, nicht gebe und eine solche „auch überbordend“ wäre. Es sei die tatsächliche Charakteristik des Verkehrs für die Kategorisierung des Eisenbahnüberganges als öffentlich oder nicht öffentlich ausschlaggebend. Demgegenüber handle es sich bei dem von der Revisionswerberin vorgelegten „eisenbahntechnischen Befund“ eines Privatsachverständigen um kein Gutachten im Sinne des Gesetzes, da eine gutachterliche Schlussfolgerung darin fehle. Zudem habe die Eigentümerin des Hotels in der Verhandlung glaubhaft dargelegt, in welcher Weise die Benützung des gegenständlichen Bahnüberganges erfolge.

12 Rechtlich bedeute dies (unter Hinweis auf näher angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes), dass der belangten Behörde keine Kompetenz für eine Festlegung der Art der Sicherung von nicht öffentlichen Eisenbahnübergängen mehr zukomme, liege doch seit der Novelle BGBl. I Nr. 125/2006 die Verantwortung für die Festlegung von Benützungsbedingungen für nicht-öffentliche Eisenbahnübergänge, wozu auch die Art der Sicherung zähle, gemäß § 47a EisbG beim Eisenbahnunternehmen selbst. Hingegen sei im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Bundesministers für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft vom 10. März 1964 in § 43 Abs. 7 EisbG geregelt gewesen, dass die Eisenbahnbehörde die Benützung eines nicht öffentlichen Eisenbahnüberganges durch Festlegung von Benützungsbedingungen zu regeln habe. Es sei somit eine Änderung des Regelungsinhalts hinsichtlich des zuständigen „Akteurs“ (nicht mehr die Behörde, sondern das Eisenbahnunternehmen selbst habe die maßgebliche Regelung zu treffen) erfolgt, nicht aber hinsichtlich des Inhalts der im Zusammenhang mit nicht-öffentlichen Eisenbahnübergängen wahrzunehmenden Aufgaben. Zudem „statuiert (fingiert)“ die mit der Novelle des Jahres 2006 geschaffene Übergangsbestimmung (§ 133a Abs. 19 EisbG) die bisher von der Behörde festgelegten Benützungsbedingungen als nunmehr vom Eisenbahnunternehmen vorgeschriebene Bedingungen.

13 Dem Einwand der Revisionswerberin, der Kreis der Benützer der Eisenbahnkreuzung sei derart weitgehend, dass diese von jedermann benützt werden könne, hielt das Verwaltungsgericht entgegen, dass sich der Kreis der tatsächlich Benützungsberechtigten seit dem Jahr 1964 nicht vergrößert habe. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass nur mehr die Rechtsnachfolgerin des „Vorbesitzers“ des Hotels als Nutzungsberechtigte anzusehen sei, wobei das Hotel bereits im Jahr 1964 in unveränderter Größe bestanden habe. Es seien somit bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 10. März 1964 die Hotelgäste, Besucher und Mitarbeiter des Hotels unter Einhaltung der im Bescheid festgelegten Benützungsbedingungen zur Benützung des verfahrensgegenständlichen Eisenbahnüberganges berechtigt gewesen. Das Ermittlungsverfahren habe weiters ergeben, dass wie dem Gutachten des Amtssachverständigen zu entnehmen sei auf dem gegenständlichen Eisenbahnübergang kein öffentlicher Verkehr stattfinde, weshalb die Merkmale der Öffentlichkeit des Eisenbahnüberganges nicht gegeben seien. Zudem sei die Beschränkung der Nutzbarkeit des gegenständlichen Eisenbahnüberganges auf Benützungsberechtigte durch die vorhandene Beschilderung deutlich kundgemacht und werde durch die zusätzlich vorhandenen physischen Maßnahmen bekräftigt. Vor diesem Hintergrund sei (unter Hinweis auf die §§ 1 und 2 EisbKrV) davon auszugehen, dass der Fußgängerweg vom äußeren Anschein her nicht zur allgemeinen Benützung freistehe und daher keine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO darstelle. Im Übrigen sei der belangten Behörde beizupflichten, dass den Bestimmungen des EisbG eine Zuständigkeit der Eisenbahnbehörde zur Umwandlung eines nicht öffentlichen Eisenbahnüberganges in eine öffentliche Eisenbahnkreuzung im Sinne der Bestimmungen der EisbKrV nicht zu entnehmen sei.

14 Das Verwaltungsgericht erklärte die Revision für zulässig, da zur Frage der Zuständigkeit der Eisenbahnbehörde zur Umwandlung eines nicht öffentlichen Eisenbahnüberganges in eine öffentliche Eisenbahnkreuzung im Sinne der Bestimmungen der EisbKrV keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe.

