Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der W H in O, vertreten durch Dr. Christopher Kempf, Rechtsanwalt in 9800 Spittal/Drau, Bahnhofstraße 17, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2022, Zl. W225 2236007 1/5E, betreffend einen Antrag auf Wiederaufnahme eines UVP Genehmigungsverfahrens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Eingabe vom 13. Juli 2020 beantragte die Revisionswerberin bei der belangten Behörde die Wiederaufnahme des UVP Genehmigungsverfahrens für das Vorhaben „Bau und Betrieb des Kraftwerkes [O.] II“. Dazu brachte sie im Wesentlichen vor, der (letztlich aufgrund eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts vom 1. Februar 2016 rechtskräftig gewordene) Genehmigungsbescheid der belangten Behörde vom 14. Juli 2015 sei einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen, weil neue von der Revisionswerberin näher genannte Beweismittel hervorgekommen seien.
2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. August 2020 wurde dieser Antrag aus dem Grunde des § 69 Abs. 2 dritter Satz AVG, wonach nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheids der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden kann, als verspätet zurückgewiesen.
3 Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin änderte das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 22. März 2022 den Bescheid der belangten Behörde vom 13. August 2020 wie folgt ab:
„Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG wird als unzulässig zurückgewiesen.“
Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 Diese Entscheidung begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen damit, die Revisionswerberin habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 1. Februar 2016, sondern die Wiederaufnahme des mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juli 2015 abgeschlossenen Verfahrens nach § 69 AVG begehrt. Somit sei der an die belangte Behörde gerichtete Antrag von vornherein gemäß § 69 AVG als unzulässig zurückzuweisen und der Spruch entsprechend anzupassen gewesen.
5 In der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird unter „IV. Revisionspunkte“ wie folgt ausgeführt (Schreibweise im Original):
„Die Revisionswerberin erachtet sich durch diese bekämpfte Erkenntnis in ihren gesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechten verletzt und zwar hinsichtlich dem Recht auf Wiederaufnahme eines Verfahrens sowie dem Recht auf Durchführung eines ordentlichen Verfahrens, im Recht auf Waffengleichheit und dem Recht auf Parteiengehör sowie in ihrem Recht auf Erlassung einer fehlerfreien Entscheidung wobei die Erkenntnis sowohl an Rechtswidrigkeit des Inhalts als auch an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leiden.“
6 Gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B VG kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
7 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Rechte zu bezeichnen, in denen die Revisionswerberin verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte).
8 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichts dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht der Revisionswerberin verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung die Revisionswerberin behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 24.3.2022, Ra 2022/01/0067, mwN).
9 Wenn das Verwaltungsgericht einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Revisionsverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung (vgl. etwa zur Zurückweisung von Wiedereinsetzungsanträgen nach § 71 AVG durch das Verwaltungsgericht VwGH 3.12.2021, Ra 2021/07/0011, mwN).
10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde im Beschwerdeweg der Antrag der Revisionswerberin auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juli 2015 abgeschlossenen Verfahrens als unzulässig zurückgewiesen. Durch diese Entscheidung konnte die Revisionswerberin allenfalls in ihrem Recht auf Sachentscheidung durch das Verwaltungsgericht, nicht aber im dem als Revisionspunkt geltend gemachten „Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens“ verletzt werden.
11 Bei den übrigen Ausführungen unter der oben dargestellten Überschrift handelt es sich nicht um Revisionspunkte im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG, sondern um Revisionsgründe nach § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden können (vgl. etwa zum „Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens“ VwGH 16.3.2022, Ra 2022/10/0030, bzw. in diesem Zusammenhang zum „Grundsatz der Waffengleichheit“ VwGH 25.4.2017, Ra 2017/02/0055; ferner zum „Recht auf Parteiengehör“ VwGH 29.1.2020, Ro 2020/07/0001; zum „Recht auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung VwGH 21.9.2017, Ra 2017/22/0131).
12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 23. Mai 2022