JudikaturVfGH

V110/2022 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
20. September 2022

Spruch

I. Der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "1 und" in §17 Abs4 der 4. COVID 19-Maßnahmenverordnung, BGBl II Nr 34/2022, wird zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit ihrem auf Art139 Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag begehrt die Antragstellerin, der Verfassungsgerichtshof möge §2 Abs2 Z1 und 2, §5 Abs1, 2 und 3 sowie die Wortfolge "1 und" in §17 Abs4 der 4. COVID-19-Maßnahmenverordnung, BGBl II 34/2022, in eventu §2, §5, §17 und §20 der 4. COVID-19-Maßnahmenverordnung als gesetzwidrig aufheben.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG), BGBl I 12/2020, idF BGBl I 6/2022 lauten bzw lauteten auszugsweise wie folgt:

"Anwendungsbereich und allgemeine Bestimmungen

§1. (1) Dieses Bundesgesetz ermächtigt zur Regelung des Betretens und des Befahrens von Betriebsstätten, Arbeitsorten, Alten- und Pflegeheimen sowie stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit, zur Regelung des Benutzens von Verkehrsmitteln, zur Regelung von Zusammenkünften sowie zu Ausgangsregelungen als gesundheitspolizeiliche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.

(2) Als Betreten im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch das Verweilen.

(3) Bestimmte Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bestimmte öffentliche und bestimmte private Orte mit Ausnahme des privaten Wohnbereichs.

(4) Öffentliche Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind solche, die von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten oder befahren werden können.

(5) Als Auflagen nach diesem Bundesgesetz kommen insbesondere in Betracht:

1. Abstandsregeln,

2. die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung,

3. sonstige Schutzmaßnahmen wie organisatorische oder räumliche Maßnahmen,

4. Präventionskonzepte, das sind programmhafte Darstellungen von – dem jeweiligen Angebot angepassten – Regelungen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19,

5. das Mitführen eines Nachweises über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr (Abs5a) im Zusammenhang mit

a) dem Betreten und Befahren von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen (§3 Abs1 Z1), dem Benutzen von Verkehrsmitteln (§3 Abs1 Z3) und dem Betreten und Befahren von bestimmten Orten (§4 Abs1 Z1), mit Ausnahme von Betriebsstätten, Verkehrsmitteln oder bestimmten Orten, die zur Deckung notwendiger Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betreten und befahren bzw benutzt werden,

b) dem Betreten und Befahren von Arbeitsorten (§3 Abs1 Z2), an denen ein physischer Kontakt zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann,

c) dem Betreten von Alten- und Pflegeheimen und stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe (§4a Abs1) sowie

d) der Teilnahme an Zusammenkünften (§5).

Soweit epidemiologische Erfordernisse dem nicht entgegenstehen, kann für Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr, allenfalls gestaffelt nach verschiedenen Altersgruppen, sowie für Personen, für die aus medizinischen Gründen die Erbringung eines Nachweises einer lediglich geringen epidemiologischen Gefahr nicht in Betracht kommt, bestimmt werden, dass geringere Anforderungen an den Nachweis zu stellen sind oder diese von der Nachweispflicht ausgenommen sind.

(5a) Von einer lediglich geringen epidemiologischen Gefahr im Sinne des Abs5 Z5 ist in Bezug auf Personen auszugehen, für die nach dem Stand der Wissenschaft auf Grund

1. einer Schutzimpfung gegen COVID-19,

2. eines durchgeführten Tests auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 mit negativem Testergebnis,

3. eines durchgeführten Tests, der das Vorhandensein von Antikörpern gegen eine Infektion mit SARS-CoV-2 bestätigt, oder

4. eines Genesungsnachweises oder einer ärztlichen Bestätigung über eine überstandene Infektion mit SARS-CoV-2 oder eines Absonderungsbescheides, der wegen einer Infektion des Bescheidadressaten mit SARS-CoV-2 erlassen wurde,

anzunehmen ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer Weiterverbreitung von COVID 19 reduziert ist. Zwischen den Personengruppen gemäß Z1 bis 4 kann abhängig von der jeweils aktuellen epidemiologischen Situation differenziert werden, wenn nach dem Stand der Wissenschaft davon auszugehen ist, dass Unterschiede hinsichtlich der Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 bestehen. Soweit dies epidemiologisch erforderlich ist, kann ein Nachweis über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr gemäß Z2 auch zusätzlich zu den Nachweisen gemäß Z1, 3 und 4 vorgeschrieben werden.

(5b) Über die Anordnung gemäß Abs5 Z5 hinaus können für Personengruppen gemäß Abs5a Z1 bis 4 weitergehende Ausnahmen von den auf Grundlage dieses Bundesgesetzes festgelegten Beschränkungen angeordnet werden, wenn nach dem Stand der Wissenschaft davon auszugehen ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer Weiterverbreitung von SARS-CoV-2 deutlich reduziert ist und nicht insbesondere

1. ein allenfalls verbleibendes Restrisiko einer Ansteckung anderer Personen mit SARS-CoV-2, das im Kontext der jeweiligen Beschränkung nicht hingenommen werden kann,

2. die Gewährleistung einer effektiven und effizienten behördlichen Kontrolle der Einhaltung geltender Beschränkungen,

3. die Ermöglichung einer effektiven und effizienten Erfüllung jener Verpflichtungen, deren Verletzung gemäß §8 Abs3, 4 und 5a verwaltungsbehördlich strafbar ist, oder

4. die Aufrechterhaltung der Bereitschaft zur Einhaltung der geltenden Beschränkungen durch die dadurch verpflichteten Personen

Gegenteiliges erfordert. Um derartigen Erfordernissen Rechnung zu tragen, kann die Inanspruchnahme der Ausnahme auch von der Einhaltung entsprechender Auflagen abhängig gemacht werden, die im Vergleich zur geltenden Beschränkung, von der ausgenommen wird, weniger einschränkend wirken. Abs5d gilt in diesem Zusammenhang sinngemäß.

(5c) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat durch Verordnung nähere Vorschriften über

1. die an die Schutzimpfung und an durchzuführende Tests zu stellenden Anforderungen, insbesondere hinsichtlich Intervall, Qualität und Modalität der Durchführung,

2. die Art der Diagnose einer Infektion mit SARS-CoV-2,

3. den Zeitraum, für den in den Fällen des Abs5a Z1 bis 4 von einer lediglich geringen epidemiologischen Gefahr auszugehen ist, sowie

4. Form und Inhalt der mitzuführenden Nachweise, wobei in Abhängigkeit vom Grund für die Annahme einer lediglich geringen epidemiologischen Gefahr entsprechend differenziert werden kann, jedoch für alle Nachweise vorzusehen ist, dass diese jedenfalls Angaben zum Aussteller des Nachweises, zum Grund für die Annahme einer lediglich geringen epidemiologischen Gefahr und den dazu getroffenen Feststellungen sowie den Namen und das Geburtsdatum der den Gegenstand des Nachweises bildenden Person zu enthalten haben,

zu erlassen.

(5d) Personen, die nach einer Verordnung auf Grundlage von Abs5 Z5 zum Mitführen eines Nachweises über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr verpflichtet sind, haben während der gesamten Dauer ihres Aufenthalts am Ort oder bei der Zusammenkunft, für den oder die die betreffende Auflage gilt, den für sie maßgeblichen Nachweis bzw gegebenenfalls die ärztliche Bestätigung über das Vorliegen medizinischer Gründe im Sinne von Abs5 Z5 letzter Satz in Verbindung mit der auf Grundlage dieser Bestimmung ergangenen Verordnung mit sich zu führen und diesen für eine Überprüfung durch

1. die Behörde,

2. die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und

3. jene Personen, die bei sonstiger verwaltungsbehördlicher Strafbarkeit gemäß §8 Abs3, 4 und 5a dafür Sorge zu tragen haben, dass in ihrem Einflussbereich die jeweils geltenden Beschränkungen eingehalten werden,

jederzeit bereitzuhalten und auf Verlangen vorzuweisen. Die in Z1 bis 3 genannten Organe und Personen sind zum Zweck der Überprüfung von Nachweisen zur Ermittlung der für die Identitätsfeststellung erforderlichen personenbezogenen Daten (Vor- und Nachname sowie Geburtsdatum) berechtigt. Die Vervielfältigung oder Aufbewahrung der Nachweise und der in den Nachweisen enthaltenen personenbezogenen Daten und die Verarbeitung der im Rahmen der Identitätsfeststellung erhobenen Daten durch die in Z3 genannten Personen sind unzulässig. Dies gilt auch für Zertifikate nach §4b Abs1 des Epidemiegesetzes 1950 (EpiG), BGBl Nr 186/1950.

(5e) Die in §4b Abs1 Z1 bis 3 des EpiG 1950 genannten Zertifikate können als Nachweis einer lediglich geringen epidemiologischen Gefahr herangezogen werden.

(5f) Nachweise über eine geringe epidemiologische Gefahr dürfen die in §4c Abs1, §4d Abs1 und §4e Abs1 des EpiG 1950 genannten Daten enthalten.

(6) Voraussetzungen nach diesem Bundesgesetz sind insbesondere bestimmte Arten oder Zwecke der Nutzung von Orten und Verkehrsmitteln.

(7) Die Bewertung der epidemiologischen Situation hat insbesondere anhand folgender Kriterien zu erfolgen:

1. Übertragbarkeit, gemessen an neu aufgetretenen COVID-19-Fällen und Clustern,

2. Clusteranalyse, gemessen an der Anzahl der Fälle mit geklärter Quelle,

3. Ressourcen und Kapazitäten im Gesundheitswesen unter Berücksichtigung der aktuellen Auslastung der vorhandenen Spitalskapazitäten sowie der aktuellen Belegung auf Normal- und Intensivstationen,

4. durchgeführte SARS-CoV-2-Tests samt Positivrate,

4a. Durchimpfungsgrad der Bevölkerung und insbesondere der Angehörigen jener Bevölkerungsgruppen, die nach der jeweils verfügbaren Datenlage ein überdurchschnittlich hohes Risiko schwerer Krankheitsverläufe mit daraus folgender Notwendigkeit der Hospitalisierung oder intensivmedizinischer Betreuung aufweisen,

4b. das Auftreten und die Verbreitung von Virusvarianten mit signifikant erhöhter Übertragbarkeit und/oder signifikant erhöhter Wahrscheinlichkeit schwerer Krankheitsverläufe, sowie

5. regionale Besonderheiten wie ein besonderer Zustrom ortsfremder Personen, insbesondere Tourismus- und Pendlerströme.

(8) In einer auf Grundlage dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung können typisierende Abstufungen hinsichtlich der epidemiologischen Situation vorgenommen werden und an unterschiedliche Risikoeinstufungen unterschiedliche Maßnahmen geknüpft werden ('Ampelsystem').

Corona-Kommission

§2. (1) Zur Beratung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers bei der Bewertung der epidemiologischen Situation gemäß §1 Abs7 ist beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ein Beirat (Corona-Kommission) einzurichten.

(2) Die Empfehlungen der Corona-Kommission sind auf der Website des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers zu veröffentlichen. Darüber hinaus sollen auch die wesentlichen Begründungen dafür veröffentlicht werden.

Betreten und Befahren von Betriebsstätten und Arbeitsorten sowie Benutzen von Verkehrsmitteln

§3. (1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung

1. das Betreten und das Befahren von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen,

2. das Betreten und das Befahren von Arbeitsorten oder nur bestimmten Arbeitsorten gemäß §2 Abs3 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) durch Personen, die dort einer Beschäftigung nachgehen, und

3. das Benutzen von Verkehrsmitteln oder nur bestimmten Verkehrsmitteln

geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

(2) In einer Verordnung gemäß Abs1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten und befahren oder Verkehrsmittel benutzt werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren von Betriebsstätten oder Arbeitsorten sowie das Benutzen von Verkehrsmitteln untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.

[…]

Zusammenkünfte

§5. (1) Beim Auftreten von COVID-19 können vorbehaltlich des Abs2 Zusammenkünfte von Personen aus verschiedenen Haushalten geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

(2) In einer Anordnung gemäß Abs1 jedenfalls nicht geregelt werden dürfen Zusammenkünfte von weniger als fünf Personen aus weniger als drei Haushalten zuzüglich sechs minderjährige Kinder dieser Personen und Minderjährige, denen gegenüber diese Personen bestehende Aufsichtspflichten wahrnehmen.

(3) In einer Anordnung gemäß Abs1 ist nach Art, Größe und Zweck der Zusammenkunft, nach der Beschaffenheit des Ortes der Zusammenkunft sowie nach dem Grad persönlicher Beziehungen zwischen den Personen zu differenzieren.

(4) In einer Anordnung gemäß Abs1 können Zusammenkünfte

1. an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auflagen gebunden werden oder

2. in Bezug auf die Personenzahl beschränkt werden oder

3. einer Anzeige- oder Bewilligungspflicht unterworfen werden oder

4. auf bestimmte Personen- oder Berufsgruppen eingeschränkt werden.

Maßnahmen gemäß Z3 und 4 dürfen jedenfalls nicht für Zusammenkünfte im privaten Wohnbereich angeordnet werden. Erforderlichenfalls sind die Maßnahmen gemäß Z1 bis 4 nebeneinander zu ergreifen. Reichen die in Z1 bis 4 genannten Maßnahmen nicht aus, können Zusammenkünfte untersagt werden.

