JudikaturVwGH

Ra 2020/05/0251 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
15. Dezember 2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revision der H GmbH in W, vertreten durch Mag. Michael Luszczak, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Grazer Straße 77/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 13. Oktober 2020, LVwG AV 1458/001 2019, betreffend Abweisung eines Bauansuchens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Stadt W; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Bescheid vom 6. August 2019 wurde der Antrag der revisionswerbenden Partei auf neuerliche Erteilung der Baubewilligung für eine Werbetafel auf einer näher bezeichneten Liegenschaft gemäß § 20 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) vom Magistrat der Stadt W. abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, Werbeanlagen seien in der fallbezogen maßgeblichen Widmungsart „Grünland Land und Forstwirtschaft“ nicht zulässig. Die gegenständliche Werbetafel widerspreche daher dem NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014).

2 Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 22. Oktober 2019 abgewiesen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dem H. Werbebüro (offenbar Rechtsvorgänger der revisionswerbenden Partei) sei mit Bescheid vom 23. Mai 2014 eine auf fünf Jahre befristete Baubewilligung zur „Errichtung von Plakattafeln“ auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück erteilt worden. Mit Schreiben vom 30. April 2019 habe die revisionswerbende Partei beantragt, für die dort bestehende Werbetafel die Baubewilligung zu verlängern oder unbefristet zu erteilen.

5 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Verwaltungsgericht, bei einem Baubewilligungsverfahren handle es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren. Ob bereits vorher ein Bauwerk vorhanden gewesen sei bzw. ob dieses zu Recht bewilligt worden sei, sei bei der Beurteilung eines konkreten Bauansuchens nicht zu berücksichtigen. Zu beurteilen gewesen sei lediglich das Bauansuchen vom 30. April 2019 auf Erteilung einer Baubewilligung für eine Werbetafel auf einem näher bezeichneten Grundstück. Entsprechend dem Flächenwidmungsplan der Stadt W. gelte für das verfahrensgegenständliche Grundstück die Widmungsart „Grünland Land und Forstwirtschaft“. Auf einem solchen Grundstück sei gemäß § 20 Abs. 2 NÖ ROG 2014 die Errichtung und Abänderung von Bauwerken (somit auch von baulichen Anlagen) für die Ausübung der Land und Forstwirtschaft einschließlich deren Nebengewerbe zulässig. Gemäß § 20 Abs. 4 NÖ ROG 2014 sei im Grünland Land und Forstwirtschaft ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben nur dann und nur in jenem Umfang zulässig, als dies für eine Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich sei und eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolge. Die revisionswerbende Partei, die nicht Eigentümerin des Grundstückes sei, habe weder im Bewilligungsantrag noch im weiteren Verfahren behauptet oder dargelegt, dass sie einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ausübe. Es sei weder vorgebracht worden noch habe festgestellt werden können, dass die beantragte Errichtung der Werbetafeln der Ausübung eines landwirtschaftlichen Betriebs diene oder dafür erforderlich sei.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision (gesondert) vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Zur Zulässigkeit wird in der Revision vorgebracht, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob ein Bauwerk, welches rechtmäßig vorhanden gewesen sei und welches Vertrauensschutz genieße, aufgrund einer unzulässigen Befristung der ursprünglichen Baubewilligung einer weiteren Baubewilligung bedürfe. Es komme - entgegen der Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtes - bei einer zu Unrecht befristeten ursprünglichen Baubewilligung beim nachfolgenden Ansuchen sehr wohl auf die Ansuchen hinsichtlich desselben Objekts, die bereits gestellt worden seien, an.

11 Bei einem Baubewilligungsverfahren handelt es sich nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um ein Projektgenehmigungsverfahren, bei dem die Zulässigkeit aufgrund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist. Gegenstand des Verfahrens ist das in den eingereichten Plänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt. In einem Projektgenehmigungsverfahren kommt es nicht darauf an, welcher Zustand besteht, sondern darauf, welcher Zustand nach der Verwirklichung des Projekts herbeigeführt werden soll (vgl. etwa VwGH 20.1.2015, 2013/05/0104; 2.8.2016, Ro 2014/05/0003, jeweils mwN). Auch in einem nachträglichen Baubewilligungsverfahren ist von der Behörde zu prüfen, ob die Errichtung des projektierten Gebäudes und nicht der tatsächlich vorhandene Bau zulässig ist (VwGH 29.9.2016, 2013/05/0058).

12 Ob eine vorangegangene (bereits abgelaufene) Baubewilligung zu Recht (befristet) erteilt wurde, ist im Verfahren über die neuerliche Erteilung einer Baubewilligung für dieses Vorhaben nicht zu prüfen, weil dies nicht Verfahrensgegenstand ist. Gegenstand ist lediglich das neu eingereichte Projekt. Durch die allfällige Rechtswidrigkeit eines vorangegangenen Bescheides, der nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens ist, kann die revisionswerbende Partei fallbezogen in keinen Rechten verletzt sein.

13 Soweit die revisionswerbende Partei aus dem Umstand, dass ihr bisher Baubewilligungen wenngleich zu Unrecht nur befristet erteilt worden seien, ableitet, sie habe darauf vertrauen dürfen, dass die Errichtung der baulichen Anlage rechtens sei, zeigt sie auch damit keine vom Verwaltungsgerichtshof zu beantwortende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B VG auf, zumal nicht dargetan wird, aus welcher baurechtlichen Vorschrift sich ein solcher Vertrauensschutz ableiten ließe. Zur Prüfung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte ist der Verwaltungsgerichtshof wiederum nicht berufen (vgl. etwa VwGH 8.2.2021, Ra 2020/11/0190).

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren mit Beschluss gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 2021

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