JudikaturVwGH

Ra 2022/04/0032 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
18. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak und die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der L GmbH in W, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 2. Februar 2022, Zl. KLVwG S1 2247/15/2021, betreffend ein vergaberechtliches Feststellungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Bietergemeinschaft bestehend aus der P GmbH in T, der H GmbH in G, der C GmbH in W und der T GmbH in Z, vertreten durch die Heid Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Kundmanngasse 21, und 2. Land Kärnten vertreten durch die Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Rennweg 17/5), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der erstmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

1 Die Bundesbeschaffung GmbH als vergebende Stelle der Republik Österreich schloss nach Ausschreibung der Vergabe von besonderen Dienstleistungsaufträgen gemäß Anhang XVI Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018), einem Verfahren nach § 151 BVergG 2018, mit insgesamt 22 Auftragnehmern, darunter die erstmitbeteiligte Partei und die revisionswerbende Partei, eine Rahmenvereinbarung. Die zweitmitbeteiligte Partei ist ein abrufberechtigter Auftraggeber aus dieser Rahmenvereinbarung.

2 Die „Kommerziellen Ausschreibungsbedingungen Rahmenvereinbarung BBG: GZ ... (kurz: KAB RV)“ lauten auszugsweise:

„...

Vereinbarungsgegenstand

4.1 Ziel dieser Rahmenvereinbarung

12 Gegenstand dieser Rahmenvereinbarung ist die Durchführung von molekularbiologischen Tests auf SARS CoV 2 inkl. Präanalytik sowie der Aufbau und Betrieb von Teststraßen für öffentliche Auftraggeber nach den Bestimmungen gemäß Punkt 2 dieser Vereinbarung.

...

5.2 Rechtsgültiger Abruf konkreter Leistungen

...

5.2.2 Direktabrufe (Kaskade)

22 Direktabrufe sind zulässig für alle im Leistungsverzeichnis definierten Leistungen, sofern die Leistungs und Vertragsbedingungen nicht geändert werden und erfolgen nach dem ‚Kaskadenprinzip‘ ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb.

...

5.2.2.2 Screeningmaßnahmen

26 Der Auftraggeber definiert für den Abruf des Leistungsteils Screeningmaßnahmen aus folgenden Merkmalen die für ihn notwendigen Merkmale (Details zu den Leistungsmerkmalen in Kapitel 7):

...

Zeit bis Ergebnisrückmeldung ab Probenabholung je Region: maximal 24 Stunden; maximal 22 Stunden, maximal 20 Stunden; maximal 16 Stunden; maximal 12 Stunden

...

27 In die Kaskade fallen im folgenden all jene Auftragnehmer deren Angebote den notwendigen Merkmalen entsprechen (im Falle einer Übererfüllung der Merkmale Zeit bis Ergebnisrückmeldung ab Probenabholung und Probenabholstellen für Abholungen von Montag bis Samstag bzw. Probenabholstellen für Abholungen an Sonn und Feiertagen sind diese Angebote ebenfalls zu berücksichtigen) und die für die betroffene Region bzw. Bundesland angeboten haben. Von diesen erhält im Kaskadenprinzip jener Auftragnehmer eine Anfrage, welcher das Angebot mit dem geringsten Preis für die entsprechende Leistung im e Shop (im Kaskadenblatt) ausweist.

...

5.2.3 Erneuter Aufruf zum Wettbewerb (EAW)

40 Ein erneuter Aufruf zum Wettbewerb ist zulässig für alle nicht im Leistungsverzeichnis definierten Leistungen, oder wenn die Leistungs und Vertragsbedingungen geändert werden.

...“

3 Die zweitmitbeteiligte Partei erteilte der erstmitbeteiligten Partei im Wege eines Direktabrufs unmittelbar aufgrund dieser Rahmenvereinbarung den Zuschlag für näher bestimmte Leistungen.

