Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Frühwald, Dr. Riedel, Dr. Schima und Dr. Reichel als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Smekal, über die Beschwerde der F GesmbH. in S, vertreten durch Dr. Heinrich Prettenhofer, Rechtsanwalt in Wien I, Oppolzergasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 18. Dezember 1967, GZ. VI 1792/2/66, betreffend Umsatzsteuer 1960, 1961, 1962 und 1963, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Heinrich Prettenhofer und des Vertreters der belangten Behörde, Finanzkommissär R F, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 1.250, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird hinsichtlich eines Betrages von S 1.055, zurückgewiesen und hinsichtlich eines Betrages von S 68,75 abgewiesen.
Das Finanzamt für Körperschaften in Wien setzte die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in der Bundesrepublik Deutschland, am 28. August 1964 davon in Kenntnis, daß im Zug einer Betriebsprüfung bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Wien (im folgenden Gesellschaft in Wien genannt) festgestellt worden sei, daß ab 1. August 1960 zwischen der Beschwerdeführerin und dieser Gesellschaft in Wien sowie zwischen der Beschwerdeführerin und einer Armaturenwerkgesellschaft mit beschränkter Haftung in der Bundesrepublik Deutschland (im folgenden Armaturenwerk genannt) ein Organverhältnis im Sinne des österreichischen Umsatzsteuerrechtes bestünde. Die Beschwerdeführerin sei Organträger und habe als solcher die von der Gesellschaft in Wien vereinnahmten Entgelte für steuerbare Umsätze der österreichischen Umsatzsteuer zu unterziehen. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, bis spätestens 30. September 1964 Umsatzsteuererklärungen auszufüllen und dem Finanzamt einzureichen. Der Steuerberater der Beschwerdeführerin in der Bundesrepublik Deutschland antwortete dem Finanzamt mit Schreiben vom 7. September 1964, daß der Standpunkt des Bestehens eines Organverhältnisses zwischen der Gesellschaft in Wien und der Beschwerdeführerin nicht geteilt werden könne. Ebensowenig treffe es zu, daß das Armaturenwerk ein Organ der Beschwerdeführerin sei. Mit welcher Begründung der Betriebsprüfer seine von dieser Ansicht abgehende Beurteilung aufrechterhalten wolle, entziehe sich der Kenntnis des Steuerberaters. Der Betriebsprüfer in Wien habe erklärt, daß er sich dazu in einem Bericht äußern werde. Sobald dieser Bericht vorliege, werde auch der Steuerberater auftragsgemäß zur Frage der Organschaft Stellung nehmen. Bei dieser Sachlage und dem dazu eingenommenen eigenen Standpunkt könne die Beschwerdeführerin keine Umsatzsteuererklärungen abgeben bzw. wenn darauf bestanden würde, nur Fehlanzeige erstatten.
Das Finanzamt erließ nunmehr Umsatzsteuerbescheide für die Kalenderjahre 1960, 1961, 1962 und 1963, mit denen sie die von der Gesellschaft in Wien erzielten Umsätze der Beschwerdeführerin zurechnete und hievon die Abgabe berechnete. In der Begründung zu diesen Bescheiden verwies es auf den Betriebsprüfungsbericht vom 16. November 1964, den sie den Bescheiden anschloß. In diesem Bericht hatte der Betriebsprüfer u. a. ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin zur Gänze an der Gesellschaft in Wien beteiligt sei, sodaß zunächst die finanzielle Eingliederung der letzteren in das Unternehmen der Beschwerdeführerin feststehe. Es liege aber weiters unbestreitbar auch eine organisatorische Eingliederung der Gesellschaft in Wien vor. Die Geschäftsführer der Gesellschaft in Wien seien nämlich Dkfm. R. und Dkfm. Sch., wobei jeder selbständig vertretungsbefugt sei. Dkfm. R. sei gleichzeitig alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und Dkfm. Sch. sei bereits vor Gründung der Gesellschaft in Wien und seiner Bestellung zu deren Geschäftsführer Angestellter der Beschwerdeführerin gewesen. Letzterer sei auch laut Vertrag vom 15. Oktober 1959 hinsichtlich eines Anteiles von 40 v. H. an der Gesellschaft in Wien Treuhänder der Beschwerdeführerin und bei Ausübung des Stimmrechtes in der Generalversammlung der Gesellschaft in Wien an die Weisungen der Beschwerdeführerin gebunden. Ihre Gehaltsbezüge erhielten die beiden Geschäftsführer von der Beschwerdeführerin direkt. Sie hätten dieser jederzeit Auskunft zu geben und Einblick in alle Unterlagen zu gewähren. Für bestimmte Handlungen bedürften sie überdies der Zustimmung der Generalversammlung, in welcher die Beschwerdeführerin als Alleingesellschafter entscheide. Die Aufzeichnungen der Gesellschaft in Wien würden alljährlich vom Syndikus der Beschwerdeführerin geprüft. Dieser erstelle auch die Bilanzen und sei über alle steuerlichen Belange schriftlich zu unterrichten. Er erteile auch schriftliche Erledigungsanweisungen. Bei Beurteilung der für eine Organschaft schließlich ebenfalls erforderlichen wirtschaftlichen Eingliederung müsse u. a. beachtet werden, daß die Beschwerdeführerin der von ihr selbst gegründeten Gesellschaft in Wien bereits im Gesellschaftsvertrag einerseits das Recht übertragen habe, die international an Wortmarken zu benutzen, und daß anderseits die letztere gleich zeitig verpflichtet worden sei, die in den Schutzbereich dieser Marken fallenden Erzeugnisse nur unter diesen Wortmarken zu vertreiben. Nachdem die Gesellschaft in Wien zunächst nur solche Waren vertrieben habe, die sie selbst von der Beschwerdeführerin bzw. vom Armaturenwerk, welches laut Mitteilung der Oberfinanzdirektion M. ebenfalls Organ der Beschwerdeführerin sei, bezogen hatte, habe sie nach Erbauung einer eigenen Fabrik im Jahre 1961 auch mit der Eigenproduktion von Markenartikeln der Beschwerdeführerin begonnen. Diese Fabrik habe die Gesellschaft in Wien aber wieder nur errichten können, weil ihr von der Beschwerdeführerin und dem Armaturenwerk durch Ermöglichung einer ungewöhnlich schleppenden Abstattung der Warenschulden dazu beträchtliche finanzielle Mittel zugeführt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe schließlich der Gesellschaft in Wien auch für Österreich die ihr auf Grund von Verträgen zustehenden Lizenzen an den Markenpatenten übertragen. Von den Umsätzen der Gesellschaft in Wien entfiel sowohl vor als auch nach der Aufnahme der Eigenproduktion der weitaus überwiegende „Teil auf den Vertrieb von Markenartikeln der Beschwerdeführerin, sodaß auch die wirtschaftliche Eingliederung deutlich zu erkennen sei.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Abgabenfest setzengen Berufungen, in denen sie auf ihre Stellungnahme zum Betriebsprüfungsbericht Bezug nahm, in dem darauf hingewiesen worden ist, daß die Beschwerdeführerin weder gegenüber der Gesellschaft in Wien noch gegenüber dem Armaturenwerk Organträger sei. Die deutsche Konzernprüfungsstelle habe am 18. Februar 1964 zwar für die Zeit bis 30. September 1961 das Armaturenwerk als Organ der Beschwerdeführerin betrachtet. Sie habe jedoch ausdrücklich dargelegt, daß nach der mit 1. Oktober 1961 erfolgten Änderung des deutschen Umsatzsteuerrechtes eine Organschaft