JudikaturVfGH

V33/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
25. Juni 2025
Leitsatz

Auswertung in Arbeit

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, "die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Stadtgemeinde Klosterneuburg, beschlossen am 29.09.2000, kundgemacht mit Verfügung vom 8. Mai 2002, Geschäftszahl IV/1 3577-610-2/00, durch Anschlag an der Amtstafel, im Umfang der mit ihrem §3 verfügten Aufhebung der 'Geb-Liste' für die KG Klosterneuburg vom 17.12.1987 mitverfügten Aufhebung der Widmung des auf dem Grundstück Nr 1114/4, EZ5738, KG 1704 Klosterneuburg, situierten Gebäudes als erhaltenswertes Gebäude im Grünland", als gesetzwidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

Die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg zur Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes, beschlossen am 29. September 2000, ZIV/1 3577 610 2/00, lautet auszugsweise (die mit dem Antrag angefochtenen Teile sind hervorgehoben):

"§1

Auf Grund des §22 Abs1 des NÖ Raumordnungsprogrammes 1976 LGBl 8000 13 wird das örtliche Raumordnungsprogramm der Stadtgemeinde Klosterneuburg entsprechend der zu dieser Verordnung gehörenden Plandarstellung (Rotdarstellungen), verfaßt von ***, Ingenieurkonsulent für Raumplanung und Raumordnung unter Zahl K 01/0F, dahingehend abgeändert, daß auf der Plandarstellung durch rote Signatur gem. Planzeichenverordnung LGBl 8000 2 0 dargestellte Widmungs- bzw Nutzungsart festgelegt wird.

§2

Im Sinne des §19 Abs2 Ziff. 4 letzter Satz NÖ ROG 1976 idgF. werden im örtlichen Raumordnungsprogramm und im Flächenwidmungsplan die mit einem Stern '*' versehenen Grünland erhaltenswerten Gebäude - 'Geb' hinsichtlich ihrer funktionalen Nutzungseinschränkung als 'nicht ständig bewohnbar' festgelegt. Ein einmaliger Ausbau um max. 10% der bestehenden bebauten Fläche ist zulässig.

§3

Die mit Verordnungen des örtlichen Raumordnungsprogrammes vom 17.12.1987, 2.10.1998 und 23.4.1999 festgelegten 'Grünland-Erhaltenswerte Gebäude –'Geb' Listen werden wie folgt geändert:

und, wie in der Anlage zu dieser Verordnung dargestellt, neu festgelegt.

[…]

Liste der im Grünland 'Erhaltenswerten Gebäude' gemäß §19 NÖ ROG 1976, LGBl 8000 13: Anlage zur Verordnung des Gemeinderates in der Sitzung vom 29. September 2000, TOP I/37

[…]"

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Die aus den Grundstücken Nr 1114/4 und (innenliegend) Nr 1114/2, beide EZ5738, beide KG 1704 Klosterneuburg, bestehende Liegenschaft steht im Eigentum der vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich beschwerdeführenden Partei, die am 10. August 2021 die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung zur Durchführung baulicher Änderungen bzw Verbesserungen des auf dem Grundstück situierten Gebäudes beantragte.

1.2. Der Antrag wurde mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 18. November 2021 abgewiesen. Der Sache nach wurde dazu begründend ausgeführt, dass die Liegenschaft als Grünland-Forst gewidmet sei und es sich bei dem Gebäude um kein erhaltenswertes Gebäude im Grünland handle.

1.3. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 20. April 2022 abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ebenfalls darauf verwiesen, dass die bewilligungspflichtige Maßnahme auf dem im Grünland gelegenen und näher bezeichneten Grundstück gemäß §20 Abs4 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014) nur in dem für die widmungsgemäße Nutzung erforderlichen Umfang zulässig sei.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhob die im Anlassverfahren beschwerdeführende Partei Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich.

2. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich legt seine Bedenken, die es nach dem zurückweisenden Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 2023, V204/2022, zur erneuten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

"Das Landesverwaltungsgericht hat über die Beschwerde im vorliegenden Fall gemäß §28 Abs2 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden.

