JudikaturVwGH

Ra 2022/12/0133 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Gewerberecht, Wirtschaftsrecht
13. März 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. I. Zehetner als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. a Havas, über die Revision des P R C Z in M, vertreten durch Dr. Andreas Schuster, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Liechtensteinstraße 22A/I/12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. Juli 2022, LVwG 413906/22/KLe/HUE, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Braunau), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 11. September 2020 wurde der Revisionswerber der siebenfachen Übertretung des „§ 52 Abs. 1 Z 1“ Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt. Die belangte Behörde sprach aus, dass der Revisionswerber am 30. Jänner 2020 um 19:25 Uhr in einem näher bezeichneten Lokal als Veranstalter zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen veranstaltet habe, ohne eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG zu besitzen. Es seien Glücksspiele vorgelegen, mit welchen selbständig nachhaltig Einnahmen erzielt worden seien, welche also von einem Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet worden seien, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form des Einsatzes zu entrichten gewesen sei und für welche vom Unternehmer vermögenswerte Leistungen (Gewinn) in Aussicht gestellt worden seien. Eine näher bezeichnete Gesellschaft habe dort in der Zeit von 1. bis 30. Jänner 2020 mit den Eingriffsgegenständen Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen, an denen vom Inland aus habe teilgenommen werden können, nämlich in Form von Kartenpokerspielen, auf eigenen Namen und Rechnung sowie auf eigenes Risiko veranstaltet. Sie habe damit selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt und sei daher als Unternehmer iSd. § 2 Abs. 2 GSpG zu betrachten. Diese Gesellschaft habe somit eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG begangen, was der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ dieser Gesellschaft zu verantworten habe. Die belangte Behörde verhängte über den Revisionswerber sieben Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 3.000, pro Eingriffsgegenstand (samt Ersatzfreiheitsstrafen) und verpflichtete ihn zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 VStG.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit gegenständlich nicht relevanten Maßgaben sowie der weiteren Maßgabe, dass die Strafsanktionsnorm auf „§ 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG“ korrigiert werde, als unbegründet ab, und sprach aus, dass der Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für unzulässig.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Soweit die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vorbringt, dass Pokertische „kein Glücksspielgerät oder anderer Eingriffsgegenstand nach dem GSpG“ seien, weshalb bisherige, zu Glücksspielautomaten ergangene Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nicht zur Beurteilung der Zulässigkeit der maßgebenden Regelungen des GSpG herangezogen werden könnten, und zudem eine „Bindungswirkung“ einer diesbezüglichen Entscheidung eines Verwaltungsgerichts behauptet, wird zur näheren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 2024, Ro 2023/12/0010 bis 0013, verwiesen, mit dem eine Revision mit entsprechendem Vorbringen zurückgewiesen wurde. Dass das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall durch die Qualifikation von Pokertischen als Eingriffsgegenstände nach dem GSpG von der diesbezüglichen, in Ro 2023/12/0010 bis 0013 zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, zeigt die Revision nicht auf. Daran ändert auch die von der Revision vorgebrachte Benennung der Pokertische als „Gehäuse(bezeichnung)“ in der Begründung des Straferkenntnisses der belangten Behörde nichts.

8 Die Revision bringt in der Folge mit Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 14. Oktober 2021, MT , C 231/20, zusammengefasst vor, dass das Verwaltungsgericht keine Ermittlungen zu möglichen Erträgen oder tatsächlich erwirtschafteten Gewinnen bzw. Verlusten des Veranstalters aus den Ausspielungen getätigt habe, sodass die Verhältnismäßigkeit der verhängten Strafen nicht geprüft werden könne; die „Notwendigkeit der Verhängung einer Mindeststrafe ... für jede erfolgte Übertretung“ sei schon deshalb als nicht verhältnismäßig anzusehen, weil „Pokertische keinen Eingriffsgegenstand nach dem GSpG darstellen“ würden und die Aufstellung von Pokertischen „mangels Vereinnahmung von Spieleinsätzen und somit mangels Einnahmen (Erträgnisse und Gewinne/Verluste) aus der Ausspielung zu keiner ... Einnahmequelle aus illegalem Glücksspiel“ führen würden.