4 Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2021 beantragte die revisionswerbende Partei festzustellen, dass der Zuschlag zugunsten der erstmitbeteiligten Partei vom 5. November 2021 „aufgrund der Rahmenvereinbarung ‚SARS CoV 2 (Covid 19) Testungen‘ wegen eines Verstoßes gegen § 155 Abs. 4 bis 9 BVergG 2018 rechtswidrig“ gewesen sei, in eventu festzustellen, dass der Zuschlag aufgrund der Rahmenvereinbarung „SARS CoV 2 (Covid 19) Testungen“ zugunsten der erstmitbeteiligten Partei vom 5. November 2021 „wegen eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz, den hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt“ worden sei.

5 Die revisionswerbende Partei brachte in ihrem Feststellungsantrag zusammengefasst vor, die erstmitbeteiligte Partei verfüge nicht über die gewerberechtliche Befugnis, als chemisches Laboratorium humanmedizinische Analysen und darauf aufbauende Befundungen durchzuführen. Die Beteiligung der T GmbH an der erstmitbeteiligten Bietergemeinschaft verletze den Grundsatz des fairen und lauteren Wettbewerbs. Die erstmitbeteiligte Partei habe zu keinem Zeitpunkt über die erforderliche personelle und technische Ausstattung verfügt, um den gegenständlichen Auftrag zu erbringen. Schließlich habe sich die erstmitbeteiligte Partei betreffend ihre technische Leistungsfähigkeit, und zwar die verpflichtende Angabe über die Testkapazitäten) der schwerwiegenden Täuschung über ihre tatsächlichen Kapazitäten schuldig gemacht und erfülle daher die Ausschlusstatbestände gemäß § 78 Abs. 1 Z 10 und 11 lit. c BVergG 2018. Der Direktabruf bei der erstmitbeteiligten Partei sei daher rechtswidrig erfolgt.

Das Interesse der revisionswerbenden Partei am Erhalt des gegenständlichen Auftrags zeige sich bereits durch die Beteiligung an der vorhergehenden Ausschreibung und dem Abschluss der Rahmenvereinbarung. Der revisionswerbenden Partei würde „als eigentliche Billigstbieterin“ der aus dem Abruf zu lukrierende Gewinn entgehen. Hinzu kämen als Schaden die für den Feststellungsantrag entrichteten Pauschalgebühren und Kosten der Rechtsvertretung.

Ergänzend brachte die revisionswerbende Partei im weiteren Schriftsatz vom 21. Jänner 2022 unter anderem vor, „die in Punkt 7.1.2 der Rahmenvereinbarung enthaltene Verpflichtung des Auftragnehmers, ein System zur Dateneingabe und zur Registrierung/Identifizierung der Probanden zur Verfügung zu stellen“, sei beim gegenständlichen Direktabruf gegenüber der Rahmenvereinbarung offenkundig geändert worden, weil die erstmitbeteiligte Partei keinerlei Verifizierung der Identität der Testperson vornehme. Aufgrund dieser unzulässigen Änderung der Leistungs und Vertragsbedingungen hätte ein erneuter Aufruf zum Wettbewerb stattfinden müssen, an dem sich die revisionswerbende Partei hätte beteiligen können. Dies gelte auch in Bezug auf die Festlegung der Zeit bis Ergebnisrückmeldung ab Probenabholung von maximal 16 Stunden. Es sei unglaubwürdig, dass dies vertraglich vereinbart worden sei. Selbst wenn der Zeitrahmen von 16 Stunden ab Probenabholung vertraglich vereinbart worden sein sollte, sei eine unzulässige wesentliche Vertragsänderung darin zu sehen, falls nunmehr eine längere Analysefrist von 24 Stunden ab Eingang der Probe im Labor von der zweitmitbeteiligten Partei akzeptiert werden sollte. Im Übrigen sei eine Festlegung einer 24 stündigen Frist ab Einlangen der Probe im Labor im Rahmen eines Direktabrufs aus der Rahmenvereinbarung im Gegensatz zu der in der Rahmenvereinbarung festgelegten Zeit ab Probenabholung nicht zulässig. Es hätte auch deshalb ein erneuter Aufruf zum Wettbewerb stattfinden müssen, an dem sich die revisionswerbende Partei jederzeit hätte beteiligen können.

