JudikaturVfGH

V43/2018 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
27. September 2018

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Antrag

Gestützt auf Art139 Abs1 Z3 B VG, begehrt der Antragsteller in Form eines Individualantrages betreffend "§6 Abs4 und §9 Abs1 der Verordnung des Gemeinderats der Stadt Steyr vom 17. 11. 2005, Präs-105/98", der Verfassungsgerichtshof möge

"a. die Bestimmung des §6 Abs4 in ihrer Gesamtheit als verfassungswidrig aufheben,

b. hilfsweise folgenden Textteil:

'Anträge gemäß Abs1 litd müssen von einem weiteren Mitglied des Gemeinderates bzw von einem(r) weiteren Stadtrat (Stadträtin) ohne Gemeinderatsmandat unterstützt sein. Die Unterstützung erfolgt durch das Beisetzen der eigenhändigen Unterschriften.'

c. Die Bestimmung des §9 Abs1 letzter Satz ('Wird aufgrund des Wahlvorschlages einer wahlwerbenden Partei lediglich ein Mitglied des Gemeinderates gewählt bildet dieses keine Fraktion') als verfassungswidrig aufheben" (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen).

II. Rechtslage

1. §§6 und 9 der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Steyr vom 17.11.2005, Präs-105/98, zuletzt geändert durch Verordnung des Gemeinderates der Stadt Steyr vom 29.10.2015, betreffend die Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Steyr und seiner Ausschüsse (GOGR), lauten wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§6

Anträge zur Sache (Sachanträge)

(1) Anträge gelangen an den Gemeinderat als

a) Vorlagen des (der) Bürgermeisters (Bürgermeisterin);

b) selbständige Anträge des Stadtsenates (§47 Abs2 StS.);

c) Vorlagen des Stadtsenates (§49 Abs3 StS.);

d) Anträge von Mitgliedern des Gemeinderates und von Stadträten (Stadträtinnen) ohne Gemeinderatsmandat;

e) selbständige Anträge der Ausschüsse im Rahmen ihrer Zuständigkeit gem. §40 Abs4 StS.

(2) Der (Die) Bürgermeister (Bürgermeisterin) legt die beim Magistrat angefallenen Geschäftsstücke vor, deren Entscheidung in den Wirkungsbereich des Gemeinderates fällt (Vorlagen des (der) Bürgermeisters (Bürgermeisterin)), soweit es sich nicht um Geschäftsstücke handelt, die durch Beschluss des Stadtsenates oder im Zusammenhang mit seinem Geschäftsbereich von einem Mitglied des Stadtsenates vorzulegen sind (Vorlagen des Stadtsenates §49 Abs3 StS.).

(3) Anträge von Mitgliedern des Gemeinderates und Stadträten (Stadträtinnen) ohne Gemeinderatsmandat sind dem (der) Bürgermeister (Bürgermeisterin) schriftlich, mit der eigenhändigen Unterschrift der Antragsteller (Antragstellerinnen) versehen, mindestens zwei Wochen vor der Sitzung, in der diese Anträge behandelt werden sollen, zu übergeben. Dies gilt nicht für Anträge zur Geschäftsordnung (§8). Werden Anträge von Mitgliedern des Gemeinderates nicht rechtzeitig eingebracht, so hat deren Behandlung in der nächsten nach Ablauf der zwei Wochen stattfindenden Gemeinderatssitzung zu erfolgen.

(4) Anträge gemäß Abs1 litd müssen von einem weiteren Mitglied des Gemeinderates bzw von einem(r) weiteren Stadtrat (Stadträtin) ohne Gemeinderatsmandat unterstützt sein. Die Unterstützung erfolgt durch das Beisetzen der eigenhändigen Unterschriften. Der (Die) Vorsitzende hat dem Gemeinderat Anträge von Mitgliedern des Gemeinderates vor Behandlung durch Verlesung zur Kenntnis zu bringen.

(5) Anträge gem. Abs1 litd sind mit der Formel einzuleiten: 'Der Gemeinderat möge beschließen:' und haben den Wortlaut des zu fassenden Beschlusses zu enthalten.

(6) Die Antragsberechtigten, deren Anträge einem Ausschuss oder dem Stadtsenat zur Vorberatung zugewiesen wurden, können nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten ab der Beschlussfassung über die Zuweisung verlangen, dass dem Gemeinderat unverzüglich über das Ergebnis der bisherigen Beratungen zu berichten ist."