nicht mehr gegeben gewesen sei, und zwar deswegen nicht, weil die Beschwerdeführerin bzw. deren Gesellschafter wohl über mehr als 75 v. H. der Anteile am Armaturenwerk, hingegen nicht über mehr als 75 v. H. der Stimmrechte verfügten, und somit nach den neuen umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen eine Organschaft ausgeschlossen erscheine. Die Überlegungen des Prüfers, welche zur Annahme einer wirtschaftlichen Eingliederung der Gesellschaft in Wien in das Unternehmen der Beschwerdeführerin geführt hätten, setzten aber voraus, daß das Armaturenwerk selbst Organ der Beschwerdeführerin sei. Denn nur dann könnten die von dem Armaturenwerk hergestellten und an die Gesellschaft in Wien gelieferten Waren umsatzsteuerrechtlich als solche der Beschwerdeführerin selbst betrachtet und aus deren Vertrieb bzw. Verarbeitung durch die Gesellschaft in Wien eventuell auf die wirtschaftliche Eingliederung dieser Gesellschaft in das Unternehmen der Beschwerdeführerin geschlossen werden. Scheide aber das Armaturenwerk als Organ aus, dann könne die Beschwerdeführerin auch gegenüber der Gesellschaft in Wien nicht mehr als Organträger betrachtet werden. Im übrigen gingen auch die vom Prüfer angeführten weiteren Argumente für eine wirtschaftliche Eingliederung der Gesellschaft in Wien fehl. Wenn sich der Prüfer auf eine Mitteilung der Oberfinanzdirektion M. stütze, so sei darauf hinzuweisen, daß das Vorliegen eines Organverhältnisses zwischen der Beschwerdeführerin und dem Armaturenwerk von der Beschwerdeführerin bestritten worden sei. Aus den Feststellungen des Prüfers in Deutschland sei erkennbar, daß man für die Zeit bis 1. Oktober 1961 ein Organverhältnis nur deshalb angenommen habe, weil erst in der Neufassung des Gesetzes die Grenze von 75 v. H. klar gegeben gewesen sei, was nach Auffassung der Beschwerdeführerin nicht stimme. Auch vor dem 1. Oktober 1961 habe eine qualifizierte Mehrheit gegeben sein müssen, selbst wenn es im Gesetz vorher nicht so klar zum Ausdruck gekommen sei. Im vorliegenden Falle komme es nur auf die Rechtslage in Österreich an. Diese sei jedoch so, daß die finanzielle Eingliederung des Armaturenwerkes entfalle.
An der Beschwerdeführerin und am Armaturenwerk seien nachstehende Gesellschafter wie folgt beteiligt:
Frau R. habe ihre Anteile an der Beschwerdeführerin am 3. März 1952 von ihrem Vater, der am 27. März 1956 verstorben sei, schenkungsweise erhalten. Im notariellen Vertrag vom gleichen Tage habe sich der Vater das lebenslängliche Verwaltungs und Nutzungsrecht am Anteil aber vorbehalten, das nach seinem Tod auf seine Witwe übergegangen sei. Bei den der Frau R. gehörenden Anteilen am Armaturenwerk bestehe ein solches Verwaltungs und Nutzungsrecht Dritter nicht. Die Anteile an dem Armaturenwerk seien von Frau R. bei der Gründung dieses Unternehmens im Jahre 1955 unmittelbar erworben worden. Auch bei der Gruppe K. bestehe ein Nießbrauchsrecht. Hans K. habe durch notariellen Vertrag vom 12. Februar 1955 die Hälfte seiner Anteile an der Beschwerdeführerin (15 v. H.) schenkungsweise auf seinen Sohn übertragen. Er habe sich aber ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht an den übertragenen Anteilen vorbehalten. Das Verwaltungsrecht habe er sich nicht ausbedungen. Daraus ergebe sich, daß nur 35 v. H. und 15 v. H. in Summe 50 v. H. der stimmberechtigten Gesellschafter der Beschwerdeführerin am Armaturenwerk beteiligt seien. In derartigen Fällen lehne aber die Finanzverwaltung ein Organverhältnis ab.