9 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei der Strafbemessung um eine einzelfallbezogene Abwägung handelt, die im Allgemeinen wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde keine grundsätzliche Rechtsfrage darstellt (vgl. VwGH 8.3.2021, Ra 2020/17/0089, mwN).

10 Das vom Revisionswerber ins Treffen geführte Urteil des EuGH vom 14. Oktober 2021, MT , C 231/20, ist zu der Frage ergangen, ob es mit der Dienstleistungsfreiheit in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Strafen (Art. 56 AEUV iVm. Art. 49 Abs. 3 GRC) vereinbar ist, dass Mindestgeldstrafen (samt Ersatzfreiheitsstrafen und Verfahrenskostenbeiträgen) für jeden nicht bewilligten Glücksspielautomaten ohne Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen verhängt werden. Der EuGH hat dies unter der Voraussetzung bejaht, dass der Gesamtbetrag der verhängten Geldstrafen „nicht außer Verhältnis zu dem durch die geahndeten Taten erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil“ steht. Dass die Gesamtstrafe von der Anzahl der Eingriffsgegenstände abhängt, wurde als nicht per se unverhältnismäßig beurteilt ( MT , Rn. 46).

11 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. Dezember 2021, Ra 2020/17/0013, unter Zugrundelegung des zitierten Urteils ausgesprochen hat, sind die Rechtsgrundlagen für die Verhängung von Geldstrafen gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar.

12 Sofern im Einzelfall außerordentliche Umstände vorliegen, die vom Gesetzgeber bei der Erstellung des gesetzlichen Strafrahmens bzw. der Normierung des Verfahrenskostenbeitrages nicht hinreichend berücksichtigt worden sind und bei denen auch mit der Anwendung des § 20 VStG nicht das Auslangen gefunden werden kann, ist bei der Anwendung dieser Rechtsgrundlagen sicherzustellen, dass die jeweils bemessene Geldstrafe und die Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen nicht außer Verhältnis zu dem durch die geahndeten Taten erzielbaren wirtschaftlichen Nutzen stehen (grundlegend VwGH 10.12.2021, Ra 2020/17/0013, Rn. 50).

13 Das Zulässigkeitsvorbringen legt derartige außerordentliche Umstände des Einzelfalles in dem das Verwaltungsgericht die Verhängung der Mindestgeldstrafen bestätigte nicht dar, setzt sich mit dem verhängten Gesamtstrafbetrag nicht auseinander, und erstattet auch kein Vorbringen, aus dem sich ergäbe, inwieweit die verhängten Geldstrafen außer Verhältnis zu einem im vorliegenden Fall konkret erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil stünden.

14 Soweit die Revision vorbringt, dass „jede Rechtsprechung zur Frage, nach welchen Kriterien der aus der Ausspielung tatsächlich erzielte Gewinn zu ermitteln“ sei, fehle, ist darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf ankommt, ob die verhängten Geldstrafen in einem angemessenen Verhältnis zu dem tatsächlich erzielten wirtschaftlichen Gewinn stehen, vielmehr ist auf die Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf den „erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil“ abzustellen (vgl. VwGH 22.10.2023, Ra 2022/12/0087, mwN).

15 Zum Revisionsvorbringen hinsichtlich der in Österreich vergebenen Konzessionen nach dem GSpG wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Begründung in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 2024, Ro 2022/12/0019 bis 0021, verwiesen, mit dem eine Revision mit entsprechendem Vorbringen zurückgewiesen wurde.

16 Soweit die Revision moniert, dass das Verwaltungsgericht weder Ermittlungen getätigt noch Feststellungen getroffen habe, aus denen die „Rechtsfrage der Unionsrechtswidrigkeit“ hätte geklärt werden können, ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis eine Kohärenzprüfung im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchführte. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang weiters pauschal Ermittlungs , Feststellungs und Begründungsmängel und damit Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts geltend macht, fehlt es bereits an der nötigen Relevanzdarstellung (vgl. etwa VwGH 19.4.2023, Ra 2021/17/0082, Rn. 14, mwN).

17 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 13. März 2024

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