„Für den Fall der nachträglichen Änderung der Analysefrist“ stellte die revisionswerbende Partei den weiteren Eventualantrag, „festzustellen, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung (im Konkreten die Änderung der Analysefrist) wegen eines Verstoßes gegen Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens ... oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig“ gewesen sei.

6 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht den Feststellungsantrag sowie die beiden Eventualanträge der revisionswerbenden Partei jeweils als unzulässig zurück, deren Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühren als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision unzulässig sei.

7 Das Verwaltungsgericht traf zusammengefasst nachstehende Feststellungen:

Die zweitmitbeteiligte Partei habe „aus der Rahmenvereinbarung Screeningmaßnahmen im Wege eines Direktabrufes abgerufen“ und als garantierte Zeit bis zum Ergebnis ab Probenabholung 16 Stunden festgelegt. Die von der zweitmitbeteiligten Partei als notwendig festgelegten Merkmale seien von drei von 22 Bietern der Rahmenvereinbarung erfüllt worden. Die erstmitbeteiligte Partei habe unter den drei Bietern das billigste Angebot gestellt. Die revisionswerbende Partei habe hingegen in ihrem Angebot zur Rahmenvereinbarung die Zeit bis zum Ergebnis ab Probenabholung mit 24 Stunden angeboten. In der Folge sei mit Bestellvertrag vom 5. November 2021 die erstmitbeteiligte Partei beauftragt worden. Änderungen der in der Rahmenvereinbarung festgelegten Leistungen seien nicht vorgenommen worden.

8 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, die revisionswerbende Partei habe die vorgegebene Leistung in Bezug auf das Merkmal der mit 16 Stunden festgelegten Zeit bis zur Ergebnisrückmeldung ab Probenabholung nicht erfüllt. Sie habe daher nicht als Billigstbieterin ermittelt werden können, weshalb ihr auch im Fall einer rechtswidrigen Vergabe weder ein Schaden entstehen noch drohen hätte können, weil es neben der erstmitbeteiligten Partei noch weitere Vertragspartner der Rahmenvereinbarung gegeben hätte, die dieses zeitliche Merkmal im Gegensatz zur revisionswerbenden Partei erfüllt hätten.

Da in den KAB RV unter Punkt 7.1 der Leistungsteil „Laboranalyse und Screeningmaßnahmen“ genau definiert sei und dem der in Punkt 7.2 beschriebene Leistungsteil „Teststraßen“ gegenüberstehe, welcher nicht vom gegenständlichen Auftrag umfasst sei, und auch in Bezug auf das Merkmal der Zeit bis zur Ergebnisrückmeldung ab Probenabholung keine Änderung der Leistungs bzw. Vertragsbedingungen vorgenommen worden sei, hätte kein erneuter Aufruf zum Wettbewerb vorgenommen werden müssen.

Der revisionswerbenden Partei fehle es daher an der Antragslegitimation, weshalb die Anträge als unzulässig zurückzuweisen gewesen seien.

9 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Zum Zulässigkeitsvorbringen der revisionswerbenden Partei, das angefochtene Erkenntnis weiche von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründungspflicht gemäß § 17 VwGVG iVm §§ 58 und 60 AVG ab, der zufolge in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen seien (vgl. etwa VwGH 24.8.2020, Ra 2020/04/0087, Rn. 19, mwN), zeigt die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass das angefochtene Erkenntnis eine Trennung in Tatsachenfeststellungen, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung in einer solchen Art und Weise vermissen lässt, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei über die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts dadurch maßgeblich beeinträchtigt wäre.

14 Die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts enthält zwar disloziert beweiswürdigende Überlegungen zur Feststellung, dass keine Änderung der Vertrags und Leistungsbedingungen im Vergleich zur Rahmenvereinbarung vorgenommen worden sei. Dies stellt jedoch keine maßgebliche Beeinträchtigung der Rechtsverfolgung durch die revisionswerbende Partei über die nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes dar. Schließlich ist die revisionswerbende Partei in ihrem Zulässigkeitsvorbringen auf diese dislozierten beweiswürdigenden Überlegungen näher eingegangen.

