Ra 2023/09/0039 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Das VwG ging im Verfahren betreffend Übertretung der 4. COVID-19-Maßnahmenverordnung davon aus, dass die übertretene Norm dem Gesundheitsschutz diene. Die Wertigkeit dieses Rechtsgutes beurteilte es als "nur gering" und verwies zur Begründung lediglich pauschal darauf, dass nach § 13 Abs. 6 legcit. für andere vergleichbare Zusammenkünfte keine Maskenpflicht im Freien bestanden habe. Abgesehen davon, dass es das VwG unterlassen hat, sich im Rahmen der Beurteilung der Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsgutes auch mit der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens, der für entsprechende Zuwiderhandlungen normiert ist, auseinanderzusetzen, hat der VfGH bereits wiederholt - zuletzt auch im Zusammenhang mit Bestimmungen der 4. COVID-19-Maßnahmenverordnung - festgehalten, dass der mit einem Verbot bzw. Gebot verfolgte Zweck, die Verbreitung von COVID-19 zu verhindern bzw. zu bekämpfen und damit die Gesundheit der Menschen zu schützen sowie die Funktionsfähigkeit der Gesundheitsinfrastruktur aufrechtzuerhalten, ein gewichtiges und legitimes öffentliches Interesse darstellt (vgl. VfGH 20.9.2022, V 110/2022; VfGH 29.4.2022, V 23/2022; VfGH 1.10.2020, G 271/2020, V 463/2020 ua). Der Verordnungsgeber verfolgt ein gesundheitspolitisches Ziel von erheblichem Gewicht, wenn er die Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 und damit die Gewährleistung der medizinischen Versorgung zum Anlass für die Erlassung einer Maßnahme nimmt (vgl. VfGH 13.6.2022, V 160/2021 ua; VfGH 29.4.2022, V 23/2022). Vor diesem Hintergrund kann die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht als gering angesehen werden, sodass es bereits deshalb an einer der in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens fehlt.