JudikaturVwGH

Ra 2022/12/0068 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
03. November 2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer Hinterauer und Dr. Holzinger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Binder, über die Revision des H P in R, vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in 5400 Hallein, Davisstraße 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. April 2022, W259 2235072 1/2E, betreffend Feststellung der Befolgungspflicht einer Weisung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Personalamt Salzburg der Österreichische Post AG), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichische Post AG gemäß § 17 Abs. 1 Poststrukturgesetz (PTSG) zur Dienstleistung zugewiesen. Ab dem 4. Juli 2019 befand sich der Revisionswerber im Krankenstand.

2 Mit Schreiben der belangten Behörde vom 9. Juli 2020 wurde der Revisionswerber aufgefordert, einer Einladung der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) zu einer Untersuchung zum Zweck der Befunderhebung und Gutachtenserstellung über seine gesundheitliche Verfassung nachzukommen. Mit Schriftsatz vom 27. Juli 2020 remonstrierte der Revisionswerber und beantragte die Erlassung einer Weisung, dass er die Anweisung, sich einer Untersuchung durch die PVA nicht zu unterziehen habe, nicht befolgen müsse, weshalb solche Weisungen mittels Weisung aufzuheben seien. Eventualiter beantragte er die Erlassung einer Weisung, dass die Befolgung der Weisung vom 9. Juli 2020 nicht zu seinen Dienstpflichten gehöre, sowie schließlich auf bescheidmäßige Feststellung, dass es nicht zu seinen Dienstpflichten gehöre, sich aufgrund der Anweisung vom 9. Juli 2020 einer Untersuchung durch die PVA zu unterziehen und er durch die Nichtbefolgung derselben keine Dienstpflichtverletzung begehe.

3 Unter Bezugnahme auf diese Remonstration wiederholte die belangte Behörde mit Schreiben vom 29. Juli 2020 die Weisung vom 9. Juli 2020. Mit Schriftsatz vom 5. August 2020 remonstrierte der Revisionswerber auch gegen diese Weisungswiederholung und wiederholte die bereits gestellten Anträge.

4 Mit Bescheid des Personalamtes Salzburg der Österreichische Post AG vom 12. August 2020 wurden die Anträge des Revisionswerbers auf Erlassung von Weisungen mit der Begründung zurückgewiesen, dass einem Beamten kein Recht auf Erteilung einer Weisung bestimmten Inhalts zukomme. Der eventualiter gestellte Feststellungsantrag wurde mit der Begründung abgewiesen, dass der Revisionswerber seit 4. Juli 2019 durchgehend im Krankenstand sei, weshalb an seiner dauernden Dienstfähigkeit gezweifelt werde. Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber fristgerecht Beschwerde.

5 Mit Erkenntnis vom 29. April 2022 wies das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der den Feststellungsantrag betreffende Spruchteil zu lauten habe, dass festgestellt werde, dass die Befolgung der Weisung vom 9. Juli 2020, dass der Beschwerdeführer sich einer Untersuchung durch die PVA zu unterziehen habe, zu seinen Dienstpflichten gehöre. Begründend verwies das Bundesverwaltungsgericht einerseits auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, derzufolge dem Beamten kein Recht auf gesonderte Feststellung der Verpflichtung zur Erteilung einer Weisung bestimmten Inhaltes, insbesondere auf Aufhebung oder Abänderung einer an ihn ergangenen Weisung zukomme. Andererseits verwies das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass die zu beurteilende Weisung nicht willkürlich erfolgt sei. Dabei berief sich das Bundesverwaltungsgericht sowohl auf § 14 Abs. 3 Beamten Dienstrechtsgesetz (BDG 1979), wonach zur Beurteilung der Dienst(un)fähigkeit eines Beamten Befund und Gutachten von der PVA einzuholen seien, als auch auf die in § 52 Abs. 2 erster Satz BDG 1979 normierte Untersuchungspflicht und darauf, dass der Revisionswerber zum Zeitpunkt der Weisung seit 4. Juli 2019 durchgehend krankheitsbedingt abwesend gewesen sei. Zu dem in der Beschwerde erhobenen Vorwurf, der Grund für die krankheitsbedingte Abwesenheit liege in der Sphäre der Dienstbehörde, wies das Bundesverwaltungsgericht nochmals ausdrücklich darauf hin, dass eine ärztliche Untersuchung bereits vor dem Hintergrund, dass der Revisionswerber zum Zeitpunkt der Weisung schon über ein Jahr krankheitsbedingt vom Dienst abwesend gewesen sei, nicht als willkürlich anzusehen sei. Auch sei es der belangten Behörde nur durch Befolgung der gegenständlichen Weisung möglich, beurteilen zu können, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit im Sinn des § 14 BDG 1979 vorliege. Schließlich sei die Frage der „schlichten“ Rechtswidrigkeit der Weisung nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Erhebung einer Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht für gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Zur Zulässigkeit seiner Revision führt der Revisionswerber zunächst ins Treffen, das Bundesverwaltungsgericht habe es unterlassen, Ermittlungen dazu anzustellen, ob die dauernde Dienstunfähigkeit des Revisionswerbers darauf zurückzuführen sei, dass seitens des Vorgesetzten dienstrechtlich auf Grund der Fürsorgepflicht gebotene Maßnahmen zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des Beamten nicht ergriffen worden seien. Diesfalls sei nämlich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Ruhestandsversetzung unzulässig. In diesem Zusammenhang werden auch Begründungsmängel und Verletzungen des Parteiengehörs geltend gemacht.