15 Soweit sich die revisionswerbende Partei insofern gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts richtet, zeigt sie mit diesem Zulässigkeitsvorbringen keine als unvertretbar anzusehende Beweiswürdigung auf (vgl. zum Prüfungskalkül des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Beweiswürdigung etwa VwGH 18.8.2017, Ra 2017/04/0022, 0023, Rn. 14, mwN).

16 Im Übrigen moniert die revisionswerbende Partei in ihrem Zulässigkeitsvorbringen ein Abweichen von näher dargelegter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Nachprüfungsanträgen im Zusammenhang mit dem Erfordernis eines drohenden oder eingetretenen Schadens für den Antragsteller durch die behauptete Rechtswidrigkeit. Bei rechtskonformer Verhaltensweise hätte die zweitmitbeteiligte Partei aufgrund der offenkundigen Abweichungen von den Leistungs und Vertragsbedingungen der Rahmenvereinbarung jedenfalls einen erneuten Aufruf zum Wettbewerb durchführen müssen, an dem sich die revisionswerbende Partei hätte beteiligen können. Bereits dadurch drohe ihr ein Schaden.

17 § 25 Abs. 1 Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz 2018 (K VergRG 2018) setzt im Feststellungsverfahren voraus, dass der Antragsteller ein Interesse am Abschluss eines den Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens (Art. 14b Abs. 1 und 5 B VG) unterliegenden Vertrages hatte und ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

18 Ein dem Antragsteller drohender Schaden liegt bereits dann vor, wenn die Möglichkeit des Antragstellers, am Vergabeverfahren teilzunehmen, durch die behauptete Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werden kann. Dem Erfordernis, einen drohenden oder eingetretenen Schaden darzutun, wird bereits dann entsprochen, wenn die entsprechende Behauptung plausibel ist (vgl. etwa zur weitgehend gleichlautenden Bestimmung des § 32 Abs. 1 S.VKG 2007 VwGH 3.8.2023, Ra 2020/04/0134, Rn. 20, mwN), wobei ins Einzelne gehende (genaueste) Darlegungen nicht geboten sind (vgl. VwGH 9.1.2023, Ra 2021/04/0152, Rn. 19, mwN). Bei der vorzunehmenden Plausibilitätsprüfung können alle maßgeblichen vorgebrachten Umstände in der Person des Antragstellers, die Eigenart des Leistungsgegenstandes und die vom Auftraggeber gestellten Anforderungen berücksichtigt werden. Die Anforderungen an die Plausibilisierung richten sich dabei nach den konkreten Umständen des Einzelfalles (vgl. VwGH 7.6.2022, Ra 2021/04/0014, Rn. 22).

19 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) liegt ein (drohender) Schaden unabhängig von der Zahl der am Vergabeverfahren teilnehmenden Bieter dann vor, wenn sich der Auftraggeber im konkreten Fall bei Nachweis des Vorliegens einer rechtswidrigen Zuschlagsentscheidung gezwungen sieht, den Auftrag neu zu vergeben (vgl. VwGH 29.1.2018, Ra 2016/04/0086, 0087, Rn. 31, mit Hinweis auf EuGH 5.4.2016, PFE , C 689/13, sowie EuGH 4.7.2013, Fastweb , C 100/12; vgl. auch EuGH 5.9.2019, C 333/18, Lombardi , Rn. 24).