In einer Stellungnahme zu der Berufung der Beschwerdeführerin verwies der Betriebsprüfer darauf, daß das Stammkapital der Beschwerdeführerin und des Armaturenwerkes zu 85 v. H. in denselben Händen vereinigt sei. Eine finanzielle Beherrschung sei aber bereits bei einem Anteilsbesitz von 75 v. H. gegeben, sodaß im vorliegenden Falle die Einheit der vom Kapitalbesitz abhängigen Willensbildung gewährleistet sei. Nach Ansicht der Betriebsprüfung sei daher die finanzielle Eingliederung des Armaturenwerkes in das Unternehmen der Beschwerdeführerin gegeben.
Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland hat die Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 1967 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat sie im wesentlichen ausgeführt, daß an der finanziellen und organisatorischen Eingliederung der Gesellschaft in Wien in das Unternehmen der Beschwerdeführerin auf Grund der vom Prüfer festgestellten Tatsachen, welche als solche nicht bestritten worden seien, kein Zweifel bestehen könne. Zur Frage des Vorliegens der für eine Organschaft ebenfalls erforderlichen wirtschaftlichen Eingliederung dieser Gesellschaft sei zunächst festzuhalten, daß letztere nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin seinerzeit gegründet worden sei, um für das Land Österreich und bestimmte Nachbarländer die Markenerzeugnisse der Beschwerdeführerin zu vertreiben und wenn möglich herzustellen. Die Beschwerdeführerin räume weiters selbst ein, sie sei mit ihrem eigenen Betrieb immer noch im Aufbau begriffen und könne also den Markt, insbesondere den ausländischen, nicht ganz befriedigen. Da aber ihre Gesellschafter ein Interesse hätten, daß in der Zwischenzeit der Auslandsmarkt nicht ganz brach liege, sei die Gründung der Gesellschaft in Wien erfolgt und dieser die Berechtigung erteilt worden, zunächst auch nach Schweden, der Schweiz und Jugoslawien zu exportieren. Vom Umsatz der Gesellschaft in Wien entfielen im Jahre 1960 66 v. H. auf Markenartikel der Beschwerdeführerin und 34 v. H. auf Waren der Firma T. In den Jahren 1961 und 1962 habe das Verhältnis 67 v. H. : 33 v. H. bzw. 72 v. H. : 28 v. H. betragen. Für 1963 lägen zwar keine konkreten Zahlen vor, es sei aber unbestritten, daß der auf Markenartikel der Beschwerdeführerin entfallende Anteil am Umsatz ebenfalls bei weitem überwiege. Die T waren stammten von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in der Bundesrepublik Deutschland, welche dem gleichen Konzern wie die Beschwerdeführerin, nämlich dem T konzern, angehöre. Die von ihr vertriebenen Markenartikel habe die Gesellschaft in Wien zunächst ebenfalls ausschließlich selbst bezogen, und zwar teils von der Beschwerdeführerin direkt, teils von dem Armaturenwerk, welches die geschützten Artikel auch herstelle. Seit dem im Jahre 1961 erfolgten Beginn der Eigenproduktion beziehe die Gesellschaft in Wien vom Armaturenwerk neben Fertigwaren auch Rohstoffe, Halbzeug und Zubehör, insbesondere die zur Herstellung der Markenartikel benötigten Stahlformteile als Rohteile. Der Geschäftsführer der Gesellschaft in Wien, Dkfm. Sch. habe in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, seinem Wissen nach gebe es außer dem Armaturenwerk keine Erzeugerfirmen, die derartige Rohteile so erzeugten, daß sie von der Gesellschaft in Wien gekauft werden könnten. Gehe man nun zunächst einmal davon aus, daß das Armaturenwerk als solches Organ der Beschwerdeführerin sei, so seien die von der ersteren an die Gesellschaft in Wien gelieferten Fertigprodukte und die für die eigene Erzeugung notwendigen Rohteile etc. auf jeden Fall als eigene Lieferungen der Beschwerdeführerin zu betrachten. Zusammen mit den bereits aufgezeigten übrigen gewichtigen Argumenten für eine wirtschaftliche Eingliederung der Gesellschaft in Wien könnte dann aber an einer solchen keinerlei Zweifel mehr bestehen. Es werde darüber hinaus auch die Ansicht vertreten, daß im konkreten Falle die Annahme einer wirtschaftlichen Eingliederung der Gesellschaft in Wien in das Unternehmen der Beschwerdeführerin ein nach allen Seiten deutlich ausgeprägtes Organverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und dem Armaturenwerk gar nicht voraussetze. Daß nämlich das Armaturenwerk selbst sowohl organisatorisch als auch insbesondere wirtschaftlich in das Unternehmen der Beschwerdeführerin eingegliedert sei, stehe außer Streit. Allein die enge Verflechtung der beiden letztgenannten Gesellschaften auf diesen Gebieten müsse daher, zumal in Anbetracht aller übrigen Gegebenheiten, wohl genügen, um auf Grund der essentiellen Fertigwaren
Gegen diese Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Dezember 1967 richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung erwogen hat:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1959, BGBl. Nr. 300/1958, in der in den Streitjahren geltenden Fassung, (UStG.) unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer, Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird gemäß Abs. 2 Z. 2 dieses Paragraphen dann nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, daß sie keinen eigenen Willen hat. Dies ist nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers dann der Fall, wenn die Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch dem herrschenden Unternehmen eingegliedert ist.