11 Dazu ist festzuhalten, dass ein Verfahrensmangel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses führt, wenn das Verwaltungsgericht bei Vermeidung des Mangels zu einem anderen, für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätte gelangen können. Der Revisionswerber hat daher die Relevanz des Mangels durch ein fallbezogenes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen (VwGH 19.2.2020, Ra 2019/12/0039; 21.2.2017, Ra 2017/12/0004). Eine solche Relevanzdarstellung ist der im Übrigen weitwendigen Zulässigkeitsbegründung nicht zu entnehmen.

12 In seinen Zulässigkeitsausführungen bezieht sich der Revisionswerber ausschließlich darauf, dass das Verwaltungsgericht bei Durchführung der von ihm beantragten Ermittlungen (Ortsaugenschein, Zeugeneinvernahmen) zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass der dauerhafte Charakter der Dienstunfähigkeit des Revisionswerbers alleine darauf zurückzuführen sei, dass seitens des Vorgesetzten dienstrechtlich auf Grund der Fürsorgepflicht gebotene Maßnahmen zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des Beamten nicht ergriffen worden seien und deshalb eine Ruhestandsversetzung unzulässig sei. Damit übersieht der Revisionswerber jedoch, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht eine Ruhestandsversetzung ist. Dass die von ihm beantragten Ermittlungen auch für die eigentlich verfahrensgegenständliche Frage, nämlich ob der Revisionswerber infolge seiner anhaltenden Abwesenheit vom Dienst einer Weisung seines Dienstgebers, sich einer Untersuchung zu unterziehen, nachzukommen hat, Tatsachen ergeben hätte, die zu einem anderen, für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht geführt hätten, wird in der Revision nicht dargetan.

13 Gleiches gilt auch für den in der Zulässigkeitsbegründung monierten Verstoß gegen das Überraschungsverbot. Auch insoweit wird nicht dargelegt, zu welchem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei und welches zusätzliche Vorbringen erstattet worden wäre, das im vorliegende Verfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel wurde somit nicht aufgezeigt.

14 Soweit der Revisionswerber im Hinblick auf die Vielzahl ihm gegenüber im Zeitraum 10. Oktober bis 2019 bis 29. Juli 2020 ergangenen Weisungen Verletzungen in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (Art 7 B VG, Art 8 EMRK) geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung der Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes fällt, weshalb es sich dabei nicht um vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbare Rechte handelt (vgl. etwa VwGH 30.7.2021, Ra 2021/05/0073; 29.12.2020, Ra 2020/12/0078, jeweils mwN).

15 Zu der vom Revisionswerber aufgeworfenen Frage, ob es der Dienstbehörde verwehrt sei, im Zusammenhang mit einem amtswegig eingeleiteten Ruhestandsversetzungsverfahren wegen dauernder Dienstunfähigkeit einem Beamten die Weisung zu erteilen, sich einer Untersuchung zu unterziehen, genügt es, auf den Wortlaut des § 52 Abs. 2 BDG 1979 hinzuweisen, wonach ein infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesender Beamter sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen hat und eine solche Anordnung „spätestens drei Monate nach Beginn der Abwesenheit vom Dienst und sodann in Abständen von längstens drei Monaten zu erteilen [ist]“. Dass diese Voraussetzungen für die Anordnung einer Untersuchung nach § 52 BDG fallbezogen nicht vorgelegen wären, wird in der Revision nicht dargetan. Lagen aber die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 BDG 1979 vor, war die Dienstbehörde verpflichtet, eine ärztliche Untersuchung anzuordnen, ohne dass ihr in diesem Zusammenhang ein Ermessensspielraum zustand (vgl. VwGH 9.7.2020, Ra 2019/12/0066). Auch in diesem Zusammenhang wird daher die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

16 Zur schließlich monierten Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung der in Rede stehenden Weisung, ergibt sich aus dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision nicht, aus welchem Grund davon ausgegangen wird, dass stets nur die oberste Behörde zur Erlassung einer Weisung zuständig sei. § 17 Abs. 2 Poststrukturgesetz (PSTG) nennt als oberste Dienstbehörde der der Österreichische Post AG zugewiesenen Beamten den Vorstand der Österreichische Post AG. Als nachgeordnete Dienstbehörde ist gemäß § 17 Abs. 3 Z 5 PSTG für Beamte bei Betriebsstellen der Österreichischen Post Aktiengesellschaft im Land Salzburg das Personalamt Salzburg eingerichtet. Warum es sich bei diesem Personalamt nicht um die für den Revisionswerber zuständige (nachgeordnete) Dienstbehörde handeln sollte, wird in der Revision nicht dargetan.

17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG unter Abstandnahme von einer Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 3. November 2022

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