15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zunächst auf die vom Verwaltungsgericht formulierte Frage verweist und als weitere Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung u.a. die Auslegung des Kreises der „Berechtigten“ und der „Wegeberechtigten“ aufzeigt. Als Revisionsgründe werden Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16 Die Revision ist im Sinne der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichts zur weiteren Klarstellung der Rechtslage mit Blick auf das hg. Erkenntnis vom 24. September 2019, Ra 2019/03/0038 und 0039, sowie im Hinblick auf die von der Revisionswerberin dargelegte Rechtsfrage zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

17 § 43 Abs. 7 EisbG lautete in der zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Bundesministers für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft vom 10. März 1964 geltenden Stammfassung, BGBl. Nr. 60/1957:

„(7) Nicht öffentliche Eisenbahnübergänge dürfen nur von den Berechtigten und nur unter den von der Behörde aus Sicherheitsgründen vorgeschriebenen Bedingungen benützt werden.“

18 Den Erläuterungen (RV 103 Blg. NR 8. GP, 23) zu dieser Bestimmung ist u.a. zu entnehmen:

„Zu § 43: ... Als ‚Berechtigte‘ im Sinne des Abs. 7 werden insbesondere Personen zu verstehen sein, die das Recht des Fußsteiges genießen (§ 492 ABGB).“

19 Durch die Novelle BGBl. I Nr. 151/2001 erhielt § 43 Abs. 7 EisbG die folgende Fassung:

„(7) Nichtöffentliche Eisenbahnübergänge dürfen nur von den Berechtigten und nur unter den aus Sicherheitsgründen vorgeschriebenen Bedingungen benützt werden. Für die Sicherungsart nichtöffentlicher Eisenbahnübergänge sind die Bestimmungen über die Sicherung von öffentlichen Eisenbahnkreuzungen maßgeblich. Für die Feststellung des Kreises der Berechtigten sowie für die Festlegung der Benützungsbedingungen und der Sicherung nicht öffentlicher Eisenbahnübergänge ist die Behörde zuständig.“

20 Mit der Novelle BGBl. I Nr. 125/2006 wurde die bisher in § 43 Abs. 7 EisbG enthaltene Regelung in den neu geschaffenen, mit „Benützung nicht-öffentlicher Eisenbahnübergänge“ überschriebenen (seither unveränderten) § 47a transferiert (vgl. dazu auch VwGH 24.9.2019, Ra 2019/03/0038 und 0039, Rn. 32).

21 Die demnach maßgebenden Bestimmungen des EisbG, BGBl. Nr. 60/1957 in den (im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts geltenden) Fassungen BGBl. I Nr. 125/2006 (§ 47a) sowie BGBl. I Nr. 25/2010 (§ 49), lauten nunmehr wie folgt:

Benützung nicht öffentlicher Eisenbahnübergänge

§ 47a. Nicht öffentliche Eisenbahnübergänge dürfen nur von den hiezu Berechtigten und nur unter den vom Eisenbahnunternehmen aus Sicherheitsgründen vorzuschreibenden Bedingungen, die zumindest dem Wegeberechtigten bekannt zu machen sind, benützt werden.“

2. Hauptstück

Schienengleiche Eisenbahnübergänge

Sicherung und Verhalten bei Annäherung und Übersetzung

§ 49. (1) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie setzt durch Verordnung fest, in welcher Weise schienengleiche Eisenbahnübergänge nach dem jeweiligen Stand der Technik einerseits und nach den Bedürfnissen des Verkehrs andererseits entsprechend zu sichern sind und inwieweit bestehende Sicherungseinrichtungen an schienengleichen Eisenbahnübergängen weiterbelassen werden dürfen. Die Straßenverwaltungen sind zur kostenlosen Duldung von Sicherheitseinrichtungen und Verkehrszeichen, einschließlich von Geschwindigkeitsbeschränkungstafeln, verpflichtet.

(2) Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden, wobei die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.

