Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag. a Merl und Mag. Rehak und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Schreiber, über die Revision des J L in A, vertreten durch Dr. Klaus Dengg, Mag. Stefan Geisler und Mag. Markus Gredler, Rechtsanwälte in 6280 Zell/Ziller, Talstraße 4a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 12. Oktober 2015, Zl. LVwG 2014/33/1710 10, betreffend Bewilligung nach dem Tiroler Straßengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Angerberg; mitbeteiligte Partei: Gemeinde Angerberg in 6320 Angerberg, Linden 5), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Gemeinde Angerberg hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Die Gemeinde Angerberg, vertreten durch den Vizebürgermeister, (die mitbeteiligte Partei) beantragte beim Bürgermeister der genannten Gemeinde als Straßenbehörde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) die Erteilung der Straßenbaubewilligung für die Sanierung und Verlegung der Gemeindestraße B Teil III Teilabschnitt S unter Anschluss eines straßenbaurechtlichen Einreichprojektes. Von diesem Vorhaben sind unter anderem im Eigentum des Revisionswerbers stehende Grundstücke betroffen.
2 Die belangte Behörde bestellte mit Bescheid vom 5. Jänner 2014 unter Verweis auf § 52 Abs. 2 AVG Ing. H. zum nichtamtlichen straßenverkehrssicherheitstechnischen Sachverständigen mit der Begründung, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich des Straßenverkehrswesen zwingend erforderlich sei, der Gemeinde Angerberg jedoch kein entsprechender Amtssachverständiger zur Verfügung stehe.
3 Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens verwies der Revisionswerber in einer umfangreichen Stellungnahme unter anderem auf das im Jahr 2011 beschlossene örtliche Raumordnungskonzept und den im Herbst 2013 beschlossenen Flächenwidmungsplan der Gemeinde, der ebenfalls eine Neutrassierung enthalte. Er beantragte die Prüfung einer Alternativtrasse gemäß einer von ihm eingebrachten Planungsstudie. Mit dieser Alternativtrasse könnten sämtliche (von ihm geltend gemachten) Mängel beseitigt werden.
4 Mit Bescheid vom 5. Mai 2014 erteilte die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei gemäß § 44 Abs. 3 Tiroler Straßengesetz (TStG) die Straßenbaubewilligung für das in Rede stehende Straßenbauvorhaben unter Vorschreibungen näher genannter Bedingungen und Auflagen.
5 In der dagegen erhobenen Beschwerde bemängelte der Revisionswerber unter anderem, dass die von ihm eingebrachte Alternativplanung keiner weiteren Prüfung unterzogen und ohne Begründung abgelehnt worden sei, obwohl diese Planung sämtliche Gefahren im gegenständlichen Straßenbereich entschärfe, das Entstehen weiterer Gefahren und Probleme, die durch den Ausbau der bestehenden Straße entstünden, verhindere und zu einer geringeren Beanspruchung der Grundstücke des Revisionswerbers führe. Bei Durchführung des Projektes laut vorgelegter Alternativplanung sei der Revisionswerber bereit, Grund an die Gemeinde abzutreten.
6 Ferner hielt der Revisionswerber fest, dass die Gemeinde mit dem gegenständlichen Vorhaben ihre eigenen, verordneten Maßnahmen zur Erreichung der örtlichen Raumordnungsziele nicht berücksichtige.
7 Darüber hinaus machte der Revisionswerber eine Befangenheit des beigezogenen nichtamtlichen Sachverständigen geltend, der bereits im Jahr 2001 im Auftrag der Gemeinde ein Gutachten bzw. Planungen für den in Rede stehenden Bauabschnitt erstellt und im Jahr 2013 eine weitere Planung im Auftrag der Gemeinde für diesen Bauabschnitt durchgeführt habe.
8 Das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) bestellte mit Bescheid vom 30. Juni 2015 den bereits im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen Sachverständigen Ing. H. zum nichtamtlichen Straßenbau und straßenverkehrssicherheitstechnischen Sachverständigen für das Beschwerdeverfahren. Begründend wurde dazu ausgeführt, Ing. H. verfüge auf Grund seiner Ausbildung und Tätigkeit über die erforderlichen Kenntnisse und sei bereits als nichtamtlicher Sachverständiger im erstinstanzlichen Verfahren bestellt gewesen. Ing. H. kenne das vorliegende Projekt und die örtlichen Gegebenheiten, sodass mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten sei.
