JudikaturVwGhRo 2021/06/0004

Ro 2021/06/0004 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
29. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. des Ing. L N, und 2. der A N, beide in F und beide vertreten durch die Thurnher Wittwer Pfefferkorn Partner Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Messestraße 11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 2. November 2020, LVwG 302 9/2019 R18, betreffend Versagung einer Ausnahmebewilligung nach dem Raumplanungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Berufungskommission der Gemeinde St. Gallenkirch; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (LVwG) wurde der Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen einen Bescheid der Berufungskommission der Gemeinde S. (belangte Behörde) vom 6. November 2019, mit welchem ihnen im gemeindeinternen Instanzenzug gemäß § 22 Abs. 2 Raumplanungsgesetz (RPG) die beantragte Bewilligung einer Ausnahme vom Flächenwidmungsplan für die Errichtung eines Geräteschuppens für die Imkerei auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG S. versagt worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Folge gegeben, der angefochtene Bescheid bestätigt und ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.

2 Als Begründung für die Revisionszulassung führte das LVwG Folgendes aus: „Die Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für den konkreten Fall zur Frage der Beurteilung der Kleinräumigkeit eines Vorhabens im Sinne des § 22 Abs 2 lit a Vorarlberger Raumplanungsgesetz fehlt.“

3 Die vorliegende, gegen dieses Erkenntnis gerichtete ordentliche Revision wiederholt zu ihrer Zulässigkeit die Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes und bringt ergänzend dazu zusammengefasst vor, das angefochtene Erkenntnis sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen (Verweis auf VwGH 25.9.2007, 2003/06/0074). Im genannten Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass für die Ausübung von Ermessen kein Raum bleibe, sondern die Ausnahme zu gewähren sei, wenn die von § 22 Abs. 2 RPG geforderten Voraussetzungen vorlägen. Außerdem beruhe das angefochtene Erkenntnis auf einem unschlüssigen Gutachten des Amtssachverständigen und liege infolgedessen ein sekundärer Feststellungsmangel vor, da das LVwG „nicht alle erforderlichen Feststellungen“ getroffen habe.

4 Die Vorarlberger Landesregierung erstattete eine Revisionsbeantwortung mit den Anträgen, die Revision als unzulässig zurück , in eventu als unbegründet abzuweisen.

5 Die Revision ist unzulässig.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

9 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa VwGH 26.1.2023, Ro 2022/05/0021, mwN).

10 Zur Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes:

11 Zweck der Begründungspflicht nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG ist bei einer ordentlichen Revision die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage (vgl. für viele nochmals etwa VwGH 26.1.2023, Ro 2022/05/0021, mwN).

12 Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert dabei (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die konkrete Darlegung, welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat. Ein pauschales bzw. nur ganz allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung reicht jedenfalls nicht aus; es bedarf einer Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem konkreten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 8.9.2023, Ro 2023/06/0007, mwN).

13 Mit den allgemeinen Ausführungen ohne jeglichen Fallbezug im gegenständlichen Zulassungsausspruch legt das LVwG nicht dar, welche konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage, die für das gegenständliche Verfahren von entscheidender Bedeutung wäre, der Verwaltungsgerichtshof bei der Entscheidung über die Revision (erstmals) zu lösen habe. Der bloße Umstand, dass zu einer bestimmten Regelung keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht, begründet für sich allein noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG (vgl. nochmals etwa VwGH 8.9.2023, Ro 2023/06/0007, mwN).

14 Zur Zulässigkeitsbegründung der revisionswerbenden Parteien:

15 Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die maßgeblichen Gründe für die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH 4.5.2022, Ro 2022/06/0005, mwN).

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die Frage, ob hinsichtlich eines konkreten Bauvorhabens das Tatbestandsmerkmal der Kleinräumigkeit im Sinn des § 22 Abs. 2 lit. a RPG erfüllt ist oder nicht, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unterliegt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung könnte in diesem Zusammenhang nur dann vorliegen, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 27.4.2023, Ra 2023/06/0063, mwN).

17 Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der vorliegenden Revision weder mit dem allgemeinen Hinweis auf ein „unschlüssiges“ Sachverständigengutachten, noch mit der Behauptung der Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 2007, 2003/06/0074, aufgezeigt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die von den revisionswerbenden Parteien behauptete Auslegung des § 22 Abs. 2 RPG in der hier maßgeblichen Fassung gerade nicht zu entnehmen ist. Vielmehr wies der Verwaltungsgerichtshof zur dortigen Rechtslage, welche mit der vorliegend anwendbaren Rechtslage vergleichbar ist, ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei der Entscheidung gemäß § 22 Abs. 2 RPG um eine Ermessensentscheidung der Behörde handelt.

18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 29. April 2024

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen