Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des Dr. A A, vertreten durch Dr. Farid Rifaat, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3/5, gegen das am 20. Juli 2021 mündlich verkündete und am 11. Oktober 2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, VGW 001/027/5623/2020 30, betreffend Übertretungen des Suchtmittelgesetzes und der Suchtgiftverordnung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 18./19. Bezirk), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis vom 11. März 2020 wurde der Revisionswerber unter Spruchpunkt 1. schuldig erkannt, er habe es „als praktischer Arzt“ zu verantworten, dass entgegen § 9 Abs. 1 Suchmittelgesetz (SMG), wonach die nach § 6 Abs. 1 bis 6 leg. cit. zum Besitz von Suchtmitteln Berechtigten, die Krankenanstalten sowie alle anderen Einrichtungen, die über ein Arzneimitteldepot verfügten, ihren Suchtmittelvorrat durch geeignete, den jeweiligen Umständen entsprechende Maßnahmen gegen unbefugte Entnahme zu sichern hätten und wonach Suchtgifte gesondert aufzubewahren seien, am 4. Juli 2018 in seiner Ordination an einer näher genannten Adresse in W zwei angebrochene Packungen Tramabene 50 mg Ampullen mit dem Wirkstoff Tramadol zur Behandlung von starken Schmerzen (ein unter das SMG fallendes Opioid) unter anderen Arzneimitteln vorgefunden worden seien. Dadurch sei der Suchtmittelvorrat nicht durch geeignete, den jeweiligen Umständen entsprechende Maßnahmen gegen unbefugte Entnahme gesichert gewesen und nicht gesondert aufbewahrt worden.
Unter Spruchpunkt 2. wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe es „als praktischer Arzt“ zu verantworten, dass entgegen § 12 Suchtgiftverordnung, wonach Ärzte und Zahnärzte, Dentisten und Tierärzte, die Suchtgift für ihre Hausapotheke und ihren Praxisbedarf nur aus inländischen öffentlichen Apotheken beziehen dürften, am 4. Juli 2018 in seiner Ordination an einer näher genannten Adresse in W zwei angebrochene Packungen Tramabene 50 mg Ampullen mit dem Wirkstoff Tramadol zur Behandlung von starken Schmerzen (ein unter das SMG fallendes Opioid) vorgefunden worden seien. Über den Bezug dieser Arzneimittelpackungen habe der Revisionswerber auf Nachfrage keine Auskunft geben können.
Aus diesem Grund wurde dem Revisionswerber zu Spruchpunkt 1. die Übertretung von § 9 Abs. 1 iVm. § 44 Abs. 1 Z 1 SMG sowie zu Spruchpunkt 2. die Übertretung von § 12 Suchtgiftverordnung iVm. § 44 Abs. 1 Z 1 SMG angelastet. Wegen dieser Übertretungen wurden über ihn zu Spruchpunkt 1. eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.050, (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag und 4 Stunden) sowie zu Spruchpunkt 2. eine Geldstrafe in der Höhe von € 7.000.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage und 8 Stunden) verhängt. Weiters wurde der Revisionswerber zur Zahlung eines Kostenbeitrags gemäß § 64 VStG verpflichtet.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis (Spruchpunkt I.) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers betreffend den Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Straferkenntnisses abgewiesen. Weiters wurde hinsichtlich dieses Spruchpunkts des angefochtenen Erkenntnisses ein Kostenbeitrag gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG festgesetzt.
Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde betreffend Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses hinsichtlich der Strafhöhe insoweit statt, als es die Geldstrafe auf € 4.000,-- herabsetzte. Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde unverändert belassen. Dementsprechend wurde der zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens zu leistende Beitrag reduziert und betreffend Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses kein Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgeschrieben.
Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig (Spruchpunkt III.).
