Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Ondraczek als Vorsitzenden und die Räte Dr. Porias, Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des J und der M A in S gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion Salzburg vom 11. Februar 1958, Zl. 325 III 1957, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seiner Inhaltes aufgehoben.
Mit Notariatsakt vom 19. März 1957 haben die Beschwerdeführer eine allgemeine, bereits unter Lebenden wirksame Gütergemeinschaft geschlossen, in welche die Zweitbeschwerdeführerin das ihr allein gehörige L gut Nr. x in S und beide Beschwerdeführer die ihnen bereits je zur Hälfte gehörige Liegenschaft „Haus ...“ in S des Grundbuches Stadt S Abteilung Sch. eingebracht haben. Das zuständige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern hat den Beschwerdeführern von diesem Rechtsgeschäft mit vorläufigem Bescheid vom 27. Juni 1957 gemäß § 33 TP.11 des Gebührengesetzes 1946, BGBl. Nr.184/1946 (GG.), in der Fassung der Gebührennovelle 1952, BGBl. Nr.107/1952, eine Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von 1 v.H. des vervielfachten Einheitswertes der vorbezeichneten Liegenschaften, und zwar S 2492 vorgeschrieben. In der dagegen erhobenen Berufung begehrten die Beschwerdeführer die Aufhebung dieser Vorschreibung; sie machten geltend, daß gemäß § 15 Abs.3 und der Anmerkung zu § 33 TP.11 GG im Zusammenhalt mit § 3 Z.4 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955, BGBl.Nr.140/1955, bei der Begründung einer allgemeinen Gütergemeinschaft für das unbewegliche Vermögen, das in die Gütergemeinschaft eingebracht wird, weder eine Grunderwerbsteuer noch auch eine Rechtsgeschäftsgebühr erhoben werden dürfe. Mit Einspruchsbescheid des Finanzamtes vom 50. August 1957 wurde die Gebühr auf S 2119 herabgesetzt. Die Beschwerdeführer verlangten jedoch die Entscheidung der Finanzlandesdirektion und diese erließ die nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung vom 11. Februar 1958, mit welcher dem Rechtsmittel teilweise stattgegeben und die Gebühr von vorläufig S 2119 auf vorläufig S 1475 herabgesetzt, die Berufung im übrigen aber als unbegründet abgewiesen wurde. Sie vertrat in der Begründung ihrer Entscheidung den Standpunkt, daß eine Gebührenfreiheit im Sinne der Anmerkung zu § 33 TP.11 GG u.a. nur dann bestehe, wenn auf Grund der Vereinbarung einer Gütergemeinschaft eine Übertragung von Eigentum an einer unbeweglichen Sache stattfindet. Durch die Einbringung des L gutes sei Eigentum übertragen worden, weshalb eine Rechtsgeschäftsgebühr vom Wert dieser unbeweglichen Sache nicht zu berechnen gewesen sei. Der Verwaltungsgerichts hat habe in seinem Erkenntnis vom 28. November 1956, Slg.Nr. 1537/F, dargetan, daß die Einbringung einer Liegenschaft in eine eheliche Gütergemeinschaft unter Lebenden der Grunderwerbsteuer nur dann unterliege; wenn die beiden Ehegatten nicht ohnehin schon bisher je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft gewesen sind. Am Hause in Sch. hätten die Beschwerdeführer bereits vor der Eingehung der Gütergemeinschaft das Miteigentum je zur Hälfte besessen. In bezug auf diese Liegenschaft habe somit eine Eigentumsübertragung nicht stattgefunden und ein grunderwerbsteuerlicher Tatbestand sei nicht gesetzt worden. Die Voraussetzungen der Gebührenfreiheit nach § 15 Abs.3 und Anmerkung zu § 33 TP 11 GG, seien also nicht gegeben, sodaß vom Werte dieser unbeweglichen Sache sehr wohl eine Rechtsgeschäftsgebühr zu erheben gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 33 TP 11 GG. unterliegen Ehepakte, d.s. Verträge, die in Absicht auf die eheliche Verbindung geschlossen werden, einer Gebühr von 1 % „nach dem Werte“. Nach der Anmerkung zu dieser Tarifpost ist als Wert das Heiratsgut oder das der Gütergemeinschaft bei Lebzeiten (§ 1233 ABGB.). unterzogene Vermögen anzusehen. Wird durch einen solchen Vertrag das Eigentum (Miteigentum) einer unbeweglichen Sache oder von Wertpapieren übertragen, so finden die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes oder des Kapitalverkehrsteuergesetzes Anwendung. Eine wörtlich gleichlautende Vorschrift enthielt TP.42 des Allgemeinen Gebührentarifes, BGBl.Nr.208/1925, mit dem Unterschied, daß dort von der Übertragung des Eigentums an Wertpapieren nicht die Rede war und daß für die Fälle der Übertragung des Eigentums oder Miteigentums an einer unbeweglichen Sache auf die damaligen Vorschriften über Liegenschaftsgebühren (TP 106 C) hingewiesen wurde. Nun ist der belangten Behörde zuzugeben, daß nach den genannten Anmerkungen zu den einschlägigen Tarifposten die seinerzeitigen Vorschriften über die Liegenschaftsgebühren und die Vorschriften des geltenden Grunderwerbsteuergesetzes in diesen Fällen nur auf die Übertragung des Eigentums oder Miteigentums an einer Liegenschaft anzuwenden waren und sind und daß dann, wenn beide Ehegatten vor der Begründung der Gütergemeinschaft bereits zu gleichen Teilen Eigentümer einer Liegenschaft waren, durch die Begründung der Gütergemeinschaft