Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision 1. der A T, 2. der XX (geboren am 5. August 2012) und 3. des XY (geboren am 7. Januar 2015), alle in D, alle vertreten durch Mag.a Doris Einwallner, Rechtsanwältin in 1050 Wien, Schönbrunnerstraße 26/3, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 2. Dezember 2016,
1) LVwG 26.20-34/2016-18, 2) LVwG 27.20-36/2016-7 und 3) LVwG 27.20-38/2016-7, jeweils betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Liezen), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die Erstrevisionswerberin ist die Mutter der minderjährigen zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien; sie sind kosovarische Staatsangehörige und leben im Kosovo. Die Erstrevisionswerberin ist mit einem kosovarischen Staatsangehörigen (Vater der zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien) verheiratet, der seit 2005 als Saisonarbeiter (Sommer/Winter) in Österreich beschäftigt ist. Zwischen Jänner 2012 und September 2014 war auch die Erstrevisionswerberin in Österreich erwerbstätig.
2 Mit Schriftsätzen vom 23. Juni 2015 beantragte die Erstrevisionswerberin für sich und ihre beiden Kinder bei der österreichischen Botschaft in Skopje jeweils die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Als Zusammenführender wurde jedoch nicht der Ehemann bzw. Vater, sondern der Schwager bzw. Onkel der revisionswerbenden Parteien angegeben. Dieser gab eine Haftungserklärung ab und wies nach, dass er der Erstrevisionswerberin zwischen 2010 und 2014 insgesamt elf Mal (zuletzt im Dezember 2014) Geldbeträge von insgesamt EUR 4.550,-- übermittelt hatte.
3 Mit dem erstangefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die gegen den abweisenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen erhobene Beschwerde der Erstrevisionswerberin ab.
Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, die finanzielle Unterstützung des Zusammenführenden sei nicht als "Unterhalt" zu werten, sondern es handle sich dabei um eine freiwillige Gefälligkeit, um der Familie eine einfachere Lebensführung zu ermöglichen. Die Erstrevisionswerberin sei zwischen Jänner 2012 und September 2014 selbst in Österreich erwerbstätig gewesen und auch ihr Ehemann sei berufstätig, sodass davon ausgegangen werden könne, dass den revisionswerbenden Parteien auch ohne Unterstützung des Zusammenführenden eine einfache Lebensführung im Kosovo möglich sei.
Die Beschwerden der minderjährigen zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien wurden abgewiesen, weil jene ihrer Mutter abgewiesen worden war.
Das LVwG erklärte eine ordentliche Revision jeweils als unzulässig.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 In ihrer Zulassungsbegründung rügen die revisionswerbenden Parteien ein Abweichen von der ständigen hg. Judikatur, weil das LVwG keine Feststellungen getroffen habe, welche finanziellen Mittel (Existenzminimum) im Herkunftsland benötigt würden und ob das Geld des Zusammenführenden dafür benutzt werde (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. November 2015, Ro 2015/22/0005).
8 Ein Familiennachzug im Sinn des § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG setzt voraus, dass der Nachziehende während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet auf Unterhaltsmittel des Zusammenführenden angewiesen ist und ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Zusammenführenden und dem Nachziehenden besteht. Nach der ständigen hg. Judikatur reicht es jedoch nicht aus, wenn irgendwann vor Antragstellung im Herkunftsland Unterhalt bezogen wurde, sondern der Nachziehende muss bis zuletzt auf die Unterhaltsleistungen des Zusammenführenden angewiesen sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. März 2011, 2010/22/0217, mwN).
Den Ausführungen im erstangefochtenen Erkenntnis zufolge übermittelte der Zusammenführende zuletzt am 5. Dezember 2014 einen Geldbetrag; dies bestätigte er auch in der Verhandlung vor dem LVwG am 8. Juli 2016. In den zwei Jahren zwischen der letzten Unterstützungsleistung und den angefochtenen Erkenntnissen waren die revisionswerbenden Parteien offenbar nicht (mehr) auf Unterhaltsleistungen des Zusammenführenden angewiesen.
Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die Zahlungen des Zusammenführenden in den Jahren 2010 bis 2014 als Unterhaltsleistungen zu qualifizieren waren. Der in der Revision gerügte Widerspruch des angefochtenen Erkenntnisses zur hg. Judikatur ist fallbezogen nicht entscheidungsrelevant, weil die revisionswerbenden Parteien jedenfalls nicht bis zuletzt auf die Unterhaltsleistungen des Zusammenführenden angewiesen waren.
9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.
Wien, am 21. September 2017