(5) Voraussetzungen oder Auflagen im Sinne des Abs4 Z1 dürfen nicht die Verwendung von Contact-Tracing-Technologien umfassen. Dies gilt nicht für die Kontaktdatenerhebung gemäß §5c des Epidemiegesetzes 1950 (EpiG), BGBl Nr 186/1950.

(6) Beschränkungen auf Personen- oder Berufsgruppen gemäß Abs4 Z4 dürfen nicht auf Geschlecht, Behinderung, ethnische Zugehörigkeit, Alter, Religion, Weltanschauung, sexuelle Orientierung oder auf das Bestehen einer Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe nach §735 Abs1 ASVG abstellen.

(7) Wird aufgrund des Abs1 eine Verordnung erlassen oder geändert und hat dies zur Folge, dass eine Zusammenkunft nicht mehr bewilligt werden könnte, darf eine bereits erteilte Bewilligung für die Dauer der Geltung dieser Rechtslage nicht ausgeübt werden. In dieser Verordnung kann davon abweichend angeordnet werden, dass bestehende Bewilligungen unter Einhaltung der Anordnungen dieser Verordnung, die im Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligung nicht gegolten haben und hinreichend bestimmt sind, ausgeübt werden dürfen. In einem solchen Fall gelten die Bewilligungen für die Dauer der Geltung der neuen Rechtslage als entsprechend der Verordnung geändert. §68 Abs3 AVG bleibt unberührt.

(8) Wird auf Grund des Abs1 eine Verordnung erlassen oder geändert und hat dies zur Folge, dass eine allfällige Bewilligung in einer für den Organisator der Zusammenkunft günstigeren Weise erteilt werden könnte, so kann die Behörde einen neuen Antrag auf Bewilligung nicht wegen entschiedener Sache zurückweisen.

(9) Die Bewilligung einer Zusammenkunft kann ab dem Zeitpunkt der Kundmachung einer Verordnung gemäß Abs1 erteilt werden, wenn der Zeitpunkt der Abhaltung der Zusammenkunft nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung liegt. Die Bewilligung wird in diesem Fall mit Inkrafttreten der Verordnung wirksam.

Ausgangsregelung

§6. (1) Sofern es zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unerlässlich ist, um einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder ähnlich gelagerte Notsituationen zu verhindern, und Maßnahmen gemäß den §§3 bis 5 nicht ausreichen, kann durch Verordnung angeordnet werden, dass das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs nur zu bestimmten Zwecken zulässig ist. Dabei müssen nicht alle Maßnahmen gemäß den §§3 bis 5 ausgeschöpft werden, wenn eine Ausgangsregelung zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unter Berücksichtigung aller beteiligten Interessen als das verhältnismäßigere Mittel erscheint.

(2) Eine Ausgangsregelung gemäß Abs1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation auch auf bestimmte Zeiten beschränkt werden.

(3) Zwecke gemäß Abs1, zu denen ein Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs jedenfalls zulässig ist, sind:

1. Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,

2. Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten,

3. Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens,

4. berufliche Zwecke, sofern dies erforderlich ist, und

5. Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung.

Zuständigkeiten

§7. (1) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz sind vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu erlassen.

[…]

Strafbestimmungen

§8. […]

(2) Wer

1. eine Betriebsstätte oder einen Arbeitsort entgegen dem in einer Verordnung gemäß §3 festgelegten Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr betritt oder befährt oder ein Verkehrsmittel entgegen dem in einer Verordnung gemäß §3 festgelegten Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr benutzt oder

2. die in einer Verordnung gemäß §4 oder §4a genannten Orte entgegen dem dort festgelegten Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr betritt oder befährt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 50 Euro bis zu 1 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 2 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.

(3) Wer

1. eine Betriebsstätte oder einen Arbeitsort entgegen den in einer Verordnung gemäß §3 festgelegten Voraussetzungen oder sonstigen an ihn gerichteten Auflagen betritt oder befährt oder ein Verkehrsmittel entgegen den in einer Verordnung gemäß §3 festgelegten Voraussetzungen oder sonstigen an ihn gerichteten Auflagen benutzt oder

2. die in einer Verordnung gemäß §4 oder §4a genannten Orte entgegen den dort festgelegten Zeiten, Voraussetzungen oder sonstigen an ihn gerichteten Auflagen betritt oder befährt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 50 Euro bis zu 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 1 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.

[…]

Anhörung der Corona-Kommission

§11. Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat – außer bei Gefahr in Verzug – vor Erlassung von Verordnungen nach diesem Bundesgesetz die Corona-Kommission zu hören.

[…]"

2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung betreffend Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen werden (4. COVID-19-Maßnahmenverordnung – 4. COVID-19-MV), BGBl II 34/2022 (§13 Abs6 idF BGBl II 38/2022, §5 Abs8, §13 Abs1 Z1, 2 und 6 sowie §20 Abs7, 11 und 12 idF BGBl II 46/2022; die im Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben) lauteten auszugsweise wie folgt:

"Anwendungsbereich

§1. Diese Verordnung regelt gesundheitspolitische Maßnahmen zur Verhinderung einer Verbreitung von COVID-19.

Allgemeine Bestimmungen

§2. (1) Als Maske im Sinne dieser Verordnung gilt eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard.

(2) Als Nachweis über eine geringe epidemiologische Gefahr im Sinne dieser Verordnung gilt ein:

1. '1G-Nachweis': Nachweis über eine mit einem zentral zugelassenen Impfstoff gegen COVID-19 erfolgte

a) Zweitimpfung, wobei diese nicht länger als 180 Tage und bei Personen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr nicht länger als 210 Tage zurückliegen darf und zwischen der Erst- und Zweitimpfung mindestens 14 Tage verstrichen sein müssen,

b) Impfung, sofern mindestens 21 Tage vor der Impfung ein positiver molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 bzw vor der Impfung ein Nachweis über neutralisierende Antikörper vorlag, wobei die Impfung nicht länger als 180 Tage zurückliegen darf, oder

c) weitere Impfung, wobei diese nicht länger als 270 Tage zurückliegen darf und zwischen dieser und einer Impfung im Sinne der lita und b mindestens 90 Tage verstrichen sein müssen;

2. '2G-Nachweis': Nachweis gemäß Z1 oder ein

a) Genesungsnachweis über eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2 oder eine ärztliche Bestätigung über eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2, die molekularbiologisch bestätigt wurde, oder

b) Absonderungsbescheid, wenn dieser für eine in den letzten 180 Tagen vor der vorgesehenen Testung nachweislich mit SARS-CoV-2 infizierte Person ausgestellt wurde;

3. '2,5G-Nachweis': Nachweis gemäß Z1 oder 2 oder ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf;

4. '3G-Nachweis': Nachweis gemäß Z1 bis 3 oder ein Nachweis

a) einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines Antigentests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 24 Stunden zurückliegen darf, oder

b) über ein negatives Ergebnis eines SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung, der in einem behördlichen Datenverarbeitungssystem erfasst wird und dessen Abnahme nicht mehr als 24 Stunden zurückliegen darf.

(3) Liegt sowohl ein Nachweis gemäß Abs2 Z1 lita als auch ein Nachweis gemäß Abs2 Z2 lita oder b vor, ist dies einem Nachweis gemäß Abs2 Z1 litc gleichgestellt.

(4) Nachweise gemäß Abs2 sind in lateinischer Schrift in deutscher oder englischer Sprache oder in Form eines Zertifikats gemäß §4b Abs1 des Epidemiegesetzes 1950 (EpiG), BGBl Nr 186/1950, vorzulegen.

(5) Sofern in dieser Verordnung ein Nachweis gemäß Abs2 vorgesehen ist, ist dieser für die Dauer des Aufenthalts bereitzuhalten. Der Inhaber einer Betriebsstätte, der Verantwortliche für einen bestimmten Ort oder der für eine Zusammenkunft Verantwortliche ist zur Ermittlung folgender personenbezogener Daten der betroffenen Person ermächtigt:

1. Name,

2. Geburtsdatum,

3. Gültigkeit bzw Gültigkeitsdauer des Nachweises und

4. Barcode bzw QR-Code.

Darüber hinaus ist er berechtigt, Daten zur Identitätsfeststellung zu ermitteln. Eine Vervielfältigung oder Aufbewahrung der Nachweise und der in den Nachweisen enthaltenen personenbezogenen Daten ist mit Ausnahme der Erhebung von Kontaktdaten gemäß §18 ebenso unzulässig wie die Verarbeitung der im Rahmen der Identitätsfeststellung erhobenen Daten. Dies gilt sinngemäß auch für Zertifikate nach §4b Abs1 EpiG.

(6) Sofern in dieser Verordnung ein COVID-19-Präventionskonzept vorgeschrieben wird, ist ein dem Stand der Wissenschaft entsprechendes Konzept zur Minimierung des Infektionsrisikos mit SARS-CoV-2 auszuarbeiten und umzusetzen. Das COVID-19-Präventionskonzept hat insbesondere zu enthalten:

1. spezifische Hygienemaßnahmen,

2. Regelungen zum Verhalten bei Auftreten einer SARS-CoV-2-Infektion,

3. Regelungen betreffend die Nutzung sanitärer Einrichtungen,

4. gegebenenfalls Regelungen betreffend die Konsumation von Speisen und Getränken,

5. Regelungen zur Steuerung der Personenströme und Regulierung der Anzahl der Personen,

6. Regelungen betreffend Entzerrungsmaßnahmen, wie Absperrungen und Bodenmarkierungen,

7. Vorgaben zur Schulung der Mitarbeiter in Bezug auf Hygienemaßnahmen und die Aufsicht der Durchführung eines SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung.

(7) Als COVID-19-Beauftragte dürfen nur geeignete Personen bestellt werden. Voraussetzung für eine solche Eignung ist zumindest die Kenntnis des COVID-19-Präventionskonzepts sowie der örtlichen Gegebenheiten und der organisatorischen Abläufe. Der COVID-19-Beauftragte ist Ansprechperson für die Behörden und hat die Umsetzung des COVID-19-Präventionskonzepts zu überwachen.

(8) Beim Betreten von Betriebsstätten, Arbeitsorten, Alten- und Pflegeheimen, stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, bestimmten Orten und öffentlichen Orten sowie bei Zusammenkünften und bei der Benützung von Verkehrsmitteln ist darauf zu achten, dass zwischen Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens zwei Metern eingehalten wird bzw werden kann.

(9) Kann beim Betreten von Betriebsstätten, Arbeitsorten, Alten- und Pflegeheimen, stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, bestimmten Orten und öffentlichen Orten sowie bei Zusammenkünften und bei der Benützung von Verkehrsmitteln ein Mindestabstand gemäß Abs8 nicht eingehalten werden bzw wird ein solcher Mindestabstand nicht eingehalten und besteht nicht ohnehin eine Verpflichtung zum Tragen einer Maske nach dieser Verordnung, ist eine Maske zu tragen. Die Verpflichtung zum Tragen einer Maske nach dieser Bestimmung gilt nicht

1. gegenüber persönlich bekannten Personen;

2. beim Betreten von öffentlichen Orten, wenn der Mindestabstand nur kurzzeitig unterschritten wird.

Öffentliche Orte

§3. Beim Betreten öffentlicher Orte in geschlossenen Räumen ist eine Maske zu tragen.

[…]

Kundenbereiche

§5. (1) Kunden dürfen Kundenbereiche von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen nur betreten, wenn sie über einen 2G-Nachweis verfügen.

(2) Betreiber haben dafür Sorge zu tragen, dass eine Kontrolle des 2G-Nachweises von Kunden in Kundenbereichen von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen möglichst beim Einlass, jedenfalls aber beim Erwerb von Waren oder der Inanspruchnahme der Dienstleistung erfolgt.

(3) Abs1 und 2 gelten nicht für:

1. öffentliche Apotheken,

2. Lebensmittelhandel (einschließlich Verkaufsstellen von Lebensmittelproduzenten) und bäuerliche Direktvermarkter,

3. Drogerien und Drogeriemärkte,

4. Verkauf von Medizinprodukten und Sanitätsartikeln, Heilbehelfen und Hilfsmitteln,

5. Gesundheits- und Pflegedienstleistungen,

6. Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen, die von den Ländern im Rahmen der Behindertenhilfe-, Sozialhilfe-, Teilhabe- bzw Chancengleichheitsgesetze erbracht werden,

7. Dienstleistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl Nr 609/1977, dem Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG), BGBl Nr 313/1994, und dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG), BGBl Nr 22/1970,

8. veterinärmedizinische Dienstleistungen,

9. Verkauf von Tierfutter,

10. Verkauf und Wartung von Sicherheits- und Notfallprodukten, das sind insbesondere Feuerlöscher, Schutzausrüstung, Leuchtmittel, Brennstoffe, Sicherungen, Salzstreumittel, nicht aber Waffen und Waffenzubehör, sofern deren Erwerb nicht zu beruflichen Zwecken aus gesetzlichen Gründen zwingend unaufschiebbar erforderlich ist,

11. Notfall-Dienstleistungen,

12. Agrarhandel einschließlich Tierversteigerungen sowie der Gartenbaubetrieb und der Landesproduktenhandel mit Saatgut, Futter und Düngemittel,

13. Tankstellen und Stromtankstellen sowie Waschanlagen,

14. Banken,

15. Postdiensteanbieter einschließlich deren Postpartner, soweit diese Postpartner unter die Ausnahmen des §5 Abs3 fallen, sowie Post-Geschäftsstellen gemäß §3 Z7 Postmarktgesetz (PMG), BGBl I Nr 123/2009, welche von einer Gemeinde betrieben werden oder in Gemeinden liegen, in denen die Versorgung durch keine andere unter §5 Abs3 fallende Postgeschäftsstelle erfolgen kann, jedoch ausschließlich für die Erbringung von Postdienstleistungen und die unter §5 Abs3 erlaubten Tätigkeiten, und Anbieter von Telekommunikation,

16. Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Rechtspflege,

17. den öffentlichen Verkehr,

18. Tabakfachgeschäfte und Zeitungskioske,

19. Hygiene- und Reinigungsdienstleistungen,

20. Abfallentsorgungsbetriebe,

21. KFZ- und Fahrradwerkstätten,

22. die Abholung vorbestellter Waren.

