JudikaturVwGH

Ra 2022/09/0096 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
15. Februar 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Rieder, über die außerordentliche Revision des Mag. A B in C, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2022, W136 2165311 1/54E, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldstrafe nach dem BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres [nunmehr: Bundesdisziplinarbehörde]), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der im Jahr 1957 geborene Revisionswerber stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand als Hofrat der Verwendungsgruppe A1 in einem aktiven öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und verrichtete als Referatsleiter (Strafamt) in der sicherheits und verwaltungspolizeilichen Abteilung einer Landespolizeidirektion (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) seinen Dienst.

2 Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 2019, Ra 2018/09/0080, und vom 11. März 2021, Ra 2020/09/0017, verwiesen und daraus hervorgehoben:

3 Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres (Senat 3) vom 7. Juni 2017 wurde der Revisionswerber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wie folgt für schuldig erkannt und bestraft (auszugsweise; Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

„I.

Der DB ist gemäß § 126 Abs. 2 BDG schuldig:

1. Er hat es unterlassen, ihm von Amts wegen bekanntgewordene Verdachtsfälle von s trafbaren Handlungen, welche den Wirkungsbereich seiner Dienststelle betrafen,

a) [...]

b) unverzüglich dem Leiter der Dienstelle, das ist der Landespolizeidirektor, zu melden und zwar am

04.11.2013, indem er Dr. D wegen des Verdachtes nach §§ 288, 297, 302 und 310 StGB und Dr. E wegen des Verdachtes nach § 288 StGB bei der Staatsanwaltschaft F anzeigte,

06.11.2013, indem er Dr. D wegen des Verdachtes nach § 302 StGB bei der Staatsanwaltschaft F anzeigte.

2. Er hat es unterlassen seinem Vorgesetzten Dr. D mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen, indem er ihm in Schreiben vom

a) 04.09.2013 an den Landespolizeidirektor ‚schikanöses Verhalten, penetranten Großmut und antiquiertes Obrigkeitsdenken‘ vorwarf,

b) 28.10.2013 an die Staatsanwaltschaft G eines ‚ Intrigenhaften Verhaltens‘ beschuldigte und

c) 19.03.2014 an den stellvertretenden Landespolizeidirektor, die Erteilung von ‚ schikanösen, untragbaren Weisungen, sowie von Antipathie getragenen Verhaltens‘ anlastete, einer ‚ narzisstischen Persönlichkeitsstörung‘ bezichtigte sowie Bedenken hinsichtlich seiner Diskretionsfähigkeit äußerte und unter ausdrücklichem Hinweis, dass dem Vorgesetzten vorsorglich dessen Dienstwaffe abzunehmen wäre ihn bezichtigte, an einer ‚ offensichtlichen Gesundheitsstörung‘ zu leiden.

3. Er hat im Zeitraum vom 21.08.2013 bis 02.05.2014 schriftliche Weisungen seines Vorgesetzten HR Dr. D nicht befolgt und zwar:

a) die Weisung vom 21.08.2013, 10:42 Uhr, nämlich eine schriftliche Stellungnahme vorzulegen, warum er die Weisung vom 05.02.2013 missachtete, nach der Anträge auf Aufschub der Vollstreckung von Ersatzarreststrafen nur mit Zustimmung des Abteilungsleiters abgelehnt werden dürfen;

b) die Weisung vom 22.08.2013, nämlich das SPK H mit Ermittlungen zum Verwaltungsstrafverfahren I ... nämlich Erhebungen am ehemaligen Wohnsitz des J durchzuführen zu beauftragen;

c) die Weisung vom 09.01.2014, nämlich bis zum 20.01.2014 im Dienstweg eine Stellungnahme zu Vorwürfen, die der Disziplinarbeschuldigte in einem Schreiben vom 19.11.2013 an die Personalabteilung gegen die Mitarbeiterin Mag. K erhoben hatte, abzugeben und ihm (Dr. D) vorzulegen, indem er die Stellungnahme am 11.01.2014 direkt der Personalabteilung vorlegte;