eine Änderung in den Eigentumsverhältnissen an dieser Liegenschaft nicht eintritt. Nun wird allerdings von einigen Schriftstellern das Miteigentum, das auf einer ehelichen Gütergemeinschaft beruht, als eine Art Gesamthandeigentum angesehen. (vgl. Weiß in Klangs Kommentar zum ABGB., 2.Aufl., 5. Band, S. 814 u.ff.). Alle diese Schriftsteller geben jedoch zu, daß grundbücherliches Eigentum an den einer Gütergemeinschaft unterzogenen Liegenschaften gemäß § 10 des Allgemeinen Grundbuchsgesetzes BGBl. Nr. 39/1955, nur nach quotenmäßigen Anteilen erworben werden kann und daß auf die aus der ehelichen Gütergemeinschaft entspringenden besonderen Bindungen nur durch Hinweise im Hauptbuch des Grundbuches auf die betreffenden Stellen der Urkundensammlung aufmerksam gemacht werden kann. Ein anderer Teil der Rechtslehre (so Klang im Band 2. seines Kömmentars, 2.Aufl., S.150) behandelt auch das gütergemeinschaftliche Eigentum als Quoteneigentum. Es liegt somit in Fällen der Begründüng einer Gütergemeinschaft weder ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs.1 Z.1 GrEstG.1955 (Verpflichtungsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet), noch ein solcher nach § 1 Abs.1 Z.2 desselben Gesetzes (Erwerbung des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründenden Rechtsgeschäft vorausgegangen ist), noch überhaupt ein sonstiger der in diesem Gesetz geregelten Erwerbsvorgänge vor. In einem solchen Fall unterliegt also die „Einbringung“ der Liegenschaft in die Gütergemeinschaft nicht der Grunderwerbsteuer und so kann aus § 15 Abs.3 GG. nicht abgeleitet werden, daß die Einbringung der bereits im gleichteiligen Eigentum der Vertragsteile stehenden Liegenschaft ist die Gütergemeinschaft nicht von einer Rechtsgeschäftsgebühr nach dem GG. Erfaßt werden könne.
Bei der Auslegung gesetzlicher Vorschriften ist aber auch auf den Sinn und Zweck einer gesetzlichen Bestimmung Bedacht zu nehmen, wenn dieser im Gesetz einen einigermaßen erkennbaren Ausdruck gefunden hat. Auch die Einbringung solcher Sachen in eine Gütergemeinschaft, die den Vertragsteilen bereits vorher zu gleichen Teilen gehört haben, äußert nach dem Vorgesagten bestimmte Rechtswirkungen. Keiner der Ehegatten kann nach Begründung der Gütergemeinschaft allein über seinen Eigentumsanteil frei verfügen; er bedarf dazu der Zustimmung des anderen Ehegatten. Allein daß das Gebührengesetz mit der Gebühr von Ehepakten die Vereinbarung derartiger Bindungen in der Verfügungsgewalt treffen wollte, wenn eine Vermögensübertragung mit dem Abschluß der Ehepakte nicht verbunden ist, dafür fehlt es im Gesetz an einem Anhalt. Der Wert derartiger Bindungen läßt sich auch nicht schätzen und über die gebührenrechtliche Behandlung unschätzbaren Sachen und Leistungen enthält das GG.1946 in seinem § 23 und enthielt § 18 GG.1850 (RGBl.Nr.50/1850) Sonderbestimmungen. Wenn also das Gesetz die Gebühr von der Bestellung des Heiratsgutes wie auch die Gebühr von der Vereinbarung einer Gütergemeinschaft mit einem bestimmten Hundertsatz vom Werte des Heiratsgutes (das in das Eigentum des Ehemannes übergeht) oder des der Gütergemeinschaft unterzogenen Vermögens festsetzt, dann liegt dieser Regelung der Gedanke zugrunde, daß mit dieser Gebühr eine Vermögensübertragung (die ja beider Einbringung von Vermögen in die Gütergemeinschaft von dem einen oder dem anderen Teil jedenfalls zu einem Anteil dieses Vermögens eintritt) getroffen werden soll. Fehlt es an einer solchen, weil Gegenstände, auf die sich nunmehr die Gütergemeinschaft beziehen soll, schon bisher im gleichteiligen Eigentum der Ehegatten standen, dann ist also insoweit eine Rechtsgeschäftegebühr nicht einzuheben. Diesen Grundsatz hat der ehemalige k.k. Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 19.Juli 1909, Slg.Nr.7019/F), zum Ausdruck gebracht. Er hat dort, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, ausgeführt, daß der Gesetzgeber die Gebühr nach der damaligen Tarifpost 42 des Gebührengesetzes 1850 als Gebühr für eine Vermögensübertragung angesehen wissen wollte, „eine Vermögensübertragung, die darin besteht, daß ein Vermögen, an welchem der eine Ehegatte bis dahin keinen Anteil hatte, nunmehr in sein Miteigentum übergeht. Eine solche Vermögensübertragung findet aber nur in Ansehung desjenigen Vermögens statt, welches bis zum Abschluß des Gütergemeinschaftsvertrages im Sondereigentum eines der Ehegatten stand“.
Da im vorliegenden Falle die Liegenschaft in Sch. Bereits vor Abschluß des Gütergemeinschaftsvertrages im gleichteiligen Eigentum der Beschwerdeführer gestanden war, sich also durch den Abschluß der Ehepakte an dem Maß der Beteiligung der beiden Ehegatten nichts änderte, eine Vermögensübertragung also, soweit diese Liegenschaft in Betracht kommt, nicht stattgefunden hat, erweist sich die Einhebung einer 1 %igen Gebühr vom Wert dieser Liegenschaft als unzulässig. Der angefochtene Bescheid, der dies verkannt hat, mußte somit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben werden.
Wien, 8. Juli 1958