(4) Der Betreiber von Betriebsstätten zur Inanspruchnahme von körpernahen Dienstleistungen darf Kunden nur einlassen, wenn diese einen 2G-Nachweis vorweisen.

(5) Beim Betreten und Befahren des Kundenbereichs von Betriebsstätten sowie der Verbindungsbauwerke baulich verbundener Betriebsstätten (zB Einkaufszentren, Markthallen) haben Kunden in geschlossenen Räumen eine Maske zu tragen.

(6) Der Betreiber hat einen COVID-19-Beauftragten zu bestellen und ein COVID 19 Präventionskonzept auszuarbeiten und umzusetzen.

(7) Abs5 ist sinngemäß anzuwenden auf

1. Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte bei Parteienverkehr;

2. Einrichtungen zur Religionsausübung.

(8) Der Betreiber von Betriebsstätten darf – unbeschadet restriktiverer Öffnungszeiten auf Grund anderer Rechtsvorschriften – das Betreten des Kundenbereichs für Kunden nur zwischen 05.00 und 24.00 Uhr zulassen. Dies gilt nicht für

1. Stromtankstellen,

2. Betriebsstätten gemäß §2 Z1, 3 und 4 sowie §7 Z1 und 3 des Öffnungszeitengesetzes 2003, BGBl I Nr 48/2003, und

3. Apotheken während der Bereitschaftsdienste gemäß §8 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr 5/1907.

[…]

Zusammenkünfte

§13. (1) Zusammenkünfte sind nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

1. Zusammenkünfte ohne ausschließlich zugewiesene und gekennzeichnete Sitzplätze, wie beispielsweise Hochzeits-, Geburtstags- oder Weihnachtsfeiern, sind nur mit bis zu 50 Teilnehmern zulässig. Der für die Zusammenkunft Verantwortliche darf die Teilnehmer nur einlassen, wenn sie einen 2G-Nachweis vorweisen.

2. Zusammenkünfte mit ausschließlich zugewiesenen und gekennzeichneten Sitzplätzen sind nur mit bis zu 2 000 Teilnehmern zulässig. Der für die Zusammenkunft Verantwortliche darf die Teilnehmer nur einlassen, wenn sie einen 2G Nachweis vorweisen.

3. Teilnehmer haben in geschlossenen Räumen eine Maske zu tragen.

4. Der für die Zusammenkunft Verantwortliche hat Zusammenkünfte mit mehr als 50 Teilnehmern spätestens eine Woche vorher bei der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen. Dabei sind folgende Angaben zu machen:

a) Name und Kontaktdaten (Telefonnummer, E-Mail-Adresse) des für die Zusammenkunft Verantwortlichen,

b) Zeit, Dauer und Ort der Zusammenkunft,

c) Zweck der Zusammenkunft,

d) Anzahl der Teilnehmer.

Die Anzeige hat elektronisch an eine von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde bekanntgegebene E-Mail-Adresse oder im Wege einer Web-Applikation zu erfolgen.

5. Der für die Zusammenkunft Verantwortliche hat für Zusammenkünfte mit mehr als 250 Teilnehmern eine Bewilligung der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde einzuholen. Dabei sind die Angaben gemäß Z4 zu machen und ist das Präventionskonzept gemäß Abs3 vorzulegen. Die Entscheidungsfrist für die Bewilligung beträgt zwei Wochen ab vollständiger Vorlage der Unterlagen.

6. Zusammenkünfte gemäß Z2 dürfen nur zwischen 05.00 und 24.00 Uhr stattfinden.

7. Für das Verabreichen von Speisen und den Ausschank von Getränken gilt §6 Abs1 bis 4 und 6 erster Satz sinngemäß.

(2) Abs1 gilt nicht für Zusammenkünfte an denen nicht mehr als zehn Personen aus unterschiedlichen Haushalten teilnehmen.

(3) Bei Zusammenkünften von mehr als 50 Personen hat der für eine Zusammenkunft Verantwortliche einen COVID-19-Beauftragten zu bestellen und ein COVID 19 Präventionskonzept auszuarbeiten und umzusetzen. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Einhaltung der COVID-19-Präventionskonzepte stichprobenartig zu überprüfen. Das COVID-19-Präventionskonzept ist zu diesem Zweck während der Dauer der Zusammenkunft bereitzuhalten und auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde vorzulegen.

(4) An einem Ort dürfen mehrere Zusammenkünfte gleichzeitig stattfinden, sofern durch geeignete Maßnahmen, wie etwa durch räumliche oder bauliche Trennung oder zeitliche Staffelung, eine Durchmischung der Teilnehmer der gleichzeitig stattfindenden Zusammenkünfte ausgeschlossen und das Infektionsrisiko minimiert wird.

(5) Für Zusammenkünfte zu Proben zu beruflichen Zwecken und zur beruflichen künstlerischen Darbietung in fixer Zusammensetzung gilt – mit Ausnahme des Erfordernisses eines Präventionskonzepts – §8 Abs6 sinngemäß. Sonstige Zusammenkünfte zu Proben oder künstlerischen Darbietungen in fixer Zusammensetzung sind unter den Voraussetzungen des Abs1 zulässig; kann auf Grund der Eigenart der Tätigkeit das Tragen einer Maske nicht eingehalten werden, ist durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren. Für Zusammenkünfte, die gemäß dem AlVG vom oder im Auftrag des Arbeitsmarktservice als Maßnahmen der Nach- und Umschulung sowie zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt durchgeführt werden, sowie für sonstige Zusammenkünfte zu unbedingt erforderlichen beruflichen Aus- und Fortbildungszwecken, zur Erfüllung von erforderlichen Integrationsmaßnahmen nach dem Integrationsgesetz (IntG), BGBl I Nr 68/2017, und zu beruflichen Abschlussprüfungen, gilt §10 Abs2 und 3 sinngemäß. Kann auf Grund der Eigenart der Aus- oder Fortbildung oder der Integrationsmaßnahme von Personen das Tragen einer Maske nicht eingehalten werden, ist durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren.

(6) Die Abs1, 3 und 5 gelten nicht für:

1. Begräbnisse;

2. Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl Nr 98/1953;

3. Zusammenkünfte zu beruflichen Zwecken, wenn diese zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeit erforderlich sind;

4. unaufschiebbare Zusammenkünfte von Organen politischer Parteien, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist;

5. unaufschiebbare Zusammenkünfte von Organen juristischer Personen, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist;

6. unaufschiebbare Zusammenkünfte nach dem Arbeitsverfassungsgesetz – ArbVG, BGBl Nr 22/1974;

7. Zusammenkünfte von medizinischen und psychosozialen Selbsthilfegruppen;

8. das Befahren von Theatern, Konzertsälen und -arenen, Kinos, Varietees und Kabaretts, wenn dies mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen erfolgt.

Bei Zusammenkünften gemäß Z1 bis 7 ist in geschlossenen Räumen eine Maske zu tragen, sofern daran mehr als zehn Personen aus unterschiedlichen Haushalten teilnehmen. Bei Zusammenkünften gemäß Z2 gilt dies auch im Freien.

(7) §13 gilt für alle Zusammenkünfte unabhängig vom Ort der Zusammenkunft. Sofern auch die Voraussetzungen der §§5 bis 9 erfüllt sind, gilt hinsichtlich des Nachweises einer geringen epidemiologischen Gefahr die jeweils strengere Regel.

(8) Abs1 Z3 bis 5 gilt nicht für Zusammenkünfte, die im privaten Wohnbereich stattfinden.

[…]

Gelegenheitsmärkte

§17. (1) Für Gelegenheitsmärkte oder abgetrennte Areale von Gelegenheitsmärkten, an denen nicht lediglich Waren, Speisen oder Getränke zum Verkauf angeboten werden, gilt §13 Abs1 bis 4 sinngemäß.

(2) Gelegenheitsmärkte im Sinne dieser Verordnung sind Verkaufsveranstaltungen, zu denen saisonal oder nicht regelmäßig an einem bestimmten Platz Erzeuger, Händler, Betreiber von Gastgewerben oder Schaustellerbetrieben zusammenkommen, um Waren, Speisen oder Getränke zu verkaufen oder Dienstleistungen anzubieten.

(3) Nicht regelmäßig stattfindende Märkte sind solche, die in größeren Abständen als einmal monatlich und nicht länger als zehn Wochen stattfinden.

(4) Für Gelegenheitsmärkte oder abgetrennte Areale von Gelegenheitsmärkten, an denen lediglich Waren, Speisen oder Getränke zum Verkauf angeboten werden, gelten §13 Abs3 sowie §5 Abs 1 und 5.

Betreten

§19. Als Betreten im Sinne dieser Verordnung gilt auch das Verweilen (§1 Abs2 COVID-19-MG).

Ausnahmen

§20. (1) Diese Verordnung gilt nicht

1. für – mit Ausnahme von §18, §20 Abs2 bis 4 sowie den §§21 bis 24 – elementare Bildungseinrichtungen, Tagesmütter bzw -väter, Schulen gemäß dem Schulorganisationsgesetz, BGBl Nr 242/1962, ArtV Z2 der 5. SchOG-Novelle, BGBl Nr 323/1975, und dem Privatschulgesetz, BGBl Nr 244/1962, land- und forstwirtschaftliche Schulen, die regelmäßige Nutzung von Sportstätten im Rahmen des Regelunterrichts und Einrichtungen zur außerschulischen Kinderbetreuung,

2. für Universitäten gemäß dem Universitätsgesetz 2002, BGBl I Nr 120/2002, Privathochschulen gemäß dem Privathochschulgesetz, BGBl I Nr 77/2020, Fachhochschulen gemäß dem Fachhochschulgesetz, BGBl Nr 340/1993, und Pädagogische Hochschulen gemäß dem Hochschulgesetz 2005, BGBl I Nr 30/2006, einschließlich der Bibliotheken dieser Einrichtungen,

3. für Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Organe der Gesetzgebung, sofern keine anderslautenden Regelungen im Bereich der Hausordnung bestehen,

4. für Tätigkeiten im Wirkungsbereich der allgemeinen Vertretungskörper, sofern sie nicht ohnehin von Z3 erfasst sind und keine anderslautenden Regelungen im Bereich der Hausordnung bestehen,

5. für Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Gerichtsbarkeit mit Ausnahme des Parteienverkehrs in Verwaltungsgerichten, sofern keine anderslautenden Regelungen im Bereich der Hausordnung bestehen,

6. für – mit Ausnahme der §5 Abs7 Z1, §10, §20 Abs3 bis 6 sowie der §§21 bis 23 – sonstige Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Organe der Vollziehung, sofern keine anderslautenden Regelungen im Bereich der Hausordnung bestehen,

7. für Zusammenkünfte zur Religionsausübung.

(2) Für elementare Bildungseinrichtungen, Einrichtungen zur außerschulischen Kinderbetreuung und Tagesmütter bzw väter gilt:

1. Für das pädagogische und sonstige Betreuungspersonal, das Verwaltungspersonal sowie Tagesmütter bzw väter gilt §5 Abs3 und 4 COVID-19-Schulverordnung 2021/22 (C-SchVO 2021/22), BGBl II Nr 374/2021, in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 7/2022, sinngemäß. Die Verpflichtung, zumindest zwei Mal pro Woche der Anwesenheit einen Nachweis über ein negatives Ergebnis eines von einer befugten Stelle durchgeführten molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf (§4 Z1 litd C-SchVO 2021/22), vorzulegen, gilt nicht, sofern entsprechende Tests nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen.

2. Für sonstige Personen – mit Ausnahme der betreuten Kinder – gilt §5 Abs1 C SchVO 2021/22 sinngemäß mit der Maßgabe, dass ein Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr nicht vorgelegt werden muss, wenn die Einrichtung bloß kurzfristig, insbesondere zum Zweck der Abholung von Kindern, betreten wird. Die Pflicht zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden und eng anliegenden mechanischen Schutzvorrichtung gilt zudem nicht für Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr.

(3) Bedingungen und Auflagen nach dieser Verordnung gelten nicht

1. zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum oder

2. zur Wahrnehmung der Aufsicht über minderjährige Kinder.