Streit besteht im vorliegenden Falle darüber, ob die Gesellschaft in Wien und das Armaturenwerk in der Bundesrepublik Deutschland, als unselbständige Organe der Beschwerdeführerin anzusehen sind. Die belangte Behörde bejaht dies und hat demzufolge alle Umsätze, die die Gesellschaft in Wien in den Streitjahren tätigte, der Beschwerdeführerin als Organträger zugerechnet. Die Beschwerdeführerin bestreitet aber hinsichtlich des Armaturenwerkes die finanzielle und hinsichtlich der Gesellschaft in Wien die wirtschaftliche Eingliederung.
Die Organschaft auf dem Gebiete der Umsatzsteuer ist seit dem Umsatzsteuergesetz vom 16. Oktober1934, DRGBl. I, S. 942, gesetzlich geregelt. Diese Regelung, die unverändert in das Umsatzsteuergesetz 1959 übernommen wurde, entsprach der Rechtsprechung des ehemaligen Reichsfinanzhofes, der die Institution der Organschaft in mehr als einem Jahrzehnt seiner Rechtsprechung schrittweise entwickelt hat. Die Rechtsprechung des ehemaligen Reichsfinanzhofes beruhte auf der Organlehre, das ist die Lehre von der steuerrechtlichen Anerkennung von Zusammenschlüssen formal juristisch selbständiger Gesellschaften, die zueinander in einem Über und Unterordnungsverhältnis stehen, als wirtschaftliche Einheit. Die Organlehre hat sich im Umsatzsteuerrecht zuerst in jenen Fällen durchgesetzt, in denen einer Obergesellschaft (Organträger) eine Untergesellschaft (Organ) gegenüberstand. Im Laufe der Entwicklung durch Rechtsprechung und Lehre ist selbst bei Fehlen einer Obergesellschaft als Alleinunternehmer die umsatzsteuerrechtliche Unselbständigkeit zweier oder mehrerer Gesellschaften schließlich auch schon dann anerkannt worden, wenn es sich nicht um Kapitalgesellschaften, sondern um Personengesellschaften handelte (Quasi Organschaft). Zwei oder mehrere verschiedene Personengesellschaften werden umsatzsteuerrechtlich als ein Unternehmen angesehen, wenn sämtliche Gesellschafter der einen Gesellschaft auch an der anderen Gesellschaft im selben Verhältnis beteiligt sind und die beiden Gesellschaften wirtschaftlich als die Unterabteilungen eines Gesamtunternehmens aufzufassen sind (vgl. Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom 17. Oktober 1930, RStBl. 1931, S. 158, und Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1960, Slg. Nr. 2179/F). Diese Rechtsprechung und die dieser folgende Lehrmeinung wurden in der Folge auf dem Gebiete der Umsatzsteuer auf Kapitalgesellschaften ausgedehnt. In Rechtsprechung und Lehre zur Umsatzsteuer ist es nämlich für die finanzielle Eingliederung einer Kapitalgesellschaft als ausreichend angesehen worden, wenn die Obergesellschaft an der Untergesellschaft nur mittelbar in der Weise beteiligt ist, daß sich die Anteile der Untergesellschaft im Privatvermögen der Gesellschafter der Obergesellschaft befinden, oder wenn sich die Anteile der Obergesellschaft und der Untergesellschaft