Ra 2017/19/0332 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis stellt einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt. Das Verschulden von Kanzleikräften stellt für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen ist. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Der Vertreter verstößt demnach auch dann gegen die ihm obliegende Sorgfaltspflicht, wenn er weder im Allgemeinen noch im Besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Fall des Versagens einer Kanzleikraft Fristversäumungen auszuschließen geeignet sind (Hinweis Beschlüsse vom 20. Jänner 2016, Ra 2015/04/0098, vom 29. Mai 2015, Ra 2015/08/0013, und vom 27. Mai 2014, 2014/16/0001). Selbiges gilt auch, wenn es sich um das ausführende Verhalten eines Rechtsanwaltsanwärters handelt, dessen Verhalten nicht dem Verschulden des Rechtsanwalts selbst und damit der Partei gleichgesetzt werden kann. Auch im Fall eines die Versäumung einer Antragstellung verursachenden Verhaltens eines Rechtsanwaltsanwärters ist daher zu prüfen, ob den bevollmächtigten Rechtsanwalt selbst ein Verschulden im zuvor genannten Sinn trifft (Hinweis B vom 27. Mai 2014, 2014/16/0002).