(4) Die Pflicht zum Tragen einer Maske gilt nicht

1. während der Konsumation von Speisen und Getränken;

2. für gehörlose und schwer hörbehinderte Personen sowie deren Kommunikationspartner während der Kommunikation;

3. wenn dies aus therapeutisch-pädagogischen Gründen notwendig ist;

4. für Personen, die Gesundheitsdienstleistungen der Logopädie erbringen oder in Anspruch nehmen, für die Dauer der Erbringung bzw Inanspruchnahme der logopädischen Dienstleistung;

5. wenn dies zur Erbringung einer körpernahen Dienstleistung notwendig ist oder die Erbringung einer Dienstleistung dadurch verunmöglicht wird;

6. während der Sportausübung;

7. in Feuchträumen, wie Duschen und Schwimmhallen;

8. für Personen, denen dies aus gesundheitlichen oder behinderungsspezifischen Gründen nicht zugemutet werden kann. In diesem Fall darf auch eine sonstige den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung getragen werden. Sofern den Personen auch dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, darf auch eine sonstige nicht eng anliegende, aber den Mund- und Nasenbereich vollständig abdeckende mechanische Schutzvorrichtung getragen werden. Eine vollständige Abdeckung liegt vor, wenn die nicht eng anliegende Schutzvorrichtung bis zu den Ohren und deutlich unter das Kinn reicht. Sofern den Personen auch dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, gilt die Pflicht zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht.

(5) Die Pflicht zum Tragen einer Maske oder einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden und eng anliegenden mechanischen Schutzvorrichtung gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr; Kinder ab dem vollendeten sechsten bis zum vollendeten 14. Lebensjahr dürfen auch eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung tragen.

(6) Die Pflicht zum Tragen einer Maske gilt nicht für Schwangere, wobei diese stattdessen eine sonstige den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen haben.

(7) Die Beschränkungen für Personen, die über keinen 2G-Nachweis verfügen, und die Verpflichtung zur Vorlage

1. eines Nachweises gemäß §2 Abs2 und

2. eines 2G-Nachweises und zusätzlich eines Nachweises über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf,

gelten nicht für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr.

(8) Abs7 gilt auch für Personen im schulpflichtigen Alter, die das zwölfte Lebensjahr vollendet haben, sofern sie einen Nachweis gemäß §4 Z1 der C SchVO 2021/22, BGBl II Nr 374/2021 (Corona-Testpass) oder dem §19 Abs1 C SchVO 2021/22 gleichartige Tests und Testintervalle vorweisen können. Sofern die Testintervalle gemäß §19 Abs1 C SchVO 2021/22 eingehalten werden, gilt dies auch am sechsten und siebenten Tag nach der ersten Testung.

(9) Die Verpflichtung zur Vorlage eines negativen Testergebnisses gilt nicht für Personen, denen eine Testung aus gesundheitlichen oder behinderungsspezifischen Gründen, insbesondere wegen dementieller Beeinträchtigung, nicht zugemutet werden kann. Sofern diese Personen über einen anderen Nachweis gemäß §2 Abs2 verfügen, bleibt deren Vorlagepflicht unberührt.

(10) Werden Personen durch diese Verordnung zur Vorlage eines Nachweises gemäß §2 Abs2 verpflichtet, sind diese Nachweise bei Betriebsstätten, nicht öffentlichen Sportstätten oder Freizeiteinrichtungen ohne Personal für die Dauer des Aufenthalts lediglich bereitzuhalten.

(11) Die Beschränkungen für Personen, die über keinen 2G-Nachweis verfügen, und die Verpflichtung zur Vorlage eines 2G-Nachweises gelten nicht für Schwangere. In solchen Fällen ist ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf, vorzuweisen. Dies gilt nicht, wenn in dieser Verordnung die Vorlage eines 2G-Nachweises und zusätzlich eines Nachweises über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS CoV 2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf, vorgeschrieben wird.

(12) Die Beschränkungen für Personen, die über keinen 2G-Nachweis verfügen, und die Verpflichtung zur Vorlage eines

1. 2G-Nachweises,

2. 2G-Nachweises und zusätzlich eines Nachweises über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf,

gelten nicht für Personen, die über keinen Nachweis gemäß §2 Abs2 Z2 lita oder b verfügen und nicht ohne Gefahr für Leben oder Gesundheit geimpft werden können. In solchen Fällen ist ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf, vorzuweisen.

(13) Kann glaubhaft gemacht werden, dass ein nach den §§10 bis 14 und 20 Abs2 Z1 vorgeschriebener Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2 aus Gründen der mangelnden Verfügbarkeit, einer nicht zeitgerechten Auswertung oder auf Grund der Unvorhersehbarkeit der zu erbringenden dienstlichen Tätigkeit nicht vorgewiesen werden kann, darf der Betreiber bzw der für die Zusammenkunft Verantwortliche Personen ausnahmsweise auch dann einlassen, wenn diese stattdessen

1. einen Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines Antigentests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 24 Stunden zurückliegen darf, oder

2. einen Nachweis über ein negatives Ergebnis eines SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung, der in einem behördlichen Datenverarbeitungssystem erfasst wird und dessen Abnahme nicht mehr als 24 Stunden zurückliegen darf,

vorlegen. Dies gilt sinngemäß auch für den Betreiber.

(14) Werden in dieser Verordnung Regelungen über die höchstzulässige Anzahl von Personen und Haushalte getroffen, sind Personen, die für Beteiligte persönliche Assistenzleistungen oder Leistungen der 24-Stunden-Betreuung erbringen, bei der Feststellung der Anzahl der Personen und Haushalte nicht einzurechnen.

(15) Die Verpflichtung zur Vorlage eines 2G-Nachweises gilt nicht zur Erfüllung einer bescheidmäßig bzw behördlich auferlegten Pflicht. In solchen Fällen ist ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf, vorzuweisen.

(16) Wird in dieser Verordnung für das zulässige Betreten bzw Einlassen ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf, vorgeschrieben, kann im Fall eines positiven Testergebnisses das Betreten bzw Einlassen abweichend davon dennoch erfolgen, wenn

1. mindestens 48 Stunden Symptomfreiheit nach abgelaufener Infektion vorliegt und

2. auf Grund der medizinischen Laborbefunde, insbesondere auf Grund eines CT Werts 30, davon ausgegangen werden kann, dass keine Ansteckungsgefahr mehr besteht.

[…]"

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die Antragstellerin legt zunächst den Sachverhalt dar und begründet die Zulässigkeit ihres Antrages im Wesentlichen wie folgt:

1.1. Die Antragstellerin habe am 3. Februar 2022 um 13:36 Uhr ein näher bezeichnetes Kleidungsfachgeschäft aufgesucht, um Freizeitkleidung für den privaten Bedarf einzukaufen, insbesondere Winterkleidung, aber auch Modekleidung. Bereits am Eingang sei ihr der Zutritt verwehrt worden, dies mit der Begründung, dass sie nicht über den rechtlich erforderlichen 2G-Nachweis verfügen würde. Die Antragstellerin habe weder innerhalb der vergangenen 270 Tage eine Schutzimpfung gegen COVID-19 erhalten noch sei sie innerhalb der vergangenen 180 Tage mit SARS CoV-2 infiziert gewesen. Die Antragstellerin habe sich auch auf keine Ausnahmebestimmung berufen können. Insbesondere falle sie nicht unter §20 Abs12 4. COVID-19-MV. Die Antragstellerin habe am 3. Februar 2022 im Gebäude eine FFP2-Schutzmaske getragen und habe auch einen aktuellen PCR-Test mit sich geführt. Im Übrigen sei die Antragstellerin gesund. Die Antragstellerin beabsichtige auch aktuell, Winterkleidung bzw Modekleidung zu kaufen. Ein Ausweichen auf den Online-Handel komme für sie insbesondere deshalb nicht in Betracht, weil sie die Kleidung vor dem Kauf anprobieren müsse.

1.2. Die 2G-Regel im Handel, wie sie seit 31. Jänner 2022 auf Grund des §5 Abs1 4. COVID-19-MV, BGBl II 34/2022, gelte, sei für die Antragstellerin persönlich am 3. Februar 2022 um 13:36 Uhr in Form eines absoluten Ausschlusses von der Zutrittsberechtigung zu Zwecken des Wareneinkaufs aktuell, tatsächlich und unmittelbar wirksam geworden. Die aktuelle persönliche Betroffenheit der Antragstellerin bestehe im Anfechtungszeitpunkt weiterhin fort. Die persönliche Betroffenheit beziehe sich auf die Rechtssphäre der Antragstellerin. Durch die angefochtene Regelung sei die Antragstellerin in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 Abs1 EMRK), auf Freizügigkeit der Person (Art4 Abs1 StGG und Art2 Abs1 4. ZPEMRK) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) verletzt. Wer die 2G-Regel verletze, begehe eine Verwaltungsübertretung. Ein anderer zumutbarer Weg zur Normenkontrolle sei nicht gegeben.

1.3. Die persönliche Betroffenheit der Antragstellerin beziehe sich auf §5 Abs1 4. COVID-19-MV, der das Betreten der Kundenbereiche von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren an das Vorhandensein eines 2G-Nachweises binde. Die Regelungen des §5 Abs2 betreffend Kontrollen und §5 Abs3 betreffend Ausnahmen würden in einem offenkundig untrennbaren Zusammenhang zu der Grundregel des §5 Abs1 4. COVID-19-MV stehen. Zur Vermeidung eines "norm und inhaltlosen Torso" sei die Anfechtung aber nicht nur auf §5 Abs2 und 3 4. COVID-19-MV zu erstrecken, sondern auch auf die Wortfolge "1 und" in §17 Abs4 4. COVID-19-MV, die im Falle einer Aufhebung andernfalls als Leerverweisung zurückbleiben würde. Unzulässig sei die isolierte Anfechtung von Begriffsdefinitionen, weil diesen keine eigenständige normative Bedeutung zukomme. Die Bedeutung des Worts "2G-Nachweis" werde erst durch §2 Abs2 Z2 4. COVID 19 MV determiniert. Diese Bestimmung knüpfe an §2 Abs2 Z1 4. COVID-19-MV an. Beide Begriffsbestimmungen würden in einem untrennbaren Regelungszusammenhang zueinander und im Verhältnis zu der Regelung des §5 Abs1 4. COVID-19-MV stehen. Ein Verzicht auf die Anfechtung auch dieser Begriffsbestimmungen sei nicht zulässig, weil die Anfechtungswerberin den Verfassungsgerichtshof in der Entscheidung, ob die Regelung oder die Definition aufgehoben werde, nicht präjudizieren dürfe. Der geringere Eingriff in die Rechtsordnung liege aber wohl darin, lediglich §5 Abs1 bis 3 4. COVID-19-MV als verweisende Bestimmungen aufzuheben. Im Übrigen wäre der Antrag abzuweisen.

1.4. Klarstellend werde festgehalten, dass die gesamte Verordnung mehrfach novelliert worden sei, die angefochtenen Normen aber in Bezug auf die anfechtungsgegenständlichen Absätze seit der Stammfassung unverändert geblieben seien – mit Ausnahme des §2 Abs2 Z1 4. COVID-19-MV, weshalb diese Bestimmung nicht in der Stammfassung, sondern in der bei Anfechtung geltenden aktuellen Fassung der 1. Novelle zur 4. COVID-19-MV angefochten werde (ebenso kundgemacht in BGBl II 34/2022).

2. In der Sache bringt die Antragstellerin zusammengefasst Folgendes vor:

2.1. Die verordnungserlassende Behörde übe das ihr gesetzlich eingeräumte Ermessen rechtsfehlerhaft aus. Eine 2G-Regel im Handel sei nicht "erforderlich" zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (§3 Abs1 COVID-19-MG). Ebenso wie kürzlich getestete Personen unter Umständen zur Virusverbreitung beitragen könnten, sei dies nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft auch bei Personen, die genesen oder geimpft seien, der Fall. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb ein hinreichend aktuelles Testergebnis oder ein Nachweis eines ausreichenden Antikörperstatus von heute auf morgen gleichsam wertlos geworden sein solle. Die Einführung einer 2G-Regel im Handel sei nur mit dem Versuch zu erklären, dadurch die Anreizwirkung zu erhöhen, sich einer Schutzimpfung gegen COVID-19 zu unterziehen. Es entspreche dem Stand der Wissenschaft, dass sich auch geimpfte Personen mit erheblicher Wahrscheinlichkeit mit SARS-CoV-2 infizieren und dieses Virus weiterverbreiten könnten. Dennoch lasse der Verordnungsgeber solche Personen ohne PCR-Test in Betriebsstätten nach §5 Abs1 der Verordnung, während er gleichzeitig Personen ohne Schutzimpfung ausschließe, selbst wenn sie einen aktuellen, negativen PCR-Test aufweisen würden. Darin liege eine unsachliche Differenzierung, weil die Wahrscheinlichkeit, dass eine geimpfte, nicht getestete Person das Virus weiterverbreite, höher sei als die Wahrscheinlichkeit, dass eine ungeimpfte, aber aktuell negativ PCR-getestete Person das Virus weiterverbreite. Diese unsachliche Differenzierung widerspreche auf der einfachgesetzlichen Ebene §1 Abs5a iVm §3 COVID-19-MG. Unabhängig von diesem Vergleich bestehe mit der Möglichkeit, einen negativen PCR-Test als Zutrittsvoraussetzung vorzuschreiben, auch ein gelinderes Mittel in Relation zum gänzlichen Ausschluss ungeimpfter Personen, um das Ziel der Verhinderung der Verbreitung von COVID 19 mit einer Wahrscheinlichkeit zu erreichen, die der aktuellen epidemiologischen Situation angemessen sei. Die Krankenhäuser seien schon seit längerem weit entfernt von einer Überlastung mit COVID-19-Patienten. Wenn der Verordnungsgeber daher Ungeimpfte generell vom Zutritt zu Betriebsstätten des Handels ausschließe, so vollziehe er §3 COVID-19-MG in gesetzwidriger und letztlich auch verfassungswidriger Weise.

2.2. Die aktuelle Bewertung der epidemiologischen Situation und die daraus abgeleiteten Maßnahmen hätten nichts mit den gesetzlichen Kriterien des §1 Abs7 COVID-19-MG zu tun. Andernfalls wäre festzustellen gewesen, dass im Handel bei Einhaltung der FFP2-Maskenpflicht keine Clusterbildungen festzustellen seien, dass dort kein hohes Übertragbarkeitsrisiko bestehe, dass der Durchimpfungsgrad der österreichischen Bevölkerung verglichen mit vielen anderen Ländern hoch sei, die Impfstoffe aber generell wenig und gegen neue Virusvarianten noch weniger ausrichten würden und dass nach Verbreitung der harmlosen Omikron-Variante ausreichend Ressourcen und Kapazitäten im Gesundheitswesen bestehen würden, insbesondere im Bereich der Intensivbettenauslastung.

2.3. Aussagekräftige Statistiken, die eine sachliche Gesamtbewertung auch in Bezug auf die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der 2G-Regel im Handel erlauben würden, lägen nicht vor. Die Überlegung, dass mitunter sehr rasch ungewisse Prognoseentscheidungen basierend auf ungewissen Annahmen zu treffen wären, könne fallbezogen nicht mehr überzeugend sein. Erforderliche Daten würden seit Mitte März 2020 weltweit erhoben und ausgewertet werden. Die angefochtene Regelung sei willkürlich.

2.4. §5 Abs1 4. COVID-19-MV verletze aber auch in Ansehung seiner Ausnahmebestimmungen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art7 B VG und Art2 StGG. So sei der Ankauf von Waren in Drogeriemärkten nicht notwendiger als der Ankauf von Bekleidung. Auch epidemiologisch sei kein Unterschied festzustellen. Eine Behörde, die im "praktisch gesetzfreien Raum" entscheide, was wo von bestimmten Bürgern gekauft werden dürfe, während andere Bürger davon ausgenommen würden, nur um diese zu einem gewünschten Verhalten zu motivieren, sei nicht mit einem liberalen Rechtsstaat vereinbar. Die bereits als Gesetzwidrigkeit monierte unsachliche Differenzierung zwischen geimpften und ungeimpften Personen verletze ebenfalls den Gleichheitssatz: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine geimpfte, nicht getestete Person das Virus weiterverbreite, sei höher als die Wahrscheinlichkeit der Weiterverbreitung durch eine ungeimpfte, aber negativ PCR getestete Person.

2.5. Indem es der Antragstellerin auf Grund der angefochtenen Regelung verboten worden sei, ein Kleidungsfachgeschäft zu Zwecken des Ankaufs von Kleidung aufzusuchen, sei ihr verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt worden (Art8 Abs1 EMRK). Indem es der Antragstellerin verwehrt worden sei, das Kleidungsfachgeschäft zu betreten, sei sie in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, sich als Staatsbürgerin ohne Zugangsbeschränkungen im Bundesgebiet frei zu bewegen (Art4 Abs1 StGG und Art2 Abs1 4. ZPEMRK). Schließlich sei die Antragstellerin dadurch in ihrer durch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) geschützten Privatautonomie, die auch das Recht zum Abschluss von Verträgen inkludiere, verletzt worden.

2.5.1. Der dadurch jeweils bewirkte Grundrechtseingriff diene keinem legitimen Ziel. Die damit offenbar intendierte Erhöhung der Impfquote sei kein legitimes Ziel im Sinne des COVID-19-MG. Der Eingriff sei nicht erforderlich. Die 2G-Regel im Handel hätte keinen positiven Einfluss auf das Pandemiegeschehen. Es obliege der verordnungserlassenden Behörde, Urkunden vorzulegen, in denen mit aussagekräftigen Zahlen bestimmte Auswirkungen auf einzelne Lebensbereiche gemessen würden. Relevante Statistiken würden aber gar nicht geführt. Der Eingriff in die Grundrechte der Antragstellerin sei nicht angemessen oder verhältnismäßig. Das legitime Ziel, die Weiterverbreitung von COVID-19 zu verhindern, könne bei der derzeitigen epidemiologischen Situation mit gelinderen Mitteln, etwa dem Vorschreiben eines PCR-Tests sowohl für geimpfte als auch für ungeimpfte Personen, erreicht werden.

2.6. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (in Folge: BMSGPK) hat die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnungsbestimmungen vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der er die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrages begehrt.

2.7. Zur Zulässigkeit des Antrages führt der BMSGPK zusammengefasst Folgendes aus:

2.7.1. Der Hauptantrag erweise sich im Ergebnis als zu weit gefasst. Die Bestimmungen des §2 Abs2 Z1 und 2 4. COVID-19-MV würden vor dem Hintergrund der geltend gemachten Bedenken mit jener des §5 Abs1 leg. cit. nicht in einem derartigen Regelungszusammenhang stehen, als dass diese zwingend mit anzufechten gewesen wären. Insbesondere gingen die übrigen Auflagen der 4. COVID 19 MV, die an einen 2G-Nachweis iSd §2 Abs2 Z2 4. COVID-19-MV anknüpfen würden, im Falle einer Aufhebung des §2 Abs2 Z1 und 2 4. COVID 19 MV ins Leere und wären damit nicht mehr vollziehbar. Auch lege die Antragstellerin nicht dar, inwiefern in Anbetracht der übrigen Betretungsregeln ein unmittelbarer Regelungszusammenhang gegeben sei. Ebenso sei die Wortfolge "1 und" in §17 Abs4 4. COVID-19-MV nicht in das Aufhebungsbegehren aufzunehmen gewesen. Im Falle der Aufhebung des §5 Abs1 leg cit ginge der Verweis auf diese Bestimmung zwar ins Leere, es verbliebe aber kein sprachlich unverständlicher Torso.

2.7.2. Auch der Eventualantrag sei zu weit gefasst und es sei nicht ersichtlich, in welcher Fassung der Bestimmungen diese zur Aufhebung begehrt würden.

2.7.3. Das Vorbringen der Antragstellerin beschränke sich weitgehend auf unsubstantiierte Behauptungen. Ein derart pauschales Vorbringen könne das Erfordernis der Darlegung hinreichend substantiierter Bedenken aber nicht ersetzen.

2.8. In der Sache führt der BMSGPK im Wesentlichen Folgendes aus:

2.8.1. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben sei die Auflage des §5 Abs1 4. COVID-19-MV im Zeitpunkt der Erlassung der 4. COVID-19-MV iSd §3 Abs1 COVID-19-MG erforderlich gewesen und sei mit den Erfordernissen des §1 Abs5a und 7 COVID-19-MG in Einklang gestanden.

2.8.1.1. Der Fachlichen Begründung zur Stammfassung sowie zur 1. Novelle zur 4. COVID-19-MV sei zu entnehmen, dass die österreichweite 7-Tage-Inzidenz dem AGES-Lagebericht vom 27. Jänner 2022 zufolge 2.239 Neuinfektionen per 100.000 Einwohner betragen habe und der für den 25. Jänner 2022 geschätzte R eff bei 1,20 gelegen sei. Die Entwicklung der Reproduktionszahl habe zwar auf einen leichten Rückgang der Infektionsdynamik hingedeutet, jedoch hätten in allen Bundesländern nach wie vor steigende Infektionszahlen beobachtet werden können und sei die 7-Tage-Inzidenz bundesweit auf dem höchsten Stand seit Pandemiebeginn gelegen. Dabei sei den im Zeitpunkt der Verordnungserlassung vorliegenden Daten zu entnehmen gewesen, dass Personen ohne impfinduzierten oder natürlich erworbenen Immunschutz eine deutlich höhere 7-Tage-Inzidenz in allen Altersgruppen aufweisen würden. Dem COVID-Prognose-Konsortium zufolge seien auch weiterhin starke Anstiege der Fallzahlen zu erwarten gewesen. Das Kontaktpersonen-management habe vielfach bereits seine Kapazitätsgrenzen erreicht. Mit 27. Jänner 2022 seien 180 COVID-19-Fälle auf den Intensivpflegestationen betreut worden. Die Entwicklung der vorangegangenen 7 Tage habe weiterhin stabile bzw leicht rückläufige COVID-19-Belagszahlen gezeigt. Der Österreich-Wert sei am 18. Jänner 2022 bei einer Auslastung von 9 % gelegen, wobei die höchsten Bundesländerwerte im Burgenland (12 %), in Tirol (12 %) und Wien (13 %) zu verzeichnen gewesen seien. Auf den Normalpflegestationen seien mit 27. Jänner 2022 1.130 COVID-19-Fälle betreut worden. Bei der Betrachtung der vorangegangenen 7 Tage sei bundesweit eine Zunahme des COVID-19-Belags auf den Normalstationen (+25 %/+226) festzustellen gewesen. Wie auch die Corona-Kommission in ihrer Empfehlung vom 27. Jänner 2022 festgehalten habe, sei zu befürchten gewesen, dass auf Grund der Eigenschaften der Omikron-Variante (reduzierte Virulenz und sehr hohe Fallzahlen) Kapazitätsengpässe in der stationären Versorgung zunächst auf Normalstationen auftreten würden, wodurch hinsichtlich der Bewertung des Systemrisikos die Auslastung der Normalstationen zunehmend in den Fokus gerückt sei. Die Erhebung des Impfstatus der hospitalisierten Personen vom 25. Jänner 2022 habe weiterhin eine deutlich überproportionale Belegung der Spitalsbetten mit COVID-19-Patienten mit nicht ausreichendem Immunschutz vor allem auf den Intensivstationen ergeben. Vor dem Hintergrund der Durchimpfungsrate habe sich durch die korrekte statistische Interpretation die relative Belastung durch Personen mit nicht ausreichendem Immunschutz noch weiter erhöht. Insgesamt zeige sich, dass eine Hospitalisierung in beiden Pflegebereichen deutlich wahrscheinlicher gewesen sei, wenn kein vollständiger bzw ausreichender Immunschutz vorgelegen sei. Die Bettenkapazität müsse zudem auch immer in Zusammenschau mit dem vorhandenen Personal und der Ausstattung betrachtet werden. Im Zeitpunkt der Verordnungserlassung sei an Notfallplänen zur Aufrechterhaltung des Betriebs im Gesundheitsbereich bei einem signifikanten Anstieg der Infektionsfälle des Personals gearbeitet worden, zumal Personalausfälle nach einer Phase der relativen Stabilisierung wieder zugenommen hätten. Die Impfrate sei im Zeitpunkt der Verordnungserlassung wieder stark zurückgegangen. Die unzureichende Durchimpfung der Bevölkerung sei somit weiterhin als Schlüsselfaktor in Bezug auf die Entwicklung des epidemiologischen Geschehens anzusehen gewesen.

2.8.1.2. Die epidemiologische Lage habe sich bei Erlassung der im Zeitpunkt der Antragstellung in Geltung stehenden 4. COVID-19-MV in der Fassung ihrer 3. Novelle BGBl II 46/2022 im Wesentlichen unverändert dargestellt.

2.8.1.3. Die Differenzierung nach Immunstatus sei gerechtfertigt. In Bezug auf die Wirksamkeit von Impfungen müssten die Wirksamkeit gegen Infektion, die Wirksamkeit gegen Transmission und gegen Erkrankung, schwere Verläufe, Hospitalisierungen und Tod berücksichtigt werden. Die Wirksamkeit würde überdies von individuellen Faktoren wie beispielsweise Alter und Vorerkrankungen sowie von der vorherrschenden Virusvariante und Infektionsdosis abhängen.

2.8.1.4. In Bezug auf die Delta-Variante sei mit der zweiten Impfung im Vergleich zur Alpha-Variante zwar eine verminderte, aber weiterhin gute Wirksamkeit vor allem gegen schwere Verläufe erzielt worden. Auch gegen eine Infektion und Transmission sei weiterhin von einer gewissen Schutzwirkung gegen die Delta-Variante auszugehen, wenngleich auch in niedrigerem Ausmaß als gegen die Alpha-Variante. Zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung habe es Evidenz dafür gegeben, dass durch eine dritte Impfung die Schutzwirkung gegen die Delta-Variante weitgehend wiederhergestellt werden könne. Hinsichtlich der Dauer der Schutzwirkung nach einer dritten Impfung habe es hingegen nur sehr begrenzte Daten gegeben. Das Nationale Impfgremium sei aber auf Grund von Erfahrungen mit anderen Impfungen von einer längeren Wirksamkeitsdauer einer Drittimpfung gegenüber einer Zweitimpfung ausgegangen.