9 In weiterer Folge holte das LVwG die ergänzende Stellungnahme des genannten Sachverständigen vom 11. August 2015 ein, in der dieser zur Frage des Bedarfs nach § 37 Abs. 1 TStG und der Breite der einzelnen Straßenbauteile im Wesentlichen ausführte, dass der gewählte Regelquerschnitt der Straße mit einer Fahrbahn von 5,0 m, einem einseitigen Bankett mit 0,5 m und einem anschließenden Gehsteig von 1,50 m den einschlägigen Richtlinien der Straßenplanung entspreche. Dieser Regelquerschnitt stelle eine zweistreifige Straße dar und sei daher jedenfalls auch für zukünftige Verkehrsbedürfnisse geeignet. Als wesentlich gelte es anzumerken, dass nach der Umsetzung des Bauvorhabens ein durchgehender Gehsteig zwischen Angerberg und Mariastein vorhanden sein werde. Die Verkehrssicherheit für Fußgänger könne damit wesentlich gesteigert werden.
10 Die Frage des LVwG betreffend die Lage der Straße im Hinblick auf den gültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde beantwortete der Sachverständige dahingehend, dass das geplante Projekt nicht dem aktuellen Flächenwidmungsplan der Gemeinde entspreche.
11 Schließlich hielt der Sachverständige fest, dass die Sichtweite laut Projektierungsrichtlinie RVS 3.03.23 im Bereich des östlichen Stalleckes des Hofes des Revisionswerbers nach der Umsetzung des Straßenbauprojektes jedenfalls gewährleistet sein werde.
12 Nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wies das LVwG die Beschwerde des Revisionswerbers (und die Beschwerden weiterer Personen) als unbegründet ab.
13 In seinen rechtlichen Erwägungen führte das LVwG unter anderem aus, § 37 Abs. 1 lit. d TStG stelle insbesondere auf die Übereinstimmung mit bestehenden Flächenwidmungs und Bebauungsplänen ab. Von der Straßenbehörde seien nicht selbst die Raumordnungsziele zu definieren. Die belangte Behörde habe im durchgeführten Ermittlungsverfahren ein ordnungsgemäß eingereichtes Projekt im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erörtert und auch die öffentlichen Interessen erhoben. Der Sachverständige habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung die vorgebrachten Einwendungen behandelt und sei zum Ergebnis gekommen, dass das vorliegende Projekt jedenfalls geeignet sei, im Sinne des § 37 TStG zu entsprechen. Ferner sei nach den Ausführungen des Sachverständigen mit einer wesentlichen Verbesserung der Anlageverhältnisse der Straße gegenüber dem Bestand zu rechnen. Die gewählte Ausführungsvariante erscheine in Hinblick auf eine wirtschaftliche Bauweise als geeignet, eine möglichst kostengünstige Umsetzung zu ermöglichen, weil Teilbereiche der bestehenden Straße in die Sanierung miteingebunden werden könnten. Eine Umsetzung des Bauvorhabens sei damit zur Erhöhung der Verkehrssicherheit im gegenständlichen Bereich als wesentlich anzusehen und daher zu befürworten.
14 Zum Beschwerdevorbringen des Revisionswerbers sei seitens der belangten Behörde dargelegt worden, dass mehrere Varianten geprüft worden, jedoch immer wieder auf Grund der Einsprüche der Grundeigentümer gescheitert seien. Selbst eine Variante, in der geplant gewesen sei, das „Zuhaus“ des Revisionswerbers auf eigene Kosten zu verlegen, sei nicht realisiert worden, weil schlussendlich auch der Revisionswerber als Grundeigentümer diesem Vorhaben nicht zugestimmt habe.
15 Zu den angesprochenen Varianten sei seitens des Projektanten ausgeführt worden, dass seitens der Vertreterin des Revisionswerbers der Abtrag des „Zuhäusls“ bzw. Waschhäuschens auch zugesagt worden sei, dass um die Mistlege herumgefahren werden sollte. Diese Trasse sei auch begangen und abgesteckt, jedoch sei die Verlegung der Mistlege zum Stallgebäude nie planlich dargestellt worden, „sodass dies nie in einem Plan eingearbeitet werden konnte“.
16 Die weiteren Einwendungen des Revisionswerbers seien vom nichtamtlichen Sachverständigen bereits in dessen Gutachten vom 18. April 2014 und im Zuge der mündlichen Verhandlung beantwortet worden. Das Vorbringen des Revisionswerbers sei nicht auf gleicher fachlicher Ebene erstattet worden. Der Sachverständige habe festgehalten, dass das Projekt geeignet sei, dem § 37 TStG zu entsprechen.