"§9

Abänderungsanträge, Zusatzanträge

Anträge zur Sache (Sachanträge), die eine Abänderung (Abänderungsanträge) oder Ergänzungen (Zusatzanträge) eines in die Tagesordnung aufgenommenen Antrages (Hauptantrages) bezwecken, können von jedem Mitglied des Gemeinderates bis zum Schluss der Verhandlung über den betreffenden Gegenstand schriftlich und ohne Unterstützung gestellt werden. Dies gilt auch für Stadträte (Stadträtinnen) ohne Gemeinderatsmandat. Die Verhandlung über diese Anträge ist mit der Verhandlung über den Hauptantrag zu führen. "

2. §9 des Statuts für die Stadt Steyr 1992 (StS. 1992), LGBl 9 (WV) idF LGBl 1/2005, lautet – auszugsweise – wie folgt:

"§9

Fraktionen

(1) Die auf Grund der Wahlvorschläge ihrer wahlwerbenden Partei jeweils gewählten Mitglieder des Gemeinderates bilden für die Dauer der Funktionsperiode des Gemeinderates jeweils eine Fraktion, wenn auf die wahlwerbende Partei zumindest zwei Mandate entfallen. Der Fraktion gehören Stadträte (Stadträtinnen) auch dann an, wenn sie auf ihr Mandat gemäß §28 Abs2 verzichtet haben. Jede Fraktion hat aus ihrer Mitte einen (eine) Vorsitzenden (Vorsitzende) und zumindest einen (eine) Stellvertreter (Stellvertreterin) zu bestellen. Wird auf Grund des Wahlvorschlages einer wahlwerbenden Partei lediglich ein Mitglied des Gemeinderates gewählt, bildet dieses keine Fraktion.

[(2)-(5) …]-"

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Der Antragsteller, der seit 29. Oktober 2015 Mitglied des Gemeinderates der Stadt Steyr ist und der wahlwerbenden Partei "NEOS" angehört, begründet seine Anfechtungslegitimation und seine Bedenken wie folgt:

1.1. Zum Vorliegen der Legitimation nach Art139 Abs1 Z3 B VG führt der Antragsteller aus, dass er durch die behauptete Gesetzwidrigkeit unmittelbar in seinen Rechten verletzt sei, weil es ihm "als einzigem Mandatar der Wahl werbenden Gruppe NEOS im Gemeinderat der Stadt Steyr […] verunmöglicht [sei], Anträge an diesen zu richten", und weil er "keine Fraktion bilden" könne. Die Verordnung sei ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung für und gegen ihn wirksam geworden und es stehe ihm kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um die durch die behauptete Verfassungswidrigkeit der Norm bewirkte Rechtsverletzung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. "[A]llenfalls denkbare Umwege [seien] jedenfalls unzulässig, würde man sich die zeitlichen Implikationen derartiger vor Augen führen. Die konkrete unmittelbare Betroffenheit, die [den Antragsteller] zur individualen Antragstellung führt, erlaubt eine sofortige Befassung des angerufenen Höchstgerichts." Zudem wird darauf hingewiesen, dass "die gegenständliche Regelung insgesamt Kleinparteien gröblich und unzulässig" gegenüber etablierten Parteien benachteilige.

1.2. Die Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Steyr und seiner Ausschüsse (GOGR) sehe unter der Überschrift "Rechte der Mitglieder des Gemeinderats" unter "Anträge zur Sache (Sachanträge)" in §6 Abs4 vor, dass Anträge nach §6 Abs1 litd GOGR, die von Mitgliedern des Gemeinderates zur Antragstellung an den Gemeinderat gelangen, von einem weiteren Mitglied des Gemeinderates bzw einem Stadtrat unterstützt werden müssen. Es sei demnach die Zustimmung einer zweiten im Gemeinderat vertretenen Person erforderlich. "§9 Abs1 (Fraktionen)" sehe die Möglichkeit vor, dass Fraktionen gebildet werden können. Im "letzten Satz dieser Bestimmung [sei] jedoch vorgesehen, dass in einer Situation, die dadurch hergestellt wird, dass nur ein Mitglied einer wahlwerbenden Partei in den Gemeinderat gewählt wurde, dies keine Fraktion bildet". Im Vergleich zu §46 Abs3 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1990, der zB für die "von Größe und Wirtschaftskraft etwa [mit] Steyr vergleichbar[e]" Stadt Leonding anwendbar sei, stelle das Erfordernis, dass ein an den Gemeinderat zu richtender Antrag von zwei Antragstellern gestellt bzw unterstützt werden müsse "eine Erschwernis" dar. Durch "§9 Abs1" werde ein einzelner Abgeordneter mangels Fraktionseigenschaft von der Mitarbeit in Ausschüssen, wo "man an die wesentlichen Informationen [gelange], die zur Ausübung des politischen Mandats sinnvoll und notwendig sind", abgeschirmt. Nur dort könnten Sachanträge eingebracht und vorbereitet werden und erfolge die "politische Arbeit im engeren Sinn". Auch §18a der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1990 sehe im Gegensatz dazu vor, "dass schon alleine durch die Tatsache der Wahl auch ein Mandatar (auch wenn dieser der [E]inzige der Wahl werbenden Gruppe ist) eine Fraktion bildet". Die angefochtenen Regelungen ("sowohl §6 Abs4 als auch §9 Abs1 der diesbezüglichen Geschäftsordnung für die Stadt Steyr") würden gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art2 StGG verstoßen, weil der Antragsteller als "einzelner Mandatar […] ungebührlich – insbesondere etwa im Vergleich [zu] Städten und Gemeinden ohne Statut – benachteiligt" werde.