2.8.1.5. Für Omikron sei trotz im Vergleich zu früher zirkulierenden Varianten verstärkter Immunflucht und noch dünner Datenlage ein ähnlicher Trend zu beobachten gewesen. Laut einer dänischen Studie zum Übertragungsrisiko unter Haushaltskontakten seien 2-fach geimpfte Personen geringfügig und Booster-geimpfte Personen deutlich weniger ansteckbar als ungeimpfte Personen. Von Booster-Geimpften scheine außerdem eine signifikant geringere Übertragungswahrscheinlichkeit als von Ungeimpften auszugehen. Die Autoren würden daraus schließen, dass sowohl 2-fach als auch Booster-Geimpfte eine wichtige Rolle bei der Eindämmung von Übertragungen durch Omikron spielen würden. Somit sei zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung wahrscheinlich, dass die Transmission von Omikron durch die Impfung ähnlich wie für die Delta-Variante reduziert werde, insbesondere wenn die Kontaktperson geimpft sei. Überdies sei von einem Schutz vor schweren Krankheitsverläufen auszugehen gewesen. Für rezent von einer Erkrankung an COVID-19 genesene Personen sei auf Grund der verfügbaren Studienlage zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung von einem ähnlich hohen Schutz gegen eine Infektion mit bzw eine Transmission von SARS-CoV-2 sowie gegen einen schweren Krankheitsverlauf auszugehen wie bei gegen COVID-19 geimpften Personen.

2.8.1.6. Bei nicht immunisierten Personen sei demgegenüber weiterhin von einem höheren Infektions- und Transmissionsrisiko auszugehen gewesen. So habe sich diese Personengruppe in Ermangelung jeglichen Immunschutzes uneingeschränkt mit COVID-19 anstecken und die Infektion weitergeben können. Außerdem sei die Wahrscheinlichkeit eines schweren Krankheitsverlaufs als deutlich größer anzusehen gewesen, womit ein höheres Potential eines Krankenhausaufenthalts und somit eine entsprechend höhere Systembelastung einhergegangen sei. Dieses Bild bestätige sich durch die Auswertung der 7-Tage-Inzidenz und der Belagszahlen nach Immunstatus: So sei anhand der vorliegenden Daten festzustellen gewesen, dass Personen ohne impfinduzierten oder natürlich erworbenen Immunschutz eine deutlich höhere 7-Tage-Inzidenz in allen Altersgruppen aufgewiesen hätten. Die ungleich höheren Fallzahlen würden in einer Zusammenschau mit Studien zur Delta-Variante nahelegen, dass nicht immunisierte Personen in einem deutlich höheren Ausmaß an Neuinfektionen beteiligt gewesen seien und dass gezielte nicht-pharmazeutische Maßnahmen für diese Personengruppe auch in Bezug auf die Virusvariante Omikron zu einer stärkeren Abnahme der effektiven Reproduktionszahl führen würden als bei Personen mit Immunschutz. Gleichzeitig würden die für die Belastung des Gesamtsystems maßgeblichen Belagszahlen der Krankenanstalten zeigen, dass die Spitalsbetten durch Personen ohne impfinduzierten oder natürlich erworbenen Immunschutz deutlich überproportional belegt gewesen seien. Aus der epidemiologischen Lage und vorliegenden Evidenz habe im Zeitpunkt der Verordnungserlassung in zulässiger Weise davon ausgegangen werden können, dass von nicht iSd §2 Abs2 Z2 4. COVID-19-MV immunisierten Personen auch in Bezug auf die nunmehr dominante Omikron-Variante ein insgesamt deutlich höheres Risiko für die Gesamtbelastung des Gesundheitssystems ausgehe. Das Abstellen auf eine 2G-Nachweispflicht für den Zutritt zu Betriebstätten des Handels iSd §5 Abs1 leg cit sei daher aus fachlicher Sicht weiterhin gerechtfertigt.

2.8.1.7. Testungen auf SARS-CoV-2 würden eine Momentaufnahme des jeweiligen Infektionsstatus darstellen. Wie akkurat das Testergebnis diesen Status abbilde, hänge maßgeblich von der Art des Testverfahrens, der Probengewinnung und bis zu einem gewissen Grad von anderen Parametern ab. Wie zuverlässig hingegen ein Testnachweis den tatsächlichen Infektionsstatus zum Zeitpunkt des Zutritts zu bzw des Verweilens an einem bestimmten Ort abbilde, sei insbesondere von der Testgültigkeitsdauer abhängig. Ein PCR-Test könne zwar schon relativ geringe Mengen an Virusmaterial nachweisen. Die tatsächliche Sensitivität weiche jedoch von der analytischen Sensitivität ab, sodass der Anteil falsch-negativer Ergebnisse in der Praxis bis zu 30 % reichen könne. Die Wahrscheinlichkeit einer bestehenden Infektion sei innerhalb der Gültigkeitsdauer eines negativen Testnachweises somit zwar verringert, ein Testnachweis könne eine Infektion jedoch selbst bei hochsensitiven Testverfahren nicht ausschließen. Lediglich getestete (und nicht geimpfte oder rezent genesene) Personen würden zudem über keinerlei Immunität gegen SARS-CoV-2 verfügen. Der fehlende Immunschutz könne sich auch auf die Transmissionswahrscheinlichkeit im Falle einer Infektion trotz negativen Testergebnisses auswirken. Solche Personen könnten insbesondere in Abhängigkeit davon, wie viele andere nicht immunisierte Personen anwesend seien, weitere Personen anstecken. Zusätzlich sei es auf Grund der fehlenden Verringerung der Transmissionswahrscheinlichkeit wahrscheinlicher, dass es – im Falle einer Infektion der getesteten Person im Rahmen eines Kontakts mit anderen Personen – im Anschluss daran zu Folgefällen komme.

2.8.1.8. Das "Setting" der Betriebsstätten des Handels bilde aus epidemiologischer Sicht ein risikobehaftetes Umfeld. So treffe dort eine große Anzahl an unbekannten Personen in Innenräumen aufeinander, es komme zu einer hohen Fluktuation und Mobilität und der Abstand zwischen den Menschen sei insbesondere an umsatzstarken Tagen oft nur sehr gering. Diese hinsichtlich des grundsätzlichen Risikopotentials von Betriebsstätten des Handels getroffene Wertung des Verordnungsgebers sei im Zeitpunkt der Verordnungserlassung durch die verfügbare Studienlage gestützt gewesen. Die obgenannten Faktoren hätten auch ein nachträgliches "Contact-Tracing" und somit die Unterbrechung von Infektionsketten maßgeblich erschwert. Die Fallabklärung und die damit zusammenhängende Clusteranalyse gestalte sich besonders schwierig, da eine hohe Fluktuation und Mobilität die gesicherte Zuordnung einer Infektion zum Setting "Einzelhandel" in der Regel verunmögliche. Die von der Antragstellerin (wohl ganz grundsätzlich) ins Treffen geführte geringe Zahl von zuordenbaren Clustern zu Betriebsstätten des Handels sei bezogen auf den Zeitpunkt der Verordnungserlassung nicht nur den herrschenden Engpässen im "Contact-Tracing" in Zeiten besonders hohen Fallaufkommens geschuldet gewesen, sondern auch den Eigenschaften dieser Betriebsstätten an sich. Die routinemäßig erhobenen Daten zur Clusteranalyse seien für eine Einschätzung des von ihnen ausgehenden Risikos für den Pandemieverlauf damit nicht ausreichend gewesen. Mit Blick auf die in §1 Abs7 Z2 COVID-19-MG genannten Kriterien sei zudem festzuhalten, dass sich die dort genannte Clusteranalyse auf die Anzahl der Fälle mit geklärter Quelle beziehe. Da sich nicht alle Infektionsfälle auf eine Quelle zurückführen lassen würden, sondern die Infektionsquelle oft ungeklärt bleibe, lasse sich aus einer fehlenden Clusterzuordnung zu Handelsbetrieben noch nicht schließen, dass dort keine Infektionen stattfänden. Die Maskenpflicht sei durchgehend als komplementäre Maßnahme beibehalten worden. Ein Ausschluss jeglichen Infektionsrisikos in Betriebsstätten des Handels habe jedoch auch bei Einhaltung einer Maskenpflicht nicht angenommen werden können.

2.8.1.9. Im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Maßnahme sei festzuhalten, dass mit der angefochtenen Verordnung die zuvor für nicht immunisierte Personen geltenden Ausgangsbeschränkungen der 6. COVID-19-SchuMaV, BGBl II 537/2021, beendet worden seien. Wie die Rechtliche Begründung zur Stammfassung sowie zur 1. Novelle zur 4. COVID-19-MV dokumentiere, seien diese Maßnahmen sowohl auf Grund neuer Erkenntnisse in Bezug auf die Omikron-Variante als auch in Abwägung der Verhältnismäßigkeit der grundrechtlichen Eingriffe (speziell im Hinblick auf deren Dauer) durch die 4. COVID-19-MV aufgehoben worden. Vor dem Hintergrund des äußerst volatilen Infektionsgeschehens hätten vorschnelle Öffnungsschritte das Risiko einer Gefährdung des Gesundheitssystems geborgen und es sei ein besonders behutsames Vorgehen unabdingbar gewesen. Damit sei eine Lockerung des Maßnahmenregimes unter gleichzeitiger Beibehaltung der 2G-Nachweispflicht, der Verpflichtung zum Tragen von Masken sowie der Sperrstundenregelung vorrangig in Form der Beendigung von Ausgangssperren für Nichtimmunisierte möglich gewesen. Mit diesem schrittweisen Vorgehen sei der Verordnungsgeber auch der Empfehlung der Corona-Kommission gefolgt, die am 27. Jänner 2022 auf die Risiken vorschneller Öffnungsschritte hingewiesen habe.

Soweit die Antragstellerin die Erforderlichkeit der Betretungsregelung des §5 Abs1 4. COVID-19-MV auf Grund der Belagszahlen der Krankenhäuser in Zweifel ziehe, sei festzuhalten, dass ein isoliertes Abstellen auf die Spitalsbettenbelegung zu kurz greife. Die im Zuge der Entscheidungsfindung zu berücksichtigenden "Ressourcen und Kapazitäten im Gesundheitswesen" (vgl §1 Abs7 Z3 COVID-19-MG) würden sich darüber hinaus auch auf Personalressourcen und (über Spitalsbetten hinausgehende) verfügbare medizinische Infrastruktur beziehen. In Ansehung der epidemiologischen Lage und der fachlichen Evidenz habe im Zeitpunkt der Verordnungserlassung auch keine Möglichkeit bestanden, auf gelindere Mittel zurückzugreifen. Eine allgemeine PCR-Testpflicht hätte im Zeitpunkt der Verordnungserlassung nicht ausgereicht, um dem mit den Öffnungsschritten einhergehenden Risiko für das Gesundheitssystem in gleichermaßen geeigneter Weise entgegen zu wirken.

2.8.1.10. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sei abermals auf die schrittweise Lockerung des Maßnahmenregimes hinzuweisen. Die gebotene Interessenabwägung komme weiters in den Ausnahmebestimmungen des §5 Abs3 4. COVID-19-MV zum Ausdruck. Im Hinblick auf die von der Antragstellerin monierte Beschränkung auf die in Z1 bis 22 taxativ genannten Ausnahmen bzw die Nichteinbeziehung von Bekleidungsgeschäften sei festzuhalten, dass der Verordnungsgeber die Befriedigung von Grundbedürfnissen und die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens vor Augen gehabt und dabei eine Abwägung der Bedeutung von Waren für die Aufrechterhaltung dieser Grundbedürfnisse vorgenommen habe. Die in §5 Abs3 4. COVID-19-MV genannten – systemrelevanten – Bereiche seien auf Waren und Dienstleistungen beschränkt, die zur Befriedigung körperlicher Grundbedürfnisse (Gesundheitsversorgung, Versorgung mit Lebensmitteln, Drogerie- und Hygieneprodukten, für Raucher auch der Raucherbedarf), zur Aufrechterhaltung der Mobilität und der Kommunikation und der Inanspruchnahme notwendiger Dienstleistungen sowie zur Bewältigung von Notfallsituationen unerlässlich seien. Eine – nicht unwesentliche – Gemeinsamkeit der genannten Bereiche liege auch darin, dass die naturgemäß hohe Nachfrage nach diesen Grundgütern nicht in gleichem Maße anderweitig, insbesondere im Versandweg, befriedigt werden könne. Demgegenüber sei bei den von §5 Abs1 4. COVID 19 MV erfassten Betriebsstätten – insbesondere bei den hier einschlägigen Bekleidungsgeschäften – ein Ausweichen auf eine Online-Abwicklung typischer Weise leichter. Dieser Gedanke sei auch der Ausnahmebestimmung des §5 Abs3 Z22 4. COVID-19-MV zugrunde gelegen. Soweit die Antragstellerin moniere, sie müsse Kleidung vor dem Kauf anprobieren, sei sie auf die gerade im Textilhandel etablierte Möglichkeit eines – in aller Regel unkomplizierten – Umtausches hinzuweisen. Der Verordnungsgeber habe von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Schließlich sei auch auf die Ausnahmen in §20 4. COVID-19-MV zu verweisen.

Im Rahmen einer steten Evaluierung seien mit der 4. COVID-19-MV zunächst die Ausgangsbeschränkungen der 6. COVID-19-SchuMaV aufgehoben worden. In einem nächsten Schritt seien mit der Verordnung BGBl II 46/2022 die Öffnungszeiten ua für Betriebsstätten des Handels ausgedehnt worden. Mit der Verordnung BGBl II 55/2022 – die am 12. Februar 2022 in Kraft getreten sei – habe schließlich die 2G-Nachweispflicht in Betriebsstätten des Handels iSd §5 Abs1 leg cit (und in anderen Bereichen) entfallen können.

