JudikaturVwGH

Ra 2021/17/0131 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
25. März 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision 1. des D B J J, 2. der R S K I, 3. des mj. F D B B, 4. der mj. R D B B, 5. des mj. A D B B, und 6. der mj. R J, alle vertreten durch Mag. Dieter Wächter, Rechtsanwalt in 4060 Leonding, Dr. Herbert Sperl Ring 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 2021, L502 2165705 2/3E, L502 2165702-2/3E, L502 2165694-2/3E, L502 2165700 2/3E, L502 2165675 2/3E und L502 2165709-2/3E, betreffend Abweisung von Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 und Erlassung von Rückkehrentscheidungen samt Nebenaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Aufwandersatz wird nicht zugesprochen.

1.1. Die Revisionswerber alle sind irakische Staatsangehörige stellten am 15. Februar 2021 jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005.

Mit Bescheiden vom 24. März 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diese Anträge ab; unter einem erließ es jeweils eine Rückkehrentscheidung gegen die Revisionswerber, stellte die Zulässigkeit ihrer Abschiebung in den Irak fest und setzte eine Frist für ihre freiwillige Ausreise fest.

1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. Juli 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die vorgenannten Bescheide erhobene Beschwerde der Revisionswerber (mit einer Maßgabe) als unbegründet ab. Unter einem sprach es aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

1.3. Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 13. Juni 2022, E 3171-3176/2021-13, ablehnte und sie unter einem an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der Folge erhoben die Revisionswerber die hier gegenständliche Revision (mit einem Antrag auf Kostenersatz), zu der keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde.

2.1. Im Zuge der (weiteren) Bearbeitung der Revisionssache wurde vom Verwaltungsgerichtshof erhoben, dass die Revisionswerber bereits im Dezember 2021 aus Österreich freiwillig ausgereist und in der Folge nicht wieder eingereist sind (Mitteilung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 19. Februar 2024).

2.2. In Anbetracht dessen gab der Verwaltungsgerichtshof den Revisionswerbern (zu Handen ihres Verfahrenshelfers) mit Verfügung vom 19. Februar 2024 die Gelegenheit, sich zu der Frage zu äußern, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen noch ein rechtliches Interesse an der inhaltlichen Erledigung der Revision bestehe. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Revisionswerber mit ihrer freiwilligen Ausreise zu erkennen gegeben hätten, dass sie jeweils an der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 dessen Wortlaut auf den Aufenthalt des Fremden „im Bundesgebiet“ abstelle erkennbar kein Interesse mehr hätten. Ferner wurde hervorgehoben, dass auch die für Rückkehrentscheidungen geltende „Sperrfrist“ des § 12a Abs. 6 AsylG 2005 von 18 Monaten ab Ausreise mittlerweile abgelaufen sei, sodass jeweils auch in Bezug auf die Rückkehrentscheidung kein Interesse an einer Entscheidung über die Revision durch den Verwaltungsgerichtshof zu sehen sei. Es werde daher beabsichtigt, die vorliegende Revision in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG für gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

2.3. In seiner Stellungnahme vom 5. März 2024 teilte der Vertreter der Revisionswerber mit, dass er zum Aufenthaltsort der Revisionswerber keine gesicherten Informationen habe und sämtliche Versuche einer Kontaktaufnahme bis zuletzt gescheitert seien. Es sei ihm daher nicht möglich, zum Rechtsschutzinteresse der Revisionswerber eine gesicherte Aussage zu tätigen.

3. Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, ist bei einer Revision nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG unter einer Klaglosstellung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eingetreten ist. Vielmehr liegt ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber infolge Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung hat und somit materiell klaglos gestellt wurde (vgl. etwa VwGH 24.8.2023, Ro 2019/22/0012, Pkt. 4., mwN).

4. Die vorliegende Revision war daher im Sinn des oben in Punkt 2.2. dargestellten Vorhalts wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses der Revisionswerber in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. etwa VwGH 17.10.2023, Ra 2021/21/0241, Rn. 9 [betreffend eine ähnlich gelagerte Fallkonstellation]).

5.1. Wird eine Revision ohne formelle Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unter sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, so ist die Kostenentscheidung mangels formeller Klaglosstellung nicht gemäß § 55 VwGG, sondern gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu treffen (vgl. etwa VwGH 6.12.2023, Ra 2020/22/0167, Pkt. 6.1., mwN).

5.2. Im Hinblick darauf, dass vorliegend die Frage des hypothetischen Schicksals der Revision nicht ohne nähere Prüfung zu lösen wäre und die Entscheidung über den gestellten Kostenantrag daher einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG).

Wien, am 25. März 2024

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