Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lukacic Marinkovic, über die Revision des Bundes, vertreten durch das Zollamt Österreich, Zollstelle Graz, Conrad von Hötzendorf Straße 14 18, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 18. August 2021, Zl. RV/2200008/2017, betreffend Altlastenbeitrag (mitbeteiligte Parteien: 1. N und 2. R, beide in L, beide vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid vom 22. Dezember 2016 schrieb das (damalige) Zollamt Graz den Mitbeteiligten einen Altlastenbeitrag für das 4. Quartal 2015 für die unzulässige Geländeverfüllung bzw. anpassung mit Baurestmassen auf den Grundstücken Nr. x/1, x/2, x/3 und x/4 einer näher bezeichneten KG iHv 71.300 € vor. Weiters setzte das Zollamt gegenüber den Mitbeteiligten einen Säumnis sowie einen Verspätungszuschlag iHv jeweils 2% fest.
2Mit dem Einbau von recycelten Baurestmassen zur Errichtung eines Lagerplatzes sei es zu einer beitragspflichtigen Geländeanpassung mit Abfällen iSd § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken gekommen. Die Ausnahme von der Beitragspflicht nach § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG bestehe nur für Abfälle (mineralische Baurestmassen), die im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c leg. cit. verwendet würden. Liege entsprechend dem Vorbringen der Beitragsschuldner eine bauund raumordnungsrechtlich bewilligungsfreie Geländeveränderung im Freiland vor, fehle es schon an einer Baumaßnahme. Sei der Lagerplatz als bauliche Anlage iSd § 4 Z 13 Stmk BauG 1995 anzusehen, komme der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG nicht zum Tragen, weil es in diesem Fall mangels baurechtlicher Genehmigung an der Zulässigkeit der Verwendung der Abfälle fehle.
3 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesfinanzgericht nach Ergehen einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung durch das Zollamt und der Stellung eines Vorlageantrags durch die Mitbeteiligten teilweise Folge und änderte den Bescheid des Zollamts dahingehend ab, dass es den Altlastenbeitrag für die mit aufbereiteten Baurestmassen vorgenommene Geländebefestigung als Lagerplatz (für Schwemmgutaufbereitung) auf dem Grundstück Nr. x/1 iHv 15.704,40 € samt einem Säumniszuschlag iHv 2% festsetzte. Weiters sprach das Bundesfinanzgericht aus, dass die Festsetzung des Altlastenbeitrags für die mit aufbereiteten Baurestmassen vorgenommene Geländebefestigung als Lagerplatz (für Schwemmgutaufbereitung) auf den Grundstücken x/2, x/3 und x/4 sowie die Festsetzung eines Verspätungszuschlags entfalle. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig.
4 In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht aus, die Mitbeteiligten hätten die verfahrensgegenständlichen Grundstücke nach dem Versteigerungsedikt des Bezirksgerichts L als unbebaute Grundstücke mit der „Sondernutzung Lagerplatz“ erworben. Laut dem Flächenwidmungsplan seien aber nur die Grundstücke Nr. x/2, x/3 und x/4 als Freiland mit der Sondernutzung Schwemmgutaufbereitung aus Murkraftwerken ausgewiesen. Das Grundstück Nr. x/1 sei als Freiland ausgewiesen. Die Mitbeteiligten hätten im 4. Quartal 2015 durch Oberflächenbefestigung mit nachweislich qualitätsgesichert aufbereiteten Baurestmassen auf allen vier Grundstücken die Herstellung bzw. Wiederherstellung der Lagerfläche für Schwemmgutaufbereitung veranlasst. Die Zurechnung der beitragspflichtigen Baurestmassen auf das Grundstück Nr. x/1 erfolge mangels anderer Anhaltspunkte im Verhältnis der Flächen der einzelnen Grundstücke. Die Gesamtfläche betrage 7.188 m², die Gesamtmenge an Baurestmassen 7.750 Tonnen. Daraus errechne sich für das Grundstück Nr. x/1 eine Menge von 1.707 Tonnen. Die Geländeanpassung sei laut den im Verwaltungsakt einliegenden Fotos auf das Straßen und Umgebungsniveau erfolgt. Der Fotodokumentation sei eine Oberflächenbefestigung zu entnehmen, welche rechnerisch mit ca. 50 cm anzunehmen sei. Es stehe unstrittig fest, dass qualitätsgesichert aufbereitetes Material verwendet worden sei. Die fachgerechte Befestigung des Lagerplatzes sei durch die im Akt einliegenden Rechnungen über dessen Herstellung sowie die Fotodokumentationen nachgewiesen. Die dafür verwendete Materialmenge entspreche mit einer Stärke von ca. 50 cm den Anforderungen an einen solchen Lagerplatz. Das Erfordernis bautechnischer Kenntnisse für dessen Herstellung ergebe sich allein schon auf Grund der Widmung als Lagerplatz für Schwemmgutaufbereitung und damit der Anforderung, mit Lastkraftwagen und anderem schweren Gerät befahren werden zu können. Die Oberflächenbefestigung auf den Grundstücken Nr. x/2, x/3 und x/4 sei als Wiederherstellung des widmungskonformen Zustands anzusehen. Die Befestigung des Grundstücks Nr. x/1 sei ohne gesonderte Bewilligung auf dem als Freiland ausgewiesenen Grundstück erfolgt.
5Zu beurteilen sei, ob die erfolgte Oberflächenbefestigung im Einklang mit der Rechtsordnung erfolgt sei und ob eine Baumaßnahme iSd § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG vorliege. Gemäß § 19 Z 1 Stmk BauG seien Neu , Zu oder Umbauten von baulichen Anlagen sowie größere Renovierungen (§ 4 Z 34a) bewilligungspflichtig, sofern sich aus den §§ 20 und 21 nicht anderes ergebe. Gemäß Z 5 leg. cit. seien Veränderungen des natürlichen Geländes von nach dem Flächenwidmungsplan im Bauland gelegenen Grundflächen sowie von im Freiland gelegenen Grundflächen, die an das Bauland angrenzten, bewilligungspflichtig. Da die verfahrensgegenständlichen Grundflächen laut dem Flächenwidmungsplan im Freiland gelegen seien, komme eine Bewilligungspflicht nach § 19 Z 5 Stmk BauG nicht in Betracht. Eine solche Geländeveränderung stelle jedoch eine bauliche Anlage iSd § 4 Z 13 Stmk BauG dar, wenn für sie bautechnische Kenntnisse erforderlich seien und sie ein größeres Volumen aufweise.
6 Das Bundesfinanzgericht sehe in der Wiederherstellung des Schwemmgutlagerplatzes auf den Grundstücken Nr. x/2, x/3 und x/4 eine bewilligungsfreie Baumaßnahme in Form der Renovierung einer bereits bestehenden baulichen Anlage in Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan. Diese, auch wegen ihrer Größenordnung als Baumaßnahme zu qualifizierende Flächenbefestigung diene im Wesentlichen der (Wieder)Herstellung der ursprünglichen Nutzung der Grundstücke. Hinsichtlich des Grundstücks Nr. x/1 sei von der (erstmaligen) Errichtung eines Lagerplatzes und damit von einem bewilligungspflichtigen Bauvorhaben nach § 19 Abs. 1 Stmk BauG auszugehen. Maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Bewilligungspflicht sei dabei die Qualifizierung der Baumaßnahme als bauliche Anlage. Für diese Baumaßnahme sei keine Baubewilligung vorhanden und auch keine entsprechende Änderung der Widmung gegeben. Die bloße Veränderung des natürlichen Geländes von nach dem Flächenwidmungsplan im Freiland (nicht an Bauland angrenzend) gelegenen Grundflächen sei für sich betrachtet nicht bewilligungspflichtig, die Beurteilung als bauliche Anlage bedinge allerdings eine Bewilligungspflicht.