Dabei hat es zunächst die für das Grundstück geltenden planlichen Festlegungen des ÖRP anzuwenden. Dazu gehört die Widmung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks als Grünland Landwirtschaft ohne Widmung des Gebäudes als erhaltenswertes Gebäude im Grünland, sodass diese präjudiziell sind.

Gemäß §20 Abs5 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014) sind für erhaltenswerte Gebäude im Grünland über bewilligungs- und anzeigefreie Instandsetzungsmaßnahmen hinaus in dort näher definiertem Umfang, der im Anlassfall nicht offenkundig überschritten werden soll, bewilligungspflichtige Maßnahmen auch ohne die den angefochtenen Bescheid tragende Voraussetzung des §20 Abs4 NÖ ROG 2014 bewilligungsfähig. Im Anlassfall ist daher die Frage präjudiziell, ob die im Jahr 2000 beschlossene Entwidmung des Gebäudes als erhaltenswert im Licht des rechtskräftigen Bescheides vom 1. Juli 2020 gesetzeskonform erfolgte oder nicht.

Das für das Grundstück bis zur antragsgegenständlichen Änderung in Geltung gestandene ÖRP der Stadtgemeinde Klosterneuburg sah für das im Anlassverfahren gegenständliche Gebäude die Widmung als erhaltenswertes Gebäude im Sinne des §19 Abs2 Z4 NÖ ROG 1976 vor. Die mit 29.09.2000 vom Gemeinderat beschlossene Entwidmung dieses Gebäudes war gemäß der Grundlagenforschung einzig von der damaligen Annahme getragen, dass das Gebäude konsenslos sei. Diese Annahme ist mit dem Feststellungsbescheid vom 1. Juli 2020 über den zu vermutenden Konsens widerlegt. Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich wirkt dieser Feststellungsbescheid auf den Zeitpunkt der zur Prüfung angeregten Entwidmung des bis dahin als erhaltenswert gewidmeten Gebäudes zurück. In diesem Umfang ist das Beschwerdevorbringen im Anlassfall aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich berechtigt.

Das im Anlassfall gegenständliche Grundstück wurde der 'Grundlagenforschung zu Gebäude im Grünland' zufolge einzig aus dem Grund eines (vermeintlich) fehlenden Konsenses entwidmet, was keine 'Änderung der Grundlagen' im Sinne des §5 Abs1 Z2 des NÖ ROG 1976 darstellt, zumal in allen Fällen, in denen nicht ein zuvor bestandener Konsens untergegangen ist, sondern – wie im Anlassfall vom Verordnungsgeber fälschlich angenommen – ein solcher niemals bestanden hat, eben keine Änderung eingetreten ist. Abgesehen davon ist der 'Grundlagenforschung zu Gebäuden im Grünland' auch keine Interessenabwägung zwischen den öffentlichen Interessen und jenen des von der Entwidmung betroffenen Liegenschaftseigentümers zu entnehmen."

3. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der sie sich zur Zulässigkeit des Antrages äußert und den Bedenken des antragstellenden Gerichtes entgegentritt. Die verordnungserlassende Behörde beantragt die Zurück- bzw Abweisung des Antrages sowie das Land Niederösterreich zum Kostenersatz zu verpflichten.

4. Die Niederösterreichische Landesregierung hat ebenfalls Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der sie sich ebenfalls zur Frage der Zulässigkeit und Begründetheit des Antrages äußert und beantragt, den Antrag zurückzuweisen bzw die angefochtenen Teile der Bestimmung nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

5. Die beschwerdeführende Partei des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sowohl zur Äußerung der verordnungserlassenden Behörde als auch der Äußerung der Niederösterreichischen Landesregierung Stellung nimmt.

IV. Zulässigkeit

1. Der Antrag ist unzulässig.

2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aus dieser Grundposition folgt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

3. Sowohl die Niederösterreichische Landesregierung als auch die verordnungserlassende Behörde erachten den vorliegenden Antrag der Sache nach deshalb als unzulässig, weil die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung im beantragten Umfang nicht beseitigt werden könnte und der beantragte Aufhebungsumfang insofern zu eng gefasst sei.

