JudikaturVwGH

Ra 2020/04/0080 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha in Bruck an der Leitha, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 23. März 2020, Zl. LVwG-S-985/001-2019, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (mitbeteiligte Partei: Dr. R K in W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

1 Unstrittig wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 17. August 2017 über das Vermögen des N.N., Inhaber der KS D e.U. (in der Folge: Gemeinschuldner), das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und der Mitbeteiligte zum Masseverwalter bestellt.

2 Mit Straferkenntnis vom 21. März 2019 legte die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha (Amtsrevisionswerberin) dem Mitbeteiligten „als Masseverwalter der KS D e.U.“ zur Last, er habe es zu verantworten, dass am 7. Juni 2018 auf näher angeführter Website umfangreiche Leistungen verschiedenster reglementierter Gewerbe (Baumeisterarbeiten, Abbrucharbeiten, Pflasterarbeiten, Garten und Landschaftsbau mit 3D Planung) angeboten und dadurch selbstständig, regelmäßig und in Gewinnerzielungsabsicht die Gewerbe „Baumeister gemäß § 94 Z 5 GewO 1994, Pflasterer gemäß § 94 Z 54 GewO 1994 und Gärtner gemäß § 94 Z 24 GewO“ ausgeübt worden seien, ohne die erforderlichen Genehmigungen erlangt zu haben. Der Mitbeteiligte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 1 Abs. 4 iVm § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 360, (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt und er zum Ersatz der Verfahrenskosten in der Höhe von € 36, verpflichtet werde.

3 Der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge, hob das Straferkenntnis auf, stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein (Spruchpunkt 1.) und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.).

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Gemeinschuldner sei vom 23. Juni 2014 bis 8. Mai 2018 zur Ausübung des Baumeistergewerbes gemäß § 99 GewO 1994 befugt gewesen. Vom 17. August 2017 bis 8. Mai 2018 sei die Insolvenzmasse Fortbetriebsberechtigte gewesen. Zum 7. Juni 2018 habe keine Gewerbeberechtigung mehr für die Ausübung des Baumeistergewerbes bestanden.

Durch das Anbieten der dargestellten Tätigkeiten auf der Homepage der KS D e.U. am 7. Juni 2018 habe diese das Baumeistergewerbe ausgeübt. Mit 8. Mai 2018 sei deren Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Baumeistergewerbes bzw. das Fortbetriebsrecht der Insolvenzmasse von der Amtsrevisionswerberin gelöscht worden. Das Fortbetriebsrecht der Insolvenzmasse habe entgegen der anderslautenden Auskunft der Amtsrevisionswerberin an den Mitbeteiligten vom 8. Juni 2018 nicht mehr bestanden.

Der Mitbeteiligte habe den ihm angelasteten Straftatbestand objektiv begangen. Es mangle ihm jedoch am Verschulden. Der Mitbeteiligte habe „aufgrund der Löschung der Gewerbeberechtigung der KS D e.U. für die Ausübung des Baumeistergewerbes aktiv“ bei der Amtsrevisionswerberin nachgefragt, ob das Fortbetriebsrecht aufrecht bleibe. Dies sei ihm mit Schreiben der Amtsrevisionswerberin am 8. Juni 2018 bestätigt worden. Insofern könne „nicht einmal von einem fahrlässigen Verhalten“ des Mitbeteiligten ausgegangen werden.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision. Der Mitbeteiligte beantragte in seiner nach Einleitung des Vorverfahrens erstatteten Revisionsbeantwortung die Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision gegen Aufwandersatz.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Soweit wie vorliegend ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet wird, ist konkret darzulegen, in welchen tragenden Erwägungen das Verwaltungsgericht sich von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte. Eine Zulässigkeitsbegründung, die bloß pauschale Behauptungen, jedoch keine konkrete Rechtsfrage und auch keine Bezugnahme auf Judikatur enthält, entspricht diesen Anforderungen nicht (vgl. VwGH 4.2.2021, Ra 2020/04/0169, Rn. 9; 20.7.2021, Ra 2020/04/0171, Rn. 9, jeweils mwN).

10 Diesem Erfordernis wird die Amtsrevision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht gerecht. Der gemäß § 28 Abs. 3 VwGG erstatteten Zulässigkeitsbegründung ist nicht zu entnehmen, welche grundsätzliche Rechtsfrage die Revision an den Verwaltungsgerichtshof heranzutragen wünscht. Die bloß allgemein gehaltenen Ausführungen, das angefochtene Erkenntnis widerspreche den Bestimmungen des § 9 VStG und § 41 Abs. 5 GewO 1994, enthalten keinen Hinweis auf das Abweichen von einer konkreten Rechtsprechung und auch keinen sonstigen Hinweis im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG.

11 Ebenso wenig legt die Amtsrevision mit ihrem pauschalen Vorbringen zur Zulässigkeit, das Verwaltungsgericht habe auf eine nicht näher angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes „in keiner Weise Bezug genommen und die gesamte hier relevante Konstellation verkannt“ und sei daher von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, ohne diese Rechtsprechung konkret darzustellen, eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG dar.

12 In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

13 Das Begehren des Mitbeteiligten betreffend Schriftsatzaufwand war abzuweisen, weil nach § 48 Abs. 3 Z 2 VwGG nur der Ersatz des Aufwandes gebührt, der für den Mitbeteiligten als obsiegende Partei mit der Einbringung einer Revisionsbeantwortung durch einen Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) verbunden war. Ersatz für Schriftsatzaufwand kommt daher dann nicht in Betracht, wenn ein Rechtsanwalt wie im Revisionsfall in eigener Sache ein schreitet (vgl. VwGH 30.4.2019, Ra 2019/15/0007, Rn. 9; sowie zum fehlenden Aufwandersatzanspruch eines nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen als Insolvenz bzw. Masseverwalter bestellten Rechtsanwalts VwGH 26.4.2002, 2001/02/0172; 7.4.2016, Ra 2015/08/0216, jeweils mwN).

Wien, am 11. Juli 2022

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