in derselben Hand befinden. Diese Rechtsprechung und Lehrmeinung haben ihre Grundlage im Unternehmerbegriff des Umsatzsteuerrechtes. Das Umsatzsteuerrecht mißt nämlich der Form der Kapitalgesellschaft und der formalen Trennung nicht jene Bedeutung zu, wie z. B. das Körperschaftsteuerrecht. Auch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gesellschafter die überwiegende Mehrheit der Anteile an einer anderen Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Händen haben, kann diese als Organ beherrschen, sofern im übrigen die organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung gegeben ist. Auch in den Fällen, in denen sich die Anteile der Untergesellschaft im Privatvermögen der Gesellschafter der Obergesellschaft befinden oder in denen sich die Geschäftsanteile beider Gesellschaften in derselben Hand befinden, kann nämlich die beherrschte Gesellschaft keinen anderen Willen fassen oder durchführen als den der beherrschenden Gesellschaft (vgl. Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom 6. Juli 1934, RStBl. 1934, S. 1145; Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1955, Slg. Nr. 1234/F; Urteil des Bundesfinanzhofes vom 25. Oktober 1960, BStBl. 1961, III, S. 69, und Plückebaum
Im vorliegenden Falle waren in den Streitjahren an der Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen vier Personen und am Armaturenwerk drei Personen beteiligt. Von den vier Personen, die Gesellschafter der Beschwerdeführerin waren, besaßen drei alle Anteile des Armaturenwerkes. Die Beteiligungen ergaben folgendes Bild:
Die belangte Behörde folgert aus diesem Beteiligungsverhältnis ohne nähere Prüfung lediglich auf Grund von Feststellungen einer deutschen Behörde die finanzielle Eingliederung des Armaturenwerkes in das Unternehmen der Beschwerdeführerin, da drei Gesellschafter der Beschwerdeführerin 85 v. H. der Anteile des Armaturenwerkes in Händen hätten und somit in der Lage seien, in der Generalversammlung des Armaturenwerkes den Willen der Beschwerdeführerin durchzusetzen. (In der Annahme des Prozentsatzes irrt die belangte Behörde übrigens, denn drei der Gesellschafter der Beschwerdeführerin vereinigen nicht 85 v. H., sondern sogar alle Anteile des Armaturenwerkes in ihren Händen. Der Prozentsatz von 85 v. H. bezieht sich, wie sich aus den Feststellungen des deutschen Konzernprüfers und des österreichischen Betriebsprüfers ergibt, lediglich auf die Vereinigung des Stammkapitals der beiden Gesellschaften in denselben Händen.) Die belangte Behörde stützt ihre Rechtsansicht weiter auf den Wortlaut des österreichischen Umsatzsteuergesetzes, welches entgegen dem in den Streitjahren geltenden deutschen Umsatzsteuergesetz eine Organschaft nicht vom Besitz eines bestimmten Stimmrechtsanteiles abhängig macht. Ausschlaggebend ist nach Ansicht der belangten Behörde in Österreich allein der Anteilsbesitz.