d) die Weisung vom 18.03.2014, indem er das Verwaltungsstrafverfahren VStV... gegen L (§ 99 Abs. 1 lit b i.V.m. § 5 Abs. 2, 2.Satz Ziffer 1 StVO), entgegen der ihm im Mail vom 18.03.2014, 09:12 Uhr mitgeteilten Rechts und Erlasslage wonach der Tatbestand der Verweigerung des Alkotests dann gegeben sei, wenn der Proband trotz Aufforderung des Straßenaufsichtsorgans keine Flüssigkeiten zu sich zu nehmen, eine Flüssigkeit aufnimmt und auch Wasser eine Flüssigkeit darstelle am 02. Mai 2014 einstellte und es unterließ ein Straferkenntnis zu erlassen.

4. [...]

Der Disziplinarbeschuldigte hat seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 BDG, nämlich seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu und gewissenhaft zu besorgen (zu Spruchteil I/1/a und I/4), § 43 a BDG, nämlich Vorgesetzten und Mitarbeitern mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen (zu Spruchteil I/2), § 44 Abs. 1 BDG, nämlich die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen (zu Spruchteil I/3) und § 53 Abs. 1 BDG, nämlich jeden begründeten Verdacht einer strafbaren Handlung, die den Wirkungsbereich der Dienststelle betrifft, der er angehört, dem Leiter der Dienststelle zu melden (zu Spruchteil I/1/b), gemäß §§ 91, 133 BDG schuldhaft verletzt.

Gemäß § 134 Ziffer 2 BDG wird die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von € 6.000, (Euro sechstausend) verhängt. Gemäß § 127 Abs. 2 BDG wird die Abstattung der Geldstrafe von Amts wegen in 30 Monatsraten bewilligt.

II.

Hingegen wird der Disziplinarbeschuldigte vom Vorwurf der Begehung von Dienstpflichtverletzungen zu den in den nachfolgenden Einleitungsbeschlüssen angeführten Punkten gemäß §§ 118 Abs. 1, Ziffer 1 und 2, 126 Abs. 2 BDG zum Teil in dubio freigesprochen:

[...]

vom Vorwurf der Begehung der Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 1 BDG.

III.

Gemäß § 117 Abs. 2 BDG werden dem Disziplinarbeschuldigten die Kosten des Verfahrens für die Disziplinarverhandlung am 31. Mai 2017, in der Höhe von € 161,60 vorgeschrieben. Dieser Betrag ist auf das Konto der Landespolizeidirektion M zu überweisen. Die eigenen Kosten hat er selbst zu tragen.“

4 Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhoben sowohl der Revisionswerber als auch der Disziplinaranwalt Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

5 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschied das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 26. März 2018 wie folgt über diese Beschwerden:

„A) In Erledigung der Beschwerden wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 135a Abs. 3 BDG 1979 iVm § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG insoweit abgeändert, als

1. der Disziplinarbeschuldigte HR iR Mag. N vom Schuldvorwurf nach Spruchpunkt I.4. a bis c und e wonach er Verwaltungsstrafsachen ohne ausreichendes Ermittlungsverfahren rechtswidrig eingestellt habe, sowie vom Schuldvorwurf nach Spruchpunkt I.4.d, wonach er die vorgesehenen Mindeststrafen in Verwaltungsstrafsachen ohne nachvollziehbare Begründung unterschritten habe, gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen wird, und

2. über den Disziplinarbeschuldigten gemäß § 134 Z 2 BDG 1979 eine Geldstrafe in der Höhe von € 4.500, verhängt wird.

Im Übrigen werden die Beschwerden sowohl des Disziplinarbeschuldigten als auch des Disziplinaranwaltes als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid sowohl hinsichtlich der Schuldsprüche zu den Punkten I.1. bis I.3., des Freispruches zu Punkt II.2. und des Kostenausspruches zu Punkt III. bestätigt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig.”

6 Mit dem hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2019, Ra 2018/09/0080, wurde dieses Erkenntnis im Umfang der Bestätigung des Schuldspruches zu Spruchpunkt I.1.a des genannten Disziplinarerkenntnisses sowie in seinen Aussprüchen über die Strafe und Kosten wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen Umfang (Bestätigung der Schuldsprüche zu den Spruchpunkten I.1.b, I.2. und I.3. des genannten Disziplinarerkenntnisses) wurde die Revision zurückgewiesen.

