JudikaturVwGH

Ra 2023/02/0172 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
05. Oktober 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Schörner, über die Revision des G, Rechtsanwalt in G, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 28. Juni 2023, LVwG 30.22 7088/2022 37, betreffend Übertretungen der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 10. August 2022 (Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von € 150, wegen Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. c StVO gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO sowie Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von € 100, wegen Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO) erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom Landesverwaltungsgericht Steiermark mit drei näher konkretisierten Maßgaben als unbegründet abgewiesen. Dem Revisionswerber wurde ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren auferlegt sowie der Ersatz der entstandenen Barauslagen in Form von Sachverständigengebühren. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass zu Spruchpunkt 1. die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig ist; zu Spruchpunkt 2. sprach es aus, dass eine Revision wegen Verletzung in Rechten gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig ist. Weiters sprach es aus, dass der belangten Behörde zu Spruchpunkt 2. die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht offensteht.

2 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

3 Das vom Revisionswerber angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde enthielt den Vorwurf, zwei verschiedene Verwaltungsübertretungen begangen zu haben, mithin zwei voneinander unabhängige Spruchpunkte. Mit der Abweisung der Beschwerde des Revisionswerbers gegen beide Spruchpunkte des Straferkenntnisses übernahm das Verwaltungsgericht den Spruch des mit der Beschwerde bekämpften Straferkenntnisses der belangten Behörde. Durch die Übernahme dieser Spruchpunkte hat auch das Verwaltungsgericht getrennte Absprüche getroffen (vgl. VwGH 15.10.2019, Ra 2019/02/0109).

4 Liegen wie hier trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 22.10.2019, Ra 2019/02/0022).

5 Soweit sich die Revision gegen das angefochtene Erkenntnis betreffend Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses richtet ist auszuführen:

6 Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu € 750, und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu € 400, verhängt wurde.

7 Diese Voraussetzungen treffen für den Abspruch des Verwaltungsgerichtes zu Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses zu. Über den Revisionswerber wurde wegen Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO eine Geldstrafe von € 100, (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag 12 Stunden) verhängt, wobei der Strafrahmen der anzuwendenden Strafnorm € 726, beträgt.

8 Bei der im Sinne des § 25a Abs. 4 Z 1 VwGG in der Strafdrohung vorgesehenen „Freiheitsstrafe“ muss es sich um eine primäre Freiheitsstrafe handeln (vgl. etwa VwGH 5.1.2021, Ra 2020/02/0279, mwN). Eine solche ist hinsichtlich der vorgenannten Übertretung der StVO jedoch nicht vorgesehen.

9 Die Revision erweist sich daher, soweit das Verwaltungsgericht über Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses entschied, gemäß § 25a Abs. 4 VwGG als absolut unzulässig.

10 Soweit sich die Revision gegen das angefochtene Erkenntnis betreffend Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses richtet ist auszuführen:

11 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten. Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob durch die angefochtene Entscheidung irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet.

12 Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 26.6.2023, Ra 2023/02/0085, mwN).

13 In der Revision wird unter Punkt „II. Anfechtungserklärung und Revisionspunkte“ geltend gemacht:

„Durch dieses Erkenntnis erachtet sich der RW in seinem Recht auf die Abführung eines ordnungsgemäßen Verwaltungs-(Straf-)verfahrens verletzt dies dabei vor allem wegen der Erlassung eines nicht den Mindesterfordernissen entsprechenden Erkenntnisses und wie nun auch so die im angefochtenen Erkenntnis weiters angeführte (‚korrigierte‘) Tat Örtlichkeit unrichtig geblieben und darüber auch weiters das betr. angefochtene Erkenntnis so nicht hinreichend nachvollziehbar ist und die Vorfalls bzw Tatörtlichkeit nur weiters nicht korrekt und nachvollziehbar wiedergibt und wie weiters der RW sich auch in seinem Recht auf eine richtige Anwendung der ebenso übrigen verwaltungsrechtlichen Verfahrensbestimmungen verletzt erachtet dies in Bezug auf keine hinreichende Gewährung des Parteiengehörs und einer ordnungsgemäßen Behandlung seiner (Beweis-)Anträge und Einwendungen und wie dabei insbesondere wegen der Negierung des ausdrücklich gestellten Antrags auf Abführung eines Ortsaugenscheins und auch wegen der offenkundigen Nichtbehandlung des Ablehnungsantrages (der Befangenheit des vom LVwG Stmk beigezogenen KfZ SV) samt auch der Nichtbeachtung des Einwandes, der so vollkommenen Mangelhaftig- wie Untauglichkeit und nicht weiteren Verwertbarkeit des betr. KfZ-Gutachtens (gem. den betr. Ausführungen des RW in dessen Eingabe/ Stellungnahme vom 09.03.2023) und wie auch im abweisenden Erkenntnis des LVwG Stmk vom 28.06.2023 in keiner hinreichend gehörigen Form die Gründe angeführt wurden, wieso seitens das LVwG Stmk den betr. Anbringen und Einwenden des RW nicht gefolgt wurde.“

14 Mit diesem Vorbringen wird kein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG angeführt: Nach ständiger hg. Judikatur gibt es kein abstraktes Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens; mit dem genannten Vorbringen wird vielmehr ein Revisions bzw. Aufhebungsgrund behauptet (vgl. VwGH 14.1.2022, Ra 2021/02/0254, mwN).

15 Es besteht darüber hinaus auch kein abstraktes Recht auf eine fehlerfreie oder richtige Anwendung eines Gesetzes oder der Verfahrensbestimmungen. Dabei handelt es sich nicht um einen Revisionspunkt, sondern ebenfalls um einen Revisionsgrund im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG, der nur in Verbindung mit der Verletzung von aus materiell-rechtlichen Vorschriften ableitbaren subjektiven Rechten zielführend geltend gemacht werden kann (vgl. etwa VwGH 24.5.2023, Ra 2023/05/0062, mwN).

16 Da in der Revision die Verletzung subjektiver Rechte im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG nicht dargetan wird, steht ihr der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegen.

17 Die Revision war daher insgesamt gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 5. Oktober 2023

Rückverweise