2.8.1.11. Wenn die Antragstellerin weiters vermeine, die 2G-Nachweispflicht in Betriebsstätten des Handels diene lediglich als Anreiz, sich einer Schutzimpfung gegen COVID-19 zu unterziehen, wobei eine Impfung nicht für jeden in Frage komme, so sei sie auf die unterschiedliche Stoßrichtung der 4. COVID-19-MV und des COVID-19-Impflichtgesetzes (COVID-19-IG), BGBl I 4/2022 (samt seinem Ausnahmekatalog, vgl §3 Abs1 COVID-19-IG), hinzuweisen. Während das COVID 19 IG das Ziel der Steigerung der Impfrate verfolge, diene die 4. COVID 19 MV dem Schutz der öffentlichen Gesundheit sowie dem Schutz der Rechte anderer (auf Leben und Gesundheit) durch die Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.

2.8.1.12. Der Erlassung der angefochtenen Verordnungsbestimmung sei ein umfassendes Ermittlungsverfahren vorangegangen. Eine Verpflichtung zur Veröffentlichung sämtlicher Entscheidungsgrundlagen bestehe nicht.

2.8.2. Aus den genannten Gründen sei auch ein Eingriff der angefochtenen Regelung in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 EMRK), auf Freizügigkeit der Person (Art2 Abs1 4. ZPEMRK, Art4 Abs1 StGG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) der Antragstellerin gerechtfertigt.

2.8.3. Auch eine Gleichheitswidrigkeit liege aus den genannten Gründen nicht vor. Was die behauptete unzulässige Ungleichbehandlung von Betriebsstätten iSd §5 Abs1 4. COVID-19-MV im Vergleich zu den in §5 Abs3 leg cit genannten Betriebsstätten betreffe, so ergebe sich aus dem bereits Gesagten, dass diese Ausnahmen nicht auf Grund eines unterschiedlich gelagerten epidemiologischen Risikos, sondern vielmehr auf Basis der Zuordnung zum Bereich der lebensnotwendigen Güter getroffen worden seien. Die im Vergleich einfachere Versorgung mit Bekleidung im Wege der Abholung bzw des Versandhandels rechtfertige die vorgenommene Differenzierung auch im Lichte der Anforderungen des Gleichheitssatzes.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 Z3 B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist also, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.

Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011, 20.154/2017). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit der Antragsteller solche Normen anficht, durch die seine (rechtlich geschützten) Interessen aktuell beeinträchtigt sind und die mit diesen in untrennbarem Zusammenhang stehen; dabei darf aber nach §57 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, durch die die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht aktuell beeinträchtigt sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden (und nach Auffassung des Antragstellers den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden, die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden Bestimmungen offensichtlich trennbar, führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (vgl VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle einer ganzen Verordnung), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).

1.3. Die Antragstellerin hat ihre aktuelle und unmittelbare Betroffenheit durch §5 Abs1 4. COVID-19-MV hinreichend dargetan. §5 Abs2 und 3 4. COVID-19-MV steht mit §5 Abs1 4. COVID-19-MV in einem Regelungszusammenhang (vgl VfGH 17.3.2022, V294/2021; 29.4.2022, V35/2022). Auch §2 Abs2 Z1 und 2 4. COVID-19-MV steht vor dem Hintergrund der geltend gemachten Bedenken mit §5 Abs1 4. COVID-19-MV in einem Regelungszusammenhang, sodass sich deren Mitanfechtung als zulässig erweist.

1.4. Die Antragstellerin hat es jedoch unterlassen, ihre unmittelbare Betroffenheit hinsichtlich der Wortfolge "1 und" in §17 Abs4 4. COVID-19-MV (2G-Nachweispflicht für Gelegenheitsmärkte) hinreichend zu begründen. Die Antragstellerin hat diesbezüglich auch keinen konkreten Regelungszusammenhang zu §5 Abs1 4. COVID-19-MV dargelegt. Bei einer Aufhebung des §5 Abs1 4. COVID-19-MV würde – anders als die Antragstellerin vermeint – auch kein sprachlich unverständlicher Torso verbleiben. Es handelt sich bei diesem Mangel um kein behebbares Formgebrechen, sondern um ein Prozesshindernis, sodass der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "1 und" in §17 Abs4 4. COVID-19-MV als unzulässig zurückzuweisen ist.

1.5. Die 4. COVID 19 MV ist mit Ablauf des 4. März 2022 außer Kraft getreten (§13 Abs1 und 2 COVID-19-Basismaßnahmenverordnung, BGBl II 86/2022). Dies schadet der Zulässigkeit des Antrages mit Blick auf die jüngere Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht (vgl VfSlg 20.397/2020, 20.399/2020).

1.6. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Hauptantrag, soweit er sich auf §2 Abs2 Z1 und 2 und §5 Abs1, 2 und 3 4. COVID-19-MV bezieht, als zulässig. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf den Eventualantrag.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den im Antrag dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Der Antrag ist nicht begründet.

2.3. Die Antragstellerin moniert, die verordnungserlassende Behörde habe es unterlassen, aussagekräftige Statistiken bereitzustellen, die eine sachliche Gesamtbewertung auch in Bezug auf Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der 2G-Regel im Handel erlauben würden. Es obliege dem BMSGPK, Urkunden vorzulegen, in denen mit aussagekräftigen Zahlen bestimmte Auswirkungen auf einzelne Lebensbereiche gemessen würden. Relevante Statistiken würden aber gar nicht geführt. Die Bewertung der "epidemiologischen Situation" sei nicht nach den in §1 Abs7 COVID-19-MG vorgesehenen Kriterien erfolgt.

2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat zu den Verordnungsermächtigungen des COVID-19-MG bereits mehrfach ausgesprochen (grundlegend VfSlg 20.399/2020; vgl weiters VfGH 10.3.2021, V583/2020 ua mwN, und zuletzt etwa VfGH 29.4.2022, V23/2022), dass sie dem Verordnungsgeber einen Einschätzungs- und Prognosespielraum übertragen, ob und wieweit er zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 auch erhebliche Grundrechtseinschränkungen für erforderlich hält, weshalb der Verordnungsgeber seine Entscheidung als Ergebnis einer Abwägung mit den einschlägigen grundrechtlich geschützten Interessen der Betroffenen zu treffen hat. Der Verordnungsgeber ist nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes angesichts der – wie hier – inhaltlich weitreichenden Ermächtigungen verpflichtet, die Wahrnehmung seines Entscheidungsspielraumes im Lichte der gesetzlichen Zielsetzungen insoweit nachvollziehbar zu machen, als er im Verordnungserlassungsverfahren festzuhalten hat, auf welcher Informationsbasis über die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände die Verordnungsentscheidung fußt und die vorgegebene Abwägungsentscheidung erfolgt ist. Die diesbezüglichen Anforderungen dürfen naturgemäß nicht überspannt werden, sie haben sich maßgeblich danach zu bestimmen, was in der konkreten Situation möglich und zumutbar ist. Auch in diesem Zusammenhang kommt dem Zeitfaktor entsprechende Bedeutung zu.

All dies hat der Verfassungsgerichtshof bei seiner Prüfung, ob die Verwaltungsbehörde den gesetzlichen Vorgaben bei Erlassung der angefochtenen Verordnung entsprochen hat, zu berücksichtigen. Damit ist für die Beurteilung des Verfassungsgerichtshofes insoweit der Zeitpunkt der Erlassung der entsprechenden Verordnungsbestimmungen und die diesen zugrunde liegende aktenmäßige Dokumentation maßgeblich (vgl erneut VfGH 10.3.2021, V583/2020 ua, sowie VfGH 29.4.2022, V23/2022).

2.3.2. Der vorliegende, am 10. Februar 2022 eingebrachte Antrag bezieht sich auf die 4. COVID-19-MV, BGBl II 34/2022, welche am 31. Jänner 2022 in Kraft getreten ist. Dem vom BMSGPK vorgelegten Verordnungsakt zur 4. COVID-19-MV und zur 1. Novelle der 4. COVID-19-MV, BGBl II 34/2022, ist – soweit für die Beurteilung des Verfassungsgerichtshofes relevant – zusammengefasst Folgendes zu entnehmen:

Die "Fachliche Begründung zur 4. COVID-19 Maßnahmenverordnung" (im Folgenden: Fachliche Begründung) enthält eine ausführliche Darstellung der epidemiologischen Situation, wie sie im Zeitpunkt der Verordnungserlassung vorgelegen ist, und der prognostizierten weiteren Entwicklung. Fachliche Ausführungen finden sich darin – unter anderem – zu der Zahl an Neuinfektionen (7-Tage-Inzidenz), der Inzidenz nach Immunitätsstatus (Personen mit ausreichendem impfinduzierten und/oder natürlich erworbenen Immunschutz, Personen ohne bzw mit unzureichendem Immunschutz), der Systembelastung auf Normal- und Intensivstationen einschließlich der Bettenbelegung durch COVID-19-Patienten nach Impfstatus, zu den verfügbaren Personalressourcen in den Krankenhäusern, zum Impffortschritt in der Gesamtbevölkerung, zu Virusvarianten und "Übertragungssettings", zur Gültigkeitsdauer der Impfzertifikate sowie zur Wirksamkeit verschiedener Schutzmaßnahmen. Auch nähere Erläuterungen zu den verschiedenen Nachweisen über eine geringe epidemiologische Gefahr (Impfung, Genesung, Test) sind in der Fachlichen Begründung enthalten.

Der Verordnungsakt zur 4. COVID-19-MV und zur 1. Novelle der 4. COVID-19-MV, BGBl II 34/2022, enthält zudem die wöchentliche "Einschätzung der epidemiologischen Lage in Österreich" der Corona-Kommission vom 27. Jänner 2022 und den täglichen AGES-Lagebericht mit Stand 27. Jänner 2022. Ebenfalls im Verwaltungsakt dokumentiert ist die Befassung der Corona-Kommission am 26. Jänner 2022.

2.3.3. Der Verordnungsgeber hat damit im Verordnungsakt dargelegt, dass er die angefochtene Maßnahme im Einklang mit den im COVID-19-MG normierten Verfahrensregelungen erlassen sowie die im Gesetz vorgegebenen Kriterien für die Bewertung der epidemiologischen Situation (§1 Abs7 COVID-19-MG) angewendet hat. Er hat zudem hinreichend dargetan, auf welcher Informationsbasis über die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände die Entscheidung über die Erlassung der angefochtenen Bestimmungen der 4. COVID-19-MV getroffen wurde. Die in weiterer Folge zur Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof erforderliche aktenmäßige Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen (vgl etwa VfGH 10.3.2021, V573/2020 mwN) ist damit hinsichtlich der angefochtenen Bestimmungen hinreichend erfolgt.

2.4. Die Antragstellerin erachtet sich in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 Abs1 EMRK), auf Freizügigkeit der Person (Art4 Abs1 StGG und Art2 Abs1 4. ZPEMRK) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) verletzt. Die Einlass- und Betretungsbeschränkung des §5 Abs1 und 2 4. COVID-19-MV würde in Widerspruch zu ihrer gesetzlichen Grundlage in §3 COVID-19-MG stehen.

2.4.1. In verfassungsrechtlich – insbesondere auch im Lichte der von der Antragstellerin ins Treffen geführten Grundrechte – nicht zu beanstandender Weise kann gemäß §3 Abs1 Z1 und 2 COVID-19-MG beim Auftreten von COVID-19 durch Verordnung das Betreten und das Befahren von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. Gemäß §3 Abs2 COVID-19-MG kann in einer solchen Verordnung entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen und Auflagen Betriebsstätten betreten werden dürfen.

2.4.2. Der Verordnungsgeber hat in Ansehung der von ihm zu bewertenden epidemiologischen Situation notwendig prognosehaft zu beurteilen, inwieweit in Aussicht genommene Regelungen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID 19 geeignete, erforderliche und insgesamt angemessene Maßnahmen darstellen (vgl VfGH 23.9.2021, V572/2020; 3.12.2021, V617/2020 ua). Der Einschätzungs- und Prognosespielraum des Verordnungsgebers umfasst insoweit auch die zeitliche Dimension dahingehend, dass ein schrittweises, nicht vollständig abschätzbare Auswirkungen beobachtendes und entsprechend wiederum durch neue Maßnahmen reagierendes Vorgehen von der gesetzlichen Ermächtigung des §3 COVID-19-MG vorgesehen und auch gefordert ist (vgl dazu etwa VfGH 1.10.2020, V392/2020).

2.4.3. Der mit der angefochtenen Beschränkung der 4. COVID-19-MV verfolgte Zweck, die Verbreitung von COVID-19 zu verhindern bzw zu bekämpfen und damit die Gesundheit der Menschen zu schützen sowie die Funktionsfähigkeit der Gesundheitsinfrastruktur aufrechtzuerhalten, stellt ein gewichtiges und legitimes öffentliches Interesse dar (vgl zB VfGH 29.4.2022, V23/2022).