2. Der Gemeinderat der Stadt Steyr hat eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag erhobenen Bedenken entgegengetreten und zur Zulässigkeit des Antrages wie folgt ausgeführt wird:

"Der Individualantrag bezieht sich auf die §§6 Abs4 und 9 Abs1 Verordnung des Gemeinderats der Stadt Steyr vom 17.11.2005, das ist die Geschäftsordnung des Gemeinderats der Stadt Steyr und seiner Ausschüsse (GOGR).

[…]

§6 GOGR hat seit seiner Erlassung 2005 [einen] unverändert[en] […] Wortlaut:

[…]

§9 GOGR wiederum betrifft das Recht der einzelnen Mitglieder des Gemeinderats, Abänderungsanträge und Zusatzanträge zu stellen […]:

[…]

Da der Antragsteller mit seinem Individualantrag die Benachteiligung bei der Stellung von Anträgen an den Gemeinderat als einzelner Mandatar ins Treffen führt, dann ist dies in Bezug auf die §§6 Abs4 und des 9 Abs1 letzter Satz GOGR irreführend bzw unrichtig.

Da §9 GOGR die Rechte der einzelnen Mitglieder des Gemeinderats zum Gegenstand hat und der Antragsteller somit hier nicht verletzt sein kann[,] ist zu vermuten, dass der Antragsteller wohl §9 StS meint.

§9 StS regelt die Fraktionsbildung im Gemeinderat der Stadt Steyr samt den daraus resultierenden Rechten […]:

[…]

Der Antragsteller bezieht sich inhaltlich somit auf zwei völlig unterschiedliche Normen, einerseits auf eine Verordnung des Gemeinderats der Stadt Steyr und andererseits auf ein Landesgesetz des Oö. Landtages; im Antrag ist aber nur die Aufhebung von Normen der GOGR beantragt.

Zur Zulässigkeit des Antrags:

In der Entscheidung VfGH 28.2.1983 (B471/79, G53/79) hatte der VfGH einen vergleichbaren Sachverhalt zu entscheiden. Dort wurde der Individualantrag zurückgewiesen, da im Bereich der Willensbildung einer Kollegialbehörde die einzelnen Mitglieder dieser Behörde eine staatliche Funktion auszuüben haben, die ihre subjektive Rechtssphäre grundsätzlich nicht berührt. 'Die die Willensbildung regelnden Normen haben nämlich nicht die Rechtsstellung der Organwalter, sondern deren Funktion zum Gegenstand. Diese schon in VfSlg 5433/1966 (S 840) und 6110/1969 (S 969) zum Ausdruck gebrachten Überlegungen wurden in der späteren Rechtsprechung des VfGH noch verdeutlicht (VfSlg 8187/1977 S 354, 8210/1977 S 447, 8385/1978 S 107, 8774/1980 S 168)'.

Analog zu dieser Entscheidung ist die Stadt Steyr bzw der Gemeinderat der Stadt Steyr der Ansicht, dass die GOGR den einzelnen Mandataren kein subjektives Recht einräumt. Indem für die Antragstellung die Unterstützung eines weiten Mandatars erforderlich ist, kann der Antragsteller dadurch nicht in seinen subjektiven Rechten verletzt sein.

[...]."(Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3. Die Oberösterreichische Landesregierung hat ebenfalls eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und den Bedenken des Antragstellers entgegentritt.

IV. Zulässigkeit

1. Der Antragsteller bekämpft mit seinem ausschließlich auf Art139 Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag ausdrücklich §6 Abs4 sowie §9 der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Steyr betreffend die Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Steyr und seiner Ausschüsse (GOGR).

