JudikaturVwGH

Ra 2021/13/0067 4 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
07. September 2022

Das DBAbk Türkei 2009 steht der Anwendung des Progressionsvorbehaltes für den Quellenstaat nicht entgegen. Das Abkommen enthält zu der Frage des Progressionsvorbehalts für den Quellenstaat keine Bestimmungen. Der Methodenartikel bezieht sich jeweils auf den Ansässigkeitsstaat, nicht aber auf den Quellenstaat. Art. 22 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 lit. b des DBAbk mit der Türkei sind Art. 23A Abs. 3 des OECD-Musterabkommens 1977 nachgebildet. Der Kommentar zum OECD-Musterabkommen 1977 führt in Rn 56 zu Art. 23A aus, dass diese Regelung die Anwendung des Progressionsvorbehalts durch den Quellenstaat nicht ausschließt. Auch in der Literatur wird vertreten, dass das OECD-Musterabkommen dem Quellenstaat die Anwendung eines Progressionsvorbehalts nicht verbietet (vgl. Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 23A Rz 122, mwN; so auch Loukota/Jirousek/Schmidjell-Dommes/Daurer, IntStR I/1, 201, Rz 44; Auer/Petutschnig/Resenig, SWI 2021, 120f). Aus den Materialien zum DBAbk Türkei 2009 geht ebenfalls nicht hervor, dass ein Progressionsvorbehalt für den Quellenstaat ausgeschlossen werden sollte. Sie enthalten lediglich den Hinweis, dass Österreich auf OECD-Grundlage die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt anwendet. Im Lichte dessen ist Art. 22 des DBAbk Türkei 2009 so zu verstehen, dass für den Quellenstaat ein Progressionsvorbehalt weder eingeräumt noch verboten wurde. Das DBAbk Türkei 2009 entfaltet somit hinsichtlich des Progressionsvorbehalts keine Schrankenwirkung.

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