3.1. Die Niederösterreichische Landesregierung führt dazu Folgendes aus:

"Der Antrag des Landesverwaltungsgerichtes bezieht sich konkret auf die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Stadtgemeinde Klosterneuburg im Umfang der mit ihrem §3 verfügten Aufhebung der 'Geb-Liste' für die KG Klosterneuburg vom 17.12.1987 mitverfügten Aufhebung der Widmung des auf dem Grundstück Nr 1114/4, EZ5738, KG 1704 Klosterneuburg, situierten Gebäudes als erhaltenswertes Gebäude im Grünland.

Das Landesverwaltungsgericht nennt lediglich das Grundstück Nr 1114/4, KG 1704 Klosterneuburg.

Demgegenüber ergibt sich aus der Plandarstellung gem. §1 der Verordnung […] dass sich die nunmehr aufgehobene Geb-Widmung auf das Gebäude, welches primär auf Grundstück Nr 1114/2 liegt, bezieht.

[…]

Das Datenblatt 'BAUTEN IM GRÜNLAND', Stand April 1998, führt die Grundstücksnummern 1114/2 und 1114/4 […] an.

Die Bearbeitung der Gebäude / Bauten im Grünland , KG 1704 Klosterneuburg: Stand 10.07.2000, führt lediglich die Grundstücksnummer 1114/2 an […][.]

Auch der Feststellungsbescheid gem. §113 Abs2b NÖ Bauordnung 1976 vom 4. Dezember 1998 […] bezieht sich nur auf Grundstück Nr 1114/2 und nicht (auch) auf das Grundstück Nr 1114/4.

Ein aktueller Grundbuchsauszug ergibt, dass beide Grundstücke auch heute noch bestehen.

Wesentlich ist auch, dass die durch §3 der verfahrensgegenständlichen Verordnung ua behobene 'Geb-Liste' für die KG Klosterneuburg vom 17.12.1987 […] hinsichtlich der [H]olzgasse 93 bloß auf Parz. Nr 1114/2 Bezug nimmt und nicht auf das im Antrag des Landesverwaltungsgerichtes genannte Grundstück Nr 1114/4. […]

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass alleine schon durch die falsche Grundstücksbezeichnung im Antrag die intendierte Aufhebung der entsprechenden Verordnungsbestimmungen nicht erreicht werden kann.

[…]

Der Antrag bezieht sich lediglich auf einen Teil des §3 der gegenständlichen Verordnung. Demgegenüber sind jedoch zumindest [weitere] Bestimmungen der Verordnung relevant [.]

[…]

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 1. Dezember 2023, V204/2022-16, nach Darlegung der allgemeinen Grundsätze bzgl. des Anfechtungsumfanges (Rz 23 ff) ausgeführt, dass der im Antrag gewählte Aufhebungsumfang sich vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung im Lichte der geltend gemachten Bedenken als zu eng gefasst erweist. Dies deshalb, da der gewählte Aufhebungsumfang nicht den letzten Satz des §3 der Verordnung des Gemeinderates erfasst und daher weiterhin der auf die Anlage verweisende Teil der zitierten Bestimmung bestehen bliebe, sodass die vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vermutete Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde. Weiters führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass selbst unter der Prämisse, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem vorliegenden Antrag die Bestimmung des §3 der Verordnung zur Gänze angefochten hätte, dies zu keinem anderen Ergebnis führen würde, zumal die – nicht vom gewählten Aufhebungsumfang erfasste – Anlage in diesem Fall als sinnentleerter und deshalb unanwendbarer Torso verbliebe.

Es wird nicht verkannt, dass sich der nunmehr vom Landesverwaltungsgericht gestellte Antrag von jenem dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes, V204/2022-16, zu Grunde liegenden Antrag unterscheidet. Das Landesverwaltungsgericht nimmt jedoch nirgends auf die im §1 angeführte Plandarstellung (Rotdarstellungen) Bezug. Somit bleibt diese weiterhin bestehen und legt für das gegenständliche Gebäude die Streichung der Kennzeichnung als Geb fest […].

[…]

Im Ergebnis wird […] im Sinne der oben wiedergegebenen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes weiterhin die vermutete Gesetzwidrigkeit durch die beantragte Aufhebung nicht beseitigt."

