JudikaturVwGH

Ra 2021/12/0068 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
17. April 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag. a Nussbaumer Hinterauer und Hofrat Mag. Cede als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die Revision des J H in G, vertreten durch die Lerch Nagel Heinzle Rechtsanwälte GmbH in 6890 Lustenau, Millennium Park 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 20. September 2021, LVwG 950168/5/AL, betreffend Leiterzulage gemäß § 57 GehG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bildungsdirektion für Oberösterreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach den unbestrittenen Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses wurde der Revisionswerber, der seit 1. September 2000 in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich steht, mit 1. September 2012 unter gleichzeitiger Aufhebung der Zuweisung an die Volksschule K auf die Planstelle des Leiters der Volksschule M ernannt. Mit gleichem Datum wurde er mit der provisorischen Führung der Leitungsgeschäfte an der Volksschule K betraut. Diese provisorische Betrauung wurde durch Erledigung vom 31. August 2018 mit Ablauf dieses Tages aufgehoben. Mit Wirksamkeit ab 1. September 2016 wurde der Revisionswerber zusätzlich mit der Leitung der Volksschule BK betraut. Diese Betrauung wurde durch Erledigung vom 11. Juli 2017 mit Ablauf des 31. August 2017 aufgehoben. Zuletzt wurde der Revisionswerber mit Schreiben vom 31. August 2018 mit der Leitung der Volksschule B ab 1. September 2018 betraut.

2 An der Volksschule M (VS M) und an der Volksschule B (VS B) wurden ab 1. September 2018 folgende Klassen geführt:

im Schuljahr 2018/19:

VS M: 7 Klassen und 1 Gruppe der ganztägigen Betreuung,

VS B: 7 Klassen und 1 Gruppe der ganztägigen Betreuung.

im Schuljahr 2019/20:

VS M: 6 Klassen und 1 Gruppe der ganztägigen Betreuung,

VS B: 6 Klassen und 1 Gruppe der ganztägigen Betreuung.

im Schuljahr 2020/21:

VS M: 4 Klassen und 1 Gruppe der ganztägigen Betreuung,

VS B: 5 Klassen und 1 Gruppe der ganztägigen Betreuung.

3 Mit Bescheid vom 20. Oktober 2020 sprach die Bildungsdirektion Oberösterreich auf Grund eines Antrags des Revisionswerbers aus, dass die ihm gebührende Leiterzulage für die Leitung der Volksschule M und die zusätzliche Leitung der Volksschule B ab 1. September 2018 783,61 Euro, ab 1. Jänner 2019 805,23 Euro und ab 1. Jänner 2020 823,74 Euro betrage.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers mit der Maßgabe ab, dass die Leiterzulage ab 1. September 2020 für das Schuljahr 2020/21 mit 768,08 Euro festgesetzt wurde. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

5 Das Verwaltungsgericht begründete dieses Erkenntnis nach Wiedergabe von § 57 Abs. 13 und § 175 Abs. 88 GehG, jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, wie folgt:

6 Die anzuwendende Fassung des § 57 Abs. 13 GehG sei gemäß § 175 Abs. 88 Z 2 GehG mit 1. September 2018 in Kraft getreten. Danach sei die Dienstzulage in der Weise zu bemessen, wie die Dienstzulage einer Schulleitung zu bemessen wäre, wenn die geleiteten Schulen eine einzelne Schule wären. Schulleitungen seien nicht „konkret für einzelne Schulstandorte eingerichtet“. Auch Betrauungen mit der Leitung einer weiteren Schule würden konkret für einzelne Schulstandorte ausgesprochen und beendet. Die provisorische Betrauung des Revisionswerbers mit der Leitung der Volksschule K sei mit Ablauf des 31. August 2018 beendet und seine Betrauung mit der Leitung der Volksschule B mit Wirksamkeit ab 1. September 2018 ausgesprochen worden. Da die Betrauung des Revisionswerbers mit der zusätzlichen Leitung der Volksschule B mit 1. September 2018 wirksam geworden sei, sei § 57 Abs. 13 GehG auf die Berechnung der Leiterzulage anzuwenden. Nach § 57 Abs. 13 GehG sei daher die Dienstzulage des Revisionswerbers in der Weise zu bemessen, wie die Dienstzulage einer Schulleitung zu bemessen wäre, wenn die geleiteten Schulen eine einzelne Schule wären. Insgesamt seien an den beiden vom Revisionswerber seit 1. September 2018 geleiteten Schulen (Volksschule M und Volksschule B) in den Schuljahren 2018/19 und 2019/20 jeweils mehr als 12 Klassen geführt worden. Gemäß § 2 Abs. 1a der Schulleiter Zulagenverordnung 1966, BGBl. Nr. 192, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 415/2005, seien diese daher für die betreffenden Schuljahre der Dienstzulagengruppe I zugeordnet.

