Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag. a Nussbaumer Hinterauer und Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des M I G in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das am 27. Juli 2022 mündlich verkündete und mit 3. August 2022 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, LVwG 2021/21/1331 4, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Imst), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 19. April 2021 wurde der Revisionswerber in zwei Fällen der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 3 3. Fall, Abs. 2 und Abs. 3 iVm § 1 Abs. 1 iVm § 2, § 3 und § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten GmbH zu verantworten, dass diese zumindest am 9. Dezember 2019 auf zwei Glücksspielgeräten verbotene Ausspielungen zugänglich gemacht habe. Über den Revisionswerber wurden zwei Verwaltungsstrafen in der Höhe von jeweils € 2.000, (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in der Höhe von jeweils 67 Stunden) verhängt.
2 Mit am 27. Juli 2022 mündlich verkündetem und mit 3. August 2022 schriftlich ausgefertigtem Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde unter Abänderung der angewendeten (Straf ) Bestimmungen als unbegründet ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
3 Im Rahmen der mündlichen Verkündung des angefochtenen Erkenntnisses verwies das Landesverwaltungsgericht Tirol unter Berufung auf die Einvernahme eines Zeugen in der mündlichen Verhandlung darauf, dass die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen eindeutig als erwiesen hätten belegt werden können. Mit näherer Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, dass der Verstoß gegen § 52 Abs. 1 und 2 GSpG sowie das Verschulden des Revisionswerbers als gegeben zu erachten seien. Auch wurden Ausführungen zur Strafhöhe gemacht.
4 In der schriftlichen Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses verwies das Verwaltungsgericht zusätzlich unter anderem hinsichtlich der vom Revisionswerber dazu vorgebrachten Bedenken darauf, dass sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Entscheidungen die Unionsrechtskonformität des Glücksspielgesetzes bestätigt hätten, weshalb sich zu diesem Punkt weitere umfangreiche Ausführungen erübrigten.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Zurück , in eventu Abweisung der Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Der Revisionswerber führt zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision zunächst die „Unvereinbarkeit der nationalen Glücksspielbestimmungen mit Unionsrecht“ ins Treffen. Die Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols ergebe sich bereits aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rs C 390/12, Pfleger , und der dazu ergangenen Entscheidungen des Unabhängigen Verwaltungssenats Oberösterreich und des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich. Das Verwaltungsgericht habe keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen und keine Kohärenzprüfung durchgeführt. Weiters macht der Revisionswerber einen Begründungsmangel geltend, da sich das Verwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verkündung überhaupt nicht mit der Frage der Unionsrechtskonformität der Bestimmungen des GSpG befasst habe.
11 Werden Verfahrensmängel (wie Begründungs oder sekundäre Feststellungsmängel) als Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (in Bezug auf sekundäre Feststellungsmängel) voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 23.1.2020, Ra 2018/07/0443, mwN).
12 Mit seinen Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, und vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, hat der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH und den darin festgelegten Anforderungen an eine Kohärenzprüfung im Einklang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (E945/2016 ua vom 15.10.2016) und des Obersten Gerichtshofes (vgl. etwa RIS Justiz RS 0130636 [T7] sowie 60b50/22d vom 18.11.2022) eine entsprechende Gesamtwürdigung vorgenommen und die Bestimmungen des GSpG für unionsrechtskonform erachtet. Dabei kam der Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis, dass mit den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität, der Verhinderung von kriminellen Handlungen sowie der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden (vgl. VwGH 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, Rn. 115, und VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, Rn. 91). Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung hat sich der Verwaltungsgerichtshof unter Einbeziehung auch der Regelungen über Landesausspielungen („kleines Glücksspiel“) und Sportwetten ausführlich mit sämtlichen vom Revisionswerber zur Begründung der Zulässigkeit der vorliegenden Revision ins Treffen geführten Aspekten der Werbestrategie des Inhabers der Spielbankenkonzessionen, des Spieler und Jugendschutzes sowie des Erfordernisses eines inländischen Sitzes durch den Konzessionär auseinandergesetzt und die Unionsrechtswidrigkeit der Regelungen des GSpG verneint.
13 Im Lichte der durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an die Relevanzdarstellung in der Zulässigkeitsbegründung einer Revision gestellten Anforderungen hätte der Revisionswerber daher vorliegend auszuführen gehabt, aufgrund welcher gegenüber den diesen zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde gelegten geänderten Umstände das Verwaltungsgericht welche anderslautenden Feststellungen zu treffen gehabt hätte, die in der Folge zu einer anderen rechtlichen Beurteilung geführt hätten. Dies hat der Revisionswerber nicht getan. Damit hat der Revisionswerber nicht die Relevanz des von ihm geltend gemachten Verfahrensmangels aufgezeigt, weshalb schon deshalb insoweit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B VG vorliegt.
14 Gleiches gilt auch im Hinblick auf den vom Revisionswerber geltend gemachten Begründungsmangel. Der Revisionswerber hat insoweit bloß pauschal behauptet, dass nicht nachvollzogen werden könne, welche tragenden Überlegungen des Verwaltungsgerichts für die implizite Annahme der Unionsrechtskonformität ausschlaggebend gewesen seien. Damit wird die notwendige Relevanz des Verfahrensmangels insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach in der Regel die Relevanz von Mängeln der Begründung der mündlich verkündeten Entscheidung wegfällt, wenn eine schriftliche Ausfertigung vorliegt, die diese Mängel behebt (vgl. etwa VwGH 29.6.2021, Ra 2021/19/0224, Rn. 11, sowie grundlegend VwGH 23.9.2020, Ra 2019/14/0558 bis 0560, Rn. 22 ff, mwN), nicht aufgezeigt. Auch insoweit wird daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt.
15 Schließlich bringt der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision vor, das angefochtene Erkenntnis weiche insoweit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, als daraus nicht hervorgehe, welche Rechtsnorm das Verwaltungsgericht als verletzt angesehen und welche Strafnorm es angewendet habe. Soweit sich der Revisionswerber daran stört, dass im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses die angewendeten Normen mit der Fassung „BGBl. I Nr. 62/219“ zitiert sind, genügt es darauf hinzuweisen, dass es sich dabei offenkundig um einen bloßen Schreibfehler handelt, und die zitierten Bestimmungen in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2019 angewendet wurden (vgl. aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Erledigungen, soweit sie offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten aufweisen, die nach § 62 Abs. 4 AVG jederzeit hätten berichtigt werden können, auch vor einer solchen Berichtigung bereits in der entsprechend richtigen Fassung zu lesen sind, etwa VwGH 14.4.2022, Ra 2022/14/0082 bis 0086, mwN). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 2022, Ra 2021/03/0328, in einem verstärkten Senat entschieden hat, liegt eine Verletzung der Anforderungen des § 44a Z 2 und 3 VStG jedenfalls nicht vor, wenn die angewendete Rechtsvorschrift in ihrer Gesamtheit mit der zuletzt (vor dem Tatzeitpunkt) erfolgten Novellierung zitiert wird und nicht aus besonderen Gründen für den Rechtsanwender Unsicherheit über die angewendete Fassung bestehen kann. Dass vorliegend aus solchen besonderen Gründen Unsicherheit über die angewendete Fassung der in Rede stehenden Normen bestehe oder die Anwendung der zitierten Bestimmungen des GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2019 rechtsunrichtig sei, wird im Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision nicht dargetan.
16 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 3. Oktober 2023