JudikaturVwGH

Ra 2016/20/0093 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
23. Juni 2016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ortner, in der Rechtssache der Revision des S M in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. Oktober 2015, Zl. W190 1248830- 2/16E, betreffend Angelegenheiten nach dem Asylgesetz 1997 und dem Asylgesetz 2005, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Die außerordentliche Revision macht zu ihrer Zulässigkeit zunächst geltend, der Revisionswerber sei wegen Verletzung des § 15 Abs. 3 RAO in der mündlichen Verhandlung nicht rechtsgültig vertreten gewesen. Der mit der Vertretung beauftragte Rechtsanwalt Dr. B habe sich entgegen dieser Bestimmung nicht von einem Rechtsanwaltsanwärter, sondern von A, der kein Rechtsanwaltsanwärter sei, vertreten lassen. Das Bundesverwaltungsgericht habe es unterlassen, die "Vollmachtskette" zu überprüfen und den Revisionswerber im Rahmen der Manuduktionspflicht nach § 13a AVG über die nicht dem Gesetz entsprechende Vertretung zu belehren. Im Fall der entsprechenden Belehrung hätte der Revisionswerber das Vollmachtsverhältnis zu Rechtsanwalt Dr. B. beendet und sich um eine andere rechtsanwaltliche Vertretung gekümmert. Herr A habe die Rechte des Revisionswerbers nur mangelhaft wahrgenommen und sogar für eine Dreiviertelstunde den Verhandlungssaal verlassen. Der Verfahren sei somit auch im Hinblick auf Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU und Art. 47 GRC gesetzwidrig abgeführt worden. Wäre der Revisionswerber durch einen anderen Rechtsanwalt vertreten gewesen, hätte er aufzeigen können, dass die vom Verwaltungsgericht "krampfhaft" herausgearbeiteten Widersprüche nicht vorgelegen seien.

5 Dem ist entgegenzuhalten, dass der Revisionswerber in der Verhandlung - zu Beginn noch vor Eröffnung des Beweisverfahrens - vom zuständigen Richter dahingehend befragt wurde, ob "gegenwärtig ein aufrechtes Vollmachtsverhältnis" vorliege und der Revisionswerber, ohne dass dies vor der Verhandlung dem Verwaltungsgericht zur Kenntnis gebracht worden sei, jemanden mit seiner Vertretung im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bevollmächtigt habe. Darauf antwortete der Revisionswerber, dass er Rechtsanwalt Dr. B sowie - den in der Verhandlung anwesenden - Herrn A mit seiner Vertretung "im gegenständlichen Verfahren beauftragt" habe und um Zustellung "zu deren Händen" ersuche (Verhandlungsprotokoll Seite 3).

6 Sohin ist schon der Vorwurf des Revisionswerbers, das Bundesverwaltungsgericht habe es unterlassen zu prüfen, ob A zu seiner Vertretung bevollmächtigt gewesen sei, unberechtigt. Dass aber das Verwaltungsgericht vom Fehlen einer gültigen Vollmacht für die Vertretung des Revisionswerbers durch A hätte ausgehen müssen, ist angesichts dessen Äußerung, er habe auch - dem in der Verhandlung anwesenden - A Vollmacht erteilt, nicht zu sehen. Gemäß dem - zufolge § 17 VwGVG auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht sinngemäß anwendbaren - § 10 Abs. 1 AVG kann nämlich eine Vollmacht vor der Behörde (bzw. hier: vor dem Verwaltungsgericht) auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Diese Beurkundung kann auch durch einen entsprechenden Vermerk im Verhandlungsprotokoll erfolgen (vgl. den hg. Beschluss vom 16. Jänner 1985, 84/03/0322, 0323; sowie Hengstschläger/Leeb , AVG2, § 10 Rz 10, samt weiteren Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Es lag daher im gegenständlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, in dem Anwaltspflicht nicht bestand, eine iSd § 10 AVG iVm 17 VwGVG rechtsgültige Vertretung des Revisionswerbers (auch) durch A vor.

7 Soweit der Revisionswerber die Unzufriedenheit mit der Art seiner gewillkürten Vertretung - sowohl durch Rechtsanwalt Dr. B als auch durch Herrn A - artikuliert, kann nicht nachvollzogen werden, inwiefern durch das Verhalten der Vertreter des Revisionswerbers dem Verwaltungsgericht eine mangelhafte Verfahrensführung vorzuwerfen wäre.

8 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision

war daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 23. Juni 2016

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