JudikaturVwGH

Ra 2020/07/0106 3 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
09. März 2023

Sieht eine Regulierungsurkunde ein Holzbezugsrecht für den Berechtigten in Form eines von ihm selbst zu schlägernden Holzes und in diesem Zusammenhang eine Auszeige des betroffenen Holzes durch den Verpflichteten vor, so überlässt sie die Auswahl der zu schlägernden Stämme nicht dem Berechtigten, sondern grundsätzlich allein dem Verpflichteten. Somit ist - sofern die Regulierungsurkunde keine andere Regelung enthält - weder eine Zustimmung des Berechtigten zu dieser Auswahl noch sonst eine Einigung zwischen Berechtigten und Verpflichteten betreffend das konkret zu schlägernde Holz erforderlich. Eine Auszeige von Holz, die nicht dem in der Regulierungsurkunde festgelegten Berechtigungsumfang, nicht den urkundlichen Modalitäten oder nicht den gesetzlichen Bestimmungen (etwa den §§ 7 und 8 Stmk EinforstungsLG 1983) entspricht, muss der Berechtigte jedoch nicht akzeptieren. Bringt er gegenüber dem Verpflichteten zum Ausdruck, dass er die Auszeige als nicht rechtmäßig ansieht und insofern "ablehnt", besteht ein die Ausübung der urkundlichen Rechte hindernder Konflikt, den die Beteiligten - noch ohne Befassung der Agrarbehörde - auf zwei Arten lösen können: Entweder der Verpflichtete führt eine neue, entsprechend modifizierte Auszeige durch, die vom Berechtigten nicht mehr als rechtswidrig angesehen wird, oder - sofern und solange der Verpflichtete keine solche Neuauszeige vornimmt - der Berechtigte gibt seine Bedenken gegen die ursprüngliche Auszeige auf und akzeptiert diese. In diesem Sinn sind sowohl die Auszeige als auch deren Ablehnung und die Erklärung, die Ablehnung nicht mehr aufrecht zu erhalten bzw. zurückzuziehen, einseitige, empfangs-, nicht aber annahmebedürftige Willenserklärungen, die zu ihrer Wirksamkeit dem jeweiligen Gegenüber (Berechtigten oder Verpflichteten) zugehen müssen. Durch ein solches Vorgehen kann noch ohne Befassung der Agrarbehörde der als Regelfall vorausgesetzte Zustand - eine vom Verpflichteten vorgenommene Auszeige, die nicht wegen Rechtswidrigkeit bestritten wird - hergestellt werden. Beharren hingegen beide Parteien auf ihrem Standpunkt, kann die Agrarbehörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach § 48 Abs. 1 Stmk EinforstungsLG 1983 die erforderlichen Verfügungen treffen (vgl. VwGH 29.3.2007, 2005/07/0103). Demgegenüber wäre die Auffassung, der Berechtigte würde sich bereits durch Bestreitung der Rechtmäßigkeit einer Auszeige - sei sie berechtigt oder nicht - seiner urkundlichen Rechte begeben, nicht mit dem aus § 6 Abs. 1 Stmk EinforstungsLG 1983 erschließbaren Grundsatz in Einklang zu bringen, wonach die Nutzungsrechte vor allem der ordentlichen Bewirtschaftung der berechtigten Liegenschaft zu dienen haben.

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