7 Mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. März 2020 wurde im fortgesetzten Verfahren wie folgt entschieden:

„A) In Erledigung der Beschwerden wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 135a Abs. 3 BDG 1979 iVm § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG insoweit abgeändert, als

1. der Disziplinarbeschuldigte HR iR Mag. N vom Schuldvorwurf nach Spruchpunkt I.1.a, wonach er es in fünf näher genannten Fällen unterlassen habe, ihm von Amts wegen bekanntgewordene Verdachtsfälle von strafbaren Handlungen, welche den Wirkungsbereich seiner Dienststelle betrafen, gemäß § 4 Abs. 1 und § 5 BAK G noch vor einer Berichterstattung nach der StPO dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) zu melden, gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen wird, und

2. über den Disziplinarbeschuldigten gemäß § 134 Z 2 BDG 1979 eine Geldstrafe in der Höhe von € 4.500, verhängt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig.“

8 Mit dem hg. Erkenntnis vom 11. März 2021, Ra 2020/09/0017, wurde dieses Erkenntnis in seinem Strafausspruch (Spruchpunkt A 2.) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen Umfang (Freispruch Spruchpunkt A 1.) wurde die Revision als unbegründet abgewiesen.

9 Im dritten Rechtsgang entschied das Bundesverwaltungsgericht mit dem Erkenntnis vom 22. März 2022 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wie folgt:

„A)

In Erledigung der Beschwerden wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 135a Abs. 3 BDG 1979 iVm § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG insoweit abgeändert, als über den Disziplinarbeschuldigten gemäß § 134 Z 2 BDG 1979 eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.000, verhängt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde des HR iR Mag. N gegen Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides (Kostenausspruch) als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig.“

10 Begründend führte das Verwaltungsgericht zur Strafbemessung im Wesentlichen aus, dass bei mehrtätigem Zusammentreffen strafbarer Handlungen, über die gleichzeitig erkannt werde, gemäß § 93 Abs. 2 BDG 1979 nur eine Strafe zu verhängen sei, wobei diese nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen sei und die weiteren Dienstverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten seien. Die vom Revisionswerber begangene Dienstpflichtverletzung nach § 43a BDG 1979 (Faktenkomplex Spruchpunkt I.2. des Disziplinarerkenntnisses) stelle die gravierendste Dienstpflichtverletzung dar, weil die schriftlichen Äußerungen über seinen unmittelbaren Vorgesetzten beleidigend und teilweise diffamierend und gröblich verächtlich seien. Ein derartiges Verhalten einer Führungskraft, der Vollbildfunktion zukomme, sei auch deshalb nicht zu tolerieren, weil dadurch, abgesehen von der Verletzung der Würde des Vorgesetzten, ein weiterer gedeihlicher Dienstbetrieb schwer vollstellbar erscheine. Dazu komme, dass es sich beim Verhalten des Revisionswerbers nicht bloß um eine einmalige verbale Entgleisung handle, sondern um eine wiederholte schriftliche Äußerung an übergeordnete Vorgesetzte. Mit einer Geldstrafe von € 3.000, , was etwa 70 Prozent des Ruhebezuges des Revisionswerbers entspreche, werde dem generalpräventiven Strafbedürfnis im Hinblick darauf, dass der Revisionswerber eine schwerwiegende Pflichtverletzung nach § 43a BDG 1979 mehrfach und weitere als nicht unbedeutend zu erachtende Pflichtverletzungen, insbesondere nach § 44 BDG 1979, ebenfalls mehrfach begangen habe, ausreichend Rechnung getragen. Mit der Halbierung des Strafausmaßes im Vergleich zum behördlichen Disziplinarerkenntnis werde dem von der belangten Behörde bereits herangezogenen Milderungsgrund nach § 34 Abs. 2 StGB ein erhöhtes Gewicht beigemessen und dem Umstand, dass der Revisionswerber hinsichtlich mehrerer als nicht unbedeutend gewerteter Anlastungen freigesprochen worden sei, ausreichend Rechnung getragen.

