Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Zettl, über die Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 22. Jänner 2020, LVwG 750705/5/ER, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Partei: R S, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Aufwandersatz wird nicht zugesprochen.
1.1. Mit Bescheid vom 8. Juli 2019 wies der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: Behörde) den Antrag der Mitbeteiligten, einer usbekischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot Weiß Rot Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 lit. b NAG (zum Zweck der Familienzusammenführung mit ihrem über einen Aufenthaltstitel gemäß § 41a Abs. 9 NAG verfügenden Ehemann) sowie die damit verbundenen Zusatzanträge gemäß §§ 21 Abs. 3 und 19 Abs. 8 NAG ab.
1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. Jänner 2020 gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der gegen den vorgenannten Bescheid erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten statt, hob die Entscheidung auf und erteilte den beantragten Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
1.3. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die gegenständliche außerordentliche Amtsrevision der Behörde, zu der die Mitbeteiligte im eingeleiteten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung (samt Antrag auf Kostenersatz) erstattete.
2.1. Im Zuge der Bearbeitung der Revisionssache wurde vom Verwaltungsgerichtshof erhoben, dass der Mitbeteiligten im Anschluss an die erstmalige Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels mit dem angefochtenen Erkenntnis mittlerweile ein weiterer Aufenthaltstitel „Rot Weiß Rot Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG zunächst mit Gültigkeit bis 22. Jänner 2022 und zuletzt mit Gültigkeit bis 23. Jänner 2025 erteilt wurde.
2.2. Im Hinblick darauf teilte der Verwaltungsgerichtshof der Behörde unter Einräumung einer Äußerung mit verfahrensleitender Verfügung vom 20. Februar 2024 mit, dass die Amtsrevision mittlerweile als gegenstandslos geworden zu erachten sei.
2.3. Die Behörde gab innerhalb der dafür eingeräumten Frist keine Äußerung ab.
3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.
3.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, ist bei einer Revision nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG unter einer Klaglosstellung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eingetreten ist. Vielmehr liegt ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber - infolge Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art - kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung hat und somit materiell klaglos gestellt wurde (vgl. etwa VwGH 24.8.2023, Ro 2019/22/0012, Pkt. 4., mwN). Diese Judikatur gilt auch für Fälle einer Amtsrevision (vgl. etwa VwGH 16.8.2017, Ro 2017/22/0005, Pkt. 4.1., mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung berufen. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt nicht vor, wenn eine Entscheidung bloß über abstrakt theoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann. Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es (aufgrund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrensziels für ihn keinen objektiven Nutzen mehr hat, den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur mehr theoretische Bedeutung zukommt (vgl. etwa VwGH 6.12.2023, Ra 2022/22/0066, Rn. 8, mwN).
4.1. Vorliegend ist unstrittig, dass die Gültigkeitsdauer des mit dem angefochtenen Erkenntnis erteilten Aufenthaltstitels abgelaufen ist und der Mitbeteiligten bereits (wiederholt) ein weiterer gleichartiger Aufenthaltstitel erteilt wurde. Die Behörde legte nicht dar und ist auch nicht zu sehen, dass ein rechtliches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof bestehe bzw. einer meritorischen Entscheidung noch praktische Bedeutung zukäme. Zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist aber der Verwaltungsgerichtshof wie schon oben dargelegt nicht berufen (vgl. etwa VwGH 12.9.2023, Ra 2022/22/0014, Rn. 9, mwN [betreffend eine ganz ähnlich gelagerte Fallkonstellation]).
4.2. Die Revision war daher infolge nachträglichen Wegfalls des rechtlichen Interesses der Behörde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
5.1. Wird eine Revision - ohne formelle Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unter sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, so ist die Kostenentscheidung mangels formeller Klaglosstellung nicht gemäß § 55 VwGG, sondern gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu treffen (vgl. etwa VwGH 6.12.2023, Ra 2020/22/0155, Pkt. 6., mwN).
5.2. Im Hinblick darauf, dass vorliegend die Frage des hypothetischen Schicksals der Revision nicht ohne nähere Prüfung zu lösen wäre und die Entscheidung über den gestellten Kostenantrag daher einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG).
Wien, am 18. März 2024
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