7 Unter Berücksichtigung des Besoldungsdienstalters des Revisionswerbers sei dieser für die Berechnung der Leiterzulage gemäß § 57 Abs. 2a Z 1 GehG der Dienstzulagenstufe 3 in der Verwendungsgruppe L 2a zuzuordnen, sodass gemäß § 57 Abs. 4 GehG von der Erhöhung der Leiterzulage um 15 vH auszugehen sei. Die Korrektur des Spruchs des angefochtenen Bescheides sei nötig gewesen, weil sich die Klassen- und Schülergruppenzahl der beiden Volksschulen ab dem Schuljahr 2020/21 insofern verändert habe, als insgesamt nur mehr 10 Klassen im Sinne der Schulleiter Zulagenverordnung 1966 bestanden hätten und daher gemäß § 2 Abs. 1a der Verordnung für dieses Schuljahr eine Einreihung dieser Schulen in die Dienstzulagengruppe II vorzunehmen sei. Unter Berücksichtigung der Erhöhung der Leiterzulage von 15 vH betrage die Leiterzulage daher ab 1. September 2020 für das Schuljahr 2020/21 768,08 Euro (= 667,9 Euro + 15%).

8 Der Revisionswerber habe die Argumentation seiner Beschwerde auf das Sachlichkeitsgebot und eine daraus resultierende Unanwendbarkeit des § 175 Abs. 88 GehG gestützt und dies damit begründet, dass es unsachlich sei, wenn der Fall eines Lehrers, der bereits vor dem 1. September 2018 mit der Leitung mehrerer Schulen betraut gewesen sei, dem der Dienstgeber aber ab dem 1. September 2018 einen Wechsel in der zu leitenden zusätzlichen Schule anordne, von der „aus § 175 Abs. 88 GehG resultierenden Gehaltskürzung“ erfasst sei. Das Verwaltungsgericht könne keine Gleichheitswidrigkeit in diesem Zusammenhang erkennen. Insbesondere sei die Betrauung mit der zusätzlichen Leitung an der Volksschule K von vornherein als „provisorische Führung der Leitungsgeschäfte“ ausgewiesen gewesen. Es sei daher jedenfalls klar gewesen, dass es sich dabei um eine zusätzliche Leitungsfunktion bloß provisorischer Natur gehandelt habe. Provisorischen Leitungsbefugnissen sei „wesensimmanent“, dass sie gerade nicht auf Dauer angelegt seien und der Betraute sich daher nicht auf deren dauerhaften Bestand verlassen könne. Eine unsachliche Beschränkung wohlerworbener Rechte und eine damit verbundene Verletzung des aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten Vertrauensschutzes liege daher nicht vor.

9 Die Behandlung einer gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144 B VG, in der der Revisionswerber die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art. 7 B VG; Art. 2 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung der von ihm als verfassungswidrig erachteten gesetzlichen Grundlagen des angefochtenen Erkenntnisses geltend machte, lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. November 2021, E 3966/2021 11, ab. Zur Begründung führte der Verfassungsgerichtshof darin Folgendes aus:

„Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art. 7 B VG; Art. 2 StGG). Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer allenfalls grob unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob § 57 Abs. 3 und § 175 Abs. 88 GehG richtig angewendet wurden, insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, der zufolge dem Gesetzgeber bei der Regelung des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechtes der Beamten ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum offengelassen ist (vgl. zB VfSlg. 16.176/2001 mwN sowie VfSlg. 17.452/2005; VfGH 7.6.2013, B 1345/2012; 2.7.2016, G 450/2015 ua.) und bei Stichtagsregelungen, die notwendig ein gewisses Maß an Beliebigkeit aufweisen, auch Härtefälle in Kauf zu nehmen sind (vgl. VfSlg. 19.308/2011, 19.884/2014 mwN), die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Es bestehen hier keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine im Rahmen der umfassenden Neustrukturierung der Bildungsorganisation durch BGBl. I 138/2017 (Bildungsreformgesetz 2017) geschaffene Übergangsbestimmung, die bei der Neuregelung von Dienstzulagen für die Leitung weiterer Schulen (§ 57 Abs. 13 GehG) auf den Zeitpunkt der Betrauung mit der Leitung einer weiteren Schule abstellt (§ 175 Abs. 88 GehG).“