3.2. Die verordnungserlassende Behörde äußert sich hingegen wie folgt:

"Der konkrete Anfechtungsumfang im Beschluss des LVwG NÖ vom 08.04.2024, GZ: LVwG AV 760/004 2022, ist nicht nur sprachlich schwer bzw nicht nachvollziehbar: Das LVwG NÖ verkennt, dass mit der beantragten Aufhebung der ' mitverfügten Aufhebung der Widmung ' dennoch die neu erlassene Geb-Liste für die KG Klosterneuburg auch weiterhin bestehen bliebe und darin das verfahrensgegenständliche Gebäude Holzgasse ** gerade nicht als erhaltenswertes Gebäude im Grünland aufgelistet und mit mitverordneten Plan auch nicht eingezeichnet ist. Das LVwG NÖ verkennt wie im vorangegangenen Verordnungsprüfungsverfahren zur GZ: V 204/2022, dass die nicht angefochtenen , der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes zugrundeliegenden Anlagen , also die neuen Geb-Listen und vor allem der Plan Nr 7536-55/3 […], ebenso wie die Entwidmung des im Beschwerdeverfahren vor dem LVwG NÖ verfahrensgegenständlichen Gebäudes Holzgasse ** am Grundstück Nr 1114/2 (EZ5738, KG 01704 Klosterneuburg) als erhaltenswertes Gebäude im Grünland als Bestandteil der Verordnung weiterhin gelten.

Insgesamt wäre für das Ausgangsverfahren vor dem LVwG NÖ bei Aufhebung der ' mitverfügten Aufhebung der Widmung ' nichts gewonnen, da die Streichung der Geb Widmung für das Gebäude Holzgasse ** selbst bei Aufhebung der Behebung der Festlegung der alten Geb-Listen weiterhin bestehen bliebe . Die Wiedereinführung der alten Geb-Listen würde daran nichts ändern und brächte nur einen Widerspruch der alten Geb-Liste zur neuen Geb-Liste bzw zum {STEK 2023+} und zum verordneten Plan mit sich, der im Wege der Auslegung dahingehend zu lösen wäre, dass die Festlegungen der neuen Geb-Listen als zeitlich spätere Regelungen gelten und daher aufgrund der Derogationswirkung die alte Geb-Liste hinfällig wäre (arg 'lex posterior deraogat legi priori' ). Die vom LVwG NÖ behauptete Rechtswidrigkeit der Entwidmung als erhaltenswertes Gebäude im Grünland würde daher durch die beantragte Aufhebung nicht beseitigt , weshalb der Aufhebungsantrag von vornherein unzulässig und daher zurückzuweisen ist. [...]"

4. Die beschwerdeführende Partei des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht tritt diesen Bedenken als beteiligte Partei wie folgt entgegen:

"In ihrer Äußerung vom 11.06.2024 bringt die Niederösterreichische Landesregierung vor, dass der vom LVwG Niederösterreich gewählte Aufhebungsumfang erneut unrichtig abgegrenzt worden sei. Dies wird maßgeblich damit begründet, dass der Umfang vor dem Hintergrund des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 01.12.2023, V204 /2022 16, erneut zu eng gewählt worden sei. Einerseits sei der letzte Satz des §3 der verfahrensgegenständlichen Verordnung nicht mitangefochten worden und andererseits sei auch die Anlage zu der in Rede stehenden Verordnung nicht Gegenstand des Antrags, weshalb diese im Falle der Stattgabe als sinnentleerter Torso verbliebe, was der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes widerspräche.

Dies ist aus folgenden Gründen unzutreffend:

Anders als in seinem ersten Einleitungsbeschluss vom 04.08.2022 wählte das LVwG Niederösterreich nunmehr den korrekten Aufhebungsumfang. Während der Antrag aus 2022 den Umfang derart abgrenzte, dass die Bestimmung ' im Umfang der mit ihrem §3 verfügten Aufhebung der drei dort näher bezeichneten ‚Geb Listen' als gesetzwidrig aufzuheben ' sei, wird im Beschluss vom 08.04.2024 nunmehr beantragt, die Verordnung ' im Umfang der mit ihrem §3 verfügten Aufhebung der 'Geb-Liste' für die KG Klosterneuburg vom 17.12.1987 mitverfügten Aufhebung der Widmung des auf dem Grundstück Nr 114/4 EZ5738, KG 1704 Klosterneuburg situierten Gebäudes […] aufzuheben .'