(3) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann zwecks möglichster Hintanhaltung von Gefährdungen im Verkehr durch Verordnung Vorschriften über das Verhalten bei Annäherung an schienengleiche Eisenbahnübergänge und bei Übersetzung solcher Übergänge sowie über die Beachtung der den schienengleichen Eisenbahnübergang sichernden Verkehrszeichen erlassen.“

22 Die Übergangsbestimmung des § 240 Abs. 19 EisbG, BGBl. Nr. 60/1957 in der Fassung BGBl. I Nr. 143/2020 (ehemals § 133a Abs. 19 EisbG in der Fassung BGBl. I Nr. 125/2006), normiert:

„(19) Die mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 125/2006 von der Behörde gemäß § 43 Abs. 7 in der bisher geltenden Fassung festgelegten Benützungsbewilligungen oder Bedingungen gelten als vom Eisenbahnunternehmen vorgeschriebene Bedingungen.“

23 Die §§ 1 und 2 EisbKrV in der (im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts geltenden) Stammfassung BGBl. II Nr. 216/2012 lauten:

1. Abschnitt

Allgemeines

Geltungsbereich

§ 1. (1) Diese Verordnung gilt für jeden im Verlauf einer Straße mit öffentlichem Verkehr angelegten schienengleichen Eisenbahnübergang mit einer Haupt oder Nebenbahn, einer Straßenbahn, einer Anschlussbahn oder einer Materialbahn im Sinne des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG), BGBl. Nr. 60, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 25/2010, unabhängig davon, ob hierbei die Eisenbahn die Straße überschneidet oder in sie einmündet.

(2) Diese Verordnung gilt nicht für nicht öffentliche Eisenbahnübergänge, für Eisenbahnübergänge, die nur dem innerdienstlichen Verkehr dienen, und für schienengleiche Bahnsteigzugänge.

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieser Verordnung gilt als:

1. Eisenbahnkreuzung: schienengleicher Eisenbahnübergang gemäß § 1 Abs. 1;

2. Straße mit öffentlichem Verkehr: Straße gemäß § 1 Abs. 1 StVO 1960;

...“

24 Zum rechtlichen Hintergrund des Revisionsfalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 24. September 2019, Ra 2019/0038 und 0039, hingewiesen. Darin hat der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung dargelegt, dass seit der Novelle des EisbG BGBl. I Nr. 125/2006 die Verantwortung für die Festlegung von Benützungsbedingungen für nicht öffentliche Eisenbahnübergänge, wozu auch die Entscheidung über deren Sicherung zählt, nicht mehr bei der Eisenbahnbehörde, sondern gemäß § 47a EisbG beim Eisenbahnunternehmen selbst liegt.

25 Die Revisionswerberin beantragte mit ihrem in Rn. 3 wiedergegebenen Anbringen zum einen die „Umwandlung“ des gegenständlichen nicht öffentlichen Eisenbahnüberganges in eine (öffentliche) Eisenbahnkreuzung im Sinne der EisbKrV und zum anderen eine Sicherungsentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 EisbG.

26 Was zunächst den Antrag auf „Umwandlung“ betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, dass das EisbG eine explizite gesetzliche Grundlage für solche Anträge ebenso wenig vorsieht wie ausdrückliche Regelungen über die Änderung der Qualifizierung von Eisenbahnübergängen als öffentlich oder nicht-öffentlich. Wie der Verwaltungsgerichtshof im erwähnten Erkenntnis vom 24. September 2019, Ra 2019/03/0038 und 0039, ausgeführt hat, besteht jedoch ein rechtliches Interesse des Eisenbahnunternehmens an der Erlassung eines Feststellungsbescheides, mit dem die Nicht Öffentlichkeit eines Eisenbahnüberganges ausgesprochen wird, sodass das von der Revisionswerberin vorgebrachte Interesse, Klarheit über die allfällige Verpflichtung als Eisenbahnunternehmen zur Sicherung eines nicht öffentlichen Eisenbahnüberganges zu erhalten, auf diesem Weg erfüllt werden kann.

27 Ein Antrag auf „Umwandlung“ eines nicht öffentlichen Eisenbahnüberganges in eine (öffentliche) Eisenbahnkreuzung im Sinne der EisbKrV, wie ihn die Revisionswerberin im vorliegenden Verfahren stellte, ist daher jedenfalls mangels gesetzlicher Grundlage zurückzuweisen.

28 Soweit die Revisionswerberin eine Sicherungsentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 EisbG beantragte, hat die Behörde zunächst zu prüfen, ob die beantragte Sicherung einen öffentlichen oder nicht öffentlichen Eisenbahnübergang betrifft. Liegt ein öffentlicher Eisenbahnübergang vor, hat sie nach den Regelungen der EisbKrV eine Sicherung anzuordnen nichts Anderes strebt im Übrigen auch der verfahrenseinleitende Antrag der Revisionswerberin gemäß seiner Begründung an, mit dem „für den Fall der Öffentlichkeit ... des ... Eisenbahnüberganges“ darum ersucht wird, die Art der Sicherung festzulegen. Kommt die Behörde dagegen zum Ergebnis, dass sich der Antrag des Eisenbahnunternehmens auf einen nicht öffentlichen Eisenbahnübergang bezieht, hat sie den Antrag zurückzuweisen oder bei Vorliegen eines entsprechenden Feststellungsantrages auszusprechen, dass dem betreffenden Eisenbahnübergang die Merkmale der Öffentlichkeit nicht zukommen.

