IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch seinen Richter Dr. Alexander Hajicek über die Beschwerde des T**** A****, [Adresse], Tschechien, vom 5.9.2024, StNr ***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 26.8.2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2023 zu Recht:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer ist in Tschechien wohnhaft und in Österreich nichtselbständig beschäftigt. Er war Tagespendler und fuhr täglich von seinem tschechischen Wohnsitz zur Arbeit nach Österreich und zurück. Die Entfernung zwischen seinem tschechischen Wohnsitz und seiner österreichischen Arbeitsstätte beträgt 48 km. Der Beschwerdeführer erzielte im Streitjahr in Tschechien Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, welche mit 15 % tschechischer Einkommensteuer besteuert wurden.
In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung machte der Beschwerdeführer verschiedene Aufwendungen als Werbungskosten und Sonderausgaben geltend, darüber hinaus das Pendlerpauschale und den Pendlereuro. Er beantragte, gemäß § 1 Abs 4 EStG in Österreich als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden.
Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid berücksichtigte das Finanzamt zunächst nur Steuerberatungskosten von € 85,00 als Sonderausgaben, ließ die übrigen geltend gemachten Positionen jedoch unberücksichtigt. Die tschechischen Vermietungseinkünfte berücksichtigte das Finanzamt bei der Ermittlung des auf die österreichischen Einkünfte angewendeten Durchschnittsteuersatzes.
In seiner Beschwerde wendete sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen gegen die Nichtberücksichtigung von Pendlerpauschale und Pendlereuro und rügte weiters die Einbeziehung der tschechischen Einkünfte, diese seien bereits in Tschechien versteuert worden.
Das Finanzamt erließ eine teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidung, in welcher es das Pendlerpauschale und den Pendlereuro wie in der Abgabenerklärung geltend gemacht berücksichtigte; zudem anerkannte es Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung, welche jedoch den Selbstbehalt nicht überstiegen. Betreffend Arbeitsmittel/Arbeitskleidung führte das Finanzamt aus, es handle sich nach der Aktenlage nicht um Kosten für Arbeits- bzw Schutzkleidung, sondern um Kapuzenpullover, Schuhe udgl, somit um Ausgaben für die Lebensführung, die gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG nicht abzugsfähig seien. Die tschechischen Vermietungseinkünfte zog das Finanzamt unverändert zur Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes heran, wobei es zur Begründung im Wesentlichen ausführte wie in EStR 2000 Rz 7592.
In seinem Vorlageantrag wandte sich der Beschwerdeführer lediglich gegen die Einbeziehung der tschechischen Vermietungseinkünfte und verwies auf die in Tschechien erfolgte Besteuerung mit 15%, wobei er einen entsprechenden tschechischen Einkommensteuerbescheid vorlegte.
In seinem Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht verwies das Finanzamt auf das Welteinkommensprinzip sowie die Option des Beschwerdeführers gemäß § 1 Abs 4 EStG in die unbeschränkte Steuerpflicht. Der Progressionsvorbehalt sei nicht explizit im EStG verankert, er ergebe sich aus dem Welteinkommensprinzip und dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und widerspreche nicht dem geltenden DBA-Tschechien. Art 6 DBA-Tschechien folgend sei die Besteuerung der Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen in Tschechien vorgenommen und gemäß Art 22 DBA-Tschechien in Österreich von der Besteuerung ausgenommen worden. Da seitens des Beschwerdeführers der Antrag auf Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs 4 EStG) abgegeben worden sei, sei das Welteinkommen für die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes (§ 33 Abs 10 EStG) angesetzt und dieser Durchschnittssteuersatz, aufgrund der Befreiung der ausländischen Einkünfte, (nur) auf das inländische Einkommen angewandt worden. Das Finanzamt beantragte, der Beschwerde iSd Beschwerdevorentscheidung teilweise stattzugeben.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Der zu Beginn des Erkenntnisses festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die Einsichtnahme in die vom Finanzamt vorgelegten Aktenteile, insbesondere die Bescheide des Finanzamtes und Schreiben des Beschwerdeführers, sowie in den elektronischen Akt des Finanzamtes, insbesondere das Abgabenkonto des Beschwerdeführers.
Diese Feststellungen sind unstrittig.
Rechtlich folgt daraus:
Im Beschwerdeverfahren ist nur mehr die steuerliche Berücksichtigung der tschechischen Vermietungseinkünfte von € 3.734,19 strittig, nämlich, ob diese Einkünfte bei der Ermittlung der österreichischen Einkommensteuer (in irgendeiner Form) einzubeziehen sind.
