G412/2023 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Die Behandlung des Antrages wird abgelehnt.
Begründung
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B VG; vgl VfGH 24.2.2015, G13/2015).
Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
Die antragstellende Partei behauptet die Verfassungswidrigkeit des §43 Abs3 zweiter Satz JN wegen Verstoßes gegen Art83 Abs2 B VG, den Gleichheitsgrundsatz und das Rechtsstaatsprinzip sowie des §501 und von Teilen des §502 ZPO wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Das Vorbringen des Antrages lässt die behaupteten Verfassungswidrigkeiten als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass der Antrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Die Jurisdiktionsnorm enthält klare und eindeutige Zuständigkeitsregelungen (vgl insbesondere §§41 ff., §§49 ff und §§65 ff.). In §§41 ff JN wird festgelegt, dass die Gerichte ihre Zuständigkeit von Amts wegen zu prüfen haben und im Fall ihrer Unzuständigkeit die Klage zurückzuweisen haben. So ist etwa nach dem ersten Satz des §43 Abs1 JN die Klage von Amts wegen zurückzuweisen, wenn sich das angerufene Gericht für unzuständig erklärt. Sobald jedoch über die Klage die Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung bestimmt, die Beantwortung der Klage aufgetragen oder ein bedingter Zahlungsbefehl erlassen worden ist, kann sich das Gericht nach dem zweiten Satz des §43 Abs1 JN unter anderem nur dann für unzuständig erklären, wenn der Beklagte rechtzeitig die Einrede des Fehlens der sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit erhebt (Z1 leg cit). Von dieser Regelung des §43 Abs1 zweiter Satz JN macht §43 Abs3 JN eine Ausnahme. Demnach kann die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit nicht darauf gestützt werden, dass für die Streitsache ein anderer Gerichtshof sachlich zuständig ist, wenn über die Streitsache der Einzelrichter eines Gerichtshofes zu entscheiden hat. Ebenso kann in Streitsachen, die vor ein Bezirksgericht gehören, die Einrede der Unzuständigkeit nicht darauf gestützt werden, dass für die Streitsache ein anderes Bezirksgericht sachlich zuständig ist. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsrahmen des Gesetzgebers, aus verfahrensökonomischen Gründen in solchen Konstellationen die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit auszuschließen. Es ist in diesem Zusammenhang nicht erkennbar, dass die angefochtene Regelung gegen Art83 Abs2 B VG oder den Gleichheitsgrundsatz verstößt.
Soweit die antragstellende Partei zudem einen Verstoß des §501 und von Teilen des §502 ZPO gegen den Gleichheitsgrundsatz behauptet, ist auf den vom Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem Verfahrensrecht angenommenen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers hinzuweisen (vgl insbesondere VfGH 25.2.2019, G7/2019; VfSlg 20.152/2016).
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des Antrages abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).