7 Das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts wurde laut Zustellverfügung den mitbeteiligten Parteien, zu Handen ihres Vertreters, sowie dem „Zollamt Österreich [...] als vorlegende Behörde“ zugestellt.
8Gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts richtet sich die vorliegende Revision, in der zur Zulässigkeit vorgebracht wird, das Bundesfinanzgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der „übergeordneten Baumaßnahme“ iSd § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG idF vor BGBl. I Nr. 71/2003, die auf § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG idF BGBl. I Nr. 71/2003 übertragbar sei, abgewichen. Danach erfüllten Maßnahmen, mit welchen die Absicht verbunden sei, die betroffenen Grundflächen künftig als Lagerplatz zu verwenden, nicht den Begriff der übergeordneten Baumaßnahme. In eventu wird vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Errichtung eines Lagerplatzes im Zuge von Geländeveränderungsmaßnahmen im nicht an Bauland angrenzenden Freiland eine Baumaßnahme iSd § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG idF BGBl. I Nr. 71/2003 darstelle.
9Die mitbeteiligten Parteien haben nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof (§ 36 VwGG) eine Revisionsbeantwortung eingebracht, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragten und die Revisionslegitimation des Revisionswerbers in Zweifel zogen.
10 Als „Revisionswerber“ wird auf der ersten Seite des Revisionsschriftsatzes ausdrücklich der „Bund als Abgabengläubiger, vertreten durch das Zollamt Österreich“ angegeben. Weiters wird in der Revision einleitend ausgeführt, dass „der Revisionswerber (Rw), vertreten durch das Zollamt Österreich“ Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhebt.
11 Eine Revisionslegitimation des Bundes besteht wie in der Revisionsbeantwortung zu Recht vorgebracht wird im revisionsgegenständlichen Fall jedoch nicht.
12 Nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B VG ist die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht berechtigt, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit Revision zu erheben.
13 Belangte Behörde vor dem Bundesfinanzgericht und daher, wie in der Revision selbst ausgeführt wird, revisionslegitimiertist aber das Zollamt Österreich, das gemäß § 323b Abs. 1 letzter Satz BAO am 1. Jänner 2021 an die Stelle des am 31. Dezember 2020 zuständigen (den erstinstanzlichen Bescheid erlassenden) Zollamts Graz getreten ist.
14Gemäß § 9 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) obliegt die Erhebung des Altlastenbeitrags und damit auch dessen bescheidmäßige Festsetzung den Zollämtern (ab 1. Jänner 2021 dem Zollamt Österreich). Der Bund als Abgabengläubiger, vertreten durch das Zollamt, ist nur in einem hier nicht vorliegendenFeststellungsverfahren nach § 10 Abs. 1 ALSAG Verfahrenspartei (§ 10 Abs. 3 leg. cit.).
15 Wenn in der Revision vorgebracht wird, das angefochtene Erkenntnis sei der „ho. Behörde in Vertretung des Rw [...] zugestellt“ worden, so steht dies in Widerspruch zur Zustellverfügung, wonach das angefochtene Erkenntnis dem „Zollamt Österreich [...] als vorlegende Behörde“ zugestellt wurde.
16 Im Hinblick auf die Darlegungen in der Revision ist hier eine Deutung dahin ausgeschlossen, dass das Zollamt Österreich und nicht der Bund, vertreten durch das Zollamt Österreich, Revision erhoben hätte.
17So kann insbesondere der Verweis des Zollamts Österreich auf seine Revisionslegitimation nicht die klare Aussage, dass der „Bund als Abgabengläubiger“ (vgl. nochmals § 10 Abs. 3 ALSAG) Revision „erhebt“, in Zweifel ziehen.
18 Die Revision war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass darauf einzugehen war, ob die Revision eine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B VG aufzeigen könnte.
19Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 49 Abs. 6 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 2. Dezember 2024