Das Finanzamt hat diese ausländischen Einkünfte bei der Ermittlung des angewendeten (Durchschnitts)Steuersatzes mitberücksichtigt.
Gemäß Art 22 Abs 2 DBA-Tschechien soll, vorbehaltlich der Bestimmungen der Gesetze der Tschechischen Republik betreffend die Befreiung von der Doppelbesteuerung, die Doppelbesteuerung, im Falle einer in der Tschechischen Republik ansässigen Person, wie folgt vermieden werden:Die Tschechische Republik darf bei der Besteuerung ihrer Ansässigen in die steuerliche Bemessungsgrundlage jene Einkommensteile oder Vermögensteile einbeziehen, die nach den Bestimmungen dieses Abkommens auch in Österreich besteuert werden dürfen, wobei sie aber von den so errechneten Steuern den Betrag der österreichischen Steuer anzurechnen hat. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten tschechischen Steuer nicht übersteigen, der auf das Einkommen oder Vermögen, das nach den Bestimmungen dieses Abkommens in Österreich besteuert werden darf, entfällt.
Gemäß Art 22 Abs 3 DBA-Tschechien dürfen Einkünfte oder Vermögen einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in diesem Staat auszunehmen sind, gleichwohl in diesem Staat bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.
Doppelbesteuerungsabkommen entfalten bloß eine Schrankenwirkung insofern, als sie eine sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht ergebende Steuerpflicht begrenzen. Ob Steuerpflicht besteht, ist zunächst stets nach innerstaatlichem Steuerrecht zu beurteilen. Ergibt sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht eine Steuerpflicht, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht durch ein DBA eingeschränkt wird (VwGH 7.9.2022, Ra 2021/13/0067 mwN).
Gemäß § 1 Abs 2 EStG sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Der Steuersatz bemisst sich nach dem (Gesamt)Einkommen, worin innerstaatlich der Progressionsvorbehalt seine Rechtsgrundlage findet (VwGH 7.9.2022, Ra 2021/13/0067 mwN).
Der Beschwerdeführer hat gemäß § 1 Abs 4 EStG zur Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht optiert. Zwar ist er aufgrund seines Wohnsitzes iSd DBA-Tschechien in Tschechien ansässig, aufgrund der Option gemäß § 1 Abs 4 EStG war er jedoch im Streitjahr in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.
Wird der Progressionsvorbehalt in einem Doppelbesteuerungsabkommen nicht angeführt, kann damit lediglich konstatiert werden, dass er weder (ausdrücklich) eingeräumt noch verboten wurde (VwGH 29.7.2010, 2010/15/0021). Dies gilt auch dann, wenn das Abkommen zur Frage des Progressionsvorbehaltes für den Quellenstaat (im Beschwerdefall Österreich) keine Bestimmungen enthält (VwGH 7.9.2022, Ra 2021/13/0067).
Die Anwendung des Progressionsvorbehalts erfolgt bei unbeschränkt Steuerpflichtigen nach der Rechtsprechung nicht nur, wenn Österreich der abkommensrechtliche Ansässigkeitsstaat ist (VwGH 29.7.2010, 2010/15/0021), sondern auch, wenn Österreich der abkommensrechtliche Quellenstaat (VwGH 7.9.2022, Ra 2021/13/0067) ist.
Das DBA-Tschechien enthält keine Einschränkung in diesem Sinne, die tschechischen Einkünfte sind daher unabhängig von der Ansässigkeit des Beschwerdeführers in Tschechien in die Besteuerung in Österreich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes einzubeziehen.
Da somit zusammengefasst das österreichische Recht bei einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person für die Ermittlung der Höhe des Steuersatzes auch die ausländischen Einkünfte heranzieht und das DBA-Tschechien die Heranziehung der tschechischen Einkünfte bei der Ermittlung des Steuersatzes nicht verbietet, bemisst sich der Steuersatz in Österreich auch nach diesen tschechischen Einkünften des Beschwerdeführers.
Die in Tschechien bezahlte Steuern können bei der Veranlagung in Österreich nicht berücksichtigt werden, da es sich hierbei um nichtabzugsfähige Aufwendungen iSd § 20 Abs 1 Z 6 EStG handelt.
Die Beschwerde erweist sich somit insoweit als unbegründet.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.
Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 279 BAO iSd Beschwerdevorentscheidung abzuändern.
Wien, am 26. Mai 2025