3 Das Verwaltungsgericht stellte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens u.a. fest, die zwei angebrochenen Packungen des in Rede stehenden Medikaments seien vom Revisionswerber nicht gesondert verwahrt worden. Zudem seien die beiden Arzneimittelpackungen durch den Revisionswerber nicht aus einer inländischen Apotheke, sondern aus einer unbekannten Quelle bezogen worden. Es sei als erwiesen anzusehen, dass das vorgefundene suchtgifthältige Arzneimittel unsachgemäß gelagert worden sei und der Revisionswerber keine Auskunft über dessen Herkunft habe geben können.
4 Infolgedessen erachtete das Verwaltungsgericht die dem Revisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen als verwirklicht. Im Übrigen legte es seine Erwägungen zur Strafbemessung näher dar.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in deren Zulässigkeitsbegründung unter dem Gesichtspunkt einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geltend gemacht wird, dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses sei nicht zu entnehmen, welche konkret umschriebenen Tathandlungen dem Revisionswerber zu den betreffenden Tatbildern vorgeworfen werden würden. Auch aus den Sachverhaltsfeststellungen gehe nicht hervor, worin die Tathandlungen des Revisionswerbers bestanden haben sollten.
Die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B VG liegen nicht vor:
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN).
9 Nach der ständigen hg. Judikatur ist dem Bestimmtheitsgebot des § 44a Z 1 VStG - unter Rechtsschutzüberlegungen - dann entsprochen, wenn im Spruch des Strafbescheides dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Ausgehend von dieser Zielrichtung des Konkretisierungsgebotes des § 44a Z 1 VStG sind die an die Tatumschreibung zu stellenden Erfordernisse von Delikt zu Delikt und nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall unterschiedlich zu beurteilen, wobei eine derartige - notwendigerweise einzelfallbezogene - Beurteilung im Regelfall nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 26.2.2020, Ra 2019/05/0305, mwN; 13.7.2020, Ra 2018/11/0167, 0168).
10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber (insofern) in Bestätigung des Straferkenntnisses der belangten Behörde einerseits zur Last gelegt, entgegen § 9 Abs. 1 SMG die beiden in Rede stehenden Arzneimittelpackungen mit dem Inhaltsstoff Tramadol, somit einen Suchtmittelvorrat bzw. Suchtmittel im Sinn von § 1 Abs. 2 iVm. § 2 Abs. 1 SMG iVm. § 1 Abs. 1 iVm. Anhang III.2. Suchtgiftverordnung, nicht durch geeignete, den jeweiligen Umständen entsprechende Maßnahmen gegen unbefugte Entnahme gesichert und nicht gesondert aufbewahrt zu haben, weil diese Arzneimittelpackungen unter anderen Arzneimitteln vorgefunden worden seien. Der diesbezüglich erfolgte Tatvorwurf ist folglich konkret und eindeutig umschrieben.
11 Weiters wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, gegen § 12 Suchgiftverordnung, wonach Ärzte Suchtgift für ihre Hausapotheke und für ihren Praxisbedarf nur aus inländischen öffentlichen Apotheken beziehen dürfen, verstoßen zu haben, weil er über die Herkunft der gegenständlichen Medikamentenpackungen keine Auskunft habe geben können. Auch hinsichtlich dieses Spruchpunkts ist der gegen den Revisionswerber erhobene Tatvorwurf eindeutig erkennbar und ausreichend konkretisiert. Es besteht kein Zweifel, dass dem Revisionswerber angelastet wurde, die vorgefundenen Suchtgifte, über deren Herkunft er keine Angaben habe machen können, nicht aus einer inländischen öffentlichen Apotheke bezogen zu haben. So brachte der Revisionswerber auch in seiner Beschwerde vor, die Suchtgifte seien von zwei Patienten in einer öffentlichen inländischen Apotheke bezogen worden.
12 Dass der Revisionswerber gegenständlich nicht in die Lage versetzt worden wäre, auf die konkreten Tatvorwürfe zu reagieren oder der mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte Spruch des Straferkenntnisses nicht geeignet sei, ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden, zeigt die Revision nicht auf.
13 Da die Revision folglich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 5. Juni 2023