17 Abschließend hielt das LVwG fest, die Ausführungen des nichtamtlichen Sachverständigen seien in sich schlüssig, vollständig und nachvollziehbar. Auch das ergänzend durchgeführte Ermittlungsverfahren habe keine Anhaltspunkte ergeben, dass das vorgelegte Gutachten unrichtig wäre. Seitens des Revisionswerbers sei ein gleichwertiges Gegengutachten nicht vorgelegt worden. Es sei somit nachgewiesen worden, dass das verfahrensgegenständliche Straßenbauprojekt den Vorgaben des § 37 Abs. 1 TStG entspreche. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nicht zugelassen.
18 Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 10. Dezember 2015, E 2393/2015 5, die Behandlung der vom Revisionswerber gegen das Erkenntnis des LVwG erhobenen Beschwerde ab und trat sie an den Verwaltungsgerichtshof ab.
19 Gegen das Erkenntnis des LVwG richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
20 Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei (Projektwerberin) erstatteten eine Revisionsbeantwortung, der Revisionswerber replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
21 Die vorliegende Revision erweist sich schon auf Grund des Vorbringens betreffend einen Widerspruch der bewilligten Trasse zum geltenden Flächenwidmungsplan als zulässig. Sie ist auch berechtigt.
22 Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 13/1989 in der Fassung LGBl. Nr. 187/2014, lauten:
„ Gemeindestraßen
§ 13
Widmung
(1) Die Erklärung einer Straße zur Gemeindestraße erfolgt durch Verordnung der Gemeinde.
(2) Zu Gemeindestraßen können jene Straßen erklärt werden, die überwiegend
a) für den örtlichen Verkehr der Gemeinde oder größerer Teile der Gemeinde,
b) für die Herstellung der Verbindung zwischen benachbarten Gemeinden oder zwischen größeren Teilen der Gemeinde oder
c) für eine Erschließung, die in einem örtlichen Raumordnungsinteresse der Gemeinde gelegen ist,
von Bedeutung sind.
[...]
§ 37
Allgemeine Erfordernisse
(1) Straßen müssen nach den Erfahrungen der Praxis und den Erkenntnissen der Wissenschaft so geplant und gebaut werden, dass
a) sie für den Verkehr, dem sie gewidmet sind, bei Beachtung der straßenpolizeilichen und der kraftfahrrechtlichen Vorschriften sowie bei Bedachtnahme auf die durch die Witterung oder durch Elementarereignisse hervorgerufenen Verhältnisse ohne besondere Gefahr benützt werden können,
b) sie im Hinblick auf die bestehenden und die abschätzbaren künftigen Verkehrsbedürfnisse den Erfordernissen der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs entsprechen,
c) Beeinträchtigungen der angrenzenden Grundstücke durch den Bestand der Straße sowie Gefährdungen oder Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den Verkehr auf der Straße oder durch Erhaltungsarbeiten an der Straße, soweit solche Beeinträchtigungen nicht nach den örtlichen Verhältnissen und der Widmung des betreffenden Grundstückes zumutbar sind, so weit herabgesetzt werden, wie dies mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg wirtschaftlich vertretbaren Aufwand möglich ist und
d) sie mit den Zielen der überörtlichen und der örtlichen Raumordnung im Einklang stehen.
(2) Durch Abs. 1 lit. c werden subjektive Rechte der Nachbarn nicht begründet.
[...]
§ 40
Bewilligungspflicht, Anzeigepflicht
(1) Der Neubau einer Straße und jede bauliche Änderung einer Straße, die geeignet ist, die im § 37 Abs. 1 genannten Interessen wesentlich zu beeinträchtigen, bedürfen einer Bewilligung der Behörde (Straßenbaubewilligung).
[...]
§ 43
Rechte der betroffenen Grundeigentümer
(1) Die Eigentümer der von einem Bauvorhaben betroffenen Grundstücke sowie jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein im Privatrecht begründetes dingliches Recht, das zum Gebrauch oder zur Nutzung des Grundstückes berechtigt, oder als Teilwaldberechtigten ein öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht zusteht, können eine Änderung des Bauvorhabens hinsichtlich der Straßentrasse unbeschadet des § 44 Abs. 5 und der technischen Ausgestaltung der Straße beantragen, sofern dadurch die Beanspruchung ihrer Grundstücke vermieden oder verringert werden kann.
(2) Die Behörde hat bei der Erteilung der Straßenbaubewilligung einem Antrag nach Abs. 1 Rechnung zu tragen, soweit die beantragte Änderung
a) den Erfordernissen nach § 37 Abs. 1 entspricht und
b) mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg wirtschaftlich vertretbaren Aufwand durchgeführt werden kann.
§ 44
Straßenbaubewilligung
(1) Die Behörde hat über ein Ansuchen nach § 41 mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden.