Durch Artikel 1 Nr. 1 des Elften Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 16. August 1961, DBGBl. 1961 I, S. 1330, wurde in der Bundesrepublik Deutschland der § 2 Abs. 2 Z. 2 des Umsatzsteuergesetzes wie folgt geändert:
„2. wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, daß sie keinen eigenen Willen hat (Organgesellschaft). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist. Die Voraussetzung gilt als nicht erfüllt, wenn dem Unternehmer nicht mehr als fünfundsiebzig vom Hundert der Anteile an der juristischen Person gehören oder wenn ihm nicht mehr als fünfundsiebzig vom Hundert der Stimmrechtezustehen.“
In Österreich gilt weiterhin aber der von einem bestimmten Prozentsatz unabhängige Grundsatz, daß eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers dann derart untergeordnet ist, daß sie keinen eigenen Willen hat (Organgesellschaft), wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist. Rechtsprechung und Lehre haben nun die Frage der finanziellen Eingliederung einer juristischen Person vom Besitz der entscheidenden Anteilsmehrheit an der beherrschten juristischen Person abhängig gemacht und ausgesprochen, daß der Unternehmer so viele Anteile in seiner Hand vereinigen, muß, damit er alle Beschlüsse der beherrschten. Gesellschaft in seinem Sinne wirksam beeinflussen kann. Voraussetzung für die finanzielle Eingliederung ist somit, daß die Obergesellschaft über so viele Aktien oder Stammanteile verfügt, daß sie entsprechend der Satzung des Organes alle Geschäftsbeschlüsse in ihrem Sinne zu lenken vermag (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 23. November 1959, Zl. 3069/55, von welchem den Parteien unter Hinweis auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, auf Antrag eine Ausfertigung zugesendet werden wird; Bundy, Das Umsatzsteuerrecht, zu § 2 Anmerkung 8, und Strack, Die Umsatzsteuer, S. 243 ff.). Daraus ergibt sich jedoch in logischer Folgerung, daß nicht der Anteilsbesitz allein entscheidend sein kann, sondern daß sich aus dem Anteilsbesitz auch die Möglichkeit ergeben muß, die Beschlüsse des Organes durch Ausübung des Stimmrechtes entscheidend zu beeinflussen.
Im vorliegenden Falle hat nun die Beschwerdeführerin bereits im Verwaltungsverfahren unter wörtlicher Zitierung aus dem Betriebsprüfungsbericht der Konzernprüfstelle M. vom 18. Februar 1964 darauf hingewiesen, daß bei der Beschwerdeführerin und dem Armaturenwerk die Anteilsbesitzverteilung und Stimmrechtsverteilung nicht übereinstimmen, da die Stimmrechte der Anteile der Frau R. nicht dieser, sondern der „Witwe ihres Vaters“ zukommen. Es ergibt sich daher, was die belangte Behörde nicht bestreitet, aber für unbeachtlich hält, bei der Beschwerdeführerin und bei dem Armaturenwerk für die Willensbildung folgende Stimmrechtsverteilung:
Von den Gesellschaftern der Beschwerdeführerin besitzen daher nur die T. S. A. in P. und Dr. Hans K. stimmberechtigte Anteile des Armaturenwerkes, und zwar zusammen 65 v. H., sodaß sie die Willensbildung dieser Gesellschaft bis zu einem gewissen Grade beeinflussen können. Diese beiden Gesellschafter haben aber wieder bei der Beschwerdeführerin selbst zusammen nur 50 v. H. der stimmberechtigten Anteile und sind daher nicht in der Lage, bei dieser Gesellschaft ihren Willen durchzusetzen. Die für eine Willensbildung wesentlichen Anteile der beiden Gesellschaften sind daher im vorliegenden Falle weder in derselben Hand bzw. in denselben Händen noch ist die Verteilung eine derartige, daß eine bestimmte Gesellschaftergruppe die Einheitlichkeit der Willensbildung in beiden Gesellschaften gewährleisten würde. Daraus folgt, daß die finanzielle Eingliederung des Armaturenwerkes in das Unternehmen der Beschwerdeführerin zu verneinen ist.
