JudikaturVwGH

Ro 2016/04/0013 6 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
23. November 2016

Der EuGH hat in seinem Urteil in der Rs. C-614/10 zwar festgehalten, dass unter den dort vorliegenden Umständen das (damals in § 38 Abs. 2 DSG 2000 vorgesehene) Unterrichtungsrecht einer Einstufung der Datenschutzkommission als Stelle, deren Handlungen unter allen Umständen über jeden Verdacht der Parteilichkeit erhaben sind, entgegensteht. Allerdings wurde diese Aussage in einem Vertragsverletzungsverfahren getroffen. Da der Anwendungsvorrang die Mitgliedstaaten nicht von der Pflicht zur Herbeiführung einer unionsrechtskonformen Rechtslage entbindet (siehe etwa das Urteil des EuGH vom 2. Juli 1996 in der Rs. C- 290/94, Kommission gegen Griechenland), ist zwischen der Feststellung einer Vertragsverletzung und der Möglichkeit der Verdrängung von nationalem Recht durch unmittelbar anwendbares Unionsrecht zu unterscheiden. Die Möglichkeit, nationales Recht im Wege der Verdrängung unangewendet zu lassen (fallbezogen: einem Auskunftsersuchen nicht zu entsprechen), ändert nichts an der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die nationale Rechtslage unionsrechtskonform auszugestalten. Umgekehrt steht daher die Feststellung des EuGH, wonach die Normierung eines Unterrichtungsrechtes eine Vertragsverletzung begründet, nicht der Verpflichtung entgegen, in einem konkreten Fall die Regelung des Unterrichtungsrechtes unangewendet zu lassen, soweit dies die unionsrechtliche Unabhängigkeitsvorgabe erfordert. Das VwG ist somit zu Unrecht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Normierung des Unterrichtungsrechts nach § 5 Abs. 3 E-ControlG 2010 für sich genommen zur Unzuständigkeit der E-Control führt.

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