20 Die revisionswerbende Partei begründete die behauptete Rechtswidrigkeit der Auftragserteilung an die erstmitbeteiligte Partei zunächst mit deren mangelnder Befugnis, technischer Leistungsfähigkeit und beruflicher Zuverlässigkeit. Unstrittig ist, dass neben der erstmitbeteiligten Partei zwei weitere Vertragspartner der Rahmenvereinbarung das von der zweitmitbeteiligten Partei festgelegte zeitliche Merkmal von 16 Stunden bis zur Ergebnisrückmeldung ab Probenabholung erfüllt haben, nicht jedoch die revisionswerbende Partei. Eine Unzulässigkeit einer unmittelbaren Zuschlagserteilung an diese zwei weiteren Vertragspartner der Rahmenvereinbarung wird seitens der revisionswerbenden Partei nicht vorgebracht. Die revisionswerbende Partei konnte somit den festgelegten Auftrag selbst im Fall der Unmöglichkeit einer Beauftragung der erstmitbeteiligten Partei nicht erhalten. Sie konnte deshalb durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Auftragserteilung an die erstmitbeteiligte Partei wegen deren mangelnder Befugnis, technischer Leistungsfähigkeit und beruflicher Zuverlässigkeit jedenfalls nicht beeinträchtigt werden und dadurch von vornherein keinen Schaden erleiden (vgl. dazu etwa VwGH 1.10.2018, Ra 2015/04/0060, Rn. 23, mwN).

21 In Bezug auf die behauptete Rechtswidrigkeit des der erstmitbeteiligten Partei erteilten Auftrags wegen unzulässiger Änderung der Leistungs und Vertragsbedingungen im Vergleich zur Rahmenvereinbarung ist wesentlich, ob bei rechtmäßiger Vorgangsweise ein erneuter Aufruf zum Wettbewerb vorzunehmen gewesen wäre und die revisionswerbende Partei daran hätte teilnehmen können.

22 Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist es jedoch entgegen dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei zu keinen Änderungen der in der Rahmenvereinbarung festgelegten Leistungs und Vertragsbedingungen, insbesondere nicht des festgelegten zeitlichen Merkmals von 16 Stunden bis zur Ergebnisrückmeldung ab Probenabholung gekommen. Insofern liegen die Voraussetzungen für einen erneuten Aufruf zum Wettbewerb und in weiterer Folge ein (drohender) Schaden für die revisionswerbende Partei unabhängig von der Anzahl der das zeitliche Merkmal von 16 Stunden bis zur Ergebnisrückmeldung ab Probenabholung erfüllenden Vertragspartner der Rahmenvereinbarung nicht vor.

23 Schließlich ist die revisionswerbende Partei betreffend ihr Zulässigkeitsvorbringen, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob einem Partner einer Rahmenvereinbarung in einem Feststellungsverfahren betreffend einen auf Basis dieser Rahmenvereinbarung durchgeführten Direktabruf keine Antragslegitimation zukomme, weil er die für diesen Direktabruf vom Auftraggeber definierten Kaskadenmerkmale teilweise nicht erfülle, auf die in Rn. 19 und 20 dargelegte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.

24 Angesichts der in Rn. 19 näher zitierten Rechtsprechung des EuGH sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, der Anregung der revisionswerbenden Partei auf Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens nachzukommen. Demnach ist ausgehend davon, dass die revisionswerbende Partei die Voraussetzungen für den angefochtenen Direktabruf nicht erfüllt, wesentlich, ob der Auftraggeber im vorliegenden Fall gezwungen gewesen wäre, den Auftrag neu zu vergeben. Dies ist in Bezug auf das ausschließlich die Unzulässigkeit des Direktabrufs von der erstmitbeteiligten Partei, nicht jedoch von den zwei weiteren für den Direktabruf in Frage kommenden Vertragspartnern der Rahmenvereinbarung betreffende Vorbringen der revisionswerbenden Partei nicht der Fall.

25 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

26 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

27 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 49 Abs. 6 und § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014. Gemäß § 49 Abs. 6 VwGG gelten für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes mehrere Mitbeteiligte als eine Partei, weshalb jede Mitbeteiligte nur einen anteiligen Anspruch hat (vgl. etwa VwGH 21.11.2022, Ra 2021/04/0008, Rn. 31, mwN). Neben dem Pauschalbetrag gemäß § 1 Z 3 lit. a VwGH Aufwandersatzverordnung für Schriftsatzaufwand, der mit der Einbringung einer Revisionsbeantwortung durch einen Rechtsanwalt verbunden war, sind die Kosten aus dem Titel der Umsatzsteuer nicht zuzusprechen (vgl. etwa VwGH 8.9.2021, Ra 2018/04/0191, 0192, Rn. 20, mwN).

Wien, am 18. Juni 2025

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