11 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 14. Juni 2022, E 1168/2022 12, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

12 In der Folge erhob der Revisionswerber die nunmehr vorliegende außerordentliche Revision.

13 Ein nach Erhebung der Revision gestellter Antrag des Revisionswerbers auf Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens im Umfang des in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruchs zu Faktum I. 3. c) wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. Juli 2023 abgewiesen.

14 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 5. Dezember 2023, Ra 2023/09/0144, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zurück.

15 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß§ 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

17 Der Verwaltungsgerichtshof ist gemäß § 34 Abs. 1a VwGG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

18 Der Revisionswerber rügt mit seinem Zulässigkeitsvorbringen zunächst einen Verstoß gegen die Begründungspflicht von verwaltungsgerichtlichen Erkenntnissen. Die Begründung des Erkenntnisses enthalte keine Beweiswürdigung.

19 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der Begründung des Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichts in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Parteien ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen das Verwaltungsgericht zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege, und aus welchen Gründen es die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete. Sind die einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, so liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung der Entscheidung führt (vgl. etwa VwGH 16.3.2023, Ra 2023/09/0024, mwN).

20 Das Bundesverwaltungsgericht hat den Verfahrensgang umfassend dargestellt und danach unter der Überschrift „Feststellungen“ ausgeführt, dass sich dieser aus der Aktenlage ergebe und der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt werde. Im Weiteren wies es nochmals ausdrücklich auf die eingetretene Rechtskraft der Schuld und Freisprüche hin. Anschließend traf es Feststellungen zu den Einkommens und Vermögensverhältnissen des Revisionswerbers. Zwar ist einzuräumen, dass sich die zugrundeliegenden beweiswürdigenden Erwägungen dazu disloziert ebenfalls in den Feststellungen finden. Dass eine Beweiswürdigung jedoch gänzlich fehle, ist unzutreffend. Im Ergebnis erweist sich das angefochtene Erkenntnis somit entgegen dem Revisionsvorbringen als überprüfbar. Die Revision vermag einen relevanten Begründungsmangel nicht aufzuzeigen.

21 Soweit in der Revision auch eingewendet wird, dass das Bundesverwaltungsgericht durch einen unzuständigen Senat entschieden habe, weil ein neuer fachkundiger Laienrichter (Mag. O.) herangezogen worden sei, übersieht der Revisionswerber, dass sich die Zusammensetzung der Senate gemäß § 15 Abs. 1 Z 2 iVm § 7 BVwGG nach der Geschäftsverteilung richtet und § 26 der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts für das Jahr 2021 die Zuweisung von Rechtssachen auf Grund einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes regelt. Demgemäß ist grundsätzlich die Rechtssache jener Gerichtsabteilung zuzuweisen, die bereits für die von dieser Entscheidung betroffenen Rechtssache zuständig war. In diesem Sinn wurde die vorliegende Rechtssache wiederum der schon davor befassten Gerichtsabteilung W136 zugewiesen. Dass die vorliegende Zusammensetzung des Senats nicht der Anlage 3 der Geschäftsverteilung 2021 entsprach (vgl. § 5 der GV) wird vom Revisionswerber nicht behauptet.

22 Im Weiteren sieht der Revisionswerber die Zulässigkeit seiner Revision darin gelegen, dass das Bundesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis entgegen § 124 Abs. 3 BDG 1979 nicht mündlich verkündet habe. Dabei verkennt der Revisionswerber, dass die für das gegenständliche Beschwerdeverfahren einschlägige Verfahrensbestimmung § 29 VwGVG ist.

