Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Eraslan, in der Revisionssache der Mag. A H in W, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer und Dr. Friedrich Petri, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Marxergasse 34, gegen das am 12. Oktober 2017 mündlich verkündete und am 2. März 2022 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, VGW 011/041/11770/2016 22 (vormals: VGW 011/024/11770/2016), betreffend eine Übertretung der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 18. August 2016 wurde die Revisionswerberin einer Verletzung des § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) schuldig erkannt: Sie habe es als Miteigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft und eines näher bezeichneten Hauses unterlassen, Abweichungen von den Bauvorschriften insoweit zu beheben, als in den dezentralen Wohnraumlüftungsanlagen keine Brandschutzklappen und keine federbelasteten Luftrückschlagklappen eingebaut gewesen seien, obwohl dies in der Baubewilligung vom 9. März 2005 vorgesehen gewesen wäre, als weiters die abweichend von der Baubewilligung vom 9. März 2005 zusätzlich hergestellten, am Dach des Wohngebäudes im Bereich der Steigschächte bestehenden Zu- und Abluftventilatoren mit zugehörigen Ansaug und Abluftkanälen nicht entfernt worden seien und schließlich die abweichend von der Baubewilligung vom 9. März 2005 zusätzlich hergestellte Umluftanlage für das Atrium nicht entfernt worden sei, obwohl diese bewilligungsbedürftigen Änderungen einer bewilligungsbedürftigen Anlage gemäß § 61 BO nicht bewilligt worden seien. Über die Revisionswerberin wurde gemäß § 135 Abs. 1 BO iVm § 129 Abs. 10 BO eine Geldstrafe in der Höhe von 670, € samt Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Gemäß § 64 VStG wurde sie zu einem Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in der Höhe von 67, € verpflichtet.
2 Dagegen erhob die Revisionswerberin wie auch weitere Miteigentümer der Liegenschaft und des Hauses Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht), das in weiterer Folge eine mündliche Verhandlung durchführte und die Entscheidung am 12. Oktober 2017 mündlich verkündete, wobei die Beschwerde der Revisionswerberin mit einer näher ausgeführten Spruchmaßgabe als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis bestätigt und Kostenersatz auferlegt wurde. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Die schriftliche Ausfertigung wurde fristgerecht beantragt und erfolgte mit Ausfertigung vom 2. März 2022. Die schriftliche Ausfertigung wurde gegenüber der mündlichen Verkündung dahingehend erweitert, dass „in Ansehung des Artikels 6 EMRK“ der Strafausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses ersatzlos behoben und gleichzeitig der Entfall eines Beitrages „zu den Kosten des Verfahrens“ ausgesprochen wurde.
4 Die vorliegende Revision richtet sich nach der Anfechtungserklärung nur gegen die Abweisung der Beschwerde der Revisionswerberin im Umfang der Schuldfrage.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa VwGH 24.3.2022, Ra 2020/05/0081, oder auch 18.1.2022, Ra 2020/05/0138, jeweils mwN).
9 In der Zulassungsbegründung rügt die Revisionswerberin eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG). Sie habe alles in ihrer Macht Stehende unternommen, um die Missstände zu beseitigen. Es gäbe keine Feststellungen dazu, das angefochtene Erkenntnis sei deshalb tatsachen und aktenwidrig. Das Verwaltungsgericht habe auch ohne ausreichende Begründung von der Einvernahme der nicht näher genannten beantragten Zeugen Abstand genommen.
10 Der Sache nach wendet sich die Revision in ihrer Zulassungsbegründung gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung betreffend die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Revisionswerberin im Sinne des § 5 VStG. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 28.4.2022, Ra 2022/06/0039 oder auch 12.3.2019, Ra 2019/05/0045, jeweils mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 7.3.2022, Ra 2022/14/0036, mwN).
11 Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 10 BO handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG; der Täter kann zufolge dieser Bestimmung nur dann straflos bleiben, wenn er glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist, bzw. wenn er aufzuzeigen vermag, dass er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um die Konsenswidrigkeit innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen (vgl. 21.11.2017, Ra 2017/05/0258; ebenso VwGH 31.8.2020, Ra 2020/05/0160, mwN).
12 Das Verwaltungsgericht setzte sich entgegen der allgemein gehaltenen Ausführungen in der Zulassungsbegründung sowohl im Rahmen der mündlichen Verkündung der wesentlichen Entscheidungsgründe als auch im Rahmen seiner Erwägungen in der schriftlichen Ausfertigung mit dem Vorbringen der Revisionswerberin zu den Bemühungen der Revisionswerberin zu den eingebrachten Klagen, deren zeitlicher Einordnung und deren Umfang ebenso auseinander wie mit den von der Revisionswerberin im Verfahren vorgebrachten Schwierigkeiten bei der Suche nach einem geeigneten Anwalt und weiters den Umständen des Verfahrens zur nachträglichen Bewilligung der verfahrensgegenständlichen baulichen Änderungen. Insbesondere hob es hervor, dass im Zeitraum vom 12. Februar 2015 bis zum 17. Juni 2016 keine entsprechenden Handlungen zur Herstellung eines Konsenses hervorgekommen seien, obwohl allen Miteigentümern hätte klar sein müssen, dass sie im verwaltungsstrafrechtlich verpönten Zustand verharrten. Dass der vom Verwaltungsgericht daraus gezogene Schluss, (unter anderem) die Revisionswerberin habe nicht alles in ihren Kräften Stehende unternommen, unvertretbar wäre, zeigt die Revision in ihrem Zulassungsvorbringen nicht auf.
13 Soweit die Revision eine Aktenwidrigkeit vorbringt, ist dazu auszuführen, dass eine ebensolche nur dann vorliegt, wenn sich die Behörde bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind (vgl. etwa VwGH 24.1.2022, Ra 2021/02/0260, mwN). Dazu enthält die Revision im Rahmen der Begründung ihrer Zulässigkeit über den bloßen Vorwurf hinaus kein Vorbringen.
14 Soweit die Revision im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens schließlich Verfahrensmängel - hier Ermittlungsmängel in Form unterlassener Zeugeneinvernahmen - geltend macht, ist zu bemerken, dass Rechtsfragen des Verfahrensrechtes nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG zukommt, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen oder die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden muss (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0002, mwN). Dabei muss nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch schon in der abgesonderten Zulassungsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 24.5.2022, Ra 2022/14/0123, mwN). Eine solche konkrete und fallbezogene Relevanzdarstellung lässt die Revision mit ihrem pauschal gehaltenen Vorbringen jedoch vermissen. Insbesondere verabsäumt sie es, konkret aufzuzeigen, welche Ermittlungen noch durchzuführen gewesen und welche Feststellungen aufgrund dieser Ermittlungen zu treffen gewesen wären und aufgrund welcher Umstände diese zu einer anderen Entscheidung hätten führen können.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs.1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 26. September 2022