(2) Das Ansuchen ist abzuweisen, wenn das Bauvorhaben den Erfordernissen nach § 37 Abs. 1 nicht entspricht.
[...]
(4) Liegt kein Grund für eine Zurückweisung oder für eine Abweisung vor, so ist die Straßenbaubewilligung entsprechend dem Ansuchen zu erteilen. Sie ist unter Bedingungen und mit Auflagen zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, damit den Erfordernissen nach § 37 Abs. 1 entsprochen wird, oder soweit sich das Erfordernis von Bedingungen oder Auflagen im Rahmen der Interessenabwägung nach Abs. 3 ergibt. In der Straßenbaubewilligung ist ferner über allfällige Verpflichtungen des Straßenverwalters nach den §§ 38 und 39 abzusprechen.
(5) Soweit die Trasse einer Straße durch die Festlegungen des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes bestimmt ist, ist die Behörde bei der Erteilung der Straßenbaubewilligung daran gebunden.
[...]“
23 Die maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 (TROG 2011), LGBl. Nr. 56/2011 in der Fassung LGBl. Nr. 82/2015, lauten:
„ Flächenwidmungsplan
§ 35
Inhalt
(1) Im Flächenwidmungsplan ist unbeschadet der Planungskompetenzen des Bundes und des Landes unter Berücksichtigung der Ziele der örtlichen Raumordnung, des örtlichen Raumordnungskonzeptes und der Ergebnisse der Bestandsaufnahme für alle Grundflächen des Gemeindegebietes der Verwendungszweck durch die Widmung als Bauland, Freiland, Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen festzulegen. Weiters ist der Verlauf der Straßen nach § 53 Abs. 1 festzulegen. Die Widmungen sind zeichnerisch darzustellen.
[...]
(3) Im Flächenwidmungsplan sind die im § 28 Abs. 2 und4 genannten Gebiete, Grundflächen und Anlagen sowie die Verkehrsflächen nach § 53 Abs. 3 ersichtlich zu machen.
[...]
§ 53
Verkehrsflächen
(1) Im Flächenwidmungsplan ist der Verlauf jener Straßen festzulegen, die
a) für den örtlichen Verkehr der Gemeinde oder größerer Teile der Gemeinde,
b) für die Herstellung der Verbindung zwischen benachbarten Gemeinden oder zwischen größeren Teilen der Gemeinde oder
c) für die in einem örtlichen Raumordnungsinteresse der Gemeinde gelegenen Erschließungen, insbesondere für die Haupterschließung des Baulandes,
noch erforderlich sind.
(2) Unbeschadet der jeweiligen Planungskompetenz können im Flächenwidmungsplan Grundflächen unabhängig von ihrer Widmung auch für die Errichtung überörtlicher Verkehrswege vorbehalten werden. [...]
(3) Grundflächen für Straßen im Sinn des Abs. 1 oder überörtliche Verkehrswege im Sinn des Abs. 2 gelten ab dem Zeitpunkt ihrer Fertigstellung als Verkehrsflächen. Eine Festlegung über den Straßenverlauf nach Abs. 1 bzw. ein allfälliger Vorbehalt nach Abs. 2 erlischt. Die Landesregierung hat in der elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes das Erlöschen der Festlegung bzw. des Vorbehaltes ersichtlich zu machen und gleichzeitig die Widmung der betreffenden Grundflächen als Verkehrsflächen darzustellen. Die Festlegung bzw. der Vorbehalt erlischt mit dem Ablauf des Tages, an dem diese Daten zur Abfrage freigegeben werden. Gleichzeitig tritt die Widmung als Verkehrsfläche in Kraft.
[...]
§ 56
Inhalte
(1) Im Bebauungsplan sind hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien (§ 58) und hinsichtlich der Bebauung die Baufluchtlinien (§ 59 Abs. 1 und 2), die Bauweisen (§ 60), die Mindestbaudichten (§ 61) und die Bauhöhen (§ 62 Abs. 1 bis 6) festzulegen.
[...]
§ 58
Straßenfluchtlinien
(1) Die Straßenfluchtlinien grenzen die unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen von Straßen und die der Gestaltung des Straßenraumes dienenden Flächen von den übrigen Grundflächen ab.
[...]“
24 In der Revision wird vorgebracht, dass die bewilligte Trasse nicht dem Raumordnungskonzept bzw. dem Flächenwidmungsplan entspreche. Der diesbezügliche Einwand des Revisionswerbers sei vom LVwG nicht berücksichtigt worden.
25 Dazu ist darauf hinzuweisen, dass, soweit die Trasse einer Straße durch die Festlegungen des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes bestimmt ist, die Behörde gemäß § 44 Abs. 5 TStG bei der Erteilung der Straßenbaubewilligung daran gebunden ist.