23 § 29 Abs. 2 VwGVG räumt dem Gericht einen (weiten) Spielraum ein, indem nur ganz allgemein normiert wird, dass die Verkündung des Erkenntnisses „in der Regel“ sogleich in der Verhandlung zu erfolgen hat und diese Verpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 entfällt, wenn das Erkenntnis nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung gefasst werden kann. Dass der dem Verwaltungsgericht hierdurch eingeräumte Spielraum im vorliegenden Fall vom Bundesverwaltungsgericht, das sich zur Begründung der Unterlassung der Erkenntnisverkündung in der Verhandlungsschrift vom 14. Februar 2022 auch ausdrücklich auf die zuletzt genannte Gesetzesstelle bezogen hatte, überschritten worden wäre, ist nicht ersichtlich (vgl. VwGH 3.10.2022, Ra 2022/06/0033, mwN). Die vom Revisionswerber zitierte Entscheidung des EGMR vom 17. Jänner 2008, Nr. 14810/02, Ryakib Birykov gegen Russland , ist nicht einschlägig, ging es dort doch darum, dass nur die Beteiligten das auf der Geschäftsstelle niedergelegte vollständige Urteil mit Begründung einsehen konnten, was als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK gewertet wurde. Hingegen reicht es nach der Rechtsprechung des EGMR grundsätzlich aus, wenn das Urteil in einer Art und Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, die eine Kontrolle ebenso gut ermöglicht wie eine öffentliche Verhandlung (vgl. Grabenwarter/Pabel , Europäische Menschenrechtskonvention 7 , Rz 111 zu Art. 6 EMRK, mwN; zur Veröffentlichung von Entscheidungen des BVwG im Rechtsinformationssystem des Bundes [RIS] siehe § 20 BVwGG).

24 Soweit der Revisionswerber unter dem Aspekt der Zulässigkeit seiner Revision hinsichtlich des Faktums I. 2. c) des behördlichen Disziplinarerkenntnisses (Dienstpflichtverletzung nach § 43a BDG 1979) eine fehlende Tatbestandsmäßigkeit sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht vorbringt, insbesondere weil er lediglich eine zulässige Kritik an seinen Vorgesetzten geübt habe und das vorgeworfene Verhalten kein Mobbing gegenüber diesen darstelle, weshalb keine Strafe gegen ihn zu verhängen sei, ist darauf hinzuweisen, dass der Schuldspruch bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Die disziplinäre Vorwerfbarkeit der Dienstpflichtverletzung war aufgrund der zu beachtenden Rechtskraft daher nicht mehr Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht.

25 Insofern der Revisionswerber als Aktenwidrigkeit bemängelt, dass in der Begründung zur Strafhöhe ausgeführt werde, dass die Strafe von € 3.000, 70 Prozent des Ruhebezuges darstelle, das vom Revisionswerber angegebene Nettoeinkommen jedoch € 3.000, betrage, weshalb die Geldstrafe nur mit € 2.100, zu bemessen gewesen wäre, übersieht dieser, dass das Bundesverwaltungsgericht erkennbar vom Bruttoruhebezug ausgegangen ist.

26 Der Revisionswerber macht in der Zulässigkeitsbegründung weiters geltend, dass aus dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nicht ersichtlich sei, aufgrund welcher Pflichtverletzung der Revisionswerber verurteilt werde. Die seit dem behördlichen Disziplinarerkenntnis zwischenzeitig ergangenen Freisprüche würden aufgrund der vorliegenden Spruchgestaltung nicht berücksichtigt werden. Dazu genügt der Hinweis auf die eingetretene Teilrechtskraft der Schuldsprüche. Es kann keine Rede davon sein, dass nicht erkennbar sei, aufgrund welcher Schuldsprüche der Revisionswerber bestraft wurde (vgl. zu dem vergleichbaren Zulässigkeitsvorbringen des Revisionswerber bereits VwGH 11.3.2021, Ra 2020/09/0017, Rn. 16ff).

27 Ferner wird in der Zulässigkeitsbegründung das Unterbleiben von Ermittlungen zur Frage der Verhandlungsfähigkeit des Revisionswerbers gerügt und dazu vorgebracht, dieser habe in der Verhandlung angegeben, dass er dieser nicht folgen könne, unter Medikamenteneinfluss stehe und für den Fall, dass über die von ihm gestellten Anträge negativ entschieden werde, die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beantragt werde.