29 Die Revision führt gegen die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, die Merkmale der Öffentlichkeit des vorliegenden Eisenbahnüberganges seien nicht gegeben, ins Treffen, dass es aufgrund der Vielzahl an Personen, die den Eisenbahnübergang benützten, faktisch nicht möglich sei, sämtliche Nutzer (z.B. bei Hochzeitsgesellschaften) über die Benützungsbedingungen in Kenntnis zu setzen. Entsprechendes lasse sich auch nicht aus den getroffenen Feststellungen ableiten: So sei der Inhalt der mündlichen Unterweisung der Hotelgäste unbekannt. Diesen werde kein schriftliches Exemplar der Benützungsbedingungen ausgehändigt. Ein schriftlicher Aushang der Benützungsbedingungen bestehe ebenfalls nicht. Es sei nicht festgestellt worden, dass Handwerker, Zulieferer oder Besucher von Gästen in den Benützungsbedingungen unterwiesen werden würden. Hotelmitarbeiter würden die Benützungsbedingungen nur durch die (inhaltlich unbekannte) Unterweisung durch die Geschäftsführerin bei Dienstverhältnisbeginn kennen. Ein Zugang zum Hotel sei für jedermann seeseitig möglich, ohne dass eine Unterweisung erfolge. Zusammengefasst sei der Kreis der Benützer des Eisenbahnüberganges daher derart weitgehend, dass dieser von jedermann unter gleichen Bedingungen benützt werden könne. Der verfahrensgegenständliche Eisenbahnübergang sei daher als öffentlicher Eisenbahnübergang zu qualifizieren, dessen gesetzliche Sicherung von der Behörde gemäß § 49 Abs. 2 EisbG anzuordnen sei.

30 Dieser Argumentation ist nicht zu folgen:

31 Eine öffentliche Eisenbahnkreuzung liegt vor, wenn die Eisenbahn eine Straße mit öffentlichem Verkehr kreuzt (vgl. in diesem Sinne VwGH 2.12.2021, Ra 2021/03/0090). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der sachliche Anwendungsbereich der EisbKrV in ihrem § 1 normiert wird: Sie gilt für „jeden“ im Verlauf einer Straße mit öffentlichem Verkehr angelegten schienengleichen Eisenbahnübergang (Abs. 1), nicht aber für nicht öffentliche Eisenbahnübergänge (Abs. 2; vgl. VwGH 18.12.2019, Ro 2019/03/0023, mwN). Gemäß § 2 Z 2 EisbKrV gilt im Sinne dieser Verordnung als „Straße mit öffentlichem Verkehr“ eine „Straße gemäß § 1 Abs. 1 StVO 1960“. Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freistehen. Maßgeblich sind somit nicht die Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund, sondern die tatsächliche Benutzbarkeit der Verkehrsfläche (vgl. VwGH 29.11.2022, Ra 2022/02/0041, mwN).

32 Im Unterschied dazu sind nicht öffentliche Eisenbahnübergänge solche, die im Verlauf nicht-öffentlicher Straßen und Wege über die Eisenbahn eingerichtet sind. Die Erlaubnis zur Benützung ist auf die jeweils Berechtigten eingeschränkt (in diesem Sinne Catharin/Gürtlich/Walder Wintersteiner , EisbG 4 [2022] § 47a Anm. 2f; siehe ebenfalls OGH 4.9.2014, 5 Ob 30/14v).

33 Zutreffend hat das Verwaltungsgericht seiner Beurteilung daher auch die örtlichen Gegebenheiten zugrunde gelegt und dabei im Einklang mit der zitierten Judikatur insbesondere geprüft, ob der Eisenbahnübergang nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Das Verwaltungsgericht verneinte dies in weiterer Folge nachvollziehbar unter Beachtung des eingeholten Gutachtens des Amtssachverständigen sowie mit dem Hinweis darauf, dass die Beschränkung auf die alleinige Nutzbarkeit durch Berechtigte durch zusätzlich vorhandene physische Maßnahmen sowie beidseitig angebrachte Tafeln bekräftigt werde. Diese Begründung wird von der Revision auch gar nicht in Zweifel gezogen. Schon deshalb da es die vom Verwaltungsgericht festgestellten äußeren Umstände unbeachtet lässt vermag das Vorbringen der Revisionswerberin, der Eisenbahnübergang könne von jedermann unter gleichen Bedingungen benützt werden, nicht zu überzeugen.

