JudikaturVwGH

Ra 2014/04/0004 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
14. April 2014

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der S GesmbH, vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 1, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 15. Jänner 2014, Zl. Ü BO2/04/2014.002/002, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage, erhobenen außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Aufgrund des bei der Behörde am 12. November 2011 eingelangten Antrages wurde der Revisionswerberin mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft O vom 5. April 2013 die gewerbebehördliche Genehmigung zur Neuerrichtung einer Betriebsanlage, umfassend u. a. eine Service- und Lagerhalle sowie Abstell- und Lagerflächen im Freien (20 Lkw-Abstellplätze, weitere 10 Lkwbzw. Baumaschinenabstellplätze und 29 Pkw-Abstellplätze), eine Lkw-Waschanlage, einen Bremsprüfstand und Lärmschutzeinrichtungen, erteilt.

Diese Genehmigung wurde aufgrund der Berufung der mitbeteiligten Nachbarn mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 15. Jänner 2014 gemäß § 28 Abs. 2 Z. 1 VwGVG aufgehoben und das Genehmigungsansuchen als unzulässig zurückgewiesen. Außerdem wurde gemäß § 25a VwGG die Unzulässigkeit einer Revision ausgesprochen.

Begründend führte das Landesverwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens aus, die Revisionswerberin habe bereits mit Schreiben vom 9. Februar 1995 um eine entsprechende Betriebsanlagengenehmigung ersucht, die vom Landeshauptmann mit Bescheid vom 23. Juni 1997 erteilt, aber mit Berufung bekämpft worden sei. Nach mehreren Rechtsgängen (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Februar 2012, Zl. 2007/04/0119) sei das diesbezügliche Berufungsverfahren wiederum beim zuständigen Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend anhängig, der - so das Landesverwaltungsgericht - bislang nicht entschieden habe. Daraus zog das Landesverwaltungsgericht den Schluss, das nunmehrige Ansuchen vom 12. November 2012 sei "unzulässig, weil nicht zwei nebeneinander bestehende Genehmigungen für die eine Einheit bildende Betriebsanlage erteilt werden dürfen".

Mit der dagegen eingebrachten außerordentlichen Revision wird die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begehrt.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag der revisionswerbenden Partei die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern es ist - wenn das in der Beschwerde (nunmehr: Revision) selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist - zunächst von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen (vgl. etwa VwGH vom 30. September 2013, AW 2013/04/0036, mwN). In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits erkannt, dass eine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potentieller, sondern ein evidenter ist, mit anderen Worten die Partei mit den Folgen eines offenkundig vorliegenden Fehlers der belangten Behörde belastet würde (vgl. abermals den Beschluss vom 30. September 2013, AW 2013/04/0036, mit Verweis auf den Beschluss vom 10. Oktober 2002, AW 2002/08/0031).

Gegenständlich ist nach den vorgelegten Akten von einem solchen offenkundig vorliegenden Fehler des Landesverwaltungsgerichts auszugehen:

Zutreffend weist der Revisionswerber nämlich darauf hin, dass ein weiteres Verfahren beim Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft) nicht mehr anhängig sei, weil er das betreffende (von ihm zunächst eingeschränkte) Ansuchen bereits mit Schriftsatz vom 2. Juli 2013, somit noch vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses, ausdrücklich "zur Gänze zurückgezogen" habe und der Bundesminister darauf mit Bescheid reagiert habe.

Den vom Landesverwaltungsgericht vorgelegten Akten ist sowohl das Zurückziehungsschreiben des Revisionswerbers vom 2. Juli 2013 als auch der daraufhin ergangene Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 29. Juli 2013, Zl. BMWFJ- 319.868/0006-I/5a/2013, mit dem infolge der Zurückziehung der seinerzeitige Erstbescheid aufgehoben worden war, zu entnehmen. Die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegende Feststellung eines beim zuständigen Bundesminister noch anhängigen und dem Ansuchen vom 12. November 2011 entgegen stehenden unerledigten Verfahrens betreffend dieselbe Betriebsanlage muss daher - unvorgreiflich der durch den Senat in Erledigung der Revision noch vorzunehmenden Beurteilung - als aktenwidrig angesehen werden.

Ausgehend davon wäre schon die vorläufige Tragung der sich aus diesem Erkenntnis ergebenden nicht geringfügigen Rechtsfolge (nach dem Verwaltungsakt erging gegenüber dem Revisionswerber aufgrund des angefochtenen Erkenntnisses bereits eine Verfahrensanordnung gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 zur Schließung der Betriebsanlage) auch nur für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ein unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber.

Zwingende öffentliche Gründe stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen, ist doch aufgrund der Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft O vom 5. April 2013 (von dieser ist angesichts fehlender gegenteiliger Ermittlungsergebnisse des Landesverwaltungsgerichts im gegenständlichen Provisorialverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorläufig auszugehen) anzunehmen, dass durch den Betrieb der in Rede stehenden Betriebsanlage Nachbarn nicht gefährdet werden.

Wien, am 14. April 2014

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