Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Mag. Hainz Sator und Mag. Dr. Pieler als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision 1. der A GmbH und 2. der D GmbH, beide in L, beide vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 21. Jänner 2022, LVwG 414 13/2021 R1, betreffend Verlängerung der Frist zur Inbetriebnahme einer Betriebsanlage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid vom 11. März 2014 erteilte die belangte Behörde der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberinnen unter anderem die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines näher genannten Appartementhotels. Dieser Bescheid erwuchs am 22. April 2014 in Rechtskraft.
2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. September 2017 wurde dem Antrag der Rechtsvorgängerin vom 12. Dezember 2016 dahingehend stattgegeben, dass die Frist zur Inbetriebnahme der mit Bescheid vom 11. März 2014 gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage gemäß § 80 Abs. 3 GewO 1994 bis zum 22. April 2021 verlängert wurde.
3 Mit einem weiteren Bescheid der belangten Behörde vom 1. März 2019 wurde die Genehmigung für die beantragte Änderung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung vom 11. März 2014 gemäß § 81 GewO 1994 erteilt.
4 Mit Schreiben vom 22. April 2021 beantragten die Inhaberinnen der Betriebsanlagengenehmigung eine weitere Verlängerung der Frist zur Inbetriebnahme der mit Bescheid vom 11. März 2014 genehmigten Betriebsanlage bis zum 31. Dezember 2022. Mit Schreiben vom 28. Juni 2021 ergänzten die nunmehrigen Revisionswerberinnen diesen Antrag dahingehend, dass die Verlängerung der Frist zur Inbetriebnahme bis zum 1. März 2024 bewilligt werde.
5 Mit Bescheid vom 25. August 2021 wies die belangte Behörde diesen Fristverlängerungsantrag gemäß § 80 Abs. 3 GewO 1994 ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Frist zur Inbetriebnahme der Betriebsanlage bereits mit Bescheid vom 11. September 2017 bis zum 22. April 2021 (sieben Jahre ab Rechtskraft) verlängert worden und eine neuerliche Verlängerung gesetzlich nicht möglich sei.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg die Beschwerde der Revisionswerberinnen gegen den Bescheid vom 25. August 2021 ab und erklärte die Revision für zulässig.
Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass seit Rechtskraft der Grundgenehmigung vom 11. März 2014 mehr als sieben Jahre vergangen seien. Die Frist von sieben Jahren errechne sich unter Bezugnahme auf Gesetzesmaterialien und Literatur ab Rechtskraft der Grundgenehmigung und nicht ab Rechtskraft der letzten Betriebsanlagenänderungsgenehmigung.
Die Revision wurde für zulässig erklärt, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage fehle, ob sich die in § 80 Abs. 3 letzter Satz GewO 1994 normierte Frist ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Grundgenehmigung oder ab dem Zeitpunkt der letzten Änderungsgenehmigung an berechne, wenn der Betrieb betreffend die Grundgenehmigung noch nicht (zumindest in wesentlichen Teilen) aufgenommen worden sei.
7 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Revisionswerberinnen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung mit Beschluss vom 13. Juni 2022, E 547/2022 5, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof ab.
8 Daraufhin erhoben die Revisionswerberinnen die vorliegende ordentliche Revision. Zur Begründung der Zulässigkeit verwiesen sie auf das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, wann die Fristen des § 80 GewO 1994 im Falle eines „Erweiterungsbescheides“ nach § 81 GewO 1994, mit dem das Gesamtprojekt neu bewilligt wurde, zu laufen beginnen.
9 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie sich den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes anschloss und die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragte.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte ist nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 5.6.2020, Ro 2018/04/0023, Rn. 13, mwN).
14 Zur Beantwortung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht berufen (vgl. VwGH 6.3.2024, Ra 2021/04/0228, Rn. 17, mwN).
15 Gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1994 erlischt die Genehmigung der Betriebsanlage, wenn der Betrieb der Anlage nicht binnen fünf Jahren nach erteilter Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage aufgenommen oder durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird. Gemäß § 80 Abs. 3 GewO 1994 hat die Behörde die Frist zur Inbetriebnahme der Anlage auf Grund eines vor Ablauf der Frist gestellten Antrages zu verlängern, wenn es Art und Umfang des Vorhabens erfordern oder die Fertigstellung des Vorhabens unvorhergesehenen Schwierigkeiten begegnet. Durch den Antrag wird der Ablauf der Frist bis zur rechtskräftigen Entscheidung gehemmt. Die Frist zur Inbetriebnahme der Anlage darf insgesamt sieben Jahre nicht übersteigen.
16 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits aussprach, tritt die in § 80 Abs. 1 GewO 1994 vorgesehene Rechtsfolge des Erlöschens der Genehmigung der Betriebsanlage mit Ablauf der dort genannten Frist ipso iure ein, ohne dass es dafür eines behördlichen Ausspruches bedarf (VwGH 10.4.2020, Ra 2018/04/0154 bis 0155, Rn. 20, mwN). Die Frist beginnt den Gesetzesmaterialien zufolge mit der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides zu laufen (siehe EB zur GewO 1973, RV 395 BlgNR 13. GP, 167).
17 Im vorliegenden Fall wurde die Betriebsanlagengenehmigung vom 11. März 2014 am 22. April 2014 rechtskräftig. Mit Bescheid vom 11. September 2017 wurde über Antrag der Inhaberinnen der Betriebsanlagengenehmigung die Frist zur Inbetriebnahme der gegenständlichen Betriebsanlage bereits gemäß § 80 Abs. 3 GewO 1994 bis zum höchstmöglichen Ausmaß von sieben Jahren verlängert und das Ende der Frist mit 22. April 2021 festgelegt. Die Frist zur Inbetriebnahme der Betriebsanlage wurde damit bereits ausgeschöpft. Eine weitere Verlängerung dieser Frist ist aufgrund des klaren und eindeutigen Wortlautes des § 80 Abs. 3 GewO 1994 nicht möglich, zumal sich der dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegende Antrag auf den Genehmigungsbescheid vom 11. März 2014 bezogen hat.
18 Daher ist die im Zulässigkeitsvorbringen der Revision dargelegte Rechtsfrage, wann die Frist im Falle eines „Erweiterungsbescheides“ nach § 81 GewO 1994, mit dem das Gesamtprojekt neu bewilligt wurde, zu laufen beginnt, vorliegend nicht entscheidungswesentlich.
19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
20 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 2. Dezember 2024