10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 § 57 und § 175 Abs. 88 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 (GehG), haben durch das Bildungsreformgesetz 2017, BGBl. I Nr. 138, den nachfolgend auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut erhalten:

„Dienstzulagen

§ 57. (1) Den Leitern von Unterrichtsanstalten gebührt eine Dienstzulage, die durch die Verwendungsgruppe, die Dienstzulagengruppe und die Dienstzulagenstufe bestimmt wird. Die Dienstzulagengruppe richtet sich nach Bedeutung und Umfang der Anstalt. Die Einreihung der Anstalten in die Dienstzulagengruppen ist vom zuständigen Bundesminister durch Verordnung festzusetzen.

(2) Die Dienstzulage beträgt für Leiterinnen und Leiter ...

...

(13) Wird eine Leiterin oder ein Leiter mit der zusätzlichen Leitung einer weiteren Schule oder mehrerer weiterer Schulen betraut, so gebührt eine Dienstzulage. Diese Dienstzulage ist in der Weise zu bemessen, wie die Dienstzulage einer Schulleitung zu bemessen wäre, wenn die geleiteten Schulen eine einzelne Schule wären.

...

(88) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 138/2017 treten in Kraft:

1. § 61 Abs. 16 Z 2 und Abs. 16a und § 116e samt Überschrift mit 1. Juli 2017 und

2. § 57 Abs. 9, 9a, 11, 12 und 13, § 58 Abs. 9, § 59 Abs. 1, § 59c, § 61b Abs. 1, 3, 5 und 6 und § 61d samt Überschrift mit 1. September 2018. § 57 Abs. 13 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 138/2017 ist auf Lehrpersonen anzuwenden, deren Betrauung mit der Leitung einer weiteren Schule nach dem 31. August 2018 wirksam wird.

§ 61b Abs. 2 und die Anlagen 2 bis 5 treten mit Ablauf des 31. August 2018 außer Kraft.“

15 Der Revisionswerber begründet das Vorliegen einer Rechtsfrage im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B VG wie folgt:

„Im Gegenstand ist die Frage zu beantworten[,] ob gemäß der Übergangsbestimmung des § 175 Abs 88 Satz 2 GehG § 57 Abs. 13 GehG idF BGBI I 138/2017 generell nicht auf Lehrpersonen, die bereits vor dem 01.09.2018 mit der Leitung einer oder mehrerer weiterer Schulen betraut waren, anzuwenden ist, solange sie weiterhin mehr als eine Schule leiten, oder ob dies für diese Lehrpersonen nur so lange gilt, als sie die gleichen Schulen wie vor dem 01.09.2018 leiten. Zur Auslegung des § 175 Abs 88 GehG gibt es noch keine Rsp des VwGH, weshalb die Revision entgegen dem Ausspruch des VwG zulässig ist, zumal sich diese Rechtsfrage mit Sicherheit nicht nur im Falle des RW stellt.“

16 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

17 Fragen der Auslegung einer Gesetzesbestimmung, zu denen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, begründen grundsätzlich die Zulässigkeit der Revision, außer das Verwaltungsgericht konnte sich auf einen klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut stützen (vgl. etwa VwGH 18.5.2020, Ra 2019/12/0042, mwN).

18 Die im Zulässigkeitsvorbringen der Revision angesprochene Rechtsfrage, ob gemäß der Übergangsbestimmung des § 175 Abs. 88 Satz 2 GehG die Regelung des § 57 Abs. 13 GehG auf Lehrpersonen „so lange“ nicht anzuwenden sei, als sie „die gleichen Schulen wie vor dem 01.09.2018 leiten“, ist mit dem eindeutigen Wortlaut beantwortet, der die Anwendung der neuen Rechtslage für jene Lehrpersonen normiert, „deren Betrauung mit der Leitung einer weiteren Schule nach dem 31. August 2018 wirksam wird“. Im Übrigen lässt der eindeutige Gesetzeswortlaut keinen Raum für Unterscheidungen zwischen unterschiedlichen Gruppen von Lehrpersonen, „deren Betrauung mit der Leitung einer weiteren Schule nach dem 31. August 2018 wirksam wird“, erkennen.

19 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 17. April 2023

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