28 Die Frage der Prozessfähigkeit einer Partei ist zufolge des § 9 AVG, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Damit wird die prozessuale Rechts und Handlungsfähigkeit an die materiellrechtliche Rechts und Handlungsfähigkeit geknüpft. Hierfür ist entscheidend, ob die Partei im Zeitpunkt der betreffenden Verfahrensabschnitte in der Lage war, die Bedeutung und die Tragweite des Verfahrens und der sich in diesem ereigneten prozessualen Vorgänge zu erkennen, zu verstehen und sich den Anforderungen eines derartigen Verfahrens entsprechend zu verhalten, was sowohl aktiv gesetzte Verfahrenshandlungen wie auch Unterlassungen erfasst. (vgl. VwGH 18.12.2020, Ra 2020/20/0149, mwN).

29 Vor dem Hintergrund des unbestritten gebliebenen Verfahrensganges und des im Akt erliegenden Verhandlungsprotokolls legt der Revisionswerber aber nicht dar, dass er auf Grund seines Gesundheitszustandes und dadurch, dass er nicht durch einen Rechtsvertreter vertreten war, an der Geltendmachung seiner Rechte gehindert gewesen wäre oder welches weitere Vorbringen und allenfalls welche weiteren Anträge er mit welchem Inhalt gestellt hätte, die zu einem günstigeren Verfahrensergebnis geführt hätten (zur erforderlichen konkreten Relevanzdarstellung bei behaupteten Verfahrensmängeln siehe etwa VwGH 6.7.2023, Ra 2023/09/0093, mwN).

30 Die Revision vermag mit ihren Ausführungen ebenfalls nicht aufzuzeigen, dass deutliche Hinweise auf eine Prozessunfähigkeit vorlagen und das in der mündlichen Verhandlung erstattete Vorbringen nicht als bloß prozesstaktisches Vorgehen zu werten gewesen wäre. Aus dem Verhandlungsprotokoll selbst ergibt sich vielmehr, dass der Revisionswerber in der Lage war, ausführliche und zielgerichtete Ausführungen zu tätigen. Eine Verhandlungsunfähigkeit ist damit nach der Aktenlage nicht dokumentiert.

31 Die des Weiteren in der Begründung der Zulässigkeit angesprochene Strafbemessung unterliegt als Ermessensentscheidung nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen von dessen Befugnissen nach Art. 133 Abs. 4 B VG, als dieser gegebenenfalls zu prüfen hat, ob von dem im Gesetz eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde. Das Verwaltungsgericht ist verpflichtet, in der Begründung seines Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG die für die Überprüfung der Ermessensübung maßgeblichen Gründe insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich sein kann. Soweit daher weder Ermessensmissbrauch noch Ermessensüberschreitung vorliegt, geht die Ausübung des Ermessens über die Bedeutung des Einzelfalls nicht hinaus und stellt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG dar (vgl. etwa VwGH 13.10.2023, Ra 2023/09/0165, mwN; vgl. auch etwa VwGH 28.6.2017, Ra 2017/09/0016, wonach die Auswahl der Strafmittel [§ 92 Abs. 1 BDG 1979] und gegebenenfalls [im Fall einer Geldbuße oder Geldstrafe] die Festlegung von deren Höhe Ermessensentscheidungen darstellen).

32 Eine krasse Fehlbeurteilung im Sinn eines Ermessensmissbrauchs oder eine Ausübung des Ermessens auf gesetzwidrige Weise zeigt die Revision nicht auf:

33 Der vom Revisionswerber in seinem Zulässigkeitsvorbringen vorgebrachte Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot ist nicht ersichtlich. Das Bundesverwaltungsgericht hat zutreffend das Vorliegen mehrerer Dienstpflichtverletzungen gemäß § 93 Abs. 2 BDG 1979 als erschwerend gewertet. Dieser Erschwerungsgrund ist Ausfluss davon, dass im Falle mehrerer Dienstpflichtverletzungen nur eine einheitliche Disziplinarstrafe auszusprechen ist. Hingegen betrifft das Doppelverwertungsverbot für den Bereich der Strafbemessung, dass Merkmale, die die Strafdrohung bestimmen bzw. Tatbestandsmerkmale sind, nicht noch zusätzlich als Strafzumessungsgründe berücksichtigt werden dürfen (vgl. VwGH 12.10.2022, Ra 2022/02/0173, mwN).

