JudikaturVwGH

Ra 2024/09/0059 3 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
17. Dezember 2024

Der EuGH erkennt die zur Rechtfertigung für eine behördliche Bewilligung ins Treffen geführten Ziele der Verhinderung der Beeinträchtigung des österreichischen Arbeitsmarktes, des Arbeitnehmerschutzes sowie - unter näher genannten Voraussetzungen - der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen durch Sozialdumping sowie von Sozialbetrug als Gründe des zwingenden Allgemeininteresses an (EuGH 21.9.2006, Kommission/Österreich, C-168/04; EuGH 14.11.2018, DanieliC. Officine Meccaniche SpA; C-18/17), und verwehrt es den Mitgliedstaaten nicht, zu kontrollieren, ob der freie Dienstleistungsverkehr nicht zu einem anderen Zweck als dem der Erbringung der betreffenden Leistung genutzt wird und die Bestimmungen des nationalen Rechts sowie des Unionsrechts auf dem Gebiet der Erbringung von Dienstleistungen eingehalten werden (EuGH 3.12.2014, Edgard Jan de Clercq et. al., C-315/13). Nach Ansicht des EuGH kann jedoch bereits durch ein Meldesystem, in dessen Rahmen Angaben zu Aufenthalt, Beschäftigungserlaubnis und sozialer Absicherung zu tätigen sind, auf weniger einschneidende und ebenso wirksame Art und Weise sichergestellt werden, dass diese drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer (die über keine Arbeitnehmerfreizügigkeit verfügen) legal beschäftigt werden und ihre Haupttätigkeit in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem das überlassende Unternehmen ansässig ist. Ebenso ermöglicht bereits die "Vorabmeldung" der Anwesenheit der Arbeitnehmer, der vorgesehenen Dauer ihrer Anwesenheit sowie der die Überlassung rechtfertigenden Dienstleistung dem betreffenden Mitgliedstaat, die Einhaltung der nationalen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit während der Dauer der Überlassung zu kontrollieren und dabei die Verpflichtungen zu berücksichtigen, denen das Unternehmen bereits nach den im Herkunftsmitgliedstaat geltenden Vorschriften auf diesem Gebiet unterliegt, sowie gegebenenfalls die am Ende des für die Überlassung vorgesehenen Zeitraums gebotenen Maßnahmen zu ergreifen (EuGH 11.9.2014, Essent Energie Productie BV, C-91/13). Vor dem Hintergrund der dargestellten Jud. des EuGH stünden strengere administrative Anforderungen als das in § 19 LSD-BG und § 18 Abs. 12 AuslBG vorgesehene Verfahren auch im Hinblick auf eine im Rahmen einer Kettenüberlassung erfolgte vorübergehende grenzüberschreitende Überlassung von Arbeitskräften im Widerspruch zur Dienstleistungsfreiheit; dies insbesondere deshalb, weil - ebenso wie bei einer einfachen Überlassung - kein dauerhafter Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt begehrt wird und zudem bereits auf Grund einer entsprechenden Meldung sowohl eine Umgehung von Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit verhindert als auch die Einhaltung insbesondere von Vorschriften auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit, eingeschlossen der im Titel II der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit normierten Bestimmungen, die u.a. dem Schutz der Arbeitnehmer und der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen dienen (EuGH 3.6.2021, Team Power Europe, C-784/19), kontrolliert werden kann.