Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Mag. Brandl und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision 1. des H A, und 2. des mj. N A A, dieser vertreten durch H A als gesetzlichen Vertreter, beide in W, beide vertreten durch Mag. Philipp Bohrn, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 13, als bestellter Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Mag. Judith Gingerl, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 124/15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juli 2023, Zlen. 1. W119 2258014 1/11E und 2. W119 2258013 1/10E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Jeweils mit Bescheid vom 11. Juli 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Anträge des Erstrevisionswerbers und des minderjährigen Zweitrevisionswerbers, des Sohnes des Erstrevisionswerbers, jeweils syrische Staatsangehörige, auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erkannte ihnen jeweils gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) die Beschwerden der Revisionswerber gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision jeweils nicht zulässig sei.
3 Dagegen erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 27. November 2023, E 2377-2378/2023-12, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
4 Daraufhin erhoben die Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision wendet sich in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zunächst gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes, soweit dieses eine asylrelevante Verfolgung des Erstrevisionswerbers durch den Islamischen Staat sowie eine ihm unterstellte oppositionelle Gesinnung als Rückkehrer verneinte.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 19.12.2023, Ra 2023/01/0325, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung zeigt die Revision jedoch nicht auf.
10 Im Übrigen moniert die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen die mangelnde Prüfung des Kindeswohls in Bezug auf den minderjährigen Zweitrevisionswerber und fehlende Feststellungen zur Situation von Minderjährigen in Syrien.
11 Dazu ist vorweg darauf hinzuweisen, dass allein die Abweisung des Antrags auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war, nachdem den beiden Revisionswerbern bereits vom BFA jeweils der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihnen eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt worden war. Allein mit dem Hinweis auf die sich aus verschiedenen Länderberichten ergebende Situation von Minderjährigen in Syrien ergibt sich jedoch nicht die gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erforderliche glaubhafte Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung des Zweitrevisionswerbers im Fall seiner Rückkehr in seine Heimatregion im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), die eine aus Gründen der Rasse. Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung voraussetzt. Soweit die Revision auf eine Interessenabwägung verweist, bei der das Kindeswohl zu berücksichtigen sei, ist ihre entgegenzuhalten, dass die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 eine solche Interessenabwägung nicht voraussetzt (vgl. VwGH 15.6.2023, Ra 2023/14/0190, Rn. 11, mwN).
12 Letztlich steht dem erstmals in der Revision erstatteten Vorbringen, dem im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts rund achteinhalbjährigen Zweitrevisionswerber drohe im Fall seiner Rückkehr in seine Heimatregion Verfolgung wegen der Gefahr der Zwangsrekrutierung als Minderjähriger, das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot (§ 41 erster Satz VwGG) entgegen (vgl. etwa VwGH 9.11.2022, Ra 2022/01/0152, Rn. 13, mwN).
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 21. Februar 2024