Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Degischer, Dr.Domittner und Dr.Dorner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Forster, über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 22. Oktober 1981, Zl. 8V-4375/1/81, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.320,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Nachdem eine gegen den Beschwerdeführer erlassene Strafverfügung infolge rechtzeitigen Einspruches außer Kraft getreten war, erging nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hermagor vom 29. September 1981, mit welchem der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, er habe „am 18. 4. 1981 gegen 14.30 Uhr den Lkw auf der mit 14 t gewichtsbeschränkten Verkehrsfläche der Gailtal Straße B 111, Abschnitt Lesachtal, von Kötschach-Mauthen in Richtung St. Lorenzen mit einem Gesamtgewicht von ca. 22.900 kg gelenktdaher das höchst zulässige Gesamtgewicht für diesen Straßenzug unter Berücksichtigung der ihm von der Bezirkshauptmannschaft Hermagor mit Bescheid vom 2. 3. 1981, Zahl. III-Verk-2007/3/81, erteilten Ausnahmegenehmigung von 16 t um ca. 6.900 kg überschritten und deshalb eine Verwaltungsübertretung nach § 45 Abs. 2 der StVO 1960 in Verbindung mit Punkt 3 der Vorschreibungen der vorzitierten Ausnahmegenehmigung begangen.“ Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 wurde daher über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe 3 Tage) verhängt.
Der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 22. Oktober 1981 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 „teilweise, nämlich mit der Maßgabe stattgegeben, daß die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe auf S 1.000,-- herabgesetzt wird.“ Weiters wurde „unter einem der Spruch des angefochtenen Bescheides insoweit ergänzt, als der vom Beschuldigten verwirklichte Tatbestand der Verwaltungsvorschrift des § 52 Z. 9 c StVO (im Zusammenhalt mit der vorliegend bestandenen Ausnahmebewilligung nach § 45 StVO) unterstellt wird.“
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtwidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer geltend, daß eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z. 9 c StVO 1960 nicht vorliege. Er habe eine Ausnahmegenehmigung zum Lenken des gegenständlichen Lkw's mit einem Gesamtgewicht von 16 t gehabt. „Die Verordnung gemäß § 52 Z. 9 c StVO“ habe generell eine Gewichtsbeschränkung von 14 t verfügt. § 45 Abs. 2 StVO 1960 regle nur die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung in einem Verwaltungsverfahren,, stelle aber keine Strafbestimmung dar. Wenn daher über die Ausnahmebewilligung hinaus eine Überschreitung der Gewichtsbeschränkung erfolge und die Straße benutzt werde, so werde „die Gewichtsüberschreitung als deliktische Tathandlung nicht vom § 45 und § 52 StVO sondern vom § 99 (3) lit. a StVO erfaßt.“ Verletzte Norm könne „auch § 99 (4) lit. i StVO sein.“
Nach der Aktenlage ist davon auszugehen, daß für die vom Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt mit seinem Lkw befahrene Gailtal Straße B 111 ein generelles Fahrverbot für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 14 t bestanden hat. Ferner ergibt sich daraus, daß für den vom Beschwerdeführer damals verwendeten Lkw mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hermagor vom 2. März 1981 unter Berufung auf „§ 45 in Verbindung mit § 94 b StVO 1960, BGBl. Nr. 159, in der geltenden Fassung, .... die straßenpolizeiliche Ausnahmegenehmigung zum Befahren der Gailtal-Bundesstraße 111 im Lesachtal von km 63,8 bis km 85,00“ erteilt worden ist. Unter Punkt 1.) der insgesamt acht „Vorschreibungen“ dieses Bescheides wurde ausgesprochen, daß diese Genehmigung für die Zeit vom 1. März 1981 bis 31. Dezember 1981 gilt, während es im Punkt 3.) heißt, daß ein „Gesamtgewicht von 16 to nicht überschritten werden darf.“
Die belangte Behörde ist im Hinblick auf den von ihr in dieser Hinsicht bestätigten Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Hermagor vom 29. September 1981 davon ausgegangen, daß der vom Beschwerdeführer zur Tatzeit gelenkte Lkw ein Gesamtgewicht von ca. 22.900 kg aufgewiesen hat, und sie hat den vom Beschwerdeführer verwirklichten Tatbestand entsprechend dem schon wiedergegebenen Wortlaut des Spruches des angefochtenen Bescheides „der Verwaltungsvorschrift des § 52 Z. 9 c StVO (im Zusammenhalt mit der vorliegend bestandenen Ausnahmebewilligung nach § 45 StVO) unterstellt.“
Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, daß durch die für das vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug erteilte Bewilligung gemäß § 45 Abs. 1 StVO 1960 eine Ausnahme von der für den in Rede stehenden Straßenzug generell verfügten Gewichtsbeschränkung mit der Wirkung geschaffen wurde, daß diese generelle Gewichtsbeschränkung für das gegenständliche Fahrzeug während der zeitlichen Geltung der erteilten Ausnahmebewilligung durch jene Beschränkungen ersetzt worden ist, die sich aus der erwähnten bescheidmäßigen Ausnahmebewilligung ergeben. Während der Geltungsdauer dieses Bescheides durfte daher mit dem gegenständlichen Lkw auf der erwähnten Straße „ein Gesamtgewicht von 16 to nicht überschritten werden.“
Wenn der Beschwerdeführer trotz dieser bescheidmäßigen „Vorschreibung“ einen von der Ausnahmeregelung erfaßten Lkw mit einem über 16 t liegenden Gesamtgewicht gelenkt hat, so hat er gegen diese „Vorschreibung“ und nicht gegen das sich aus der generellen Gewichtsbeschränkung ergebende Verbot verstoßen. Er hat demnach gegen eine bescheidmäßige Auflage - also gegen eine pflichtenbegründende Nebenbestimmung eines begünstigenden Verwaltungsaktes - zuwidergehandelt, weshalb die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat im Sinne des § 44 a lit. b VStG 1950 nur als eine Übertretung des § 99 Abs. 4 lit, i StVO 1960 gewertet werden könnte, da zufolge dieser Bestimmung „eine Verwaltungsübertretung begeht ....., wer .... Auflagen, Bedingungen oder Fristen in Bescheiden nicht beachtet.“
Da somit die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Von der Abhaltung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte zufolge § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 203/1982 abgesehen werden,
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die in Abschrift vorgelegte Vollmacht lediglich mit S 10,-- gestempelt war.
Wien, am 14. Mai 1982