Wie der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg (in der Folge kurz: Gemeinderat) in seiner Äußerung vom 05.06.2024 […] selbst darlegt, erfolgt die Nennung des Grundstücks Nr 114/4 ausdrücklich in der – einen wesentlichen Bestandteil der Verordnung bildenden – Anlage. Wenn das LVwG Niederösterreich daher den §3 der Verordnung nunmehr in dem Umfang aufzuheben beantragt, in dem die 'Aufhebung der Widmung des auf dem Grundstück Nr 114/4 EZ5738, KG 1704 Klosterneuburg situierten Gebäudes erfolgte', so hat es somit in seinen Antrag ausdrücklich auch die entsprechende Anlage miteinbezogen, da ja nur in dieser das Grundstück Nr 114/4 enthalten ist. Die diesbezüglichen Ausführungen des Gemeinderates im Schriftsatz vom 05.06.2024 […] sowie jene der zitierten Äußerung des Niederösterreichischen Landesregierung vom 11.06.2024 gehen damit ins Leere.

Das LVwG Niederösterreich ist bei der Wahl des Aufhebungsumfangs entgegen der zitierten Äußerungen besonders präzise vorgegangen: Es sollten keine weiteren, ebenfalls durch die Anlage näher bestimmten Widmungsänderungen ebenfalls mitangefochten werden, da diese im vorliegenden Fall ja nicht präjudiziell sind. Präjudiziell ist lediglich jener Teil des Anhangs, welcher das genannte Grundstück betrifft. Ein dergestalt gewählter Aufhebungsumfang war daher nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach nicht mehr angefochten und aufgehoben werden darf als unbedingt nötig, sogar geboten."

5. Der im Antrag gewählte Anfechtungsumfang erweist sich vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im Lichte der geltend gemachten Bedenken (erneut) als zu eng gefasst:

5.1. Entgegen der Auffassung der Niederösterreichischen Landesregierung und der verordnungserlassenden Behörde ist für den Verfassungsgerichtshof – trotz der sprachlich komplexen Formulierung des Aufhebungsbegehrens – erkennbar, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Aufhebung des §3 der angefochtenen Verordnung samt der im letzten Satz des §3 genannten Anlage bezüglich des Entfalles der Widmung "Geb" des auf dem Grundstück Nr 1114/4, EZ5738, KG 1704 Klosterneuburg, situierten Gebäudes (Nr 1114/2, EZ5738, KG 1704 Klosterneuburg) begehrt (s dazu auch VfGH 1.12.2023, V204/2022, Pkt. IV. 2.4.).

5.2. Die Niederösterreichische Landesregierung weist aber zutreffend darauf hin, dass das antragstellende Gericht auch §1 der angefochtenen Verordnung sowie den dortigen Verweis auf die näher bezeichnete Plandarstellung (Rotdarstellung) berücksichtigen hätte müssen.

5.3. §1 der angefochtenen Verordnung nimmt nämlich auf die dort näher bezeichnete Plandarstellung (Rotdarstellung) Bezug. Diese Plandarstellung legt für das Gebäude erkennbar die Streichung der Kennzeichnung "Geb" fest, die im Fall der Aufhebung der angefochtenen Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof weiter bestehen bliebe. Die vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vermutete Gesetzwidrigkeit würde durch die Aufhebung der angefochtenen Verordnung im begehrten Umfang gar nicht beseitigt (vgl zB VfSlg  18.891/2009, 19.933/2014).

6. Der Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich erweist sich vor diesem Hintergrund als unzulässig.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist sohin als unzulässig zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Kosten sind nicht zuzusprechen, weil in Normenkontrollverfahren ein Kostenersatz nur im - hier nicht gegeben - Fall eines Individualantrages in Betracht kommt.

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