34 Entgegen dem Vorbringen in der Revision ist bei der Strafbemessung durch die Heranziehung des Milderungsgrundes nach § 34 Abs. 2 StGB („unverhältnismäßige Verfahrensdauer“) auch die lange Verfahrensdauer mildernd berücksichtigt worden. Aus der Begründung des Bundesverwaltungsgerichts geht klar hervor, dass es mit der Herabsetzung der Geldstrafe sowohl dem Umstand der verlängerten Verfahrensdauer als auch dem Teilfreispruch Rechnung tragen wollte. Der vom Revisionswerber in diesem Zusammenhang behauptete Begründungsmangel liegt somit nicht vor. Konträr zum Zulässigkeitsvorbringen hat das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Strafbemessung überdies die Überlastung des Strafamtes, an dem der Revisionswerber tätig gewesen sei, als strafmildernd berücksichtigt.

35 Der Revisionswerber sieht eine grundsätzliche Rechtsfrage darin, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht über seinen in der Verhandlung am 14. Februar 2022 gestellten Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides „zum Zwecke der Feststellung der Nichtigkeit“ des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2018 abgesprochen habe, was zur Aufhebung des gesamten Erkenntnisses führen müsse.

36 Zu diesem Vorbringen ist zunächst auszuführen, dass der Revisionswerber in dem angesprochenen Feststellungsantrag und im Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision Verfahrensmängel wiederholt, welche er bereits in seiner Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zur hg. Entscheidung 26. Juni 2019, Ra 2018/09/0080, geltend gemacht hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich damit bereits in diesem Erkenntnis auseinandergesetzt. Es ist nicht ersichtlich, dass das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 2019 einen rechtlich unwirksamen Akt darstellt. Selbst das nachträgliche Erkennen, dass im abgeschlossenen Verwaltungsverfahren Verfahrensmängel vorgelegen seien, könnte nicht zur (absoluten) Nichtigkeit und zur Durchbrechung der eingetretenen Rechtskraft der Schuldsprüche führen (siehe in diesem Zusammenhang zudem etwa VwGH 5.12.2023, Ra 2023/09/0144, wonach ein derartiges Vorbringen auch keinen Wiederaufnahmegrund darstellt).

37 Soweit der Revisionswerber ein Übergehen von Parteivorbringen anspricht, weil das im Feststellungsantrag angeführte Vorbringen im Schreiben vom 12. Dezember 2017 nicht berücksichtigt worden sei, zeigt er nicht konkret auf, aufgrund welchen Vorbringens welche weiteren Feststellungen zu treffen gewesen wären, die zu einer für den Revisionswerber günstigeren Strafbemessung hätten führen können, zumal sich das Vorbringen auf die Behauptung seiner Schuldlosigkeit erstreckt. Wie bereits mehrfach hingewiesen ist der Schuldspruch jedoch bereits in Rechtskraft erwachsen. Im Widerspruch zu den Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung ist das Bundesverwaltungsgericht zudem in seiner Begründung auch auf den Feststellungsantrag eingegangen und hat in diesem Zusammenhang auf den mit der Entscheidung ohnehin herbeigeführten Abschluss des Disziplinarverfahrens verwiesen.

38 Soweit der Revisionswerber schließlich eine Befangenheit der Richterin behauptet, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach jeder Vorwurf einer Befangenheit nach § 7 Abs. 1 Z 3 AVG konkrete Umstände aufzuzeigen hat, welche die Objektivität des Entscheidungsträgers in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen. Der Vorwurf von Verfahrensfehlern bildet ohne Hinzutreten weiterer begründeter Umstände keinen Anlass, die Befangenheit des Richters anzunehmen (vgl. zum Ganzen bereits das im zweiten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 11.3.2021, Ra 2020/09/0017, mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Mit dem dazu erstatteten Vorbringen, das die Befangenheit aus angeführten Verfahrenshandlungen bzw. ergebnissen ableitet, wird eine Voreingenommenheit der Richterin nicht aufgezeigt.

39 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 15. Februar 2024

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