1.1. Ein Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, muss gemäß §57 Abs1 erster Satz VfGG begehren, dass entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalt nach, oder dass bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Um dieses strenge Erfordernis zu erfüllen, müssen die bekämpften Verordnungsstellen genau und eindeutig bezeichnet sein (vgl VfSlg 17.679/2005 mwN). Es darf nicht offen bleiben, welche Vorschriften oder welche Teile einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aufgehoben werden sollen. Der Verfassungsgerichtshof ist nämlich nicht befugt, Verordnungsbestimmungen auf Grund bloßer Vermutung darüber, welche Normen der Antragsteller ins Auge gefasst haben könnte, in Prüfung zu ziehen (vgl VfSlg 16.533/2002; VfGH 20.11.2014, V61/2013).

1.2. Diesen Anforderungen wird der vorliegende Antrag in Bezug auf den für verfassungswidrig erachteten §9 GOGR nicht gerecht:

Offensichtlich richten sich die vorgebrachten Bedenken – wie die verordnungserlassende Behörde ausführt – gegen eine Bestimmung des Statutes der Stadt Steyr (StS. 1992), die gar nicht angefochten worden ist. Der im Antrag zitierte Wortlaut der angefochtenen Bestimmung findet sich nicht im angefochtenen §9 GOGR, sondern in §9 StS. 1992. Es handelt sich dabei auch nicht um eine bloße Fehlzitierung oder einen offenkundigen Schreibfehler (vgl VfSlg 13.268/1992, 19.250/2010, 19.512/2011), weil der Antrag einerseits ausschließlich auf Art139 Abs1 Z3 B VG gestützt wird und andererseits im Antrag zwar mehrfach auf die Verordnung betreffend die Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Steyr und seiner Ausschüsse (GOGR) Bezug genommen, hingegen an keiner Stelle des Antrages die Aufhebung eines Gesetzes bzw des §9 StS. 1992 beantragt wird.

2. Auch im Hinblick auf die Anfechtung von §6 Abs4 GOGR ist der Antrag unzulässig:

2.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 Z3 B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, andrerseits aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist also, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.

Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteter Weise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).

2.2. Mit Blick auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist das Vorbringen nicht geeignet, eine aktuelle Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen des Antragstellers darzulegen (vgl zB VfSlg 17.871/2006 mwN). Bei der angefochtenen Bestimmung des §6 Abs4 GOGR, die vorsieht, dass Sachanträge von Mitgliedern des Gemeinderates gemäß §6 Abs1 litd GOGR "von einem weiteren Mitglied des Gemeinderates bzw von einem(r) weiteren Stadtrat (Stadträtin) ohne Gemeinderatsmandat unterstützt sein" müssen, handelt es sich um eine im Bereich der kollegialen Willensbildung liegende verfahrensrechtliche Regelung. Wie bereits im Erkenntnis VfSlg 9638/1983 zum Ausdruck gebracht worden ist, kann ein Kollegialorgan seinen Willen nur durch Beschluss bilden, der durch Abgabe der Stimmen der Mitglieder zustande kommt. Im Bereich der Willensbildung eines Kollegialorganes haben die einzelnen Mitglieder dieses Organes (Organwalter) eine staatliche Funktion auszuüben, die – sofern nicht gesetzlich anderes normiert ist – ihre subjektiven Rechte nicht berührt. Der Verfassungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit Organwaltern in der Verwaltung wiederholt ausgesprochen, dass Rechtsvorschriften, die bloß die Ausübung staatlicher Funktionen zum Gegenstand haben, nicht die Rechtssphäre der diese Funktion ausübenden Organwalter berühren (VfSlg 9638/1983, 11.750/1988, 15.025/1997; zu Abgeordneten allgemeiner Vertretungskörper und des Europäischen Parlamentes: VfSlg 17.588/2005, 19.085/2010, 19.731/2013). Es besteht keine Rechtsvorschrift, aus der der Antragsteller als Mitglied des Gemeinderates eine – wie von ihm dargelegte – rechtliche Betroffenheit ableiten könnte.

Die Rechtsstellung der einzelnen Mitglieder des Gemeinderates wird auch durch die Regelung über die Möglichkeiten der Einbringung von Sachanträgen in §6 Abs4 GOGR weder verändert noch verkürzt, sodass etwa "die Ausübung des Mandates schlechthin" verhindert würde (vgl VfSlg 11.750/1988; idS auch VfSlg 6110/1969, 19.014/2010).

2.3. Der Antrag erweist sich daher auch insoweit als unzulässig.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.

2. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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