Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache der M G.m.b.H. in W, vertreten durch die Maxl Sporn Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Ebendorferstraße 6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 14. Juni 2022, VGW 112/072/3799/2022 7, betreffend einen Bauauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid vom 24. Februar 2022 erteilte die belangte Behörde den Miteigentümern einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien, darunter der Revisionswerberin, gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) den Auftrag, die ohne baubehördliche Genehmigung errichteten, straßenseitigen Klimaanlagen binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides zu entfernen.
2 Das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) gab der dagegen erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Folge. Es modifizierte den Spruch des angefochtenen Bescheides jedoch dahingehend, dass es die zu entfernenden Klimageräte näher präzisierte. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.
3 Begründend führte es aus, die Fassade des Gebäudes sei aus dem öffentlichen Straßenraum gut einsehbar und die Klimaaußengeräte seien für einen Betrachter der Fassade klar erkennbar. Dies gelte auch für die Geräte, die in Nischen angebracht seien. Die im Spruch genannten Klimageräte würden das äußere Ansehen des Gebäudes ändern. Es sei unbestritten geblieben, dass für die Klimaaußengeräte keine Bewilligung gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO vorliege.
4 Rechtlich folgerte es, dass gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO Baumaßnahmen, durch die das äußere Ansehen geändert wird, zuvor einer behördlichen Bewilligung bedürften. Da die Klimageräte eine Wirkung auf das Aussehen des Gebäudes entfalten würden, bestehe eine Bewilligungspflicht nach der genannten Bestimmung. Gemäß § 129 Abs. 10 BO sei ein vorschriftswidriges Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam erstattet wurde, zu beseitigen. Dies gelte auch dann, wenn die bewilligungspflichtige Baumaßnahme schon jahrelang unbeanstandet existiert habe. Der angefochtene Bescheid sei daher mit einer Konkretisierung des Auftrags zu bestätigten gewesen.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es gebe keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob eine Änderung am Äußeren eines Bauwerkes eine gewisse Intensität bzw. ein gewisses Ausmaß erreichen müsse, um einer Genehmigungspflicht nach § 60 Abs. 1 lit. c BO zu unterliegen. Abgesehen davon sei die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts unzutreffend, wonach die „Möglichkeit einer Bauanzeige“ wegen einer unwesentlichen Änderung nach § 62 Abs. 1 Z 4 BO mangels Vorbringens nicht näher zu prüfen gewesen sei.
10 Der in Rede stehende baupolizeiliche Auftrag stützt sich auf § 129 Abs. 10 BO. Vorschriftswidrig im Sinne dieser Gesetzesbestimmung ist ein Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den jedoch ein solcher Konsens nicht vorliegt (vgl. VwGH 15.3.2022, Ra 2021/05/0214, mwN). Konkret geht es um die Beseitigung von konsenslos angebrachten Klimaanlagen um den früheren, konsensgemäßen Bauzustand wiederherzustellen. Mit dem Zulässigkeitsvorbringen wird die im Zeitpunkt der Erlassung des Bauauftrages gegebene Bewilligungs- oder Anzeigepflicht in Frage gestellt.
11 Die Frage, inwieweit ein Bauvorhaben bewilligungspflichtig, anzeigepflichtig oder auch bewilligungsfrei ist, unterliegt jedoch grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. zur Frage des Vorliegens eines Konsenses VwGH 26.2.2021, Ra 2021/05/0027, mwN).
12 Das Verwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Erkenntnis mit dem Vorliegen einer Abweichung vom Baukonsens durch die Anbringung von Klimaanlagen an der Fassade eines näher bezeichneten Gebäudes auseinandergesetzt und aufgrund der dadurch bewirkten wesentlichen Änderung des äußeren Ansehens des Gebäudes eine Bewilligungspflicht für deren Anbringung auch im Zeitpunkt der Erlassung des Bauauftrages angenommen. In den Revisionszulässigkeitsgründen wird nicht aufgezeigt, dass diese Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre. Damit bleibt aber für eine Bauanzeige nach § 62 Abs. 1 Z 4 BO kein Raum.
13 Schließlich bringt die Revisionswerberin vor, dass höchstgerichtlich ungeklärt sei, ob eine Änderung des Aussehens eines Bauwerkes irgendwann zu einem neuen Aussehen führe und somit keine Veränderung des Bauwerkes gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO mehr vorliege, sondern schlicht ein neues Aussehen, sodass „die Beseitigungsmöglichkeit quasi verjährt“ sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits ausgesprochen, dass die BO im Zusammenhang mit den Verpflichtungen nach § 129 BO weder eine Ersitzung von Rechten, noch eine Verjährung der Befugnis zu behördlichen Maßnahmen kennt (vgl. VwGH 23.5.2002, 2001/05/0752). Die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrags ist auch dann zulässig, wenn das Gebäude schon jahrelang unbeanstandet existiert hat (vgl. VwGH 23.7.2013, 2013/05/0012, und 29.9.2015, 2013/05/0114, mwN). Dass Unterlagen über die seinerzeitige Baugenehmigung nicht auffindbar wären (vgl. zu dieser Konstellation wiederum VwGH 23.7.2013, 2013/05/0012), wurde nicht einmal vorgebracht.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BV G grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 7. November 2022