26 Ist die Behörde gemäß § 44 Abs. 5 TStG bei der Erteilung der Straßenbaubewilligung an die Bestimmung der Trasse einer Straße durch die Festlegungen des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes gebunden, kommen auch Anträge der betroffenen Grundeigentümer gemäß § 43 Abs. 1 TStG betreffend eine Änderung des Bauvorhabens hinsichtlich der Straßentrasse insoweit nicht in Frage, als sie eine Straßentrasse zum Gegenstand haben, die von der im Flächenwidmungsplan oder im Bebauungsplan festgesetzten abweicht (vgl. zu einer Abweichung vom Bebauungsplan die Erkenntnisse vom 28. Jänner 1993, 91/06/0229, vom 22. Juni 1995, 95/06/0077, und vom 4. August 2015, 2013/06/0187).
27 Gemäß § 35 Abs. 1 TROG 2011 ist im Flächenwidmungsplan der Verlauf der Straßen nach § 53 Abs. 1 festzulegen. Die Widmungen sind zeichnerisch darzustellen. Anders als für die nicht in die Planungskompetenz der Gemeinde fallenden Landesstraßen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. November 2011, 2010/06/0044) ergibt sich für Gemeindestraßen die Verbindlichkeit ihres Verlaufes aus dem Flächenwidmungsplan.
28 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass nach § 44 Abs. 5 (vormals: § 44 Abs. 4) TStG eine Bindung der Behörde an die Festlegungen in einem Bebauungsplan (in dem gemäß dem geltenden § 56 Abs. 1 TROG 2011 unter anderem hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien festzulegen sind) besteht und daher bei Vorhandensein einer entsprechenden Festlegung im Bebauungsplan eine mit dieser Festlegung im Widerspruch stehende Änderung des Vorhabens von vornherein nicht mit Erfolg verlangt werden kann (vgl. die Erkenntnisse vom 28. Jänner 1993, 91/06/0229, vom 22. Juni 1995, 95/06/0077, vom 28. März 2006, 2002/06/0115, und vom 4. August 2015, 2013/06/0187).
Zu den Rechtswirkungen eines Flächenwidmungsplanes im Sinne des § 44 Abs. 5 TStG hat der Verwaltungsgerichtshof (zur Rechtslage nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1984) festgehalten, dass bei einem Maßstab 1:5000 des Flächenwidmungsplanes zwar der Verlauf der Trasse der Straße auszunehmen ist, mangels Kotierung aber Unstimmigkeiten in geringfügigem Ausmaß nicht als Widerspruch zum Flächenwidmungsplan erkannt werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, 90/06/0131).
29 Aus der ergänzenden Stellungnahme des verkehrstechnischen Sachverständigen vom 11. August 2015 geht hervor, dass das geplante Projekt nicht dem aktuellen Flächenwidmungsplan der Gemeinde entspreche. Ferner wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG am 13. August 2015 die Frage, „warum die Verlegung laut Flächenwidmungsplan nicht weiter verfolgt wurde“, von der belangten Behörde mit dem nichterzielbaren Einvernehmen mit den Eigentümern begründet. In offenkundiger Verkennung der Rechtslage geht das LVwG auf den dadurch zum Ausdruck gebrachten Widerspruch der bewilligten Straßentrasse mit dem geltenden Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde nicht näher ein. Weder der erstinstanzliche Bescheid vom 5. Mai 2014 noch das angefochtene Erkenntnis des LVwG vom 12. Oktober 2015 enthalten konkrete Feststellungen zum diesbezüglichen Vorbringen des (von der bewilligten Trasse in seinem Eigentum betroffenen) Revisionswerbers. Der Revisionswerber bemängelt zu Recht, dass die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach von der Straßenbehörde nicht selbst die Raumordnungsziele zu definieren seien, nicht geeignet sind, das Vorbringen des Revisionswerbers hinsichtlich eines Widerspruchs der bewilligten Trasse zum Flächenwidmungsplan zu widerlegen.
30 Besteht aber ein Widerspruch des gegenständlichen Vorhabens zum Flächenwidmungsplan in einem mehr als geringfügigen Ausmaß (im vorgenannten Sinn), erweist sich die erteilte Bewilligung gemäß § 44 Abs. 5 TStG als rechtswidrig.
31 Angesichts dessen erübrigt es sich, auf das weitere Revisionsvorbringen näher einzugehen.
32 Das angefochtene Erkenntnis war aus den dargestellten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
33 Die beantragte mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG entfallen.
34 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 7. September 2017