34 Ebenso wenig tritt die Revision mit ihrem schon im Beschwerdeverfahren geäußerten Vorbringen, der Kreis der Benützer des Eisenbahnüberganges sei derart weitgehend, dass es faktisch nicht möglich sei, sämtliche Nutzer über die Benützungsbedingungen in Kenntnis zu setzen, den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, wonach sich der Kreis der tatsächlich Benützungsberechtigten seit dem Jahr 1964 nicht vergrößert sondern verkleinert und das Hotel bereits damals in unveränderter Größe bestanden habe, substantiiert entgegen. Die Revision übersieht dabei, dass sich das Verwaltungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung zur Art und Weise der Benützung des Eisenbahnüberganges tragend auf die im angefochtenen Erkenntnis zitierte und als glaubhaft eingestufte Einvernahme der Eigentümerin des Hotels in der Verhandlung stützte. Deren Ausführungen werden von der Revisionswerberin weder näher beachtet, noch begründet bestritten. Die Revision enthält insoweit kein substantiiertes Vorbringen, das eine Unvertretbarkeit der verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung, die im Revisionsverfahren aufzugreifen wäre, darlegen würde.

35 Soweit die Revision ferner darauf hinweist, dass die Erlaubnis zur Benützung eines nicht öffentlichen Eisenbahnüberganges auf die jeweils Berechtigten eingeschränkt sei und dazu geltend macht, ein beschränkter Personenkreis setze voraus, dass dieser abgrenzbar und bestimmbar und somit einschränkend auszulegen sei, was im Revisionsfall eben nicht geschehen sei, ist Folgendes zu berücksichtigen:

36 Gemäß § 47a EisbG dürfen nicht öffentliche Eisenbahnübergänge nur von den hiezu Berechtigten und nur unter den vom Eisenbahnunternehmen aus Sicherheitsgründen vorzuschreibenden Bedingungen, die zumindest dem Wegeberechtigten bekannt zu machen sind, benützt werden.

Die Erläuterungen zur Vorgängerregelung des § 43 Abs. 7 EisbG in seiner Stammfassung verweisen wie angeführt darauf, dass als Berechtigte insbesondere Personen zu verstehen sind, die das Recht des Fußsteiges genießen (§ 492 ABGB).

Gemäß § 492 erster Satz ABGB begreift das Recht des Fußsteiges das Recht in sich, auf diesem Steige zu gehen, sich von Menschen tragen, oder andere Menschen zu sich kommen zu lassen.

37 Demnach sind zu den Berechtigten, die nicht öffentliche Eisenbahnübergänge benützen dürfen, auch deren Besucher zu zählen (ebenso Catharin/Gürtlich/Walder Wintersteiner , EisbG 4 [2022] § 47a Anm. 3). Ist wie hier vom Verwaltungsgericht festgestellt Wegeberechtigte eines nicht öffentlichen Eisenbahnüberganges die Eigentümerin eines Hotels, so umfasst der Kreis der Benützungsberechtigten dieses nicht öffentlichen Eisenbahnüberganges auch die Gäste und die Beschäftigten des Hotels sowie gegebenenfalls weitere Personen, die über Einladung der Hoteleigentümerin dieses aufsuchen.

38 Aus alldem kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn das Verwaltungsgericht zum Ergebnis kam, dass auf dem gegenständlichen Eisenbahnübergang kein öffentlicher Verkehr stattfindet, weswegen der Anwendungsbereich der EisbKrV nicht eröffnet war. Es lag demnach kein Fall vor, in dem die Eisenbahnbehörde eine Sicherungsentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 EisbG zu treffen hätte.

39 Angesichts dessen geht auch das weitere Revisionsvorbringen, welches die Mangelhaftigkeit des Verfahrens betreffend eine solche Sicherungsentscheidung behauptet, ins Leere.

40 Im Ergebnis hat daher die belangte Behörde ihre Zuständigkeit zur Entscheidung über die Anträge der Revisionswerberin der Sache nach zutreffend verneint. Rechtsrichtig wäre der verfahrensleitende Antrag der Revisionswerberin allerdings zurückzuweisen gewesen. Dass die belangte Behörde und durch Bestätigung des Bescheides das Verwaltungsgericht diesen Antrag stattdessen abgewiesen hat, verletzt die Revisionswerberin aber nicht in ihren subjektiven Rechten (vgl. VwGH 26.4.2016, Ra 2016/03/0043).

41 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Juni 2024

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