Für die wirtschaftliche Eingliederung der Gesellschaft in Wien in das Unternehmen der Beschwerdeführerin reicht es nun nach herrschender Rechtsprechung und Lehre nicht aus, daß die Beschwerdeführerin in Auswirkung ihrer Eigenschaft als alleiniger Gesellschafter einen wesentlichen Einfluß auf die Gesellschaft ausübt. Eine derartige geschäftsleitende Tätigkeit, die ein Ausfluß der Gesellschaftereigenschaft ist, bei der der alleinige Gesellschafter den Geschäftsbetrieb des Organes fördert, erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Eingliederung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1965, Slg. Nr. 3297/F). Eine wirtschaftliche Eingliederung erfordert vielmehr, daß zwischen der Obergesellschaft und der Untergesellschaft ein betrieblich wirtschaftlicher Zusammenhang der Art besteht, daß die beiden Gesellschaften eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Bindung besteht in der Regel in Anordnungen der Obergesellschaft für den Wareneinkauf und den Warenverkauf, die Erzeugung nach Art und Umfang oder die Preisgestaltung, sie liegt also vor, wenn die Untergesellschaft den Betrieb der Obergesellschaft nach Art einer Betriebsabteilung fördert. Es ist jedoch nicht erforderlich, daß die Untergesellschaft nur Erzeugnisse eigener Produktion oder der Produktion des Unternehmens der Obergesellschaft absetzt, sie kann auch fremde Erzeugnisse erwerben und veräußern, wenn die Obergesellschaft es anordnet oder zugelassen hat (vgl. Bundy, Das Umsatzsteuerrecht, zu § 2 Anmerkung 9, 123, und Strack, Die Umsatzsteuer, S. 246). Die belangte Behörde stützt auf Grund dieser Lehrmeinung die von ihr angenommene wirtschaftliche Eingliederung der Gesellschaft in Wien auch mit dem Hinweis auf den überwiegenden Umsatz von Markenartikeln der Beschwerdeführerin. Diese Markenartikel stammen einerseits aus Lieferungen der Beschwerdeführerin bzw. des Armaturenwerkes an die Gesellschaft in Wien, anderseits aus der Eigenerzeugung der Gesellschaft in Wien nach Lizenzen der Beschwerdeführerin, angefertigt aus Rohmaterialien, die vom Armaturenwerk bezogen Wurden. Durch die Verneinung der finanziellen Eingliederung des Armaturenwerkes in das Unternehmen der Beschwerdeführerin ändern sich nun die von der belangten Behörde errechneten Prozentzahlen und im fortgesetzten Verfahren wird zu prüfen sein, ob der Standpunkt der belangten Behörde, die Gesellschaft in Wien sei in das Unternehmen der Beschwerdeführerin wirtschaftlich eingegliedert, auch bei Außerbetrachtlassung des Armaturenwerkes aufrechterhalten werden kann.
Da die belangte Behörde somit bei ihrer Entscheidung die Rechtslage verkannt hat und aus diesem Grund auch der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war die Beschwerde begründet und der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG. 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Beschwerdeführerin hat für den Fall ihres Obsiegens im Zuge der vor dem Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Verhandlung einen Aufwandersatz in Höhe von S 2.373,75 (für Schriftsatzaufwand S 1.000, , für Verhandlungsaufwand S 1.250,und für Umsatzsteuer S 123.75) begehrt. Diesem Antrag war gemäß § 47 Abs. 1 und 2 lit. a, § 48 Abs. 1 lit. d, § 49 Abs. 1 und § 59 Abs. 1 und 2 lit. c VwGG. 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 2 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom 4. Jänner 1965, BGBl. Nr. 4, in Höhe von S 1.250, (für Verhandlungsaufwand) zu entsprechen. Hinsichtlich eines Betrages von S 1.055,(für Schriftsatzaufwand und Umsatzsteuer für den Schriftsatzaufwand) war der Antrag zurückzuweisen, da gemäß § 59 Abs. 2 lit. a VwGG. 1965 ein Antrag auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes im Schriftsatz zu steilen ist, und hinsichtlich eines Betrages von S 68,75 (Umsatzsteuer für den Verhandlungsaufwand) war der Antrag abzuweisen, da ein solcher Aufwand mit der Zuerkennung des Pauschbetrages für den Verhandlungsaufwand abgegolten ist. Die Festsetzung der Leistungsfrist gründet sich auf § 59 Abs. 4 VwGG. 1965.
Wien, 9. April 1970
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