2.4.4. Dem BMSGPK ist – entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin – nicht entgegenzutreten, wenn er angesichts der im Verordnungsakt dokumentierten Entscheidungsgrundlagen davon ausging, dass die Einlass- und Betretungsbeschränkung des §5 Abs1 und 2 4. COVID-19-MV, die das zulässige Betreten von Betriebsstätten des Handels an das Vorliegen eines 2G-Nachweises knüpft, zu einer Reduktion der persönlichen Kontakte von nicht immunisierten Personen führt und damit auch im Hinblick auf die Omikron-Variante ein geeignetes Mittel zur Erreichung dieser Zielsetzung darstellt (zur Betretungsregelung des §5 5. COVID 19-SchuMaV für Kundenbereiche von Betriebsstätten des Handels siehe VfGH 17.3.2022, V294/2021; zu §6 6. COVID-19-SchuMaV siehe VfGH 29.4.2022, V23/2022). Auch von der Antragstellerin nicht näher konkretisierte "Cluster-Analysen" vermögen die Wirkungslosigkeit der Maßnahme nicht zu belegen. Der BMSGPK verweist in diesen Zusammenhang nachvollziehbar darauf, dass "Übertragungssettings" große Unterschiede hinsichtlich der Möglichkeit der Fallzuordnung aufweisen würden und sich ua durch die Überlastung des "Contact-Tracing" und die hohe Fluktuation und Mobilität im Bereich des "Einzelhandels" die gesicherte Zuordnung zu diesem Bereich als schwierig gestalte.

2.4.5. Die Antragstellerin macht ferner geltend, auch die Vorlage eines aktuellen Testergebnisses oder eines Antikörpernachweises würden geeignete und verhältnismäßige Mittel darstellen. Es würden gelindere Mittel, wie etwa die Vorlage eines negativen PCR-Tests, zur Zielerreichung genügen. Die Krankenhäuser seien schon seit längerem weit entfernt von einer Überlastung mit COVID-19-Patienten. Es würden nach Verbreitung der harmlosen Omikron-Variante von SARS-CoV-2 ausreichend Ressourcen und Kapazitäten im Gesundheitswesen bestehen, insbesondere im Bereich der Intensivbettenauslastung.

2.4.5.1. Die (prognostizierte) Bettenbelegung auf den Normal- und Intensivstationen stellt ein wichtiges Kriterium für die von der verordnungserlassenden Behörde vorzunehmende Beurteilung der epidemiologischen Situation und – in weiterer Folge – des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Maßnahmen nach dem COVID-19-MG dar. Es ist jedoch für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Maßnahme nicht ausschließlich auf die Zahl an COVID-19-Patienten in den Spitälern abzustellen. Die verordnungserlassende Behörde hat weitere maßgebliche Faktoren, wie etwa insbesondere Personalressourcen oder (über Betten hinausgehende) verfügbare medizinische Infrastruktur, in die Beurteilung miteinzubeziehen (§1 Abs7 Z3 COVID-19-MG; vgl dazu schon VfGH 29.4.2022, V23/2022).

Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass sich die Situation auf den Intensivstationen seit der "Delta-Welle" der COVID-19-Pandemie im November 2021 (siehe VfGH 17.3.2022, V294/2021) sowie auch im Verlauf der Geltung der am 10. Dezember 2021 in Kraft getretenen und mit Ablauf des 30. Jänner 2022 außer Kraft getretenen 6. COVID-19-SchuMaV (dazu VfGH 29.4.2022, V23/2022) insofern verbesserte, als die Zahl der bundesweit auf den Intensivstationen zu betreuenden COVID-19-Patienten konstant zurückging und in keinem Bundesland eine Überschreitung der als systemkritisch definierten Auslastungsgrenze von 33 % drohte. Diese Entwicklung findet auch in der epidemiologischen Lage, die im Geltungszeitraum der 4. COVID-19-MV vorlag, Niederschlag.

Wie aus der Fachlichen Begründung hervorgeht, hat die Corona-Kommission jedoch am 27. Jänner 2022 festgestellt, dass sich das Fallzahlenniveau auf Grund der Omikron-Variante in den vorangegangenen sieben Tagen deutlich erhöht habe. Auch das österreichische COVID-Prognose-Konsortium ging davon aus, dass für die kommenden Wochen weiterhin starke Anstiege der Fallzahlen zu erwarten seien. Vorschnelle Öffnungsschritte würden nach wie vor das Risiko einer Gefährdung des Gesundheitssystems bergen. Möglich sei – trotz weiterhin erwarteten Anstieges der Belastung von Normalstationen und möglichen Kapazitätsengpässen auf Grund Personalmangels – bloß eine zurückhaltende Aufhebung des Maßnahmenregimes, vorrangig durch Beendigung von Ausgangssperren für Nichtimmunisierte, da nach vorhandener Information ein Systemrisiko vorerst nicht gegeben sei. Mit Kapazitätsproblemen auf ICUs werde nicht gerechnet. Damit hat der BMSGPK im Verordnungsakt nachvollziehbar dargelegt, dass für den hier relevanten Zeitraum weiterhin eine angespannte epidemiologische Lage vorlag, wenngleich erste Öffnungsschritte möglich waren.

Der Verordnungsgeber nahm auf Grund der im Verordnungsakt dokumentierten wissenschaftlichen Erkenntnisse überdies nachvollziehbar an, dass auch in Bezug auf die Omikron-Variante das Verbreitungsrisiko sowie das Systemrisiko stärker – wenn auch nicht so deutlich ausgeprägt wie zuvor bei der Delta-Variante – von den ungeimpften bzw nicht ausreichend immunisierten Personen ausging. Im Verordnungsakt zur 4. COVID-19-MV in der Stammfassung sowie zur 1. Novelle sind umfassende Daten und Statistiken zu den Inzidenzen und zur Hospitalisierung nach Immunitätsstatus dokumentiert. Die fachlichen Grundlagen belegen überdies die Auseinandersetzung mit einer Reihe von internationalen Studien zur Impfeffektivität, zum Reinfektionsrisiko und zur Wirksamkeit zusätzlicher Maßnahmen (zur epidemiologisch vergleichbaren Situation Ende Jänner 2022 siehe VfGH 29.4.2022, V23/2022).

2.4.5.2. Der Einwand der Antragstellerin, dass die "2G-Regel" in Betriebsstätten des Handels nicht das gelindeste Mittel darstelle, trifft für die hier zu beurteilende Rechtslage nicht zu. Wie der BMSGPK im Verordnungsakt darlegt, war mit Blick auf die hohen Infektionszahlen und auf Grund der hohen Transmissibilität der Virusvariante "Omikron" ein besonders behutsames und vorsichtiges Vorgehen unabdingbar. Der BMSGPK hat mit der 4. COVID-19-MV bereits erste Lockerungsschritte vorgenommen, indem die allgemeine Ausgangsbeschränkung für Personen ohne 2G-Nachweis der 6. COVID-19-SchuMaV aufgehoben wurde. Überdies waren gemäß §13 Abs1 iVm Abs2 4. COVID-19-MV Zusammenkünfte für zehn Personen aus verschiedenen Haushalten ohne 2G-Nachweis wieder zulässig. Auf Grund der immer noch angespannten epidemiologischen Lage ist dem BMSGPK aber nicht entgegenzutreten, wenn er ua die Beibehaltung des Erfordernisses eines 2G-Nachweises in Betriebsstätten des Handels zu diesem Zeitpunkt weiterhin als gelindestes Mittel erachtet hat.

2.4.6. Anders als die Antragstellerin vermeint, stellten PCR-Tests für ungeimpfte bzw nicht immunisierte Personen in diesem Zusammenhang kein gelinderes Mittel zur Zielerreichung dar. Das Vorhandensein eines negativen PCR-Testergebnisses auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 reduziert zwar – für einen kurzen Zeitraum – die Wahrscheinlichkeit einer bestehenden Infektion und kann daher ein geeignetes Mittel zur Verhinderung der Weiterverbreitung des Virus darstellen (siehe §1 Abs5a Z2 COVID-19-MG, §2 Abs2 Z3 4. COVID-19-MV). Aus der Fachlichen Begründung ergibt sich aber, dass getestete Personen, die weder genesen noch geimpft seien, über keine Immunität gegen SARS-CoV-2 verfügen würden, was sich auf die Transmissionswahrscheinlichkeit trotz negativen Testergebnisses auswirken könne. Je nach Risikofaktoren sei bei lediglich getesteten Personen ein entsprechendes Risiko für einen schweren Verlauf und in weiterer Folge eine Belastung des Gesundheitssystems gegeben. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber die (bloße) Vorlage eines negativen PCR-Testergebnisses als gelinderes Mittel für nicht geeignet hielt, um die prognostizierte systemkritische Belastung des Gesundheitssystems abzuwenden (vgl dazu auch VfGH 17.3.2022, V294/2021; 30.6.2022, V3/2022; zum Nachweis neutralisierender Antikörper vgl überdies VfGH 29.4.2022, V35/2022).

2.4.7. Ausgehend davon ist dem BMSGPK insgesamt nicht entgegenzutreten, wenn er die Betretungs- und Einlassbeschränkung des §5 Abs1 und 2 4. COVID 19 MV im Zeitpunkt ihrer Erlassung noch für "erforderlich" erachtete. Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen somit aus den geltend gemachten Gründen nicht gegen §3 COVID-19-MG.

2.4.8. Im Lichte der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens, auf Freizügigkeit der Person und auf Unversehrtheit des Eigentums verkennt der Verfassungsgerichtshof nicht, dass die angefochtene Maßnahme, nicht zuletzt auf Grund des Umstandes, dass diese bereits einige Wochen in Geltung stand, intensiv in die genannten Grundrechte der Antragstellerin eingreift.

Der Verordnungsgeber hat jedoch mit der Betretungs- und Einlassbeschränkung des §5 Abs1 und 2 4. COVID-19-MV keine insgesamt unangemessene Maßnahme erlassen. Mit dem gesundheitspolitischen Ziel der Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 wird ein Ziel von erheblichem Gewicht verfolgt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Verordnungsgeber im Rahmen seiner Abwägungsentscheidung die Schwere des Eingriffes in die grundrechtlich geschützte Rechtsposition der Betroffenen durch die Festlegung zahlreicher Ausnahmen abmildert. So ist in Bezug auf die 2G-Nachweispflicht für das Betreten von Betriebsstätten des Handels auf den Ausnahmenkatalog des §5 Abs3 4. COVID 19 MV zu verweisen (vgl zu §5 Abs4 COVID-19-NotMV bereits VfGH 24.6.2021, V593/2020, und zu §6 Abs2 6. COVID-19-SchuMaV siehe VfGH 29.4.2022, V23/2022). Überdies wurde durch die 4. COVID-19-MV im Sinne eines schrittweisen Vorgehens die bis zu diesem Zeitpunkt durch §3 6. COVID 19 SchuMaV normierte Ausgangsbeschränkung für Personen ohne 2G Nachweis aufgehoben. Auch Zusammenkünfte waren gemäß §13 Abs1 iVm Abs2 4. COVID-19-MV nach der im Antragszeitpunkt maßgeblichen Rechtslage nunmehr auch für Personen ohne 2G-Nachweis aus zehn verschiedenen Haushalten wieder zulässig.

2.5. Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz:

2.5.1. Der Gleichheitssatz bindet auch den Verordnungsgeber (VfGH 5.6.2014, V44/2013). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl zur Differenzierung bei Gesetzen etwa VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005; zum Sachlichkeitsgebot bei Gesetzen vgl VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001; VfGH 23.2.2021, G361/2020; zum Sachlichkeitsgebot bei Verordnungen 24.6.2021, V593/2020; 23.9.2021, V572/2020).

2.5.2. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber in der Frage der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie einen weiten Entscheidungsspielraum eingeräumt hat (vgl VfGH 10.3.2021, V574/2020; 24.6.2021, V593/2020; 23.9.2021, V572/2020; 23.9.2021, V5/2021; 3.12.2021, V617/2020 ua; 3.3.2022, V231/2021).

2.5.3. Die Antragstellerin moniert eine Gleichheitswidrigkeit auf Grund des Umstandes, dass Personen, die über einen PCR-Test verfügen würden, vom 2G-Nachweis ausgenommen seien. Der Umstand, dass Personen mit einem negativen PCR-Test nicht von der 2G-Nachweisbestimmung umfasst sind, verstößt jedoch auf Grund der unterschiedlichen Transmissionswahrscheinlichkeit und der höheren Wahrscheinlichkeit einer schweren Erkrankung von nicht-immunisierten bzw ungeimpften Personen, die lediglich über einen negativen PCR-Test verfügen, nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (vgl dazu schon oben unter 2.4.6.).

2.5.4. Überdies vermeint die Antragstellerin, der Ankauf von Waren in Drogeriemärkten sei nicht notwendiger als der Ankauf von Bekleidung. Auch epidemiologisch sei kein Unterschied festzustellen. Es sei mit dem Rechtsstaat unvereinbar, dass eine "Behörde […] im praktisch gesetzfreien Raum entscheidet, was wo von bestimmten Bürgern gekauft werden darf, während andere Bürger davon ausgenommen werden, nur um diese zu einem gewünschten Verhalten zu motivieren". Mit diesen pauschal vorgebrachten Bedenken vermag die Antragstellerin keine Gleichheitswidrigkeit darzulegen. In diesem Zusammenhang hat der BMSGPK seinen rechtpolitischen Entscheidungsspielraum nicht überschritten, wenn er Drogerien und Drogeriemärkte – anders als Betriebsstätten des Kleidungsfachhandels – vom Betretungsverbot des §5 Abs1 4. COVID-19-MV ausnimmt (vgl dazu auch VfGH 24.6.2021, V592/2020; 24.6.2021, V593/2020).

V. Ergebnis

1. Der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "1 und" in §17 Abs4 der 4. COVID 19-Maßnahmenverordnung, BGBl II 34/2022, ist als unzulässig zurückzuweisen.

2. Im Übrigen ist der Antrag abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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